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6,5 Prozent oder 2,5 Prozent?

 

Ausnahmsweise übernehme ich heute mal eine Überschrift der BILD-Zeitung: 6,5 Prozent oder 2,5 Prozent – Wie viel Lohnerhöhung ist richtig? fragt die Boulevardzeitung auf Seite eins. Es sei die wichtigste Lohnentscheidung des Jahres. Ganz recht. Ihre Antwort: „6,5 Prozent ist genau richtig! Die Beschäftigten müssen endlich an Wachstum und Aufschwung beteiligt werden“, lässt sie Professor Hickel sagen. Und auch Professor Bofinger darf antworten: „Großzügige Lohnerhöhungen sorgen dafür, dass die Kaufkraft steigt und der Aufschwung an Breite gewinnt.“

Chapeau. So klar habe ich das bis heute in keiner Zeitung gelesen. Als kleine Argumentationshilfe noch mal die Grafik mit den jetzt aktuellen Zahlen der Arbeitgeber der Metallindustrie
, die es hier schon einmal Anfang Dezember zu sehen gab. Sie spiegelt wunderbar die Lohnmäßigung der vergangenen Jahre wider, die die deutschen Produkte auf den Weltmärkten günstig gemacht hat und die Gewinne der Unternehmen auf Rekordhöhen getrieben hat.

M+E Industrie Löhne und Produktivität

Die Produktivität ist so gewaltig gestiegen, dass selbst bei Lohnerhöhungen von 6,5 Prozent die Lohnstückkosten nicht steigen werden, also das Verhältnis zwischen Gewinn und Löhnen gleich bliebe, verteilungsneutral sozusagen. Da die Lohnnebenkosten Anfang des Jahres gesunken sind (niedrigerer Beitrag zur Arbeitslosenversicherung) würden die deutschen Unternehmen selbst bei 6,5 Prozent höheren Löhnen weiter an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.

Natürlich steht am Ende keine 6,5 Prozent, da hätte die IG Metall schon mit 9 Prozent in die Verhandlungen marschieren müssen. Dass sie es nicht tat, zeigt, dass die deutschen Gewerkschaften nach wie vor Standortförderung betreiben, helfen die Arbeitslosigkeit weiter abzubauen – auch wenn’s zu Lasten der übrigen Euroländer geht und die Gewinne der Unternehmen weiter auf Rekordkurs halten wird.

2,5 Prozent plus einmaligen Konjunkturbonus von 0,5 Prozent bei gleichzeitiger Flexibilisierung des Weihnachtsgeldes sind dagegen kein ernsthaftes Angebot.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, ein Streik unausweichlich werden, ist die Schuldfrage ausnahmsweise eineindeutig zu beantworten.