Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Nachruf auf einen Furchtlosen: zum Mord an David Kato

 

Wahrscheinlich ist es vermessen, zu sagen, David Kato habe keine Angst gehabt. In den vergangenen Monaten fühlte er sich nicht mehr sicher, das hat er Freunden gesagt. Vielleicht fühlte er sich Zeit seines Lebens nicht sicher als schwuler Mann in Uganda.

Kato, einer der prominentesten Bürgerrechtler Ugandas, wurde in den frühen Morgenstunden des 26. Januar von einem Eindringling durch Hammerschläge auf den Kopf so schwer verletzt, dass er auf dem Weg ins Krankenhaus starb. Ein Tatverdächtiger soll inzwischen verhaftet worden sein. Das klingt nach einem Einbruch, doch Katos Lebensgeschichte legt den Verdacht nahe, dass dies ein hate crime war. Ein Mord aus Hass gegen Homosexuelle.

„Hängt sie auf!“ Mit dieser Schlagzeile überschrieb die ugandische Boulevardzeitung „Rolling Stone“ (die nichts, aber auch gar nichts mit dem gleichnamigen Magazin in den USA zu tun hat) vor wenigen Monaten die Fotos mehrerer Männer und Frauen aus der lesbisch-schwulen Community, die mit ihren Namen und Wohnadressen abgedruckt wurden. Es war der vorläufige Höhepunkt einer  Hetzjagd gegen Homosexuelle, die von Kirchen, Politikern und Medien angetrieben wird. Homosexualität ist in Uganda wie in vielen anderen afrikanischen Ländern mit drakonischen Haftstrafen belegt. Im Oktober 2009 löste eine Gesetzesvorlage, welche die Todesstrafe für homosexuelle „Wiederholungstäter“ vorsieht, einen internationalen Sturm der Empörung aus. Prominenteste Stimme des Protests in Uganda war David Kato.

Der ehemalige Grundschullehrer hatte sein politisches Coming-Out Ende der 90er, nachdem er sich während eines Aufenthalts in Südafrika dort in der lesbisch-schwulen Community engagiert hatte. Südafrika weist, was den Kampf gegen Diskriminierung von Homosexuellen betrifft, eine sehr fortschrittliche Gesetzgebung vor. Gleichzeitig ist gewalttätige Homophobie weit verbreitet. Von der Courage und dem Organisationsgrad der Lesben und Schwulen in Südafrika war Kato so beeindruckt, dass er in Uganda zu einem Vorkämpfer der Homosexuellen – und damit zur Zielscheibe der Schwulenhasser. Wobei in Uganda die evangelikalen Kirchen (mit tatkräftiger Unterstützung ihrer amerikanischen Glaubensgenossen) zu den schlimmsten Antreibern gehören.

Kato musste aufgrund von Drohungen seinen Job als Lehrer aufgeben und widmete sich von da an ganz seiner Arbeit bei der Organisation „Sexual Minorities Uganda“ (SMUG). Nachdem Rolling Stone Ende vergangenen Jahres die infame Foto-Kampagne gestartet hatte, wurden mehrere AktivistInnen auf offener Straße angegriffen, eine lesbische Bürgerrechtlerin fast gesteinigt. Kato, dessen Bild auf Titelseite abgedruckt worden war, erhielt Todesdrohungen.

Er tauchte nicht etwa ab, sondern zog vor Gericht, ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen. Doch am 3. Januar entschied der zuständige Richter, dass Rolling Stone die Grundrechte Katos und der anderen Betroffenen verletzt habe und ordnete Schadensersatz an.  Vor dem Gericht warteten wie an fast allen Verhandlungstagen Demonstranten, die Kato verhöhnten und beleidigten. Es war ein bitter erkämpfter Sieg. David Kato hatte kaum mehr Zeit, ihn zu feiern.