Lesezeichen
 

Warum das Sparen nicht den Kredit begrenzt

Immer wieder gibt es größere Debatten darum, ob man den Ökonomen und ihrer Wissenschaft eigentlich trauen darf. Schließlich muten ihre Theorien und Modelle zu weilen seltsam an, mit ihren Prognosen liegen sie oft daneben und die Finanzkrise haben sie auch nicht vorhersagen können. Nun ist die Wirtschaftswissenschaft keine exakte Wissenschaft, aber den Mindeststandard, keinen theoretischen Unsinn in die reale Welt zu setzen, sollten Ökonomen schon erfüllen. Bei dem fundamentalen Thema der Geld- und Kreditschöpfung wird diese Messlatte aber regelmäßig gerissen. Weiter„Warum das Sparen nicht den Kredit begrenzt“

 

„Der schwache Euro macht uns faul“

Schön, wenn man Vorurteile hat. Am Sonntag hatte Lisa Nienhaus in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Politik der EZB auf’s Korn genommen. Ihre These: Versucht eine Notenbank – wie zur Zeit die EZB mit ihrem quantitative easing – durch eine expansive Politik de facto den Außenwert der Währung abzusenken, mag das neue Arbeitsplätze schaffen und sogar höhere Löhne mit sich bringen, aber das wird überkompensiert durch ein verlangsamtes Wachstum der Produktivität, also des allgemeinen Wohlstands: „So schafft eine solche Situation Faulheit.“ Statt sich anzustrengen und attraktive Produkte auf den Markt zu bringen, werden Nachteile im internationalen Wettbewerb einfach durch Preissenkungen ausgeglichen. Das ist für sie das italienische Modell, das inzwischen das Modell Eurolands geworden sei. Aus welchem Land kommt noch mal Mario Draghi?
Weiter„„Der schwache Euro macht uns faul““

 

Die große Hartz-Illusion

Seit einigen Tagen sorgt dieses Papier zu den Ursachen der Verbesserung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren für Aufmerksamkeit. Die Antwort der Autoren – linker Umtriebe unverdächtige Ökonomen des University College London, der Humboldt-Universität und der Universität Freiburg – ist eindeutig: Gerhard Schröder war es nicht. Weiter„Die große Hartz-Illusion“

 

Die VerBILDung des Spiegel

Stefan Niggemeier hat schon alles über den neuen Spiegel-Titel gesagt. Da diskutiert die Republik also nach vielen Jahren in denen die Steuersätze nach unten gingen über (moderate) Steuererhöhungen und das Sturmgeschütz der Demokratie zeigt Angela Merkel und Sigmar Gabriel als Banditen, die „den Deutschen“ das Geld wegnehmen wollen. Der Staat als Räuberbande, der sich auf Kosten der Bürger bereichert – das war eigentlich die Domäne der Zeitung mit den vier großen Buchstaben.
Weiter„Die VerBILDung des Spiegel“

 

Die Wahrheit über die Steuerlast der oberen 50 Prozent

Die oberen 50 Prozent bezahlen 95 Prozent der Steuer – so schrieb die BILD gestern auf der ersten Seite und löste damit einen Debatte über eine vermeintliche Steuerungerechtigkeit bei den Beziehern hoher Einkommen aus. Aber stimmt das denn auch? Die Antwort lautet ganz klar: Nein – und das sollte jedem klar sein, der sich ein wenig mit der Materie befasst hat. Aber wie viel Prozent bezahlen denn die Reichen dann nun?

Das lässt sich leider nicht einfach so ausrechnen, weil die Daten nicht alle zugänglich sind. Aber zum Glück gibt es ja das RWI. Die Essener Forscher haben sich in einer umfangreichen Studie aus dem Jahr 2011 angeschaut, wer die Lasten in diesem Staat trägt. Ergebnis:

  1. Die oberen 50 Prozent bezahlen bei der Einkommensteuer tatsächlich 95 Prozent
  2. Das ist aber nicht die einzige Steuerart. Bei den wichtigsten indirekten Steuern – Mehrwertsteuer, KfZ-Steuer und Energiesteuer – liegt der Anteil der oberen 50 Prozent der Haushalte bei 69 Prozent.

