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15. Februar 2018 – Ausgabe 8

 

Leserbrief zu „Bruderzwist“ von Bernd Ulrich

als Liberaler erinnere ich mich noch gut an die Bilder jubelnder Häme auf der SPD-Wahlparty als 2013 das Ausscheiden der FDP aus dem deutschen Bundestag angekündigt wurde. Trotzdem empfinde ich wegen der momentanen Schwäche der SPD keinerlei Schadenfreude. In der Wirtschaft führt eine Monopolstellung zu Stagnation und Stillstand, da mit dem Monopol der in der Konkurrenz liegende Antrieb zum technischen und folglich auch zu jedem anderen Fortschritt verschwindet. So verhält es sich auch in der Politik. Wenn eine Partei – wie momentan die CDU – aufgrund der Schwäche einer anderen in den Umfragewerten weit vorn liegt, fehlt ihr der aus dem politischen Wettkampf entstehende Druck, neue Ideen, Konzepte und Visionen zu entwickeln. Stattdessen labt sie sich am vermeintlich eigenen Erfolg. Ergebnis dieses Prozesses ist der Stillstand der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung einer Gesellschaft. Daher hoffe ich, dass sich die SPD möglichst bald aus ihrem „Tal der Tränen“ befreien und den Wettkampf der Ideen und Konzepte wieder aufnehmen wird. Denn nur so sind Fortschritt, Veränderung und Wachstum möglich. Zudem würden ohne eine starke SPD bestimmte Interessen in der politischen Debatte nicht mehr vertreten werden. – Michael Pfeiffer


Leserbrief zu „Das Glück im Jetzt“ von Johannes Dudziak und Jörg Kramer

Johannes Dudziak und Jörg Kramer haben in ihrem Artikel über den FC Bayern München wohl Arbeitsteilung betrieben: Der eine versteht nichts von Fußball, der andere wird getrieben von einem wohl fußballerisch motivierten Bayernhass, wie ihn Fans von Schalke oder BVB kultivieren. Da kann natürlich nur ein Schmarrn heraus kommen. Die beiden beschreiben Bayern als einen Verein, der offenbar von Tölpeln gemanagt wird, der hilflos einer modernen Fußballwelt ausgesetzt ist und dabei sportlich hoffnungslos veraltet scheint. Was ich nicht verstehe ist, wie es kommt, dass die vertrottelten Onkels das deutsche Fußballgeschehenen seit den 70er Jahren des vergangen Jahrhunderts und noch deutlicher in den vergangenen zehn Jahren dermaßen bestimmen, dass vielerorts von Langeweile im deutschen Fußball gesprochen wird. Wie kann es sein, dass solche von der ZEIT als Minderbemittelte beschriebenen die einzige Mannschaft zustande bringen, die in Deutschland den modernen Fußball eingeführt hat, und die kontinuierlich in Europas Oberklasse mitspielt und diese sogar ab und an gewinnt? Nehmen wir mal an, die ZEIT will – wie es ihre Art ist – einigermaßen seriös über das Zeitgeschehen berichten, und diese Zeitung hat sogar bemerkt, es hat lange gedauert, dass Fußball ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses Zeitgeschehens ist, so ist ein solcher Artikel in etwa so, als ob man den Hamburger (Noch-) Bürgermeister als bankroten Penner, Erdogan als katholischen Engel, Siemens als kleinen Handwerksladen und Daniel Kehlmann als Analphabeten darstellen würde. Ich glaube, dass Ihre Politik- und Wirtschaftsredakteure das niemals hätten durchgehen lassen. Beim Feuilleton bin ich mir da nicht so sicher. Bei der ZEIT darf offenbar jeder in Sachen Fußball sinnfreien (nicht freisinnigen!) Blödsinn texten. – Martin Koch


Leserbrief zu „Weiße Flecken“ von Miriam Lau

vielen Dank für die Ausdifferenzierung dessen, was Seehofer mit Heimat gemeint hat: fast alles, was unter Innenpolitik subsumiert werden kann. Dass dieses Wort als Kampfbegriff gegen die AfD missbraucht wird erwähnen Sie zurecht.. Ich halte Heimat als Zielvorstellung von Politik für völlig ungeeignet, wie Sie dem folgendem entnehmen können. Heimat kennt keinen Plural. Heimat ist immer singulär. Heimat kann der Kopf nicht fassen; Heimat ist Herzenssache: ein kleines Stückchen Paradies. Heimat ist Erinnerung gefühlt, ein Lied, das längst verklungen. Heimat ist flüchtig wie der Friesengeist, kein Haus mit Ecken und Kanten. Diese Heimat lässt sich nicht gestalten. Sie ist ein Mysterium und nichts fürs Ministerium. Nicht Heimat scheint’s Problem zu sein, es sind die Heimatlosen allein. – Johannes Kettlack


Leserbrief zu „Doppeltes Unrecht“ von Heinrich Wefing

n Deutschland und Westeuropa wird alles Recht und Unrecht auf dem Boden der Demokratie kritisiert und analysiert. Das ist der fundamentale Fehler dieser Länder. Die Demokratie gilt für alle Zeiten der Maßstab für falsch oder richtig. Schon wär nur im Ansatz versucht dieses Geschäftsmodell infrage zu stellen, wird verbal ermordet. Wie soll dann überhaupt eine anständige Diskussion Zustande kommen. Ich lebe quasi auch in einem solchen Land der Autokratie, wie Ihr Autor schreibt. Für mich ist das eine Parlamentarische Republik mit autoritären Zügen, was der Sache viel näher kommt. Der Fall Ihres Kollegen Deniz Yücel hätte in Singapur noch eine viel höhere Strafe zur Folge. In diesem Land leben drei verschiedene ethnische Bürger friedlich miteinander. So gut wie keine Kriminalität, Arbeitslosigkeit und auch keine Armut. Der Wohlstand ist weit höher als in Europa. Und wissen Sie warum?: Dort wird noch bestraft, wer sich was zu Schulden kommen lässt. Selbst das Banale wegwerfen einer Kippe wird umgerechnet mit 5 – 600,-€ geahndet. Politiker oder andere Personen beleidigen wird noch höher bestraft, obwohl Kritik an der Politik sogar erwünscht ist. Ihr Autor hätte keine Probleme. Die Bildung auf einem weit höheren Stand als in Europa. Die Chinesen gehen dort ein und aus. Die Produktion elektronischer Geräte ist weltweit führend – jedenfalls zu meiner Zeit. Das Entscheidende ist aber: Die politische Elite lehnt die Demokratie im Westen deswegen ab, weil nach ihrer Theorie das nur zum Krieg führen wird. Die westlichen Staatsformen sind in Freund und Feind aufgeteilt, die automatisch zu Auseinandersetzungen führen wird und auf Dauer nicht nur bei verbalen Auseinandersetzungen bleiben wird. Das hat die Geschichte unter Beweis gestellt. Ich habe in den 80er Jahren durchgehend über 4 Jahre in Singapur gelebt. Ich wäre gern dort geblieben. Aber das Klima hat mir zu schaffen gemacht. Für mich herrschen heute in Deutschland katastrophale Zustände, deswegen lebe ich heute mehr in Österreich als in Deutschland. Der deutschen Politik ist nicht mehr zu helfen. Für mich rennen die gerade wie die Lemminge in den Abgrund. Durch die guten Zahlen in der  Wirtschaft hat sich das alles nur verzögert. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Alle sind Mitte“ von Jonas Radbruch

wenn Sie mich gefragt hätten, wie ich mein Vermögen relativ einschätze, hätte ich zunächst wissen müssen, wie die in der ZEIT-Grafik angegebene Quelle (Bundesbank) die Vermögenswerte aller Bürger in Deutschland ermittelt hat, und hätte diese Methoden dann auf das eigene Vermögen anwenden müssen. Bei einer telefonischen Umfrage ist dies nicht machbar. Auf die Problematik jeder Vermögensbewertung will ich nur hinweisen (zum Beispiel: Ertragswert/ Sachwert). Der Wert zum Beispiel von Hausrat, von Häusern etc. im Brandfall, im Erbfall, bei Zwangsversteigerungen, bei angedrohten Enteignungen, bei Zwangsräumungen etc., aber auch freiwilligen Verkäufen wird von den unterschiedlichen Parteien oft kontrovers eingeschätzt; da habe ich vielfältige Erfahrungen. Es gibt Personen, die ihr eigenes Vermögen maßlos überschätzen, Andere kalkulieren sehr vorsichtig, rechnen sich nicht reich und landen dadurch in der gefühlten Vermögensskala auf einem niedrigeren Rang. – Adolf Ronnenberg


Leserbrief zu „In Frankreich fehlen die Babys“ von Georg Blume

Wenn General de Gaulle nach 1945 gesagt hat, Frankreich sei ein sterbendes Land , es sei denn, es schaffe eine Million Geburten durch Erfindung der Ecole maternelle(Kindergarten mit Lern- Anspruch) und großzügiges Kindergeld, wäre das eine Erklärung für die permanent hohe franzö-sische Geburtenrate; und wenn Bundeskanzler Helmut Schmidt gesagt hat:“ Wir kümmern uns nicht um die Schlafzimmer unserer Bundesbürger“, wäre das eine Erklärung für die permanent niedrige deutsche Geburtenrate. Wenn aber der Trend sich umkehrt, taugen die alten Erklärungsmuster nicht mehr, und – so darf gefragt werden- waren sie überhaupt richtig? – Dietrich Bauer


Leserbrief zu „Bruderzwist“ von Bernd Ulrich

Ihr Autor dreht sich wie der Wind. Nur noch öfters. Ich wusste das alles schon vor zwei Jahren was wir für Tüten von Politikern wir haben. Ich verzweifele immer wieder an unserer Gesellschaft und den Politikern die nichts anständiges zu Wege bringen. Was Sie auch immer anfassen es kommt nur Unsinn heraus.  Die Fehler häufen sich permanent und die Aufpasser kritisieren an falscher Stelle. Ein Auszug: Frau Merkel, Ihr Fan war Ihr Autor, war die Gründerin des heutigen Zustandes, die SPD hat weit und breit keine Pesrsönlichkeit mehr in ihren Reihen, die Grünen haben die Bildung gegen die Wand gefahren, die einzige wirkliche Opposition, die Partei AfD wurde von den Medien ständig zur Sau gemacht. Ihr Autor hat sich auch stark daran beteiligt, obwohl er eigentlich wissen müsste, dass nur so eine Demokratie funktionieren kann. Nur das auch eine Demokratie immer mal wieder renoviert werden muss, scheint er nicht verstanden zu haben. Ich könnte die Liste fortsetzen, aber dann sitze ich den ganzen Abend am Computer. So wichtig ist das auch wieder nicht und ausserdem weiß das ohnehin Ihre Redaktion. Die Zukunft wird es zeigen, wer Blödsinn geschrieben hat. Bis jetzt liege ich nach Punkten vorn. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Wer darf einsteigen?“ von Michael Thumann

sind Sie von allen Geistern verlassen.? Thomas Oppermann als Außenminister: soll das ein Witz sein oder meinen Sie allen Ernstes das wäre eine Option.? Ihr Autor Michael Thumann scheint gar nicht zu wissen, das Oppermann schweren Vertrauensbruch begangen hat. Der Mann hätte längst aussortiert gehört. Die SPD hat überhaupt keine Persönlichkeit, keine Führungskraft der die SPD wieder aus dem Sumpf ziehen kann. Die alte/neue Groko, die wahrscheinlich kommen wird, nutzt nur den Beteiligten. Die kann man ohnehin nur als Übergangsvehikel einstufen. Frau Merkel, die uns überhaupt in das gesellschaftliche Chaos geführt hat wird auch ihre Koffer packen müssen. Alles nur Zeitverschwendung. Deutschland muss sich völlig reformieren, damit die Bürger sich wieder wie zu Hause fühlen. Und sich nicht als Überbleibsel im eigenen Land verlieren. – Gunter Knauer


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel“ von Marc Brost

in Ihrer Darstellung des politischen Durcheinanders als „Dschungel-Camp“ bleiben Sie bei dem Deutungs-Schema Ihrer Kollegen Pausch und Ulrich in der letzten ZEIT-Ausgabe hängen .Mit dem Zugriff „Gegenwartsschrumpfung“ des Philosophen Hermann Lübbe allein ,machen Sie das „Problem “ zwar kleiner aber kommen einer Lösung keinen Schritt weiter. Richtig,was gestern als richtig galt (in ihrem Deutungs-Schema )ist heute falsch(weil eben die Personaldebatte jede inhaltliche Bewertung überlagert) Denn der Inhalt wurde rein lösungsorientiert ausgehandelt.Aber das Personal dafür wird später problemorientiert abgewickelt .Das führt zu Spannungen zwangsläufig.Diese beiden Denk-Schemata spalten alle drei Verhandlungspartein .Das ist der Riss durch den ganzen Verhandlungs-Prozeß.Aber kein Anlass zur Wut -Erzeugung für Wahlbürger und Kritiker in den beteiligten Partein und den begleitenden Medien. Wir Bürger wollen nicht nur von Volkspartein überzeugt und erreicht bloß werden.Ihre praktischen Politik-Lösungsansätze mit welcher Form einer Regierung auch immer ,soll uns nutzen und weiter bringen ,zum Wohle aller und nicht den Interessen einzelner Partein allein dienen. Der Eindruck eines „Dschungel-Kampfes der Interessen“ ergibt sich für mich allein aus der Verschiedenheit der Lösungsansätze: Merkel agiert dabei lösungsorientiert-pragmatisch. Ihre Partei jedoch problemorientiert -egozentrisch. Das Veränderungsbedürfnis der Bürger als Wähler hat dabei keinen Einfluß  auf das Veränderungs-Erfordernis (Kompromissbereitschft) der Koalitionere .Niemand will die alte oder neue Kanzlerin scheitern sehen.Es gibt nur in diesem Verhandlungsprozeß unterschiedliche Zielvorstellungen. Die neue Bruchlinie ist nicht der Konflikt zwischen „dem Globalen und dem Nationalen“.Dieser Kompromiss ist garnicht erforderlich ,weil er nicht mehr existiert(siehe anderes Deutungs-Schema).Die bisher gewohnten Lager und Konfliktlinien  haben sich im Zeitgeschehen aufgelöst und sind nicht nur geschrumpft. Es gilt die politische Mitte als Gesamtwohl neu zu definieren.Das ist Aufgabe der Politik und bleibt nicht der Wut der Bürger und der Medien vorbehalten.Der Erfolg einer Regierungsbildung allein ist identitätsstiftend für unsere zerbrechliche Demokratie. – Lothar Hantel


