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Stärke zeigen? Blödsinn!

 

Die Taliban haben Kundus erobert, und schon wieder ist die Rede davon, dass der Westen Stärke zeigen müsse, dass insbesondere der Präsident der USA, Barack Obama, gegenüber den Extremisten nicht einknicken dürfe.

Nur nicht nachgeben!

Dann zeigen die USA militärische Stärke. Sie schicken ihre Kampfflieger los und bombardieren Kundus. Die Bomben treffen ein Hospital, das von der Organisation Ärzte ohne Grenzen betrieben wird. Mindestens 22 Menschen sterben, darunter viele Mitarbeiter der Organisation. Nebenbei gesagt, das von Ärzte ohne Grenzen betriebene Hospital ist das einzige vernünftige Traumazentrum in Kundus, das besonders in der jetzigen umkämpften Lage gebraucht wird. Wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr in dieser Stadt ein Jahrzehnt damit verbracht hat, Brücken, Straßen und Krankenstationen und viele weitere segensreiche Dinge für die Afghanen hinzustellen, fragt man sich: Ein einziges, vernünftiges Hospital? Wie kann das sein?! Betrieben von einer NGO! Und jetzt wird es auch noch von den USA in Schutt und Asche gebombt.

Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Das Bombardement des Hospitals ist ein Skandal, gewiss. Aber es ist nur einer von sehr vielen Skandalen, die sich im Laufe des inzwischen 14-jährigen Einsatzes der Nato in Afghanistan ereignet haben. Wir erinnern uns an das von einem deutschen Oberst angeordnete Bombardement, das im Jahr 2009 bei Kundus 142 Afghanen das Leben kostete, darunter Frauen und Kinder.

Immer wurde Aufklärung versprochen, immer Besserung gelobt, niemals wurde jemand bestraft, und gebessert hat sich auch nichts Wesentliches.

Wir hören jetzt wieder das unerträgliche Wort vom „Kollateralschaden“.

Man habe ja gute Absichten, aber leider, leider gehe bei der Umsetzung dieser guten Absichten mal was daneben!

Sorry, kann passieren.

Auch wenn Blut an unseren Händen klebt, bleiben wir doch die Guten!

Die Bösen, das sind immer die anderen.

Die Taliban, so sagen jene, die immer das Wort vom Kollateralschaden im Mund führen, die Taliban legten es ja darauf an, dass auch Zivilisten getroffen würden. So versteckten sie sich gerne in Privathäusern oder Krankenhäusern und griffen von dort aus unsere Truppen an.

Schlimm? Ja, schlimm, aber so handeln Aufständische nun mal, die militärisch weit unterlegen sind.

Sie nehmen keine Rücksicht auf das eigene Volk, sondern betrachten es nur als ein Mittel zum Zweck. Das Kalkül ist einfach, grausam und erfolgreich: Je mehr Zivilisten der Gegner tötet, desto mehr wird er moralisch diskreditiert und in der Folge militärisch entscheidend geschwächt.

Genau diese Strategie hat vor 16 Jahren eine Guerillatruppe namens UÇK im Kosovo erfolgreich angewandt. Sie legte es auch darauf an, dass die serbische Soldateska bei ihren verantwortungslosen Repressalien albanische Zivilisten tötete. Das Ziel der UÇK war es, den Konflikt zu internationalisieren. Sie wollten eine Intervention der Nato provozieren. Massaker an Zivilisten machten das wahrscheinlicher. Tatsächlich intervenierte die Nato im Jahr 1999. Da die UÇK gerade die Aufständischen waren, die der Westen unterstützte, skandalisierte ihre Strategie freilich niemanden.

Die Männer der UÇK wurden als Freiheitskämpfer gefeiert!

Es wäre schon viel gewonnen, wenn man jetzt in Afghanistan nicht wieder die Phrasen vom „Stärkezeigen“ dreschen würde.