Jetzt geht es weiter. Das gesamte Steueraufkommen bei aus der Lohn- und Einkommensteuer belief sich im vergangenen Jahr auf 186 Milliarden Euro. Das Aufkommen aus der Umsatzsteuer (ohne Einfuhrumsatzsteuer) sowie  Mehrwertsteuer und KfZ-Steuer beläuft sich auf 189 Milliarden Euro. Macht insgesamt 375 Milliarden Euro.

Das bedeutet: Die oberen 50 Prozent bezahlen insgesamt 81 Prozent des Steueraufkommens.

Der Rechengang: 95 Prozent von 186 Milliarden ergibt 176 Milliarden und 69 Prozent von 189 Milliarden ergibt 130 Milliarden. Das macht zusammen 306 Milliarden Euro. Und das sind 81 Prozent von 375 Milliarden Euro. (streng genommen ist eine Aggregation problematisch aus Gründen des Datenmaterials aber es geht hier ja um eine Näherung). Nicht einbezogen habe ich die Sozialabgaben, aber das Bild dürfte sich nicht wesentlich ändern.

Ist das viel oder wenig? Es klingt zunächst nach einem sehr großen Wert. Aber: Es kommt ja darauf an, in welcher Relation die Steuerbelastung zum Einkommen steht. Wenn – ein Extremfall – die Armen kein Geld verdienen, können sie auch keinen Beitrag zur Finanzierung des Staates leisten. Die oberen 50 Prozent vereinigten nun rund 80 Prozent des Gesamteinkommens auf sich. Man könnte also sagen, dass 80 Prozent der Einkommen auch 80 Prozent der Steuerlast tragen. Klingt irgendwie nicht so, als würden die Reichen geschröpft.

 

Entmachtet die Bundesbank!

Wie würden wir heute über die Schuldenkrise, die Euro-Krise sprechen, wenn die Gründungsväter des Euro konsequent gewesen wären – und die nationalen Notenbanken abgeschafft hätten? An ihre Stelle wären Notenbankdistrikte getreten, wie in den USA, die wenig bis nichts gemein haben mit den Bundesstaaten beziehungsweise in unserem Fall, den Nationalstaaten. Diese Idee, die der Berliner Makro-Ökonom Michael Burda bei der Buchvorstellung der Inflationslüge vehement vertreten hat (und die ich für die Berliner Zeitung aufgeschrieben habe), fasziniert mich. Ich habe Michael Burda gebeten, die Landkarte Euro-Lands neu zu zeichnen und in seine präferierten fünf Distrikte einzuteilen.
Weiter„Entmachtet die Bundesbank!“

 

Schlechte Nachrichten für Sinnologen

Diese Auseinandersetzung wird Hans-Werner Sinn nicht gewinnen: Bekanntlich streitet er ab, dass die Krisenländer Südeuropas nennenswert an Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen hätten. Er verweist dabei auf die BIP-Deflatoren, die er als geeignetere Messinstrumente als die Lohnstückkosten hält.

Nun hat sich die Bundesbank in ihrem letzten Monatsbericht ausführlich mit der Frage nach dem passenden Indikator auseinandergesetzt. Ergebnis: Es ist nicht der Deflator (siehe dazu auch die exzellente Analyse von Gerald Braunberger).

Der Hauptgrund ist, dass eine Vielzahl von Anhebungen indirekter Steuern und administrierter  Preise zu Konsolidierungszwecken seit geraumer Zeit die Konsumentenpreise und den Deflator der Inlandsnachfrage nach oben treibt, während die Exportpreise davon kaum berührt werden. Deshalb liegt es derzeit nahe, dem Wettbewerbsindikator  auf Basis der Lohnstückkosten den Vorzug zu geben.

Und eben diese Lohnstückkosten zeigen einen erheblichen  Zuwachs an Wettbewerbsfähigkeit, wie ich hier schon vor vielen Monaten gezeigt habe (und was damals niemand hören wollte).

Hans-Werner Sinn wird das nicht anfechten. Er wird seine Argumentationslinie weiter verteidigen und irgendwann wahrscheinlich sagen, er habe es nie so gemeint. Ich bin aber gespannt, wie sich diejenigen verhalten, die seine Thesen nachplappern ohne selbst nachzudenken.