Leserbrief zu „Der Angriff des Spekulanten“ von Moritz Aisslinger

Ein Weg zur Lösung der Krise der Volksparteien erscheint im Text erschütternd evident: Wenn „in einem kleinen Sitzungssaal des Landgerichts Nürnberg-Fürth“ ein geplatzter Deal verhandelt wird, bei dem der Kläger „nahezu risikofrei und ohne selbst einen einzigen Euro zu investieren, einen Vorsteuergewinn von rund 80 Millionen Euro einkassiert“ – dann ist dieser Vorgang – jenseits der rechtlichen Situation – doch schlichtweg ein Skandal. Natürlich empfinden die meisten Menschen die Volksparteien wenig glaubwürdig, wenn unser System das ermöglicht. Hier kann eine Partei sich positionieren. Nichts gegen viel Geld gegen viel Arbeit und Verantwortung. Aber eine solche Größenordnung ist nicht vermittelbar, wenn gleichzeitig beklagt wird, dass „die Schere“ in der Gesellschaft auseinander gehe. – Thomas Wartha


Leserbrief zu „Bruderzwist“ von Bernd Ulrich

In Ihrem Artikel schreiben Sie u.a.: „Die SPD ist dabei, sich moralisch aufzulösen, …“ Ich bin der Ansicht, die SPD hat sich schon moralisch aufgelöst, indem Sie mit den Nachfolgern der SED Koalitionen eingegangen ist. Nur zur Erinnerung: „In einem Aufruf des Kurt-Schumacher-Kreises wird konstatiert, daß durch Maßregelungen der stalinistischen SED 20 000 ehemalige Sozialdemokraten ihren Arbeitsplatz verloren, 100 000 in den Westen flüchten mußten und etwa 5 000 Sozialdemokraten von ostdeutschen oder sowjetischen Gerichten verurteilt wurden (wovon 400 in der Haft verstarben“ (Hermann Weber: „Weiße Flecken“ in der DDR-Geschichtsschreibung. Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament B 11/90 vom 9. März 1990, S. 8). Wie schrieb doch der Landesvorstand der Berliner SPD am 23.August 1961: „Wir danken allen. Wir vergessen keinen. Wir vergessen nichts.“ Die Sozialdemokraten von heute haben vergessen! – Rolf Schikorr


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel“ von Marc Brost

Beim Herausnehmen der  Zeit No 8 aus dem Postkasten blieb mein Blick an einer Aussage des Leitartikels auf der Titelseite hängen:  „Die Bürger fordern Veränderungen, aber die Parteien bieten ihnen wenig an“ Veränderungen wohin? Es scheint mir, als ginge es um Veränderung um ihrer selbst willen. Rasend überschlagen sich die Ereignisse, eine Richtung der Wünsche der wie immer gelaunten Basis ist nicht erkennbar.  Den gelernten Österreicher übermannt sofort die Erinnerung an das legendäre Lied  Gerhard Bronners „Der Wilde mit seiner Maschin:  Ich hab zwar ka Ahnung wo ich hinfahr´, aber dafür bin ich g´schwinder durt!“ Stellt man sich den Satz „Die Bürger fordern Veränderungen, aber die Parteien bieten ihnen wenig an“ bildlich vor, so drängt sich ein Coachpotato ins Blickfeld, der, durch die Fernsehprogramme zappend, lamentiert: „denen fällt auch nichts Neues ein!“.  Und so bleibt er einmal da und einmal dort einige Minuten hängen, hoffend auf eine aufregende Szene. Kaum eine Sendung sieht er zur Gänze von Anfang bis Ende.  Ebenso führt sein durch die Parteienlandschaft zappendes Wahlverhalten dazu, dass die gerade lautesten Schlagzeilen seine Aufmerksamkeit gewinnen,  kein zweiter Gedanke  befasst sich mit deren Bedeutung und Auswirkung auf das Ganze, einer gemeinsamen Zukunft. Der medial gehetzte Souverän hebt und senkt seinen Daumen im Stundentakt über die Gladiatoren, Parteiprogramme erodieren,  regierungsfähige  Mehrheiten kommen nicht mehr zu Stande, die Gewählten können und (wollen auch oftmals)  das Land nicht mehr führen. Der manische Schrei nach Veränderung führt so zu seinem genauen Gegenteil:  Nichts geht mehr:  „Rasender Stillstand“ (© Paul Virilio). – Franz Simson


Leserbrief zu „Sie können die Uhr danach stellen: Der nächste Skandal kommt!“ von Evelyn Finger und Lisa Nienhaus

Kokettieren mit Sünden und Skandalen: Der eigentliche Skandal ist doch, dass das Bistum Eichstätt nur mal so zum verzocken 50 Millionen Euro locker machen kann. Und der nächste Skandal ist, dass der Interviewer nicht nachfragt, wie das möglich ist. Nein, im Gegenteil, ein angeblich katholischer Unternehmer schwadroniert darüber, wie die Kirche in Zukunft noch besser ihren Schwerpunkt von der Nachfolge Jesu auf das raffgierige Geld- und Immobilienanlage-Geschäft verlagern könnte. Ganz ehrlich: Mir wird da schlecht. Das hat nichts mehr mit Sünder-Sein zu tun, nur noch mit maßloser Dummheit. Übrigens würde mich sehr interessieren, was für ein Sünder Papst Franziskus denn ist. Oder kokettiert er nur damit, weil es neuerdings in der Kirche so schick und trendy geworden ist, ein Sünder zu sein? Mir wird gleich nochmals schlecht. – Ruth Gehring


Leserbrief zu „Angst vor der wilden Sau“ von Fritz Habekuß

als langjähriger Zeit-Abonnent, habe ich mit großem Interesse Ihren Artikel „Angst vor der wilden Sau“ studiert. Dieser gut recherchierte Artikel vermittelte einem schnell und anschaulich, die Problematik der hohen Schwarzwild Population und deren eventuellen, negativen Auswirkungen auf die gigantischen Schweinebestände in der deutschen Massentierhaltung. So weit so gut – bis Sie auf das Thema „Improvac“ zu sprechen kamen. An dieser Stelle sollte ich erwähnen, daß ich seit 25 Jahren ein sehr verantwortungsvoller Jäger bin. Auf der einen Seite wird in der deutschen Landwirtschaft flächendeckend GlucoSat eingesetzt, was die gigantischen Raps- und Maisfelder in Deutschland erst ermöglicht  hat (die Ursache – wie Sie selber richtig geschlussfolgert haben – für die Explosion des Schwarzwild Bestandes), auf der anderen Seite soll dann mit „Improvac“ das aus den Fugen geratenden ökologische Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Die Ursache ist doch die unglaublich intensiv genutzte Landwirtschaft auf 47% der deutschen Flächen. Das hat nichts mehr mit ökologischem Gleichgewicht, geschweige denn Natur zu tun. Somit sind auch logischerweise die Populationen bei Wildtieren vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Antwort der Industrie: Antikörper zur Populationskontrolle (??? HALLO ???) Wir haben uns an das Verschwinden von Hasen gewöhnt, auch das von Fasanen, Rebhühnern und Wachteln. (Hat Frau Jewgenow dagegen auch ein Mittelchen? – Wäre echt klasse!!) Singvögel stören ja zum Glück morgens kaum noch, weil es ja keine Insekten mehr gibt – aber zumindest saubere Windschutzscheiben. Ja – ich bin Jäger und leidenschaftlich viel und gerne in der Natur, die der landwirtschaftlichen Industrie mit ihren gigantischen Überproduktionen wohl endgültig zum Opfer fallen wird. – Roderich Melches


Leserbrief zu „Mehr Kabel? Mehr Bildung!“ von Manuel J. Hartung und Stefan Schmitt

Ich freue mich immer über vorab vom Vorurteilsdetektor geprüfte Analysen. So stimme ich zu, dass man unbedingt mal nach Stuttgart oder München fahren sollte, um festzustellen, dass Verkehrsaufkommen etwas mit Luftqualität zu tun hat. Auch an anderer Stelle ist die Analyse treffend. Wenn ich im Veilchenduft der Abgase in Hamburg versuche, eine Kreuzung zu überqueren, fällt auch mir immer wieder auf, dass die ganzen Friseurinnen aus dem Umland mit ihren SUVs und anderen überstrapazierten Vehikeln die Innenstadt verstopfen und die dort lebenden Angestellten daran hindern, sich dem gut verdienten Wohnen hinzugeben. Schluss mit der Mär vom Quellverkehr. Aber es lohnt sich auch gar nicht mehr, derartig antiquierte Probleme anzugehen. Die Digitalisierung wird auch das richten. Wenn die Umland-Friseurin endlich schnelles Internet hat,  kann sie ihre Kunden ja online aufklären, wie sie die Haare schön föhnen. Es sei denn, die Friseurin und / oder die Kundschaft wäre zu alt, zu behindert oder sonst wie renitent, um das hinzukriegen. Dann müssen die humanities ran. – Petra Goll


Leserbrief zu „Alle sind Mitte“ von Jonas Radbruch

Wie ich schon Ihrem Kollegen Herrn Heuser in einem Leserbrief geschrieben habe, stehe ich Ihrer Serie und dem Anliegen, Wirtschaft als Schulfach einzuführen, sehr kritisch gegenüber. Mit dem gleichen Argument könnte man auch Recht als Schulfach einführen. Juristische Fußangeln lauern im Alltag überall. Da die Woche aber nicht unbegrenzt ist, müsste man dafür andere Schulfächer streichen. Aber welche? Ich finde, jeder, der sich für Wirtschaft interessiert, kann sich in den einschlägigen Medien informieren. Das habe ich vor 50 Jahren auch gemacht, als ich als Schüler nebenher den Spiegel gelesen habe. Nun zu Ihrer Vermögensverteilung. Die Zahlen sagen doch absolut nichts aus, da sie sich auf Haushalte und nicht auf Personen beziehen. Ihre Assistenzärztin wäre plötzlich nur noch halb so vermögend, wenn sie ihren Freund bei sich einziehen lässt, der als vermögens- und einkommensloser Hausmann das gemeinsame Kind versorgt und mit dem sie ihr Einkommen teilen muss. Oder die Putzfrau wäre plötzlich vermögender als die Ärztin, wenn ihr Mann, mit dem sie im selben Haushalt lebt, auch vollzeit putzt. So kann es sein, dass das Vermögen mehr vom Mietvertrag als vom Einkommen abhängt. Vielleicht gibt es ja keine personenbezogenen Daten. Dann muss man aber so ehrlich sein und sagen, dass man keine belastbaren Aussagen treffen kann. – Mathias Thurm


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

Euer Artikel beeindruckt und begeistert mich! Junge Menschen, die Lust auf Politik und damit Lust auf Zukunft haben. Im besten Sinne seid Ihr die Antwort auf das ernüchternde Fazit des Hirnforschers Gerald Hüther: Wir haben kein Erkenntnisproblem sondern ein Umsetzungsproblem. Meine Kinder sind 18, 20 und 21 und auch bei Ihnen spüre ich, wie sie ihre Möglichkeiten und ihren Freiraum soviel selbstbewusster gestalten als wir das damals taten (ich bin Jahrgang 1964). Lebenslanges lernen ist ein Geschenk, welches wir Menschen uns mit unserer Kultur geschaffen haben – wir brauchen es jetzt nur noch umzusetzen. Und Eure Ideen, Pläne; Eure Haltung sprüht ja geradezu vor „miteinander Zukunft gestalten wollen“. Ich bin begeistert! – Dr. Petra Hanke


Leserbrief zu „Ach, ihr lieben Unkräuter“ von Jens Jessen

Ihr Autor täuscht sich gewaltig. Berlin oder München (eher München) ist eigentlich piepegal. Deutschland hat keine wirklichen Stars mehr, das sind heute eher die Fußballer. Mit dem Namen Schauspieler ist in Deutschland Schindluder getrieben worden. Fast jeder ist heute ein Schauspieler. Der Name hat keinen Glanz mehr. Das Kino nimmt kaum einer wahr. Wann war Ihr Autor das letzte Mal im Kino? In meiner Jugendzeit waren die Schauspieler Größen und wurden angehimmelt wie vielleicht nur noch die Beatles. Ich erinnere mich an Stars wie O.W. Fischer, Curt Jürgens, Maria Schell, Ruth Leuwerik, Willy Birkel, René Deltgen, Ruth Niehaus, Dieter Borsche, Willi Fritsch, Hanna Matz und und viele Andere. Die meisten waren eigentlich alles Ôsterreicher. Am Ku’damm standen Hunderte von Menschen. Der Ku’damm mußte gesperrt werden. Allein die Auffahrt der Stars war eine große Show. Wir wohnten damals in der Meineckestraße, quasi gegenüber vom UFA-Palast. Deutschland ist doch längst öde und langweilig geworden. Berlin heute, lebt doch international nur noch von der Mauer. Berlin hat doch kein Niveau und Flair mehr. Fragen Sie die Politiker warum das heute so ist….In Frankreich oder Italien hat die verrottete Kultur nie stattgefunden. Ich kenne die Festivals in Venedig und Cannes. Unabhängig vom Wetter und den Liebreiz der Ortschaften, halten sich die Stars auch wegen der Menschen dort gern auf. Deswegen ist es völlig gleichgültig wo solche Veranstaltungen stattfinden. In Deutschland geht das alles nicht mehr. Die Münchner wären noch am ehesten in der Lage, Glanz in die Hütte zu bringen. Aber die haben aus Anstand das den Berlinern überlassen. Nein, Deutschland ist verkommen worden. Hier läuft gar nichts mehr, weder in der Politik noch in der Gesellschaft. Verblödung total. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Angst vor der wilden Sau“ von Fritz Habekuß

