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Viel Wut gegen das „Islamische Wort“

 

Auf die ersten beiden Beiträge zum „Islamischen Wort“ habe es überwiegend negative und feindselige Reaktionen gegeben. Etwa 60 Prozent der Rückmeldungen seien ablehnend bis hasserfüllt, sagt Johannes Weiß, der Redaktionsleiter für den Bereich Religion, Kirche und Gesellschaft.

Auf meine Nachfrage erläuterte Weiß, die Reaktionen bezögen sich mehr auf die „Tatsache an sich“, dass der SWR dem Islam im Internet Platz einräume, und nicht so sehr auf die ersten beiden Texte von Ayman Mazyek und Bekir Alboga. Die Reaktionen seien „teils sehr heftig, das muss ich schon sagen“. Teils werde wüst herumgepöbelt („alle Muslime in die Psychiatrie“). Er mache sich angesichts dieser Feindseilgkeit Sorgen, was erst passieren würde, wenn es in Deutschland zu einem erfolgreichen Anschlag käme.

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Bekir Alboga (Mitte), einer der Autoren des Islamischen Wortes, bei der Islamkonferenz © Sean Gallup/Getty Images

Ohne jede Differenzierung zwischen Islam und Islamismus werde dem Sender vorgehalten, „Islamisten eine Plattform“ zu geben. Die sorgfältig ausgewählten Autoren, so Weiß, böten aber die Sicherheit, dass eben nicht Islamismus gepredigt, sondern dem moderaten Islam ein Forum zur Selbstdarstellung gegeben werde.

Herr Weiß hat Recht: Die feindselige Ablehnung dieser Sendung – ungeachtet der bisher vorliegenden Beiträge – ist eine Schande. Sie spricht für einen dumpfen, provinziellen, fremdenfeindlichen Muckergeist, der sich frecher Weise auch noch als Kritik und Aufklärung mißversteht.

Der notwendigen scharfen Auseinandersetzung mit Islam und Islamismus erweisen die Reaktionen einen Bärendienst. Sie spielen denen in die Hände, die mit der Abwehrformel „Islamophobie“ jede differenzierte Auseinandersetzung abwürgen wollen. Es ist sehr wichtig, zwischen einem legitimen Ausdruck islamischer Spiritualität und islamistischer Propaganda zu unterscheiden.

Das Islamische Wort steht bisher eindeutig für das Erstere: Der zweite Beitrag von Bekir Alboga, einem Muslim aus Mannheim, der auch als Dialogbeauftragter der DITIB wirkt, begründet die Notwendigkeit des Dialogs aus der Erfahrung des Gebets, das er als Zwiesprache mit Gott beschreibt. Zitat:

Unser Prophet Muhammed, Friede sei mit ihm, sagt: „Der beste unter den Menschen ist der, der den Menschen am nützlichsten ist.“ Das heißt: Die würdevolle Menschlichkeit wird daran erkennbar, wie sehr wir uns füreinander einsetzen, wie sehr wir uns gegenseitig um uns kümmern. Der Gesandte Gottes hat gesagt: „Ein (wahrer) Muslim ist der, der mit seinen Mitmenschen leicht umgeht und mit dem die Menschen einfach und unkompliziert umgehen können.“

Was bitte gibt es daran abzulehnen? Dass Herr Alboga Jesus als einen Propheten unter anderen und den Koran als letzte Offenbarung bezeichnet, können Christen natürlich nicht für sich annehmen (und Atheisten banaler Weise auch nicht). Aber diesen seinen Glauben zu bekennen – und dies auch auf einer öffentlich-rechtlichen Website – ist selbstverständlich in Ordnung.

Das nächste Islamische Wort wird Anfang Juni online sein – gesprichen von einer Muslimin, die Weiß noch nicht nennen will. Auch das vierte Teammitglied des Islamischen Wortes wird weiblich sein.

Johannes Weiß bleibt trotz der negativen Reaktionen gelassen und zuversichtlich, dass sich das Islamische Wort auf dauer als Erfolg erweisen wird. Es habe viele sehr positive Reaktionen von jungen Muslimen gegeben, die das Islamische Wort als ein Zeichen sehen, dass ihre Religion hierzulande bei aller Kontroverse dazugehöre.