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Kuchen zu suchen

 

Paul Maar und sein Sams/ © Verlag Friedrich Oetinger

Der berühmte Kinderbuchautor Paul Maar wird 75 Jahre alt. Die KinderZEIT gratuliert und erzählt, was diesen Mann so besonders macht

Von Katrin Hörnlein

Knackwurst oder Apfelkuchen – was gibt es zum Geburtstag? Ganz klar Knackwurst! Das würde jedenfalls das Sams antworten. Denn Knackwürste sind das Leibgericht des frechen grünen Wesens mit der Rüsselnase, den roten borstigen Haaren und den blauen Wunschpunkten. Sein Erfinder, Paul Maar, nimmt lieber den Apfelkuchen. »Der steht bei meinem Geburtstag fast immer auf dem Tisch«, sagt er. An diesem Donnerstag wird Paul Maar 75 Jahre alt und feiert zu Hause mit seiner Familie. In diesem Jahr gibt es aber noch ein großes Fest mit Freunden und Kollegen. Und das ist, na, wann wohl? Am Samstag, oder Sams-Tag. So hat Paul Maar es selbst geschrieben: Am Samstag kommt das Sams.

Der Schriftsteller sollte also besser auch einen großen Berg Knackwürste bestellen. Denn falls das wilde Wünschewesen wirklich bei Paul Maars Party vorbeischaut, hat es eins ganz bestimmt: Riesenhunger. Das Sams ist furchtbar verfressen, und wenn es keine Würste bekommt, futtert es auch Fenstergriffe, Papierkörbe und Anzüge. Eine Mampfpause würde es vermutlich höchstens einlegen, um ein Gedicht oder irgendetwas Gereimtes vorzutragen. Etwa das: »Ihr fragt nach dem Alter. Dabei ist doch klar: Ich bin ein Jahr älter, als ich letztes Jahr war!«

Das erste Sams-Buch Eine Woche voller Samstage erschien 1973, also vor bald 40 Jahren. Mit dem Sams wurde Paul Maar berühmt. Eigentlich sollte es nur diesen einen Band geben. Aber weil Kinder immer wieder Briefe schrieben und von Paul Maar verlangten, mehr vom Sams zu erzählen, tat er es schließlich. »Damit sie endlich Ruhe geben«, sagte er damals. Doch von wegen Ruhe geben! Nach dem zweiten Sams-Buch kamen wieder Briefe, Paul Maar schrieb ein drittes Buch, und so ist es seitdem weitergegangen. Im vergangenen Jahr erschien Band sieben, Sams im Glück. Und natürlich hat Paul Maar wieder gesagt, dies sei nun wirklich der letzte. (Solltest Du Sams-Fan sein, weißt Du ja, was Du jetzt tun musst…)

Dass Paul Maar heute ein berühmter Kinderbuchautor ist, verdankt er einem Zufall. Nach der Schule studierte er Malerei und arbeitete dann als Kunstlehrer an einem Gymnasium. Nebenbei schrieb er, allerdings Geschichten für Erwachsene. Seine ersten Kindererzählungen dachte er sich nur zwischendurch für seine eigenen Kinder aus. Er fand viele Bücher für Kinder damals nämlich ganz schrecklich.

Paul Maars Kindergeschichten schickte eine Buchhändlerin aus Stuttgart an den Friedrich Oetinger Verlag in Hamburg. Dort erscheinen noch heute die Bücher von Astrid Lindgren, Erich Kästner und anderen berühmten Kinderbuchautoren. Der Chef Friedrich Oetinger fand, dass Maar toll für Kinder schreibe und deshalb gut zu seinem Verlag passe. Maar aber sagte, er habe auch schon Geschichten für Erwachsene verfasst. Er hoffte, das würde Eindruck auf den Herrn Oetinger machen, sodass der ihm Geld für sein Buch geben würde. Doch Oetinger erwiderte, wenn Maar sich zu schade sei, für Kinder zu schreiben, dann habe er von ihm keine Unterstützung verdient. Ob er also weiterhin für Kinder schreiben wolle?, fragte der Verleger. Paul Maar antwortete: Ja! Und er sagt, das habe er nie bereut.

So erschien 1968 Maars erstes Kinderbuch Der tätowierte Hund. Dieser Hund trägt unzählige Bilder auf seinem Körper, jedes steht für eine Geschichte. Als der Hund im Urwald einen Löwen trifft, staunt dieser nicht schlecht über das tätowierte Tier und will sofort die Geschichten hören. Im Tausch gegen ein Leberwurstbrot beginnt der Hund zu erzählen.

Paul Maar macht aber noch viel mehr, als Bücher zu schreiben: Er denkt sich zum Beispiel Theaterstücke aus und entwirft die Bühnenbilder dazu gleich mit. Wenn seine Bücher verfilmt werden, beteiligt er sich am Dreh. Gerade findet er es spannend, Texte und Musik zusammenzubringen und mit Orchestern zu musizieren. Und schon immer hat er viele seiner Figuren selbst gezeichnet –schließlich hat er ja Kunst studiert.

Doch so vielfältig seine Arbeit auch ist, einiges taucht bei Maar immer auf: zum Beispiel die Reime. Schon im ersten Buch liefern sich zwei Affen einen Dichterwettstreit um eine Tafel Schokolade. Leider bemerken die Tiere zu spät, dass ihr Schiedsrichter, ein gerissener Frosch, ihnen alles wegfuttert. Auch das Sams reimt, die Opodeldoks singen in Versen, und in Maars neuestem Buch Lippel, träumst du schon wieder! dichten Trolle in der Unterwelt. Paul Maar liebt die Reimerei, schon als Vierjähriger rasselte er Verse aus seinen Bilderbüchern auswendig herunter. Manchmal überkomme ihn ein richtiger Reimzwang, erzählt er. Dann legt er schon morgens beim Frühstück los: »Kannst du mir mal eben – das Glas dort hier herübergeben? – Schimmel auf der Marmelade? – Das ist schade!«

Typisch ist auch, dass seine Geschichten oft komisch sind. »Wenn mir eine witzige Wendung einfällt, sitze ich leise lachend am Schreibtisch«, sagt er. Eigentlich sei er aber eher ein ernster Mensch. Und das Ernsthafte, auch das spürt man in seinen Büchern: Zwischen all den lustigen Reimen und fantastischen Geschöpfen geht es oft um Dinge, die traurig machen oder vor denen man sich fürchtet. Doch immer zeigt Paul Maar einen Ausweg. In Lippels Traum etwa besiegt ein Junge fiese Mitschüler in seinen Träumen. Und den Mut, den er in der Fantasiewelt hat, den nimmt er mit in sein wirkliches Leben.

Er schreibe Bücher, die er selbst als Kind gern gelesen hätte, sagt Paul Maar. Eins will er deshalb nie: sich wie ein besserwisserischer Erwachsener aufführen. Seit mehr als 45 Jahren gelingt Paul Maar das nun schon in seinen Büchern. Was wünscht er sich da noch zum 75. Geburtstag? »Dass mir noch ganz viele schöne Geschichten einfallen.« Das wünschen wir ihm – und uns – auch!

Paul Maar: Der Schriftsteller wurde am 13. Dezember 1937 geboren. Außer den Sams-Bänden hat er zum Beispiel Herr Bello und das blaue Wunder, Lippels Traum und Das kleine Känguru geschrieben. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt, und er bekam zahlreiche Preise. Derzeit ist er für den wichtigen Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis vorgeschlagen.