Die im Artikel so gelobte „chemische Kastration“ mittels Köderimpfung klingt nach einer Superidee, ist aber leider tierschutzfachlich abzulehnen, weil natürlich nicht nur Wildschweine diese Köder fressen werden, sondern alle möglichen anderen Wildtiere. Damit wird dann der halbe Wald infertil – es sei denn man findet eine Methode, die die Aufnahme durch andere Wildtiere sicher verhindert – eine echte Herausforderung! Langfristig eine echte Lösung ist nur die Köderimpfung der Wildschweine gegen das Virus der Afrikanischen Schweinepest. Mit dieser Methode hat man schon die Europäische Schweinepest beim Wildschwein und die Fuchstollwut erfolgreich bekämpft. Einen Impfstoff gegen die Afrikanische Schweinepest gibt es noch nicht. Daher ist die Forschung dazu mit möglichst viel Geld zu fördern. Das haben die Verantwortlichen aber noch nicht verstanden. Und von einem Seuchenausbruch wird nicht nur die „Schweineindustrie“ getroffen, sondern jeder Schweinehalter – ganz egal, ob er nun 10 Schweine hält oder 1000. – Dr. Michael Schimanski


Leserbrief zu „Angst vor der wilden Sau“ von Fritz Habekuß

Auf S. 36 liest man über eine Reproduktionsforscherin an Tieren: „Jewgenow, eine zierliche Frau mit Kurzhaarschnitt, …“. Ich vermisse eine entsprechende persönliche Charakterisierung des eingangs erwähnten Landwirts und Jägers. Etwa so: Hagemann, kräftiger, großer Mann mit wettergegebtem Gesicht und Stoppelbart. „you too“: Wann hört es – mindestens in seriösen Zeitungen – endlich auf, dass bei der Erörterung von Sachthemen beteiligte Frauen auch durch Aussehen und Kleidung charakterisiert werden, wodurch eine dadurch vermittelte Wertung vorgenommen wird. – Dr. Artur Behr


Leserbrief zu „Das System Putin“ von Michael Thumann

so ein Mann wie Putin fehlt uns in Deutschland, der bestimmt wo es lang zu gehen hat. Es wäre dringend geboten, einen solchen Mann (Frauen eigenen sich nicht dafür) auszuwählen, der so elegant regiert wie Putin. Der Westen würde zwar verrückt werden aber anders als jetzt. Es ist ein feiner Unterschied, wie jetzt, unser Land von Verrückten auflösen zu lassen um daraus einen Vielvölkerstaat zu machen, oder von einem Verrückten regiert zu werden, der unser Land wieder zurückholt. Fragen Sie alle Bürger wen sie lieber wählen würden. Ich wette mit Ihnen, die Mehrheit würde sich für den zweiten Verrückten entscheiden. So ist es wirklich um unser Land bestellt. Deutlicher kann man es kaum sagen. – Gunter Knauer


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel“ von Marc Brost

Es ist längst überfällig, dass sich die Mitglieder von Union und SPD gegen den hermetischen Führungsstil der jeweiligen Parteispitze wehren. Zu lange haben die Parteifunktionäre erwartet, dass die Basis lediglich hübsch ordentlich und fromm ihren Mitgliedsbeitrag bezahlt, sich aber ansonsten nicht groß in die Parteipolitik einmischt. Dabei haben sie vergessen, dass die innere Ordnung einer Partei nach dem Grundgesetz (Artikel 21 Absatz 1 Satz 3) demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Hieraus folgt laut dem Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 23.10.1952, Aktenzeichen: 1 BvB 1/51), dass der Aufbau einer Partei von unten nach oben erfolgen muss, die Mitglieder nicht von der Willensbildung ausgeschlossen werden dürfen und die Parteiführer keinen unbedingten Gehorsam verlangen können. Indem die Mitglieder sich nun gegen das Postengeklungel wenden und Transparenz einfordern, nehmen sie folglich ihre verfassungsmäßig garantierten Rechte wahr. Wenn dies in Ihrem Artikel als „Riss zwischen Parteiführung und Basis“ bezeichnet wird, sagt dies viel über den beklagenswerten Zustand der innerparteilichen Demokratie in Deutschland aus. – Michael Pfeiffer


Leserbrief zu „Die Trümmerfrau“ von Tina Hildebrandt

Es ist schon sehr befremdend diese Frau als Trümmerfrau zu bezeichnen oder sie auch. Nur in die Nähe  dieser Frauen zu bringen, die diesen Namen wirklich verdienen. Deutschland. Wurde mit Hilfe dieser Trümmerfrauen wieder aufgebaut, das ist Fakt. Jetzt Frau Nahles So hinzustellen, als sei sie ebenso eine Trümmerfrau, das ist, zumindest nach meiner Auffassung Eine Beleidigung aller Trümmerfrauen, die Deutschland aufgebaut haben. – Manfred Mengewein


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

Große Gedankenfehler: Dieser emotionale Aufruf ist meiner Meinung nach unglaubwürdig, weil die Autoren zu den Menschen gehören, die sich nur noch auf Wikipedia, Google und Algorithmen verlassen. Sie sind mit Computern aufgewachsen und fahren mit Navigationssystemen, was u.a. den menschlichen Orientierungssinn verkümmern und verdummen lässt. Sie setzen auf Digitaliserung, d.h. sie erleben, erfahren und entdecken fast nichts mehr selbst, sind stromlinienförmig mit Künstlicher Intelligenz, die eben künstlich ist, aber nicht real. Der Ausbau der Digitalisierung ist für sie die „Heilsbringung“, was einer der größten Irrtümer der Menschheit ist. Wir brauchen verantwortungrsbewußte Menschen mit realer Erfahrung, die zwischen virtueller – also künstlicher – und realer Welt unterscheiden, und deshalb ganz anders mit Technik und Digitalisierung umgehen können. Diese jungen Politiker gehören da sicher nicht dazu. Sorry, aber das ist so. – Ruth Gehring


Leserbrief zu „In Spendierlaune“ von Mark Schieritz und Thomas Fischermann

ohne SPD-Mitglied zu sein kann man feststellen, dass Martin Schulz mit seinem Team sehr erfolgreich verhandelt hat. Leider konnte er seine Partei nicht überzeugen, dass Erneuerung PARALLEL zum Mitregieren eine Riesenchance ist: wollen die Vertreter der „Reinen Lehre“ wirklich eine ganze Legislatur diskutieren um dann gegen die Fakten anzuregieren, die andere in dieser Zeit geschaffen haben ?  Es braucht ja schon mehrjährige Vorlaufzeiten zum Kapazitätsaufbau, der die jetzt finanzierbaren Leistungen erst ermöglicht; da könnte jemand im SPD-Vorsitz ausserhab der Regierung durchaus deutlich machen, dass eine allein regierende SPD SOWOHL Erneuerung ALS AUCH Mitregieren beherrscht ! – Dr. Dirk Bade


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel“ von Marc Brost

Personell offenbart sich die zukünftige Regierungskoalition zu allererst als Kanzlerinsicherungsbund. Inhaltlich stellt der Koalitionsvertrag zwar gewiss nicht den allenthalben notwendigen Aufbruch zu neuen Ufern dar, greift auch in vielen Punkten zu kurz, an richtigen Zielsetzungen fehlt es gleichwohl nicht. Dass Angela Merkel dabei das Profil ihrer eigenen Partei ein weiteres Mal einebnet und somit die Stärkung der Rechtspopulisten in Kauf nimmt, kongruiert nicht zuletzt mit dem grundsätzlichen Machtverlust der Volksparteien. Die Frage ist, ob sich mit so viel demokratischer Ohnmacht und pragmatischer Entkernung tatsächlich wirksame Richtlinienkompetenz und gute Politik für Deutschland gestalten lässt. Die ehemalige Volkspartei SPD hat sich in den letzten Wochen personell bar jedem Firnis geradezu entblößt, zudem verwechseln die Sozialdemokraten die gern vorgetragene Liebe zur Basisdemokratie mit basisdemokratischer Beliebigkeit. Ganz klar, die bundesdeutsche Politik muss sich ändern, inhaltlich, personell und stilistisch. Der Wille dazu ist in der Gesellschaft durchaus vorhanden, allein, es fehlt derzeit an (genug) greifbaren Vorbilden und exponierten Akteuren in der politischen Landschaft. – Ira Bartsch


Leserbrief zu „Die Trümmerfrau“ von Tina Hildebrandt

Danke, danke, danke!  Es tut gut zu lesen, dass Politikerinnen und Politiker nicht nur von Machtgier getrieben werden, wenn sie bereit sind Macht zu übernehmen. Es ist gut zu sehen, dass der Artikel verbunden ist mit einem Foto der „Trümmerfrau“ Nahles, auf der sie freundlich, verletzlich und damit menschlich gezeigt wird. Ich habe nämlich die Nase voll von der ganzen Häme und Besserwisserei,  die in den Medien und in der Gesellschaft über die Politiker ausgeschüttet wird. – Peter Appelrath


Leserbrief zu „Die unglaubliche Insel“ von Benedikt Erenz

Ihr interessanter Artikel über die Insel Helgoland hätte sicher noch an Originalität gewonnen, wenn Sie einen äußerst bedeutsamen Besucher kurz erwähnt hätten: Werner Heisenberg, der im Juni 1925 auf der Insel eine Lösung fand, die die Physik aus einer Krise führte und die als Matrizenmechanik die Physik- Welt grundlegend veränderte. Selbst in Zeiten, da manche Geisteswissenschaftler Kreativität für sich zu usurpieren suchen, wäre es zumindest gerecht, einer weltverändernden wissenschaftlichen Großtat zu gedenken. – Alexander Schmejkal


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel“ von Marc Brost

keine richtige Alternative sein, solange wir ein Wahlsystem haben, dass auf Basis der aktuellen Umfragewerte bis zu 800 Mandate hervorbringen  würde. Die normal anzustrebende   Größenordnung von gut 600. ( = 596 plus ein überschaubares „x“ ) wären signifikant überschritten. Unser Wahlsystem basiert darauf, dass es zwei Volksparteien gibt, die jeweils ca. zwischen 35% und ca. 43% liegen. Die aktuellen Umfragewerte führen jedoch systembedingt zu einer hohen Zahl von Überhangmandaten und einer unkontrollierten Anzahl von Ausgleichsmandaten. Unser Bundestag hat keine Obergrenze, dies könnte sogar  zu Verhältnissen führen, die die parlamentarische Arbeit stark erschwert. Spätestens bei 1000 Abgeordneten im Deutschen Bundestag führt das auch bei den Wählern zu einem  totalen Unverständnis. Die jährlichen Mehrkosten würden in dem Fall die € 100,0 Mio Grenze wesentlich überschreiten. Unser Wahlsystem wird nicht von allen Wählern verstanden. Es ist sogar so absurd, dass es aus Sicht  der „AFD“ und der Partei „Die Linke“ Sinn machen würde, jeweils mit der Erststimme den politischen Gegner ,also  die CDU zu wählen. Damit gibt es noch  mehr. Überhangmandate  für die  CDU und dann über die Ausgleichsmandate kann die AFD/ Die Linke  die Anzahl ihrer Fraktionsstärke signifikant erhöhen. Ein Wahlsystem, dass dazu einlädt und so ein taktisches  Wahlverhalten gegen die innere Überzeugung möglich macht, muss reformiert werden. Wenn das Parlament nicht bald  in der Lage ist, das Wahlsystem einvernehmlich  zu reformieren, führt das bei dem Wahlvolk zu einem großen Unverständnis. Es gibt keine einfachen Lösungen, da die Quadratur des Kreises ( Erststimme versus Zweitstimme ) in dem heutigen Umfeld nicht mehr funktioniert. – Roland Framhein


Leserbrief zu „Doppeltes Unrecht“ von Heinrich Wefing

Sie haben recht, das Kneifen von Europa im Falle Yücel anzuprangern. Zum Glück ist er ja unterdessen auf freiem Fuß. Ihre Anklage an die Adresse des Europäischen Gerichts ist aber in die völlig falsche Richtung erhoben. Nicht das Gericht ist zuständig. Es muss und soll sich an den von der Politik im Namen Europas vereinbarten Rechtsweg halten. Die Europäischen Regierungen sind gefordert und für die Erzeugung des (in diesem Falle erfolgreichen) Drucks zuständig. Eine Gerichtsentscheidung, wie Sie sie fordern, würde mit der berechtigten Feststellung “Willkürjustiz” weggefegt. Wenn wir das anders haben wollen, muss die Europäische Union andere Rechtswege vorschlagen. Alles andere wäre Willkür und gefährlich. – Peter Kayser


Leserbrief zu „Angst vor der wilden Sau“ von Fritz Habekuß

Auch dieser Bericht enthält viele interessante Informationen: die Jägermafia mag  das Ausbringen von antihormonell wirksamen Ködern verhindern – aber wer hätte etwas gegen eine rechtzeitige, flächendeckende Impfung unserer „Hausschweine“? -theoretisch könnte man doch aus den wohl ASP-resistenten afrikanischen Warzenschweinen Virus-Material isolieren und damit einen Impfstoff entwickeln – ging doch bei vielen anderen Seuchen auch ! – Dr Paul Keller


Leserbrief zu „Alle sind Mitte“ von Jonas Radbruch

Hervorragende Darstellung von Korrelationen zwischen Einkommen, Vermögen und gesellschaftlichen Aspekten wie Bildung und Wissen! Und natürlich der Beweis völlig haltloser Selbsteinschätzungen!
Da kein Lehrer dies so erklären kann, haben Sie mglw auf 1 Seite mehr Wirtschaftslehre rübergebracht als manche Schule im ganzen Jahr!… Glückwunsch auch zu Ihrer plastischen Ausdrucksweise. Bitte weitermachen mit Vergleichen zu anderen Staaten der EU – den althergebrachten und den neuen! Nicht zu vergessen Great Britain! Denn nur dann kann man seine Stimme (und jene der Anderen) zum EU- Parlament ebenso einzuordnen versuchen. Vielleicht findet man so eine Erklärung, warum die Hälfte der Briten aus der EU raus will? – Franz Berger


