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Ehrenmorde als Test für die Menschenrechtspolitik

 

Im Guardian schreibt Brian Whittaker über „Ehrenmorde“ (etwa in Jordanien, wo ein Viertel aller ermordeten Frauen ihnen zum Opfer fallen) als Testfall für die Menschenrechtspolitik. Mit Eifersuchts-Morden an Ehefrauen im Westen seien diese Verbrechen nicht gleichzusetzen, weil die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen anders seien: Diese Morde würden im Westen schließlich verfolgt und geächtet, was im jordanischen Fall nicht gesagt werden kann. Die Behörden gehen dort oft nicht oder nur zögerlich gegen die Verbrechen vor, manchmal verhalten die sich wie Komplizen:

„Honour“ killing is Jordan is a different matter. Under certain circumstances, and among the more traditional kinds of family, it is regarded as a social duty. A report by Human Rights Watch in 2003 also noted: „Police rarely investigate ‚honour‘ killings, seldom take any initiative to deter these crimes, and typically treat the killers as vindicated men.“ The report also quoted a Jordanian lawyer as saying that when ‚honour‘ killers turn themselves in to the police, the police „try to calm them down, give them a cigarette. The culture deals with them as heroes.“

Whittaker weist darauf hin, dass Ehrenmorde eine prä-islamische Praxis seien. Allerdings setzt die gegenwärtige islamische Kultur in der arabischen Welt dieser Praxis zu wenig entgegen beziehungsweise ermuntert gar zu ihr, in der Konsequenz einer patriarchalen und patrilinearen Herrschaft.
Whittaker zitiert einen kritischen palästinensischen Wissenschaftler, der die Ehrenmorde in den Kontext der Geschlechterverhältnisse in der arabischen Welt rückt:

Then there’s the gender issue. According to Sharif Kanaana, professor of anthropology at Birzeit University in Palestine, „honour“ killing is the product of a patriarchal and patrilineal society: „What the men of the family, clan, or tribe seek control of in a patrilineal society is reproductive power. Women for the tribe were considered a factory for making men. The honour killing is not a means to control sexual power or behaviour. What’s behind it is the issue of fertility, or reproductive power.“

Whittaker widerspricht dem Kulturrelativismus, der sich mit Blick auf Gewalt in Geschlechterverhältnissen im Westen jede Einmischung verbietet. Er sucht aber nach einer Möglichkeit, den Fortschritt durch eine Kritik zu fördern, die nicht maximalistisch und selbstgerecht auftritt.

Hier die Vorschläge von Human Rights Watch, wie mit der jordanischen Regierung in dieser Frage verhandelt werden solle.