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Der Nazi als Vorbild

 

Das Böse ist ein Phänomen, das spätestens im 19. Jahrhundert, allerspätestens jedoch im 20. Jahrhundert ausgestorben ist. Keine Hexenjagden mehr, keine Scheiterhaufen für Gelehrte. Aufklärung und Psychoanalyse machen es möglich. Das Böse ist kein Dämon, sondern Teil von uns. Mit einer großen Ausnahme.

Der Nazi, in der Gegenwart natürlich der gemeine Neo-Nazi, gilt gesellschaftlich weiter als Inbegriff des Bösen. Er ist mindestens ein Hund, ein Schurke, Asozialer, Menschenhasser, Rassist, Schläger.

Das psychische Profil des Nazis ist dabei ebenso eindeutig:  Zwischen dumpfer Tölpel mit Hang zur Kurzhaarrasur und nachhaltig gestörtem Verhältnis zur Gewalttätigkeit, Vorlieben für Lautstärke, Rudelbildung, sowie gemeingefährlichem Hetzer mit Minderwertigkeitskomplexen oszilliert seine bedauernswerte Persönlichkeitsstruktur.

Eine Aneinanderreihung von Klischees. Die in der Regel der Wahrheit entspricht. Jetzt aber hat einer dieser Beschriebenen ganz offenbar eine Vorbildfunktion übernommen. Denn gestern sind über 60.000 E-Mails der NPD geleakt, also anonym veröffentlicht worden. Unter anderem wurden der Tagesschau und der tageszeitung Dokumente zugespielt, die belegen, wie die Damen und Herren Kameraden miteinander elektronische Konversation treiben. Der Ton ist den skizzierten psychischen Dispositionen entsprechend. Und in der Summe die zu erwartende Blamage der politischen Stümper vom rechten Rand. Die Mails dokumentieren eher Lautstärke als politisches Strategieverständnis. Aber wer hätte etwas anderes erwartet?

Aber in einem Punkt ist der Nazi ein Vorbild, zumindest dieser, der die Quelle für die geleakten Mails zu sein scheint. Er hat die Bedeutung der entstehenden Leakingkultur erkannt – und genutzt.

Also Ministeriumsmitarbeiter, Angestellte in Futtermittelbetrieben, Manager der mittleren Ebene in Krankenhäusern oder Pharmakonzernen und Führungskräfte bei Discountern oder Energieversorgern – was ein Nazi kann, könnt Ihr doch wohl auch. Leakt Dokumente, wenn Euch Schweinereien zu Gesicht kommen. Es gibt genug Adressen.

Eine Übersicht folgt hier in der nächsten Woche!

P.S.: Und wenn es keiner der Nazis war, sondern ein IT-Mitarbeiter bei irgendeinem Provider, der die Mails geleakt hat, dann nehmt Euch an dem ein Beispiel…