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

So vom anderen Ende der „Nahrungskette“ (ich bin seit 2 Jahren pensioniert und Informatiker, entstamme also einer der zentralen Zukunftsgruppen): Ich kann die meisten Ihrer/eurer Forderungen nicht nur unterstützen, ich habe mich selbst für Vieles davon stark gemacht. Einige andere Kollegen aus meiner Zunft auch, aber als „Frontschweine“ wie üblich relativ erfolglos, wenn wir mal von unseren eigenen Studis absehen. Womit wir dabei allerdings von vornherein gerechnet haben, hat sich in der Praxis immer wieder bewahrheitet: Das Problem sind nicht die Ziele, das Problem sind die Spielregeln. Die müssen nämlich beschaffen sein, dass sie nicht für viele zur „sozialen Hängematte“ werden. Das kostet nicht nur Geld, diese Leute halten zusätzlich noch den Betrieb für diejenigen auf, die es Ernst meinen. Das Adjektiv „bedingungslos“ hat daher hier nichts zu suchen – im Gegenteil muss ein geeignetes Credit-System her (das ist ein Riesenproblem). Das Passiv muss weg: man hat kein Recht, fortgebildet zu werden, man hat ein Recht, sich fortzubilden. Eigenverantwortung und Eigeninitiative müssen ein wichtiges Element sein. Die Erfahrung zeigt auch hier: die (beruflich) guten Leute machen ihren Job gerne und sind auch bereit, einige Mühen auf sich zu nehmen, weil es ihnen letztlich Spaß macht. Diese Leute werden Anforderungen nicht als Zumutung oder Ungerechtigkeit empfinden. Wenn es Ihnen/euch gelingt, die Ziele so zu portieren, dass diese Gruppe nicht (wieder) das Gefühl hat, dass Lauscheppern was hinterher geworfen wird, habt ihr mit ziemlicher Sicherheit gewonnen und genügend Klientel hinter euch, vieles durchzusetzen. Ach ja, und macht in ein paar Jahren nicht den gleichen Fehler wie die Alten, indem ihr euch für unersetzbar haltet. – Gilbert Brands


Leserbrief zu „Zum Weinen in den Keller“ von Paul Middelhoff et al.

Das Interview der ZEIT mit drei SPD-Mitgliedern spiegelt das ganze Dilemma dieser ältesten Partei Europas wider. Wer eine Wiederauflage der Groko für gesamtpolitisch  hoch problematisch hält  und eine erneute Einsetzung von Angela Merkel als Kanzlerin ablehnt, muß gegen die Groko votieren. Für die „ Groko“  spricht jedoch in erster Linie die Vermeidung von Neuwahlen, weil aus diesen mutmaßlich die AfD noch deutlicher gestärkt hervorgehen würde. Gegen eine erneute „Grokospricht allerdings eben die Polit-Hygiene der Bundesrepublik. Denn das °Massatoden°  „Groko“ unterdrückt ein klares Contra-Profil der beiden Lager, von  Union und SPD. Deshalb ist es wohl richtig ,wenn der  emeritierte Professor für Nationalökonomie  Hans-Werner Sinn sagt: „Nur eine Minderheitsregierung in Berlin schützt uns vor einer weiteren Entmündigung des Parlaments und damit auch von Macrons Umverteilungswünschen. Europa sei kein Ponyhof, sondern nun einmal von knallharten Gegensätzen geprägt, die die Regierung nicht allein entscheiden darf.“^Das mediale Hochjubeln der Jusos unter Kevin Kühnert entspricht in keiner Weise der realen Bedeutung dieser Jugendorganisation der Sozialdemokratie. Natürlich verfügen die Jusos über keinen eigenen Plan für die Gesellschaft, weil seit dem Untergang der Staatsozialismen totale Gesellschaftsentwürfe doch völlig obsolet geworden sind. Politik kann heute nur noch als “Reparaturbetrieb“ verstanden werden, auch wenn dies Ideologen und „Visionäre“ als unbefriedigend ansehen. ^^ Martin Schulz konnte nach der Wahlniederlage der SPD in der Bundestagswahl 2017 doch gar nicht anders reagieren als zu dekretieren: die SPD muß in die Opposition gehen. Jede andere Äußerung wäre doch als völlig unaufrichtig denunziert worden. ^Die SPD ist von einer bestimmten Pressemeinung in die Groko-Verhandlungen regelrecht hinein gedrängt worden mit dem Hauptargument, die Sozialdemokratie müsse sich jetzt staatspolitisch korrekt verhalten. Dabei wird übersehen , daß durch das Amalgam von CDU&CSU und SPD eine „liaison dangereuse“ geschlossen wird, die in der Wahlbevölkerung  offenbar tiefen Unmut hervor ruft. Wir wollen aber keine Republik, in der der Schlachtruf erfolgt: ich kenne keine Parteien mehr,  sondern nur noch Deutsche. Mit einem solchen autoritären Denkansatz ist Deutschland bekanntlich schon ganz schlecht gefahren.- Die Moral der Geschichte ist, daß man Jugendorganisationen von Parteien nicht den Status von  politischen Ikonen verleihen darf ! – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

BRAVO! Die fünf Politikerinnen und Politiker haben es auf den Punkt gebracht: Es ist Zeit, auf sie zu hören: die Zukunft zu gestalten anstatt die Vergangenheit zu verwalten. Ich habe Politik studiert und war lange kommunalpolitisch aktiv. Inzwischen habe ich alle Ämter niedergelegt und bin aus der Partei ausgetreten. Es haben immer die gleichen Leute große Reden geschwungen, die gleichen Inner Circle darüber gewacht, dass kein frischer Wind alterhergebrachte Strukturen durcheinanderwirbelt. Das Ergebnis war und ist Stillstand. Das können wir uns nicht mehr leisten. Die Welt dreht sich weiter. Ich wünsche den fünf Talenten ganz viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Und Kraft. Und Durchhaltevermögen. Nicht aufgeben! Deutschland braucht euch. – Claudia Rixecker


Leserbrief zu „Berlin hat mich befreit“ von Deborah Feldmann

„Der Holocaust gehörte nicht uns [Juden], er war keine riesige Erbmasse, die wir annehmen oder entäußern mussten. Er war ein universelles Erbe, mit dem wir umgingen, nicht weil wir Juden waren, sondern weil wir als Juden Menschen waren.“ Auch wenn diese profunde Feststellung Deborah Feldmans schlicht klingt, fast banal, trifft sie damit doch ganz präzise des Pudels Kern: Rassismus jeglicher Art, von wem und gegen wen auch immer gerichtet, ist ein Problem des Menschen, aller Menschen. In ihrem neuen Buch „Überbitten“ nennt sie das„des Menschen Dämon“, wenn wir in unserem Alltagstun einmal mehr seiner Versuchung nicht widerstehen können, andere Menschen nicht nach dem einzuschätzen, wer sie sind sondern was sie sind, und wenn wir dies dann – gezielt auf individuellen Vorteil – dazu missbrauchen, uns über diese anderen Menschen zu erheben. Es sitzt in uns allen. Nur wer das verstanden hat, kann hoffen, den Rassismus zu überwinden. Man kann Feldman nur bewundern wegen der Konsequenz, mit der sie in noch sehr jungen Jahren ihren eigenen Weg gegangen ist, und wegen der untrübbaren Klarheit ihrer Gedanken und Schriften. – Helmut Bredigkeit


Leserbrief zu „Angst vor der wilden Sau“ von Fritz Habekuß

Mit Interesse habe ich oben genannten Artikel gelesen. Es sind bei der Recherche einige bedeutende Fehler unterlaufen, die in einer derartig renommierten Zeitung, wie der Ihrigen,  nicht vorkommen, und daher richtig gestellt werden sollten. Der Autor sollte sich nicht aufgrund falscher Fakten zu tendenziösen Aussagen hinreissen lassen, und der Jägerschaft die Schuld der in der Tat aufgetretenen Sauenschwemme in die Schuhe schieben. Im Einzelnen:

  • Der Autor suggeriert, der Deutsche Jagdverband spiele den Wildschwein-Bestand auf „300.000 Tiere“ herunter, um das Problem zu bagatellisieren. Das sollte verwundern, bei einer Jahresstrecke von 589.416 im Jagdwirtschaftsjahr 2016/2017 (Quelle: https://www.jagdverband.de/jagdstatistik – letzter Zugriff 18.02.2018 ).
  • Die Idee, die Wildschweinpopulationen durch Geburtenregelung („Anti-Baby-Pille“) in den Griff zu bekommen, ist nicht neu und wurde vor kurzem wieder aufgegriffen und wegen Unkontrollierbarkeit der Hormongaben und Umweltbelastung verworfen (http://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Linke-wollen-die-Pille-fuer-Wildschweine letzter Zugriff 18.02.2018).
  • Die geschilderte und im Artikel empfohlene „Impfung“ mit „Improvac ®“ sollte schwer durchführbar sein: 1. Die Einrichtung von Schwarzwildfängen ist aufwendig und die notwendige personelle Betreuung mit Fachleuten ist immens (vgl. „Zum Einsatz von Schwarzwildfängen“ von Michael Petrak, AFZ-Der Wald 06/2017, S. 20-23). 2. Das Schwarzwild müsste flächendeckend gefangen werden. 3. Die männlichen Wildschweine (Keiler) müssten dann getrennt werden. 4. Die von der Rotte getrennten Keiler müssten danach mit einer Impfpistole geimpft werden (ein gefährliches Unterfangen bei einem wehrhaften Keiler). 5. Die Unfruchtbarkeit tritt nicht unmittelbar ein (der geimpfte Keiler wird sich, wenn sofort wieder freigelassen, noch fortpflanzen) und die Wirkung ist nicht dauerhaft. 6. Sollten auch nur wenige Keiler der Impfung entwischen, so werden sie es sich nicht nehmen lassen, die fortpflanzungsbereiten weiblichen Wildschweine zu befruchten.
  • Es wäre wohl sinnvoller über die Ursache der Wildschwein-Schwemme nachzudenken und sich zu fragen, ob die Form der subventionierten „Bio“-Energiegewinnung, die für ein schier unendliches Nahrungsangebot für Wildschweine sorgt, in unserem Land noch zeitgemäß ist. Zudem ist der Einfluß des Klimawandels auf die Reproduktionsrate der Wildschweine wissenschaftlich belegt (Quelle: Sebastian G. Vetter et al.: „What Is a Mild Winter? Regional Differences in Within-Species Responses to Climate Change“; July 9, 2015 https://doi.org/10.1371/journal.pone.0132178).
  • Die Afrikanische Schweinepest breitet sich am schnellsten entlang der Fernstraßen aus. Daher müssten strenge Kontrollen an den Grenzen stattfinden und das unkontrollierte Importieren von (Wild)Schweinfleisch unterbunden werden (http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/ausbreitung-der-afrikanischen-schweinepest.html – letzter Zugriff 18.02.2018). – Christoph Runge

Leserbrief zu „Es wird mir eine Freude sein, die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff zu nehmen.“von Daniel Hornuff

Well roared, lion! Der Artikel von Daniel Hornuff, mit Witz und Eloquenz, war fällig. Aber warum erhebt sich aus der Höhle des Löwen eine kritische Stimme erst jetzt? Wo waren meine Kolleginnen und Kollegen, als mir vom Rektorat der HfG Karlsruhe im Winter 2015 ein Maulkorb verhängt wurde? Peter Slotderdijk kündigte mir die Freundschaft schriftlich, als ich in meiner damaligen Funktion als Fachgruppenleiter für Kunstwissenschaft und Medientheorie den Nießbrauch seines Assistenten Dr. Marc Jongen, aufs Korn nahm. Der hatte sich zum Herausgeber unserer Hochschulschriften ermächtigt, ohne dass dies von einem Senatsbeschluss gedeckt und von einer Hochschulkommission getragen worden wäre. Mein Einwand stieß auf eine Mauer des Schweigens von Seiten meiner Kolleginnen und Kollegen im Sinne eines institutionellen Opportunismus, der die gesellschaftliche Funktion des Intellektuellen untergräbt. Es hat durchaus System, wenn in solchem Klima eine Figur wie Jongen groß werden konnte. – Beat Wyss


Leserbrief zu „Mehr Kabel? Mehr Bildung!“ von Manuel J. Hartung und Stefan Schmitt

Die 11 Thesen zur Digitalisierung enthalten viel Richtiges, so die Forderung nach digitaler Bildung und Weiterbildung, was aber nicht dazu führen dürfe, die universelle Bildung zu vernachlässigen und in den Studiengängen einer immer stärkeren Spezialisierung das Wort zu reden. Wie wahr bei der inflationären Bachelorisierung mit 19.000 Studiengängen ! Fragwürdig ist aber die „Schlüsselkompetenz“ (zum Irrweg des Kompetenzkonzeptes vgl. Christoph Türcke) der „Verunsicherungsfähigkeit“. Nur im Denken und Urteilen sichere Menschen mit breitem Wissensfundament werden in der Lage sein, den immer schneller wandelnden Verhältnissen (Verunsicherungen) gewachsen zu sein. Man überschätzt digitale Bildung sicher, wenn man meint, sie müsse bzw. könne auch befähigen, eine soziale Idee umzusetzen. Die Mehrheit der Gesellschaft will weder eine Firma gründen, noch ein Forschungsprojekt verfolgen und benötigt deshalb dafür keine digitale Bildung. Völlig überzogen ist die Forderung der Autoren, wenn sie für die erste Grundschulklasse bereits eine „Programmiersprache als erste Fremdsprache“ verlangen. Um die Primarschüler nicht zu überfordern, sollten sie weiterhin zunächst gründlich ihre Muttersprache in Wort und Schrift erlernen sowie dazu weitere grundlegende wichtige Kulturtechniken (woran es schon heute erheblich mangelt), bevor sie mit dem digitalem Alphabet gefüttert werden. Das „Bündnis für humane Bildung“ hat auch deshalb den kompetenzversessenen „Digitalpakt Schule“ als Irrweg bezeichnet. Denn es gilt die Erkenntnis : Maschinen ersparen niemandem elementare Lernvorgänge und was im Computer ist, ist noch lange nicht im Hirn. Wer dem Humanismus aller und der Menschheit dienen will, sollte das nicht vergessen. – Stefan Kaisers


