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Kongos erster (alternativer) Nobelpreisträger

Hier ein kurzes Portrait (erschienen in der ZEIT vom 15.10.) des kongolesischen Umweltschützers und Menschenrechtlers René Ngongo Mateso, der dieses Jahr den„Right Livelihood Award“, den alternativen Nobelpreis, erhält. Wer mehr über den Mann erfahren will: Bei einem Deutschland-Besuch 2007 gab er der Online-Redaktion des Greenpeace-Magazin zusammen mit seinem Mitstreiter Adrien Sinafasi Makelo ein ausführliches Interview.

Der Pionier

Barack Obama glaubt selbst nicht, dass er den Friedensnobelpreis wirklich verdient. René Ngongo müssen solche Zweifel nicht plagen. Der 48-jährige Kongolese hat dieses Jahr den Right Livelihood Award, den Alternativen Nobelpreis, gewonnen. Nicht für Reden, sondern für Taten – vor allem gegen den Klimawandel. Wenige Wochen vor der großen UN-Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen, deren Erfolg derzeit wieder in den Sternen steht, ist die Entscheidung der Jury ein Mahnruf.

Ngongo ist ein Pionier der Ökologiebewegung in seinem Land. Weil sich Umweltschützer im Kongo zwangsläufig mit Rohstofffirmen, korrupten Politikern und Milizen anlegen, hat er neben erstaunlichen Erfolgen auch zahlreiche Morddrohungen gesammelt.

Als Rebellen, Militärs und ausländische Armeen das Land sechs Jahre lang in verheerende Kriege stürzten, dokumentierte der gelernte Biologe den Rohstoffraub durch die Kriegsparteien. Das Land ist reich an Kupfer, Diamanten, Gold und Erzen – und dieser Reichtum ist ihm immer wieder zum Verhängnis geworden.

Ausgerechnet der Schatz, dem Ngongos größte Aufmerksamkeit gilt, ist jetzt, im Frieden, besonders gefährdet. Bereits 1994 hatte er die Organisation OCEAN gegründet, deren Mitglieder sich für Wiederaufforstung und nachhaltige Forstwirtschaft einsetzen. Im Kongo befindet sich der nach dem Amazonasgebiet zweitgrößte Regenwald, »die zweite Lunge des Planeten«, wie Ngongo ihn nennt.

Während der Kriegsjahre war den meisten Holzfirmen die Arbeit zu gefährlich, es wurden weniger Bäume gefällt. Mit dem Frieden sind auch die Holzfäller zurückgekommen. Laut Greenpeace könnte der Kongo bis zum Jahr 2050 vierzig Prozent seines Regenwaldes verlieren.

Ngongo arbeitet inzwischen am Aufbau von Greenpeace im Kongo, dokumentiert weiter illegalen Rohstoffabbau und erklärt willigen Politikern und Aktivisten die nationalen Gesetze zum Bergbau und zur Forstwirtschaft, die so schlecht gar nicht seien. Nur müsste jemand auf ihre konsequente Einhaltung achten. Wie dramatisch der Klimawandel die Welt verändern wird, hängt ganz maßgeblich von seinem Heimatland ab.

 

Wie „sauber“ sind die Diamanten?

Wie sauber sind die Diamanten?

Willkommen im Klub: Die Republik Kongo – auch Kongo-Brazzaville genannt – will seine Rohdiamanten „säubern“. Soll heißen: Das Land ist dem Kimberly-Prozess wieder beigetreten. Die Regierung in Brazzaville verpflichtet sich, die Edelsteine ab sofort einem komplizierten Prüfverfahren zu unterziehen und so zu verhindern, dass Rebellengruppen am Export mitverdienen. „Blutdiamanten“ nennt man solche Steine, wenn Milizen und Rebellen, wie vor kurzem noch in Liberia und Sierra Leone, um die Kontrolle über Diamantenfelder kämpfen und mit dem Schmuggel ihre Waffen finanzieren.
Einer internationalen Kampagne von Menschenrechtsgruppen ist es zu verdanken, dass sich Regierung und Diamantenhändler 2002 ein Kontrollsystem, den Kimberly-Prozess, beschlossen. Dem gehören inzwischen 48 Staaten, sowie die großen Diamantenfirmen und mehrere NGOs an. Dieses Triumvirat aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft hat es tatsächlich geschafft, den Schmuggel mit „Konfliktdiamanten“ weitgehend lahm zu legen. Nur die Elfenbeinküste, die seit Jahren zwischen Bürgerkrieg und fragilem Frieden pendelt, gilt derzeit noch als größerer Lieferant von „Blutdiamanten“.
Also alles auf bestem Wege?
Ja und nein. Der Kimberly-Prozess ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte: zum ersten Mal haben Aktivisten der internationalen Öffentlichkeit klar gemacht, dass die horrenden Kriege in Afrika keine „uralten Stammeskonflikte“ sind, sondern viel mit der Rohstoffgier der industrialisierten Welt zu tun haben – in diesem Fall mit unserer Sitte, uns mit glitzernden Steinen zu dekorieren.
Aber erstens ist das Verfahren des Kimberley-Prozesses nicht so wasserdicht, wie es die beteiligte Industrie gern behauptet. Zweitens berührt er nicht das nächste große Problem: In vielen Exportländern – in Sierra Leone, im Kongo, in Angola – arbeiten die Schürfer in den Diamantenfelder weiterhin unter menschenunwürdigen Bedingungen. Und die nunmehr „blutfreien“ Exportgewinne kommen einer kleinen Elite zugute, nicht aber dem Aufbau der kriegszerstörten Länder und deren Bevölkerung.
Einen schweren Fall von „Elendsdiamanten“ hat nun die Organisation Partnership Africa Canada (PAC) mit einer Studie über Angola dokumentiert, einem eifrigen Teilnehmer am Kimberly-Prozess. Angolas Diamanten-Einnahmen haben sich zwischen 2002 und 2006 mehr als verdreifacht – von 45 Millionen auf 165 Millionen Dollar jährlich. Der Staatskonzern Endiama, der das Monopol für die Vergabe von Schürflizenzen besitzt, bedient vor allem internationale Firmen, die ihrerseits gut geschmierte Kontakte zur politischen Elite pflegen. Von den Einnahmen fließt fast nichts in die vom Bürgerkrieg komplett zerstörte Infrastruktur in den angolanischen Diamantenregionen.
PAC wirft der angolanischen Regierung zudem vor, den Kimberly-Prozess als Waffe gegen die verarmte Bevölkerung einzusetzen: zehntausende von Angolanern – garimpeiros genannt – schuften auf eigene Rechnung in den Diamantenfeldern und sind den Großprojekten der Endiama im Weg. Also macht man es den garimpeiros so schwer wie möglich, ihre Steine mit einem Kimberly-Zertifikat zu legalisieren. Wie? Ganz einfach: Für den einfachen Angolaner ist der Besitz von Rohdiamanten strafbar.
Was lehrt uns das?
Ein Erfolg ist ein Erfolg – und meistens legt er gleich den Blick auf das nächste Problem frei.