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Wo, bitte, liegt Cabinda?

 

Angola und Terrorismus – dieses Wortpaar existierte in der internationalen Presse nicht. Bis am Freitag Angehörige einer Separatistengruppe den Bus der togolesischen Nationalmannschaft unter Beschuss nahmen. Das Team war auf dem Weg ins angolanische Cabinda, um dort beim Africa Cup zum Erstrundenspiel gegen Ghana anzutreten. Jetzt liegen mehrere Spieler mit Schusswunden im Krankenhaus, der Busfahrer, der Assistenztrainer und der Pressesprecher sind tot. Angola hat „plötzlich“ ein Terrorismusproblem – und nicht nur Fußballfans in aller Welt fragen sich: Wo, zum Teufel, ist Cabinda? Was, zum Teufel, ist los in Cabinda?

Cabinda ist eine von 18 angolanischen Provinzen, eine Exklave, die durch einen Landkorridor, der zur Demokratischen Republik Kongo gehört, von Angola getrennt ist. Nicht nur geografisch, wie viele der rund 250.000 Bewohner Cabindas meinen. Sie sehen sich in einer völlig anderen geschichtlichen und kulturellen Tradition als der Rest Angolas. Immer wieder haben separatistische Gruppen zu den Waffen gegriffen – erst  gegen die portugiesischen Kolonialherren, dann gegen die angolanische Regierung.

Angolas Unabhängigkeit 1975 mündete in einen der längsten und verheerendsten Stellvertreterkriege des Ost-West-Konflikts: Eine marxistisch orientierte, von Moskau und Havanna unterstützte Regierung kämpfte gegen pro-westliche Rebellen der UNITA. Erstere finanzierte ihre Truppen hauptsächlich durch Erdölexporte, letztere durch Diamantenschmuggel. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion dauerte es noch gut ein Jahrzehnt, bis in Angola ein Friedensschluss zustande kam. Aber eben nicht im ganzen Land. In Cabinda ging der Kampf zwischen Sezessionisten und Armee weiter, weshalb man von „Angolas vergessenem Krieg“ spricht.

Angola hat inzwischen Nigeria als größten afrikanischen Öl-Exporteur überholt. Von diesem Reichtum profitiert die Elite des Landes, die große Mehrheit lebt weiterhin in bitterer Armut. Nach Angolas „schwarzem Gold“ gieren die USA ebenso wie China. Über die Hälfte des Rohöls wird vor der Küste Cabindas gefördert. Sezessionisten werden von der Zentralregierung in Luanda also als existenzielle Bedrohung angesehen.

2006 schien ein Abkommen zwischen Regierung und den notorisch zerstrittenen Separatisten den Konflikt beendet zu haben. Doch schon seit längerem greift die „Front für die Befreiung der Exklave von Cabinda“ (FLEC), die sich auch zu dem Anschlag auf die togolesische Fußballmannschaft bekannt hat, immer wieder ausländische und einheimische Ölfirmen an.

Wieviel Rückhalt die FLEC  nach diesem brutalen Angriff auf ausländische Sportler bei der Bevölkerung noch hat, lässt sich schwer sagen. Fest steht, dass Zivilisten immer wieder  zwischen die Fronten geraten.  Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentierte im Juni 2009 Folter, willkürliche Festnahmen und Isolationshaft in Cabinda. Bei den Opfern handelte es sich vor allem um Dorfbewohner, die bei Razzien von der Armee aufgegriffen worden waren.

Die FLEC hatte schon im Sommer angedroht, auch während des Afrika-Cup zuzuschlagen. Die Regierung in Luanda wiederum behauptet unverdrossen, dass der Krieg in Cabinda vorbei sei. Die jüngsten Opfer  dieser Selbsttäuschung sind vorerst drei tote Togolesen und eine traumatisierte togolesische Nationalmannschaft. Und vermutlich Cabindas Zivilbevölkerung, die nun neue Repressionen der Armee fürchten muss.