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

Endlich! Herzlichen Danke für den leidenschaftlichen Aufruf für mehr Bewegung und vor allem mehr Kooperation im Politikbetrieb! Ich würde das agile Politik nennen. Denn genau, wie es in einem Unternehmen notwendig ist, interdisziplinär zu denken und zu arbeiten, ist es auch in der Politik unabdingbar zunehmend komplexere Fragestellungen schnell und partei- bzw. institutionsübergreifend zu bearbeiten, um Antworten auf die zentralen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen zu finden. Leider ist das Silo-Denken, das wir aus Unternehmen kennen, in der Politik noch viel fester verankert. Wenn es Ihnen gelingt, das aufzubrechen, ist Großartiges möglich: echtes interdisziplinäres Arbeiten, kreatives Denken, schnelle und vor allem nachhaltige Lösungen durch Fokussierung….im Unternehmenskontext nennen wird das Scrum! Für diese Art von Politik würde ich mich auch wieder begeistern. Wie kann man Sie unterstützen? Und liebe Zeitredaktion: großartig, dass sie diesen fünf Vorkämpfern Raum geben. Aber weshalb so weit hinten im Blatt? Das gehört für mich nach vorne in die Politik, denn was die fünf da aufzeigen sind die deutlichen Anzeichen eines gesellschaftlichen Wandels, den wir alle aktiv mitgestalten sollten, anstatt jovial lächelnd den Kopf über diese „Millennials“ zu schütteln. – Beate Gramling


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

„Schade, dass dieser Artikel nicht auf Seite 1 stand, denn das ist wirklich das Wesentliche und da gehört er hin! Über alle Parteigrenzen und sicher auch persönliche Meinungsverschiedenheiten hinweg wird da zusammen an einem gemeinsamen Weg für Deutschland gearbeitet. Die ganzen Berichte aus Berlin rund um Sondierung, GroKo und Parteien-Egomanie gehen dagegen nur noch auf die Nerven. – Jürgen Robbert


Leserbrief zu „Bruderzwist“ von Bernd Ulrich

Nun wissen wir also durch zwei fast zeitgleich geführte Interviews von Herrn Ulrich mit Gabriel und Schulz, dass der Konflikt an der Spitze der SPD weder außergewöhnlich noch persönlich gemeint war. So wollen es jedenfalls die beiden Protagonisten Herrn Ulrich und damit auch der Öffentlichkeit darstellen. Beide sprechen sich nur gegenseitig die Fähigkeit ab, hohe Ämter auszuüben. Wahrscheinlich haben beide in einem Punkt recht, denn es war in der SPD schon seit den 70-er Jahren üblich, den jeweiligen Vorsitzenden durch innerparteiliche Querschüsse zu diskreditieren. Nur ist die Dauer der Amtsausübung diesmal erstaunlich kurz. Aber, in diesem Punkt muss man der SPD Kontinuität konzedieren, in der Reihe der erzwungenen Abgänge von z.B. Schmidt, Müntefering, Beck ist die aktuelle „Akte Schulz“ besonders perfide. So baut man kein Vertrauen in die Politikerkaste auf. – Hans Georg Binder


Leserbrief zu „Die Eskalation“ von Jochen Bittner et al.

vielen Dank für den aufrüttelnden Artikel „Die Eskalation“ von Jochen Bittner, Matthias Nass und Gero von Randow! Es ist erschreckend wie die Welt aufrüstet. Warum lernen die Menschen nicht aus der Geschichte? Aus diesem Grund habe ich gerade selbst die Besucher meiner jüngsten Ausstellung mit der Installation „Global Arms Trade“ konfrontiert. In der Oasenstadt Chiwa in Usbekistan sahen die Besucher der Installation 16 aufgestapelte Kartons vor dem Minarett Kalta Minor und der Medrese Muhammad Aminxan, in der sich heute das Hotel Orient Star befindet. Es liegt gleich hinter dem westlichen Stadttor an dem historischen Seidenstraße. Die Kartons wurden wie auf einem Basar auf einer weißen Plane zum Verkauf feilgeboten. Sie waren in ornamentierte farbige Geschenkpapiere eingeschlagen und boten von weitem einen feierlichen, friedlichen Anblick. Dabei harmonierten sie mit der Buntheit der sie umgebenden Medresen, Minarette und Moscheen. Die Verhüllungen der Kartons der Installation machten neugierig auf den Inhalt. Die rechteckigen Formen verrieten nichts. Auch die verfremdeten und verrätselten Formen auf den unterschiedlichen Geschenkpapieren gaben keine Hinweise. Doch bei näherer Betrachtung kam dann der provokante Schock. Die friedlich und harmlos „dreinschauenden“ Geschenkpapiere entpuppten sich als Träger für Ornamente aus Abbildungen moderner Kriegswaffen und Drogen: von Uran für Atombomben, Drohnen, See- und Landminen, Panzern, Panzerfäusten, Schnellbooten, Kampfflugzeugen, Handgranaten, Granaten, Raketen, Torpedos, Pistolen, Maschinengewehren und harten Drogen. Metapher für den weltweiten Handel war das über Jahrhunderte einst umfangreichste, 10 000 Kilometer lange Verkehrsnetz der Erde von China durch Zentralasien an die Küste des Mittelmeers, die Seidenstraße, Drehscheibe des Welthandels und der Kulturen. – Hans Präffcke


Leserbrief zu „Jugendliebe“ von Ulrike Gastmann

Das hat schon Herbert Grönemeyer gesagt. Sicherlich lässt sich darüber streiten ob Malvina und Diaa noch Kinder oder bereits Jugendliche sind, doch eines kann man mit Bestimmtheit sagen: Sie sind ein Beispiel dafür, dass man mit Unterschiedlichkeiten offen umgehen und voneinander lernen kann. Oder kurz gesagt, funktionierende interkulturelle Kommunikation. Danke an Kika, das junge deutsch-syrische Paar und die Autorin des Artikels, davon können sich viele eine Scheibe abschneiden. – Julian Kroll


Leserbrief zu „Er wird es schaffen“ von Jeanette Otto

Jeremias fragt sich laut dem Artikel, ob er eines Tages Verrat an seiner Familie begeht, wenn er sich weit von ihnen entfernt und Karriere macht. Er ist ein kluger Junge und kann die Frage kognitiv angehen: Verrat ist eine Handlung, die anderen bewusst schadet. Beispielsweise versteckt sich jemand vor der Polizei und ich verrate ihn. Demzufolge kann die Polizei ihn festnehmen, was für ihn negative Konsequenzen hat. Das ist bei Jeremias und seiner Familie sicher nicht gegeben, da er ihnen nicht bewusst Nachteile entstehen lässt. Auch das Argument seiner Mutter, sie brauche das Kindergeld für ihn, kann nicht zählen, da er seinen Eltern ja auch erhebliche Kosten erspart, weil er nicht dauerhauft zu Hause wohnt. Eltern müssen grundsätzlich für sich allein sorgen, sie haben die Verantwortung für ihr eigenes Leben und dürfen nicht ihre Kinder verantwortlich machen. Wenn die Eltern das trotzdem versuchen, muss man das als Kind an sich abprallen lassen – auch wenn das bei den eigenen Eltern schwer ist. Verrat kann es auch sein, wenn man eine gemeinsame Idee verrät, indem man sich davon abwendet. Beispielsweise haben sich Freunde geschworen, aus Umweltschutzgründen niemals selbst Auto zu fahren, aber dann kauft sich der eine später doch ein Auto. Auch das ist bei Jeremias nicht der Fall, da er mit seiner Familie nicht eine solche Abmachung hat. Verleugnen wäre eine andere Sache. Das sollte Jeremias niemals tun, denn auch wenn er sich sehr weit von seiner Familie entfernt, bleiben es doch seine Eltern und Geschwister. Es kann passieren, dass man sich nicht mehr versteht, weil man einfach zu verschieden ist oder die Verletzungen zu tief sind. Das ist manchmal nicht leicht zu ertragen, man fühlt sich dann allein, aber man findet Freunde, Lehrer oder eine Ersatzfamilie, zu der man besser passt. Wichtig ist nur, dass man seiner Herkunftsfamilie immer das Gefühl gibt, sie zu akzeptieren, wie sie ist, und sich nicht für sie zu schämen. Vielleicht ist das eher das Thema, was Jeremias beschäftigt. Sicher haben seine Eltern an ihm Fehler begangen, vielleicht auch unverzeihliche, aber sie haben den Mut gehabt, ihn in die Welt zu setzen, ihn versorgt, groß gezogen, für ihn Mühe, Zeit und Geld investiert, wenn auch bei Weitem nicht genug. Trotzdem haben sie viel mehr für ihn getan als die meisten anderen Menschen, und schon dafür gebührt ihnen Achtung. Ich glaube, wenn Jeremias schafft, seine Familie wirklich zu achten in ihren Besonderheiten und mit all ihren Fehlern und seine Eltern das auch fühlen, wird es ihnen allen besser gehen. Jeder Mensch möchte geliebt und respektiert werden, besonders Kinder von ihren Eltern, aber umgekehrt auch Eltern von ihren Kindern. Wenn Jeremias schafft, wenn schon keine Liebe, so doch wenigstens Respekt zu zeigen, dann kann er sich frei entwickeln in die Richtung, die zu ihm passt, und muss sich keine Gedanken machen, ob er seine Familie verrät. Das kann er gar nicht. Dann bleibt da immer ein Band. Und irgendwann wird seine Familie hoffentlich stolz auf ihn sein. Dann, als Erwachsener mit gutem Einkommen und psychischer Reife, kann er seine Familie vielleicht auch unterstützen. Es ist bewundernswert, wie gut Jeremias in jungem Alter schon für sich selbst gesorgt hat. Diese nützliche Fähigkeit wird ihn durch sein Leben begleiten. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Kraft auf seinem Weg. – Yvonne Otter


Leserbrief zu „Schläft ein Lied in allen Dingen?“ von Andreas Weber

mit Ihrem Text, den ich in der aktuellen Ausgabe der ZEIT Nr. 8 lesen durfte, „Schläft ein Lied in allen Dingen„, sprechen Sie mir direkt aus dem Herzen, treffen Ihre Worte und brillanten Reflexionen direkt in meine Seele. Ganz ganz großartig.Wie unfassbar wünschenswert wäre es doch, dass einschlägige Blätter, wie das Bauernblatt oder ähnliche von der Agrarlobby herausgegebenen Blätter, solch intelligenten, qualitätvollen  Texte ebenfalls veröffentlichen würden! Einzig solche Impulse zur Anregung einer Reflexionsfähigkeit einzelner Akteure auf dem Parkett des Agrarwesens, das sich die Menschen ja leider ausgedacht haben, würde einen essentiell akut erforderlichen Paradigmenwechsel in der Agrarindustrie wahrscheinlicher machen. Vielleicht schafft es Ihr Text ja doch in diese Kreise zu gelangen – unserer geschundenen Mitwelt ist es einfach fest zu wünschen. – Britta Hermle


Leserbrief zu „Gratis mit Bus und Bahn“

das Thema Mobilität ist ein absolutes Zukunftsthema. Ein „weiter so, wie bisher“ ist nicht möglich. Die Verkehrsbelastung hat in den letzten Jahrzehnten in allen Bereichen – nicht nur in den Städten und Ballungszentren – das Maß des Erträglichen längst überschritten. Umso trauriger ist, dass in der Diskussion wieder die üblichen Argumente genutzt werden, die durch häufigen Gebrauch nicht richtiger werden. Stichwort Subvention der Dieslkraftstoffe: Fakt ist, dass die Steuer auf Dieselkraftstoff pro Liter sich bei heutigem Preis (1,13€/l) 67,47Cent und bei Super E5 (1,26€/l) 83,76Cent beträgt. Richtig ist, der Steueranteil bei Dieselkraftstoff ist mit rund 60% extrem hoch und bei Benzin mit 66,5% noch höher. Eine Subvention wäre es nur, wenn der Dieselkraftstoff durch Einsatz von Steuergeldern unter Herstellungspreis verkauft würde. Der Steuervorteil für Dieselkraftstoff wird durch die Kraftfahrzeugsteuer kompensiert. Für meinen Diesel zahle ich jährlich 116€ mehr als für das gleiche Modell mit vergleichbarem Benzinmotor, abwohl dieser deutlich mehr CO2 produziert. Somit sind die Gesamtkosten erst ab einem Jahresverbrauch von 712l Diesel gleich, dass entspricht bei meinem Fahrzeug einer Jahresfahrleistung von mehr 10.200km. Wenn man unbedingt von einer Subvention sprechen mag, gilt diese somit ausschließlich für Vielfahrer! Stichwort Luftbelastung: Die Belastungen des Verkehrs setzen sich aus vielen Komponenten zusammen:
– Platzbedarf/Flächenverbrauch/Versiegelung des Bodens mit mit negativen Folgen für das Stadtklima
– Stress für Autofahrer und Anwohner durch Staus und Lärm – Beeinträchtigung der Luftqualität durch Feinstaub und Stickoxide.
Leider schießt man hier wieder bevorzugt auf die Diesel PKW. Feinstaub erzeugt jedes Fahrzeug (selbst Elektroautos): Abrieb von Bremsen und Reifen. Die Diesel PKW sind seit der Einführung der Rußfilter deutlich verträglicher geworden und gerade moderne PKW mit Benzinmotor erzeugen bei der Verbrennung viel Feinstaub! Und neben dem Verkehr gibt es für Feinstaub andere wesentliche Verursacher, u.a. Heizungen, Kraftwerke und Industrie. Meine persönliche Erfahrung als Asthmatiker ist, dass die Stadtluft wesentlich besser ist als früher. Für mich persönlich sind alte LKWs, Diesel PKWs ohne Rußfilter und holzbefeuerte Kamine die größten Belastungsquellen. Diese Abgase beeinträchtigen sofort meine Atmung! Und nicht zu vergessen die Zweitakter – Motorroller und benzingetriebene Gartengeräte. Ein Motorroller ist für mich schlimmer als 5 moderne LKW oder 100 moderne PKW! Kostenloser Nahverkehr ist auf dem ersten Blick ein verlockender Ansatz, näher betrachtet verhindert dies jedoch eher die Entwicklung von zukunftsfähigen Verkehrslösungen. Individualverkehr lässt sich nicht einfach durch Massentransport ersetzen. In den Stoßzeiten sind die Nahverkehrssysteme oft schon überlastet, in den Nebenzeiten fahren schon im direkten Umland von München große Linienbusse mit ein oder zwei Passergieren durch die Orte und S-Bahnen sind trotz oder gerade wegen des verlängerten Taktes nur sporadisch besetzt. Meine Vision des öffentlichen Nahverkehrs ist eine Mischung aus selbstfahrenden, elektisch betriebenen Minibussen, die auf Herbeiruf die Passagiere aus der Fläche zu den Nahverkehrsknoten bringen. Erst wenn man die Fläche und die Zentren intelliegent miteinander vernetzt, erzielt man den gewünschten Effekt. Das wäre ein Gewinn für alle, Stadt und Umland. Dieses System benötigt adäquate Einnahmen, aber ich bin mir sicher, die Menschen wären bereit, angemessene Fahrpreise dafür zu zahlen. – Rainer Funke


Leserbrief zu „Wir haben keine Lust mehr auf behäbigen Politikbetrieb. ‚Weiter so‘ ist uns zu wenig“ von Yannick Haan et al.

