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Deutsche Hilfe statt deutscher Waffen

 

Die Kurden müssen in der Lage sein, sich gegen den IS zu wehren. Dafür brauchen sie moderne Waffen. Die bekommen sie. Die Franzosen liefern, die Amerikaner und angeblich auch die Iraner. Die USA bombardieren den IS zudem aus der Luft, um den Kampf der Kurden und der irakischen Armee zu unterstützen. Erste Erfolge sind bereits sichtbar. Der IS ist in den letzten Tagen zurückgedrängt worden. Die Terroristen haben eben mächtige Feinde, die sich binnen weniger Tage zu einer informellen ad hoc-Koalition zusammengeschlossen haben.

Nein, die Kurden brauchen keine deutschen Waffen, um sich zu wehren.

Aber sie brauchen dringend deutsche Hilfe.

Kurdistan ist ja nicht nur militärisch gefordert. Die kurdischen Institutionen könnten unter dem Zustrom der Zehntausenden Flüchtlinge zusammenbrechen. Diese Gefahr ist real. Und warum sollte Deutschland nicht eine humanitäre Brücke einrichten nach Kurdistan, die den Namen verdient?

Sie würde parallel zur Militärhilfe der Partner und Verbündeten funktionieren. Diese Rolle würde zu Deutschland passen, sie würde Menschenleben retten, eine Bedrohung für Kurdistan reduzieren, und Deutschland wäre de facto Mitglied der Anti–IS–Kriegskoalition. Deutschland könnte diese Hilfe massiv auf die syrischen Flüchtlingslager ausweiten. In diesen Lagern leben unter anderem Hunderttausende Kinder, eine ganze Generation, die verloren zu gehen droht. Und man kann sich sicher sein, dass die IS-Terroristen die Verzweiflung der Flüchtlinge für ihre eigene Zwecke nutzen will. Das muss man ihnen streitig machen, dringend.

Dazu braucht es keine Waffen. Aber „humanitäre Hilfe“ klingt in diesen kriegerischen Zeiten ziemlich schlaff. Wenn man heute an Hilfe denkt, dann fallen den meisten nur mehr Waffen und Soldaten ein. Das ist die Verengung unseres Blickes. Das ist ein Verlust an Vorstellungskraft – und an Realismus. Ja, Sie haben richtig gelesen: Realismus.

Die von Deutschland gepflegte militärische Zurückhaltung kann kein absoluter Wert an sich sein, aber sie hat Gewicht, nach wie vor.

Wir wollen dazu Kanzlerin Angela Merkel zitieren: „Deutschland wird keine Waffen liefern, weil wir damit meiner Meinung nach einen Eindruck vermitteln würden, dass dieser Konflikt doch militärisch gelöst werden könnte. Und das glaube ich nicht.“ – Das hat Merkel zum Konflikt in der Ukraine gesagt. Und was dort stimmt, das kann im Irak nicht falsch sein.

Der IS ist das Produkt eines politischen Versagens, nicht einer militärischen Schwäche.

Der IS ist stark, weil die sunnitischen Stämme eine Beteiligung an der Macht in Bagdad wollen. Wenn sie die bekommen, dann wird Bedeutung vom IS schwinden. Auch wenn es im Augenblick, da die Mörderbande IS die Medien mit ihrer unversöhnlichen Grausamkeit beherrscht, schwer zu glauben ist: Es geht nicht um Religion, es geht in diesem Konflikt vor allem um Macht, Geld und Einfluss. Die Wurzeln dieses Krieges liegen im Politischen.