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Renzi rettet Berlusconi

 

Matteo Renzi ist der neue Star der italienischen Linken. Millionen Italiener erwarten vom neuen Vorsitzenden des sozialdemokratischen PD, dass er sein Versprechen wahrmacht und die korrupte politische Kaste Italiens zertrümmert. Er selbst hat sich als „Rottamatore“ (Zertrümmerer, Verschrotter) bezeichnet und mit diesem Begriff Karriere gemacht. Aber was macht Renzi nun, kaum dass er an die Spitze des PD gewählt wurde?

Er trifft sich mit Silvio Berlusconi zu einem zweistündigen Gespräch! Renzi sagt, er habe mit dem Cavaliere völlige Übereinstimmung über einige zentrale Reformen erzielt. Dazu gehört ein neues Wahlrecht, dazu gehört auch die Abschaffung des Senats. Wenn diese Reformen richtig gemacht werden, dürften sie dem politischen System Italiens mehr Stabilität und mehr Effizienz geben. Beides wird dringend gebraucht.

Doch äußerstes Misstrauen ist angebracht. Silvio Berlusconi hat in den zwanzig Jahren, in denen er Italiens Innenpolitik beherrschte immer nur seine persönlichen Interessen verfolgt. Der Staat war für ihn nur ein Instrument, um seine Geschäfte voranzubringen. Er erließ Gesetze, die den einzigen Zweck hatten, ihn selbst vor den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu schützen. Berlusconi hat sich Italien nach seinem Bilde geformt.

Warum sollte es diesmal anders sein? Wie kann Renzi glauben, dass der alte Fuchs Berlusconi plötzlich tatsächlich im Dienste der Gemeinschaft handelt? Warum gerade jetzt?

Silvio Berlusconi ist rechtskräftig verurteilt. Er hat deswegen seinen Sitz im Senat verloren. Er ist seiner Immunität verlustig gegangen, was den Weg für eine ganze Reihe weitere Prozesse gegen ihn frei machen würde. Das alles interessiert Renzi überhaupt nicht.

Er behauptet, er brauche Berlusconi für die angepeilten Reformen. Denn dazu benötigte man eine Zwei-Drittel–Mehrheit. Das stimmt und stimmt nicht. Berlusconi ist nicht mehr der unumschränkte Herr in seinem eigenen Haus. Seine Partei hat sich schon gespalten. Viele Abgeordnete, die ihm verblieben sind, sind ihm nicht unbedingt treu ergeben. Er ist politisch auf dem Abstieg. Seit seiner Verurteilung befindet er sich geradezu im freien Fall.

Und ausgerechnet Renzi wirft ihm nun ein Rettungsseil zu, indem er ihm eine zentrale Rolle für die Zukunft Italiens zuschreibt. Ausgerechnet Renzi, der selbst ernannte Zertrümmerer des Alten, hofiert das älteste was die alte politische Kaste zu bieten hat!