Auch als fast 74 – Jährigem ist mir der Artikel aus der Seele geschrieben. Lasst die Jungen ran! Die Alten haben ihren politischen Kredit reichlich verspielt. Und immer wieder muss ich dabei an ein Buch denken: Das Peter -Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen inkl. seiner Fortsetzung mit dem Untertitel „Schlimmer gehts immer“. Die meisten Leser werden es nicht kennen, es stammt aus 1970 / 1985. Erstaunlicherweise wurde es sogar 1989 in der DDR veröffentlicht. Kernaussagen sind, wie sich Unfähige auf ihren Posten halten können, ja eigentlich fast Jeder die Stufe seiner Inkompetenz erreicht. Und für die Führungsmannschaft wird ausgesagt: Wir lenken unsere Zukunft betreffende Prozesse mit der Kutschermentalität aus dem 19. Jahrhundert. Zum aktuellen Gebaren eigentlich aller Parteien in Deutschland muss ich nichts mehr hinzufügen. Wer die Möglichkeit hat, lese die Peter-Prinzipien selbst, sie haben sich nicht überholt: Und lernt daraus! – Günter Hegewald


Leserbrief zu „Gratis mit Bus und Bahn“

Ihre Argumente pro und kontra eines kostenlosen Nahverkehr fand ich interessant. Was mich an dem derzeitigen Vorschlag stoert ist seine Kurzfristigkeit und die Einfachheit im Denken. Fuer mich selbst sind nicht die Kosten das Hauptargument gegen den oeffentlichen Nahverkehr, sonder die Zeit. Ich wohne am Ostrand von Muenchen und arbeite in Garching. Mit dem Auto brauche ich fuer die Fahrt zur Arbeit, wenn alles gut laeuft, 25 Minuten (und das mit einem Peugeot107, nicht mit dem auch hier weit verbreiteten SUV). Mit dem MVV brauche ich im besten Falle ueber eine Stunde fuer die einfache Strecke.  Auch das oft gehoerte Argument, dass man die Zeit im OePNV ja zum Lesen etc. nutzen koenne, gilt hier nicht. Wenn ich in die S-Bahn bzw. U-Bahn ein- bzw. umsteige, gibt es nur noch (enge) Stehplaetze. Eine Taktverdichtung ist nicht moeglich – im Berufsverkehr fahren die S- und U-Bahnen bereits alle 2-3 Minuten im Innenstadtbereich. Die Zahl der Passagiere kann also nur steigen, wenn der Nahverkehr leistungsfaehiger wird. Und das erfordert gerade bei den schienengebundenen Verkehrsmitteln erhebliche Zeit und ziemlich viel Geld (siehe 2. Stammstrecke fuer die S-Bahn Muenchen). Insofern erscheint mir die Idee als Loesung der Abgasprobleme in den grossen Staedten als ein typischer Alibi-Vorschlag – klingt gut, hilft aber nicht und tut insbesondere den Verursachern nicht weh. Was das Problem angeht, dass sich Leute mir niedrigem Gehalt den oeffentlichen Nahverkehr nicht leisetn koennen, so koennte man hier durch eine staatliche Unterstuetzung von Jobtickets Abhilfe schaffen. Und ein Ausbau des oeffentlichen Nahverkehrs ist sicher sinnvoll und notwendig – aber nicht so einfach wie durch den Vorschlag suggeriert. – Sabine Moehler


Leserbrief zu „Gratis mit Bus und Bahn“

Herr Tatje argumentiert gegen den kostenlosen Nahverkehr für alle mit der Tragik der Allmende. Dieser Vergleich hinkt. Die Logik der Tragik der Allmende besagt, dass begrenzte Güter, die niemandem gehören, aber von allen genutzt werden können, von Übernutzung bedroht seien. Nur Eigentum an einer Sache gewährleiste den verantwortungsvollen Umgang mit dieser. Der öffentliche Personennahverkehr ist jedoch Eigentum der öffentlichen Hand. Es gibt also einen direkten Adressaten der Verpflichtung zum Erhalt des Gutes Nahverkehr. Da alle Fahrgäste auf Mobilität angewiesen sind, wird ein allgemeines Interesse am Erhalt und der Pflege des Nahverkehrs bestehen. Für dessen Funktionstüchtigkeit würde folglich die öffentliche Hand durch kontinuierliche Investitionen sorgen. Angesichts der dramatischen Lage des Klimawandels ist es aus meiner Sicht wenig zielführend, den Abbau verfehlter Subventionen des Individualverkehrs gegen den Ausbau des ÖPNVs auszuspielen. Beides ist wichtig und beides sollte – aus ökologischen wie sozialen Gründen – dringend umgesetzt werden. Die Zeit drängt. – Benedikt Ball


Leserbrief zu „Wir haben keine Lust mehr auf behäbigen Politikbetrieb. ‚Weiter so‘ ist uns zu wenig“  von Yannick Haan et al.

Jungpolitiker von 5 etablierten Parteien rufen zu Veränderungen auf und empören sich über den herrschenden Politikstil und rütteln an den Stützen des Berliner Politikbetriebes. Dies ist auch ein Ausdruck der Werteveränderung, speziell bei der Jugend in unserer Gesellschaft, und zeigt sich in der Auflösung des Links-rechts-Schemas, der Konfliktpotenziale in der Auseinandersetzung zwischen dem Globalen und dem Nationalen sowie den Differenzen in allen Parteien zwischen den Parteiführungen und der Basis. Es ist aber besonders beachtenswert, dass der politische Nachwuchs über die immensen Differenzen in den politischen Überzeugungen das Gemeinsame sucht und sich auch darauf fokussiert. Es ist das Privileg der Jugend, dass sie auf Veränderungen drängt und dafür auch neue Wege geht. Niemand erwartet in dieser Phase des Aufbruchs fertige Konzepte und die schon gar nicht im Angesicht der heutigen Bedingungen in Politik, Wirtschaft und dem globalem Geschehen, den Ungewissheiten der Veränderungen und ihrer Geschwindigkeiten bei der Umsetzung. Aber der große Realismus des politischen Nachwuchses in der konsequenten Ablehnung der nationalen Abschottung und der Betonung der sozialen Komponenten bei den notwendigen Veränderungen zeugen von einem hohen Verantwortungsgefühl für diese Prozesse. Die Jugend muss verändern, denn sie ist die künftige Generation, die unter den von ihr angestoßenen und geschaffenen Bedingungen leben muss. Als ich diesen Beitrag las, da musste ich mich an die letzte große Streitschrift von Stéphane Hessel „ Empört Euch!“ und sein Gespräch mit Gilles Vanderpooten „Engagiert Euch!“ denken. Es hat mich sehr gefreut, dass angesichts einer solch engagierten Jugend im Politikbetrieb Europa eine Zukunft hat und deutsche nachrückende Politiker dieses Europa jenseits von nationalen Ressentiments gestalten werden. Greift das politische Establishment an, denn es gibt genug Kräfte, die im Sinne des Konservatismus das Bewährte erhalten und ausbauen wollen. In dieser politischen Auseinandersetzung wird es zu neuen Entwicklungen kommen, die unserer Republik ein neues europäisches Antlitz geben und die politische Aktivität aller Bürger fördern werden. – Klaus-Dieter Busche


Leserbrief zu „Doppeltes Unrecht“ von Heinrich Wefing

Dass die Forderung nach Beendigung des „dröhnenden Schweigens des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte“ in Bezug auf die Praktiken der aktuellen türkischen Justiz spürbare Wirkung zeigen möge, ist zwar wünschenswert, wird aber m.E. nicht so schnell wie eigentlich erforderlich eintreffen. In jedem Fall sollte der Blick aber auch auf Grundsätzliches gerichtet werden: auf den Diskurs um allgemeine und gemeinsame Menschenwerte. Mit einem Staatspräsidenten wie Erdogan, der nichts anderes vertritt als: das Recht bin ich, kann man diesbezüglich nicht ergebnisoffen und gleichzeitig zielorientiert reden, denn er meint ja, das Ziel bereits zu repräsentieren. Aber man kann ihn auffordern, seine Rechtfertigungsstrategie offen zu legen, zu verteidigen und hinterfragbar zu machen. Nützt nichts? Sollte man trotzdem tun! Um über die Türkei hinaus zu einer gesamtgesllschaftlichen Atmosphäre gegenseitiger Verständigung beizutragen und nicht zuletzt, um die Voraussetzungen für erfolgreiche Entwicklungen aller Beteiligten zu schaffen. Allein und isoliert geht das nun mal nicht. Wenn man es trotzdem versucht, werden auch die dazu herangezogenen Rechtfertigungen eines Tages wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen – weil sie nicht auf dem Fundament gemeinsamer und ursprünglicher Menschenwerte beruhen. – Christoph Müller-Luckwald


Leserbrief zu „Sie können die Uhr danach stellen: Der nächste Skandal kommt!“ von Evelyn Finger und Lisa Nienhaus

Der Präsident des Bundes Katholischer Unternehmer, Ulrich Hemel, sieht den nächsten Skandal kommen, wenn sich das System nicht ändert. Das wird wohl, leider, so sein, zumal es auch in Teil-Systemen knirscht. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sog. Arbeitshilfen erlassen, konkret Nr. 182 für „Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und Aufsicht“, damit auch für ihre Krankenhäuser. Die Vorgaben spiegeln in überraschend-erfreulicher Weise Grundsätze moderner Unternehmensführung wider, z.B. die Vertretung wichtiger Mitarbeiter-Gruppen in den Aufsichtsgremien. In Kliniken wären das unbedingt auch Frauen und Ärzte / Ärztinnen. Hier im Münsterland, aber auch anderenorts in katholischen Krankenhäusern: Fehlanzeige! Die daraus schon entstandenen und noch zu erwartenden (Personal-) Probleme werden für die Öffentlichkeit unter die Soutane gekehrt. Als ich mich zu diesem Thema unter Verweis auf existierende Missstände an den Bischof von Münster, Dr. Genn, wandte, erhielt ich Antwort von, so der Briefkopf, seinem Beschwerdemanagment: Der Bischof sei nicht zuständig, wolle die Sache aber im Auge behalten. Das erinnert mich an das Bibel-Wort vom Balken im eigenen Auge. – Dr. med. Leo Voss


Leserbrief zu „Gratis mit Bus und Bahn“

Die Argumente der jeweiligen Seite für Pro und Contra sind durchaus nachvollziehbar. Nicht verständlich ist allerdings, warum niemand auf die Idee kommt, doch zunächst einmal die Preisgestaltung auf ca. 50 % herunter zu fahren. M.E. wäre dies ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren und eine Überbeanspruchung des ÖNVP zu vermeiden. Vorstellbar ist auch freie Fahrt an den Wochenenden, wenn der Berufsverkehr wegfällt, Bahn und Busse aber dennoch fahren. Ausflüge könnten sehr entspannt sein und mancher Stau wäre sicherlich auch vermeidbar. – Siegfried Ohst


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel – Die Politik ist wild geworden“ von Marc Brost

Staunend stehe ich davor, wie die noch-nicht-Koalitionäre den eigenen Niedergang betreiben. Und es ist kein anerkennendes Staunen! In der Tat ist eine Neuwahl sicher kein Plan B – denn es kann nur eine Steigerung des Desasters dabei herauskommen. Was bleibt? Die Minderheitsregierung! Ich verstehe nicht die große Angst vor dieser Lösung: Von den fünf (sechs) Parteien im Parlament haben sich vier (fünf) klar zur Mitverantwortung bekannt und nur eine zur Fundamental-Opposition. Wieso sollte die stärkste Partei(-enverbindung) nicht mit wechselnden Mehrheiten regieren können – sofern die anderen Drei zu ihrem Wort stehen? Ich denke, keine der dann drei kooperativen Oppositionsparteien könnte es ich leisten, der Fundamental-Opposition einen hämischen Sieg zu verschaffen: „Schaut hin, die schaffen es nicht!“ Was wäre die Folge einer Minderheitsregierung: 1) Transparenz: Jeder müsste seine Position öffentlich erklären. 2) Ausgeprägte Lösungen: Innere Sicherheit wäre z.B. mit CDU, CSU, FDP und Teilen der SPD eher konservativ geprägt, Umweltpolitik mit CDU, CSU, den Grünen und Teilen der SPD eher „grün“, u.s.w. Und ausgeprägte Lösungen wären gut für unser Land, in jedem Fall viel besser als koalitions-verwässerte Kompromisse, ausgehandelt hinter verschlossenen Türen, in der Sache auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. – Tilmann Wolf


