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Grillo in Zeiten von Ebola

 

Der italienische Politiker und ehemalige Komiker Beppe Grillo überlegt sich jeden Tag, welchen explosiven Cocktail er in seiner schummrigen Bar mixen kann, um ihn dann den Italienern zu servieren.

Das spielt sich in etwa folgendermaßen ab: Der italienische Innenminister gibt bekannt, dass in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 100.000 Flüchtlinge an den Küsten Italiens gelandet sind, so viele wie noch nie.

100.000 – eine Zahl, die viele Italiener verunsichert. Sie sind ohnehin in einer düsteren Gemütsverfassung. Seit Jahren befindet sich die Wirtschaft in einem desolaten Zustand. Die politischen Institutionen sind blockiert. Kurzfristige Aussicht auf Besserung gibt es nicht, auch nicht mit dem dynamischen, jungen Premier Matteo Renzi, der seit Februar im Amt ist. Gute Zeiten für Angstmacher.

Grillo schnappt auf, dass eine der Polizeigewerkschaften (es gibt mehrere) beklagt, Polizisten seien nicht ausreichend mit Schutzmasken und Handschuhen ausgestattet, wenn sie mit Flüchtlingen in Kontakt kommen. Außerdem hätte man bei 40 von 1.000 untersuchten Polizisten Tuberkulose festgestellt – eine Behauptung, die vom Direktor der nationalen Gesundheitsabteilung der Polizei umgehend dementiert wird. „Kein Polizist ist krank, keiner ist ansteckend!“

Aber das macht nichts. Grillo weiß jetzt, wie er seinen Cocktail zu mischen hat.

Er rechnet ein bisschen rum und schreibt dann in seinem viel gelesenen Blog: „50.000 Polizisten riskieren, mit TBC infiziert zu werden!“

Wie er auf die Zahl kommt? Keiner weiß es, aber das ist auch nicht mehr wichtig.

Die giftige Botschaft ist draußen. „Grillo: Immigranten schleppen TBC ein!“, schreiben die Zeitungen.

Die Krankheit, behauptet Grillo, sei in Italien seit Jahren ausgemerzt. Aber jetzt stiegen die Zahlen wieder an. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen widerspricht. Erstens sei TBC in Italien nie vollständig ausgemerzt gewesen, zweitens seien die Zahlen der TBC-Fälle in Italien rückläufig.

Aber wer hört das noch?

Grillo wirft eine weitere Angstpille in seinen Cocktail: Ebola. „Weil wir hier (in Italien, Anm. d. A.) nicht über Rassismus reden wollen“, schreibt er in seinem Blog, „haben wir die groteske Situation, dass die afrikanischen Staaten ihre Grenzen aus Furcht vor der Ausbreitung von Ebola schließen (…), während wir unserer Grenze weit offen halten und nicht einmal jene, die aus wer-weiß-woher kommen, medizinisch untersuchen“.

Grillo hat bei den Wahlen im Februar 2013 ein Viertel der Stimmen bekommen — sein Movimento 5 Stelle ist die stärkste Partei im italienischen Parlament.