Denn meistens sind diese Leute auch auf der Seite der Bundesbank, deren Botschaften sie häufig ebenfalls ungeprüft übernehmen. Jetzt müssen sie sich entscheiden – ich glaube die Psychologen sprechen von double bind. Das wird interessant. Vielleicht müssen so machen Kommentatoren also tatsächlich selbst einmal einen Blick in die Daten werfen. Schlimm!

 

Rainer Brüderles total irres Inflationspapier

Rainer Brüderle hat noch nie eine Gelegenheit ausgelassen, mit einem populären Thema in die Schlagzeilen zu kommen – sein „Programm zum Inflationsschutz“, wie es heute vom Handelsblatt zitiert wird, ist allerdings eine Klasse für sich.

„Während im Euro-Raum manche Güter des täglichen Bedarfs noch keine inflationären Tendenzen aufweisen, steigen die Preise für Vermögensgüter exorbitant.“

Na gut: In Spanien fallen die Immobilienpreise beispielsweise, auf dem platten Land in Deutschland auch, bei Peripherieanleihen geht es eher abwärts, von einer dramatischen Überbewertung an den Aktienmärkten kann wohl keine Rede sein  und mit Inflation hat das ohnehin nichts zu tun und – aber egal.

„Jede Erhöhung der Abgaben entfacht Inflation.“

Das ist ja nun einmal sehr interessant. Wenn der Staat also die Steuern erhöht, um die Schulden abzubauen, dann entsteht Inflation? Seltsam ist das, weil Brüderle kurz vorher noch schreibt, dass nur eine Abkehr von der Schuldenpolitik die Geldwertstabilität befördert. Aber Konsistenz in der Argumentation war für die FDP ja noch nie wichtig.

So hat Brüderle dann auch eine Kausalkette parat: Wenn die Menschen weniger Netto vom Brutto haben, fordern sie höhere Löhne und dann kommt die Inflation. Das ist nun auch interessant. Ich fordere schon seit einiger Zeit mehr Geld, aber komisch, nichts passiert. Vielleicht, weil zu einem Vertragsabschluss zwei Parteien gehören und höhere Forderungen nur eine Chance auf Erfolg haben, wenn die Verhandlungsmacht groß genug ist. Und das wiederum hat vielleicht mit der allgemeinen Situation am Arbeitsmarkt zu tun.

Wenn jetzt aber Steuererhöhungen die Wirtschaft abwürgen – was Brüderle als tax cutter doch glauben müsste, dann bremsen sie vielleicht die Inflation. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb man Sparmaßnahmen in der Regel mit sinkenden Inflationsraten assoziiert. Vielleicht hätte Brüderle oder wer immer ihm das aufgeschrieben hat einen Blick in ein beliebiges Lehrbuch der Makroökonomie werfen sollen. Da hätte er dann nachlesen können, wie Inflation entsteht.

Es geht noch weiter. Die Europäische Zentralbank habe die Geldmenge enorm ausgeweitet, schreibt Brüderle.

„Eine derart aufgeblähte Menge an Geld erhöht die Inflationsgefahren drastisch.“

Seltsam nur, dass das Wachstum der Geldmenge M3 nun schon seit Monaten unter dem Referenzwert der EZB liegt, weil die Banken das Geld nicht weiterreichen, sprich der Multiplikator kollabiert ist.

Schlimm genug, dass so etwas geschrieben wird. Noch schlimmer, dass es aus der Feder des Fraktionsvorsitzenden einer Partei stammt, die sich mit ihrer Wirtschaftskompetenz rühmt.

Aber vielleicht kommt die FDP ja jetzt auch noch auf die Idee, die Heimholung des Bundesbankgolds zu fordern.

Update: Er hats getan. War ja zu erwarten.

 

Warum Investmentbanken so viel Geld verdienen

In der Londoner Wochenzeitschrift Financial News, die von der Dow Jones-Gruppe herausgegeben wird, gab es in der Ausgabe vom 16. – 22. Juli einen bemerkenswerten Artikel (Is it time to ring-fence investment banks from themselves?) von William Wright über die nach wie vor weitverbreiteten Interessenkonflikte bei Investmentbanken. Deren gewaltige Gewinne haben nicht zuletzt damit zu tun, dass sie Geschäfte betreiben, die bei genauerem Hinsehen auf Kosten ihrer Kunden und der Allgemeinheit gehen und sich vielfach an der Grenze der Legalität befinden. Weiter„Warum Investmentbanken so viel Geld verdienen“