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Fed zieht die Zügel weiter an – wenn auch nur sehr sanft

 

Fast zwei Jahre nach der ersten Erhöhung des Leitzinses hat Janet Yellen, die Chefin der amerikanischen Notenbank, am Mittwoch angekündigt, dass der Prozess weitergehen wird. Bis Ende 2018 dürfte die Fed Funds Rate noch viermal angehoben werden und dann vermutlich 2 – 2,25 Prozent erreichen. Das ist ein Prozentpunkt höher als heute. Für Yellen ist es angesichts der robusten Konjunktur nur eine Frage der Zeit, bis endlich auch die Inflation anspringt. Dass sich weder die Inflation noch die Inflationserwartungen bisher nachhaltig in Richtung auf das Ziel von zwei Prozent zubewegen, sollte kein Grund sein, untätig zu bleiben. Sie gab sich betont gelassen: Warum sollten Vollbeschäftigung und immer besser ausgelastete Kapazitäten es nicht auch diesmal ermöglichen, Löhne und Preise wieder stärker anzuheben? Die Inflation wird schon kommen.

Gleichzeitig hat die Fed angekündigt, schon ab Oktober ihre Bilanzsumme schrittweise zu verringern. Wie die folgende Grafik zeigt, hatte diese im Verlauf der Finanzkrise geradezu explosionsartig zugenommen, von knapp 900 Mrd. auf 4,5 Bill. Dollar, oder von etwa fünf Prozent des BIP auf 23 Prozent. Um diese Zahlen einzuordnen: Das nominale BIP der USA dürfte in diesem Jahr bei 19,3 Bill. Dollar liegen.

Grafik: Entwicklung der Bilanz des Federal Reserve Systems seit 2003

Die Federal Reserve Bank of New York ist mit der Aufgabe des tapering, dem Abbau der Aktiva, betraut. Sie hat angekündigt, dass sie netto in den verbleibenden Monaten des Jahres fällig werdende Wertpapiere in Höhe von jeweils 10 Mrd. Dollar nicht durch Neukäufe ersetzen wird. Das Volumen wird dann allmählich gesteigert, bis ab Oktober 2018 50 Mrd. Dollar pro Monat erreicht sind, also 600 Mrd. Dollar pro Jahr. Wenn nichts dazwischenkommt, wäre die Bilanzsumme erst im Frühjahr 2024 wieder auf dem Stand von vor der Krise. Die Fed hat sich aber nicht festgelegt. Sie behält sich vor, das Programm zu beenden, sobald „der Bestand an Wertpapieren für eine effiziente und wirksame Geldpolitik ausreicht.“

Der wichtigste Käufer von Staatsanleihen und hypothekengesicherten Papieren zieht sich also allmählich aus dem Markt zurück. Tendenziell treibt das die Bondrenditen in die Höhe. Hinzu kommt, dass die Geldmarktsätze, vom Tagesgeld bis zu zwölf Monaten, bis Ende 2018 im Gefolge der steigenden Fed Funds Rate zulegen werden. Am Markt aber hat sich bisher kaum etwas getan. Dass die Zügel angezogen würden, ist bereits seit Anfang 2015 allgemeiner Konsens – seitdem sind die Sätze für 12-Monatsgeld in Dollar um etwa 1,1 Prozentpunkte (= 110 Basispunkte) auf heute 1,74 Prozent gestiegen. Im Verlauf des Jahres 2017 haben sie sich kaum mehr bewegt.

Bei den Bondrenditen kam es in der zweiten Jahreshälfte 2016 zu einem Anstieg von 1,4 auf 2,6 Prozent (bei den 10-jährigen Treasuries) – heute liegen sie bei nur 2,28 Prozent.

Die Renditen hängen nämlich nicht nur davon ab, wie groß die Nettokäufe oder Nettoverkäufe eines einzelnen Akteurs sind. Wichtiger ist, mit welchen künftigen Inflationsraten gerechnet wird. Und da hat sich wenig getan. Die aktuelle Inflation liegt trotz der guten Konjunktur seit langem deutlich unter ihrem Zielwert, so dass sich am Markt der Eindruck verfestigt, dass es auf Jahre hinaus keine Inflation geben wird. Das lässt sich beispielsweise auch an den inflationsgeschützten Treasuries ablesen.

Erfahrungsgemäß sollte das, was sich heute tut, nicht einfach in die Zukunft extrapoliert werden. So vorsichtig wie die amerikanische Geldpolitik jetzt angelegt ist, wird sie den Wirtschaftsaufschwung kaum bremsen. Eine gute Konjunktur wird, wenn sie nur lange genug anhält, am Ende zu stärker steigenden Inflationsraten führen. Zudem hat der neuerdings schwache Dollar einen Turboeffekt auf die Nachfrage und damit ebenfalls auf die Auslastung der Kapazitäten. Das treibt die Preise. Hinzu kommt der Anstieg der Einfuhrkosten.

Nein, der US-Rentenmarkt ist für Anleger im Augenblick nicht attraktiv. Kursverluste sind vorprogrammiert. Das gilt im Übrigen auch für Bundesanleihen und Pfandbriefe. Bei ihnen sind die Renditen der längeren Laufzeiten nach Abzug der erwarteten Inflation sogar deutlich negativ, anders als das bei vergleichbaren amerikanischen Papieren der Fall ist. So etwas lässt sich nur rechtfertigen, wenn der Euro so stark aufwertet, dass die Gewinne beim Wechselkurs die niedrigen Renditen und das Risiko von Kursverlusten (steigende Renditen infolge eines Kurswechsels der EZB) ausgleichen oder übertreffen. Mit anderen Worten, wer deutsche Renten kauft, setzt auf einen festen Euro.

Dafür spricht allerdings Einiges.