Leserbrief zu „Alle müssen Journalisten sein“ von Bernhard Pörksen

Eine Freude für mich,Ihr heutiges Essay zu lesen und zu analysieren.Ihrem Gesamtinhalt  stimme ich voll zu ,nur Ihren Unterzeilen teile ich jedoch nur zur Hälfte: Richtig:“Fake News und Propaganda bedrohen die liberale Demokratie“ nachhaltig und zerstörerisch;jedoch widerspreche ich der Behauptung,“Die Gesellschaft muss jetzt lernen ,mit ihren Medien anders umzugehen“. Damit versuchen Sie als Journalist meineserachtens ,die Medien zum Opfer allein zu machen.Das sind diese aber nicht.Sie sind nach meinem Erkenntnisstand eindeutig der Täter und Verursacher unseres grassierenden Medienmisstrauens und Verunsicherung.Unser Misstrauen und Unbehagen hat doch tiefe Gründe ,die wesentlich von den Geschäftsmodellen der Urheber allein geneniert werden. Denn allein im Willen liegt die Schuld begraben und nicht in der Tat allein ,sagt der Volksmund und gesunde Menschenverstand. Die derzeitig praktizierten mehr oder weniger ausgeprägten Medien-Geschäftsmodelle (Aufmerksamkeits-Erzeuger)selbst sollten dringend hinterfragt und überprüft werden auf ihre Wirkungen und Folgen für die Gesellschaft.Uns als Nutzer dieser Medien bleibt doch keine Wahl ,anders damit umzugehen als sie zu nutzen oder sie zu ignorieren. Diese publizistischen Machtinstanzen und Meinungs-Stimmungsmacher sollten sich aus ihrer selbsternannten Rolle als „5.Macht “ als Moral-Prediger-und Pädagogen für Politik/Gesellschaft schleunigst verabschieden.Und wieder die Rolle als Chronisten und reine Berichterstatter der Wirklichkeiten auftreten.Keine Wirklichkeitsmaschinen und Illusions-Erzeuger sowie bloß Werkzeuge der Meinungs-/Gesinnungs-Manipulation für Werbung /Populisten und Narzissten auf der Weltbühne machen lassen.Ihre verbale/rhetorische Gewalt allein zerstört und bedroht die liberale Demokratie im gleichen Maße wie Fake News und falsche Propaganda.Gerade diese subtile Art der Beeinflussung und Bevormundung in Form gefälliger Unterhaltung und Verdummung zerstört unsere Seele und Persönlichkeit. Das zu erkennen und aufzudecken ist unsere eigentliche Bildungsherausforderung des vernetzten Menschen.Das alles hat das Kommunikationsklima ebenso fundamental verändert wie die allmächtige elektronische /digitale Umwelt. „Jeder Nutzer der Medien ist zum Sender geworden“.Das Deutungs-Monopol der offiziellen Berichterstattung hat sich im Zeitgeschehen aufgelöst. „Das Ethos des Einzelnen ist heute so bedeutsam wie nie,weil alle zu Beteiligten  und Betroffenen geworden sind.“ – Lothar Hantel


Leserbrief zu „Mehr Kabel? Mehr Bildung!“ von Manuel J. Hartung und Stefan Schmitt

Die „Elf Thesen zur digitalen Zukunft“ von Manuel J. Hartung und Stefan Schmitt sind sicher ein begrüßenswerter Ansatz, sich einem Thema zu widmen, das von uns allen Besitz ergreift ohne dass darüber eine rationale öffentliche Diskussion erfolgt. Aber sie sind leider von vielen politischen Stereotypen und Gemeinplätzen geprägt, etwa wenn von der „Macht der Digitalisierung“ die Rede ist, so als wäre das nicht eine menschengemachte, von multinationalen Konzernen vorangetriebene Entwicklung sondern eine Naturgewalt.  Immerhin gibt es nach zehn Lobesthesen auf die Digitalisierung eine elfte skeptische: „auch Technikverweigerung muss im Leben möglich sein“. Jedoch zeigt diese noch weit mehr als alle vorangegangenen den von Vorurteilen geprägten Umgang der Autoren mit dem Thema: Menschen die „analog sind und es bleiben wollen“ wird als Gründe unterstellt, „weil sie alt sind, weil sie behindert sind, weil sie Technik ablehnen“. Das ist diskriminierend!. Zugegeben, ich bin „alt“, aber ich bin weder „behindert“ noch lehne ich Technik pauschal ab, sondern ich bin allenfalls „technikskeptisch“. Ich habe Ingenieurwesen studiert und arbeite täglich am Rechner. Gerade deshalb kenne ich Möglichkeiten und Grenzen dieser Technik und möchte vieles in meinem privaten und gesellschaftlichen Leben nicht irgendwelchen Onlineportalen überlassen, von denen ich nicht weiß, was die mit meinen Daten machen.  Das Thema Datenschutz fehlt im Übrigen ebenso wie die Auswirkungen auf soziale Strukturen, wenn „online“ menschliche Kommunikation ersetzt.   Wie war das seinerzeit mit den „Kernkraftgegnern? Die galten als provinziell, technikfeindlich, fortschrittsfeindlich, wenn nicht gar staatsfeindlich – und heute ist die Bundeskanzlerin eine Kernkraftgegnerin. Also bitte etwas weniger Gemeinplätze und Digitalisierungseuphorie und stattdessen mehr Ernsthaftigkeit und kritische Distanz im Umgang mit diesem Thema. – Wolfgang Brocks


Leserbrief zu „Die Eskalation“ von Jochen Bittner et al.

Ich befürchte, dass die derzeitige politische Situation bei genauerem Hinsehen eine größere Gefahr für die Welt bedeutet, als es der kalte Krieg seinerzeit vermochte. Denn im Unterschied zur Zeit der bipolaren Welt ist die politische Lage heutzutage undurchsichtiger, die Interessen der Weltmächte sind unklarer und deren Anführer irrationaler. Eine Situation, wie man sie ähnlich vor den beiden Weltkriegen beobachten konnte: Immer standen sich eine Vielzahl bis an die Zähne bewaffneter Nationen gegenüber, stets wurde der durch etliche Verträge und regelmäßige Kommunikation  gesicherte Frieden von einem Trend der Aggression und einem Rückschritt der Gesprächsbereitschaft abgelöst. Ein Verhalten, das sich auch heutzutage erneut zu wiederholen scheint, wenn Israel mit einer völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik willentlich gegen bestehende Friedensverträge verstößt, Trump mit dem Bruch des Atomwaffenabkommens mit dem Iran spielt, und Nordkorea Atomraketen über Japan fliegen lässt. Und während sich im kalten Krieg noch klare Interessen abzeichneten, und sich in den USA trotz fataler taktischer Fehleinschätzungen Militär, Kabinett und Präsident gegenseitig vom Schlimmsten abhalten zu vermochten, so wird die Welt heute, wie auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, teils von Verrückten, und teils von solchen, die sich die Verrückten zunutze machen kontrolliert. Mit dem Unterschied, dass eine globaler Krieg in der heutigen Zeit das Zerstörungspotential der bisherigen bei weitem übersteigt. – Niko Laufkötter


Leserbrief zu „Die Eskalation“ von Jochen Bittner et al.

Beim Lesen des Artikels „Die Eskalation“ in der ZEIT vom 15.02.2018 musste ich an dieses Lied denken, dass Billy Joel am Ende des Kalten Krieges schrieb. In dem Lied zeigt sich die Erschöpfung durch die Frage, wer angefangen hat, aber der Wunsch nach einem Ende. Angesichts des Beginns eines neuen globalen Wettrüstens ist es nun ebenfalls, wie es so schön in dem Artikel heißt, „müßig, […] die Frage zu stellen, wer angefangen hat.“  Dass es zwischen Amerika und Russland immer wieder Zwist gab, ist nichts Neues, aber wenn man von den aktuellen Entwicklungen hört, fragt man sich, ob wir nichts gegen das erneute Auflodern des Feuers tun können. Leider scheint es in letzter Zeit, als würden die gewählten Parteien die Welt außerhalb der Koalitionsverhandlungen vergessen. Es ist in Ordnung, wenn man über eine „Familientragödie“ kleine Zwists der Nachbarn übersieht. Aber wenn zwei Nachbarn anfangen mit brennenden Fackeln vor der Haustür des anderen zu wedeln, versucht man doch zu vermitteln. Das eigene Haus könnte ja mit abbrennen. Doch während Frau Merkel 2014 internationale Anerkennung für ihre diplomatische Vermittlung bekommen hat, scheint sich nun niemand dieses Problems annehmen zu wollen. „Die ziehen alle den Kopf ein“, wird Herr Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, in dem Artikel zitiert. Als 20-Jährige, die ihre Zukunft in die Hände des gewählten Parlaments legt, würde ich es mir sehr wünschen, wenn Deutschland sich trotz Koalitionsverhandlungen einheitlich klar positioniert. Und dann auch in Aktion tritt und wie von Herr Gabriel gewünscht, tatsächlich von Europa aus eine neue Initiative zur Abrüstung startet. Möglicherweise kann das Feuer nie gelöscht werden, aber vielleicht können wir etwas dafür tun, dass nicht unser ganzes Viertel – die Welt – abbrennt. – Carina Haller


Leserbrief zum Titelthema „Im Dschungel – Die Politik ist wild geworden“ von Marc Brost

Das „Umfrage-Tief“ der (ehemaligen?) Volksparteien CDU/CSU und SPD kann doch nicht wirklich verwundern: wie sollen denn gerade jüngere Wähler sich für die Unionsparteien begeistern, wenn diese sich mit Obergrenzen für die Zuwanderung gebaren wie jemand, der der Feuerwehr vor einem brennenden Haus das Löschwasser limitieren will? Oder für eine SPD, die sich zum wiederholten Male ohne Not als Mehrheitsbeschafferin für die Stillstandsrepublik Merkel anbiedert, die ohne diese künstliche Beatmung doch schon längst ihr verdientes Ende gefunden hätte? Ein achtel Jahrhundert verlorene Zeit aufzuholen wird keine leichte Aufgabe sein, selbst für mutige und tatkräftige Politiker, aber solche findet man zur Zeit bei den großen Parteien noch nicht einmal mit einer Lupe. Neuwahlen werden schmerzhaft sein, keine Frage, aber wenn sich dadurch die Reihen der verbrauchten Politiker in den großen Parteien lichten, dann können sie wie Geburtsschmerzen rasch Platz machen für eine neue, wunderbare Zeitrechnung. Ich wünsche der SPD-Basis den Mut, diese GroKo-Katastrophe im Keim zu ersticken. – Michael Ferner


Leserbrief zu „Wir haben keine Lust mehr auf behäbigen Politikbetrieb. ‚Weiter so‘ ist uns zu wenig“  von Yannick Haan et al.

Danke für die gute Idee und den interessanten Artikel der fünf unterschiedlichen jungen Politiker/innen zu ihren Zukunftsvisionen. Ein entscheidender Punkt scheint mir jedoch zu fehlen: Politik und gesellschaftliches Engagement von morgen, die dem „epochalen Wandel“ gewachsen sind, brauchen vor allem vielfältig gereifte Persönlichkeiten. In diese Richtung weist auch ein Satz aus der bayrischen Verfassung: „Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.“ Ich habe mich gefreut, die Betonung der Herzensbildung auch in der Uni-Rede ihres Chefredakteurs di Lorenzo gefunden zu haben (Zeit Chancen, vom 08.02). Als Jugendpfarrer und Religionslehrer fällt mir auf, dass junge Menschen sich von zunächst fremdartigen Vorstellungen und Werten durch wirkliche Persönlichkeiten faszinieren lassen. Da kommen mir die Mitglieder der „Weißen Rose“, besonders die Geschwister Scholl aus unserer Gegend in den Sinn, deren mutigem Widerstand wir anlässlich des 75. Jahrestags gedenken. Ihre persönliche Entwicklung ist von der Suche nach dem Wahren, Schönen und Guten geprägt und findet hin zu einem existenziellen christlichen Glauben, der das eigene Leben für eine friedliche Zukunft des Landes aufs Spiel setzt. Immer wieder findet sich in Sophies´ Aufzeichnungen das Zitat: „Man muß einen harten Geist und ein weiches Herz haben.“ Ich frage mich: Verhelfen die Schulen, die Unis, die Kirchen und die Gesellschaft jungen Menschen heute dazu oder täuschen wir uns und ihnen mit hippen Parolen alla „Bildungsoffensive“ oder „schulische Digitalisierung“ nur etwas vor? – Daniel Rietzler


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

Ja, stimmt! Ich (77) noch berufstätig, bin davon überzeugt, daß wir die Jungen endlich ranlassen müssen – sie sind gut ausgebildet, haben neue Ideen und leben in einer Zeit, deren Herausforderungen wir – Generation 65+ – nicht mehr meistern können und sollen. Allerdings sollte diese nicht komplett abgehängt werden, es muß auch Möglichkeiten geben, ohne Computer die Pension zu bekommen, Rechnungen zu begleichen usw. Ich wünsche den Autoren, daß sie es schaffen! Dank an die Zeit, die ihnen Gehör verschafft hat! – Elisabeth Coveos


Leserbrief zu „Feier der Klangmoleküle“ von Christine Lemke-Matwey

diese Inszenierung ist viel mehr als prosaisch, sie ist eine von vorne bis hinten desillusionierte Darstellung der Liebe, und vielleicht ist doch die Sprache, die diese Haltung diktiert? Mit den altmodischen, überschwänglichen Ausdrücken meldet wohl keiner großen Liebeserfolg mehr, als ein normaler Mensch. Daher ist es die logische Konsequenz, dass Tristan und Isolde beim operettenhaften Salongespräch auflachen müssen. Sie werden einfach dazu gezwungen, einen anderen Menschen zu lieben, aus welchem Grund immer. Die Liebe als eine unerwartete Unannehmlichkeit. Im zweiten Akt wirkt sie nur noch eine lästige Erledigung, die schnell hinter sich gebracht werden muss. Aber die musikalische Sprache, die so viel aussagt? Etwa am Anfang der fünften Szene des ersten Aktes, bevor Tristan auftritt, ertönt die Fanfare, der die Streicherpassage folgt, unisono und jeder Ton ist scharf akzentuiert. An der Stelle, wo ein jeder Ton wie ein Messerstich wirkt, wo die Seele blutet, schlendert ein gelangweilter Heiratsvermittler. Was für eine distanzierte, brutale Widersprüchlichkeit! Als ob der Regisseur damit sagen wollte, ach, die Tragödie, dunkle Ahnung, so was ist schon längst obsolet! Es mag ja sein, aber wo sind wir mit unseren Träumen und Sehnsucht? Liebestod ist (zumindest in der Kunst) noch wirkliche Möglichkeit oder bloß eine Farce? Es ist mir sehr schwer gefallen, die Diskrepanz zwischen den akustischen und optischen Eindrücken zu überwinden.Die existenzielle Frage, die immer wieder in die Unendlichkeit aufgeworfen wird, „Wo sind wir?“, bleibt unbeantwortet, obwohl ich mich fragen muss, wer diese Frage noch beantworten kann? – Ai Kretschmer-Nakashima


Leserbrief zu „Zum Weinen in den Keller“ von Paul Middelhoff et al.

Die SPD-Parteibasis stimmt über die zukünftige Regierung ab und keiner zweifelt diese Vorgehensweise an! Ich empfinde es als ausgesprochen undemokratisch, dass Parteimitglieder, die nicht einmal in Deutschland wahlberechtigt sein müssen, diese Entscheidung treffen können! Es sind nur ca. 0,5% der Einwohner Deutschlands und es reicht eine Mehrheit von 0,26%! Meines Erachtens steht diese Entscheidung ausschließlich den Bundestagsabgeordneten der SPD zu. Dafür wurden sie im September gewählt. – Rainer Funke


Leserbrief zu „Gratis mit Bus und Bahn“

War es wirklich nötig, sich mit dieser „Premium- Idee“ deutscher Politik in der „Zeit“ ernsthaft auseinanderzusetzen? Wenn es noch eines Beweises für den Mangel an politischem Fachpersonal bedurft hätte: Hier ist er! Konnten die Retter der gescheiterten Merkelschen Umweltpolitik nicht wenigstens einen Blick auf die Kosten des Öffentlichen Personen- Nahverkehrs werfen (allein in Hamburg entsprechen diese jährlich den Baukosten für die Elbphilharmonie) um diesen peinlichen Rohrkrepierer ganz schnell wieder verschwinden zu lassen? Abgesehen davon befindet sich die Kapazität für die Personenbeförderung durch Busse und Bahnen bereits jetzt am Limit und ist nicht aus dem Stand erweiterbar wenn die erhoffte Invasion von Auto- Umsteigern einsetzen sollte. Fazit: Realsatire vom Allerfeinsten. – Michael Deil


Leserbrief zu „Jetzt sind wir dran!“ von Yannick Haan et al.

Sie haben jedes Recht zu fordern! Nur wer soll Ihren Willen gleich und sofort erfüllen und zwar so, dass alle Menschen in unserem Land, in Europa, dann gut leben können? Meinen Sie wenn Sie an der Regierung wären melden sich sofort Firmen die WELAN in die entlegenen Gebiete unseres Landes gleich und sofort legen? Denken Sie, dass dann alle Schulen gleich und sofort ihren Lehrplan umstellen und den von Ihnen geforderten Unterricht anbieten? Ihr bedingungsloses Recht auf Fortbildung ohne komplizierte Beantragung beim Staat oder Arbeitgeber ist eine Einladung für jeden, der sich damit ein paar schöne Jahre macht. (Weil unkompliziert, d.h. ohne Kontrolle) (Nebenbei bemerkt: Firmen schicken ihre Mitarbeiter ständig zu sinnvollen Fortbildungen) Wer soll das Grundeinkommen eines jeden Menschen finanzieren? Doch wohl diejenigen die arbeiten. Das wird ganz sicherlich nicht zum sozialen Frieden in unserem Land beitragen. Vor allem dann nicht, wenn das jeder bekommt der hier wohnt, also auch Menschen, die sich möglicherweise deswegen in unserem Land ansiedeln. Ihre Aussage, dass Sie nicht nur an sich denken, sondern auch an den älteren Menschen: Sie wollen diesen Menschen, die meist 45-50 Jahre diese Gesellschaft durch Zahlung der Sozialabgaben und durch Steuer-Zahlungen finanziert haben, als DANKESCHÖN noch ein soziales Jahr aufbürden? Und das nennen Sie  „Wertschätzung“. Ich möchte von intelligenten, klugen, gemäßigten und besonnenen Menschen in diesem Staat vertreten werden. Auf keinen Fall will ich von digitalen Netzwerken und Robotern durch das Leben gesteuert werden. Diese übertriebene Hetze ist nicht gesund für unser Seelenleben. Es gilt noch immer:  alles hat seine Zeit  -alles braucht seine Zeit. Warten Sie es ab, Ihre Zeit wird schon kommen! Und dann wird sich zeigen was Sie daraus machen. – Anneliese Beck


Leserbrief zu „Die Eskalation“ von Jochen Bittner et al.

Welchen Zweck hat die Angstmache, die dieses Dossier betreibt? Der Finger zeigt auf Nordkorea als die größte Bedrohung und Russland als Vertragsbrüchigen. Wir sollen uns auf den Einsatz von Atomwaffen gefasst machen und akzeptieren, dass sie mit deutschen Flugzeugen transportiert werden, weil wir als NATO-Partner den USA helfen müssen. Die Empfehlung von Georg Heil lautet: „Die Kiste unter meiner Treppe“. Erinnerungen an die Aktentasche über dem Kopf kommen hoch. Die Fakten sprechen eine andere Sprache als das Dossier:

  1. 1. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri gibt es weltweit 14935 Atomwaffen. Mitte der 80er Jahre – zur Zeit des Kalten Krieges – waren es noch fast 70 000. 4150 dieser Waffen sind einsatzbereit. Russland und die USA haben jahrzehntelang zurückgebaut. Jetzt aber will die USA aufstocken.
  2. 2. Die USA kämpfen um die ökonomische, politische und militärische Führungsrolle auf der Welt und sind, wie wir wissen, zu Lügen bereit, wenn sie einen Krieg führen wollen.
  3. 3. Die USA (im ZEIT-Artikel meist fälschlich als „Amerika“ benannt) sind der einzige Staat, der jemals Atomwaffen eingesetzt hat und mehrfach ihren Einsatz erwogen hat. Sie haben Nordkorea mit der Auslöschung bedroht.
  4. 4.  Die USA rüsten auf und wollen 400 Milliarden Dollar in die Entwicklung von neuen Atomwaffen investieren.
  5. 5.  Die USA haben zurzeit fast zehnmal so hohe Rüstungsausgaben wie Russland und geben so viel aus wie alle anderen  Staaten zusammen: In 2016 waren es 611 Milliarden US-Dollar in den USA und 69,2 Milliarden in Russland. Übrigens gibt China mehr Geld für Rüstung aus als Russland.
  6. 6.  Nord- und Südkorea haben die gleiche Rolle wie BRD und DDR seinerzeit. Sie sind die Frontstaaten der beiden verfeindeten Machtblöcke und werden aufeinander gehetzt. Block Südkorea ist der NATO-Westen des Anführers USA, Block Nordkorea ist wie immer der Osten, also jetzt China, die einzige ökonomische Macht, die den USA gefährlich geworden ist und bleibt.
  7. 7.  Der größte Abnehmer deutscher Waffenexporte ist Südkorea. Der größte Waffenexporteur weltweit ist die USA.
  8. 8. Russland ist auch gefährlich gewesen, aber die meisten der Blockstaaten der UDSSR sind inzwischen NATO-Mitglieder, so dass Russland umzingelt ist und berechtigte Angst haben muss vor eventuellen Angriffen.
  9. 9. Derselbe Konflikt läuft vor Chinas Grenzen, wo die USA mit Südkorea und Japan eine Bedrohung darstellen. Deswegen rüstet China auf.
    10. Die USA haben schon im Koreakrieg gezeigt, dass sie bereit sind, Nordkorea auszulöschen. Die Angst Nordkoreas ist also begründet und ihre Hoffnung war die Atombombe. Ob das reicht, wenn sich der Konflikt mit China verschärft?
    11. China und beide Koreas haben jetzt auf Entspannung gesetzt. Vielleicht sollte das als Zeichen genommen werden, dass es Lösungen gibt, die nicht auf der militärischen Ebene liegen.
    12. Ein Hauptproblem ist die Schwäche der USA, die um sich schlägt und von den Militärs regiert wird. Trump setzt alles darauf, durch Subventionierung des militärisch-industriellen Komplexes die Wirtschaft nach vorn zu bringen gegenüber China.
    13. Kein anderer Staat hat über mehr als ein Jahrhundert bewiesen, dass er Krieg als politisches Mittel nachhaltig und fast ununterbrochen verfolgt.
    14. Deutschland soll weich geklopft werden, um die USA in ihrer Machtpolitik zu unterstützen. Deswegen sollen die Deutschen Angst haben vor Krieg und Deutschlands Armee aufrüsten.
    15. Die Zustimmung der Bevölkerung wird durch Jammern der Militärs und durch Panik-Artikel der ZEIT gesucht: DIE ESKALATION.  Das ist Bild-ZEIT-ungsniveau. – Gerd Stange


Leserbrief zu „Ein Staat, viele Fronten“ von Andrea Böhm

Frau Böhm schreibt, daß …“Am frühen Morgen des vergangenen Samstags iranische Revolutionsgarden eine Drohne in den israelischen Luftraum lenkten.“ Hat sie Beweise dafür? Kann sie sich nicht mehr an US-Außenminister Powell Colins große Geste im UN-Sicherheitsrat mit dem „eindeutigen Beweis“ für Saddam Hussains Giftgasproduktion erinnern, der seinerzeit als Grund für die US-Invasion im Irak diente (und Herr Powell einige Jahre später als Lüge und die dunkelste Stunde seines Lebens bezeichnete!) Als Journalistin sollte sich Frau Böhm nicht von leicht herstellbaren Propagandabildern täuschen lassen. Israel suchte lediglich einen Vorwand, um Syrien anzugreifen, dessen Luftraum es bereits seit Jahren als eigenes Hoheitsgebiet betrachtet und fast täglich mit seinen Flugzeugen völkerrechtswidrig verletzt (wie übrigens auch den Luftraum des Libanon!). Und noch etwas: Die Bildunterschrift im genannten Artikel lautet: „Israelische Soldaten bewachen die Grenze zu Syrien auf den Golanhöhen.“ Einspruch, Frau Böhm bzw. ZEIT-Redaktion! Die israelischen Bunker stehen auf syrischem Territorium, das Israel völkerrechtswidrig 1981 annektiert hat, denn der größte Teil des Golan ist und bleibt völkerrechtlich syrisches Gebiet. Die israelische Annektion ist seitens der Bundesregierung und der UN nicht anerkannt. Also zwei gravierende Fehler, die einer ZEIT-Redakteurin auch bei israelfreundlichem Standpunkt nicht unterlaufen sollte. – Björn Luley


Leserbrief zu „Alle sind Mitte“ von Jonas Radbruch

Das Problem ist doch, dass wir alle Mitte sind, wenn wir uns global betrachten, und das weiß auch jeder. Wer national am unteren Ende steht, dem fehlt es nicht zwangsläufig an Wissen , um sich einzuschätzen, nur an der Lobby, die ihm zu seinem Anteil am gesellschaftlichen Reichtum verhelfen könnte. Man lebt zum Teil aber gar nicht so schlecht und möchte sich nicht eingestehen, dass man von ganz oben betrachtet ganz unten steht, er historisch gesehen auch evtl weiter oben steht als noch seine Eltern. Zur Mitte zu gehören, wäre da doch ganz tröstlich und das Wissen würde daran gar nichts ändern. Wer hier ganz oben steht, der weiß schon wie abgehoben er eigentlich ist, nur das einzugestehen, würde schon eine Arroganz an den Tag bringen, die will man doch nun auch nicht. Außerdem würde es Neid heraufbeschwören, dem möchte man sich entziehen. Womöglich ist es ja eine Motivation für die eigene Gier, denn wenn man sich schon oben glaubt, wozu der ganze Aufwand, den man betreibt, um noch mehr zu bekommen? Insgesamt scheint Wissen eben nur selten tröstlich. – Dieter Schöneborn


Leserbrief zu „Schläft ein Lied in allen Dingen?“ von Andreas Weber

Wer schon einmal während einer Visionssuche 4 Tage und Nächte lang fastend in der Natur gewesen ist – ohne Behausung und ohne menschlichen Kontakt – weiß, dass jedes Wort dieses Artikels wahr ist. Wir sind Teil der Natur, sie spiegelt unser Innerstes, hilft, uns selbst auf die Spur zu kommen und hilft, selbst alte Verletzungen zu heilen. Vielen Dank Andreas Weber! – Susanne Wöhler


Leserbrief zu „Wer darf einsteigen?“ von Michael Thumann

Herr Oppermann hat sich mit Anfang 20 beim Friedensdienst der Aktion Sühnezeichen in den USA engagiert? Hat als Fraktionschef Hände vieler ausländischer Besucher Berlins geschüttelt? Und als Chef des parlamentarischen kontrollgremiums gar noch „versucht“, die NSA abhöraffäre aufzuklären? Wenn ich als Angestellter meine Aufgabe erfülle (versuche zu erfüllen?), zu der ich angestellt bin, vorher noch Zivildienst geleistet habe, qualifiziert mich das für eine Spitzenposition? Politiker sind Menschen wie jeder andere auch, nur werden für mich über diesen Herrn Vorzüge aufgeführt, die schlichtweg keine sind. – Steffen Kaufmann


Leserbrief zu „Ein Leben lang die gleiche Frage“ von Hans-Werner Sinn

Herr Sinn bezeichnet die Märkte als amoralisch. Aus einer philosophischen Perspektive mag er in gewisser Weise recht haben. Die Regeln, in welche die Märkte eingebunden sind, sind dagegen keinesfalls amoralisch. Sie verfolgen immer ein Ziel und sind ein Produkt politischer Entscheidungen. Von daher eignet sich das Argument der „amoralischen Märkte“ in keiner Weise dazu, die Hände zufrieden in den Schoß zu legen und das ehemalig links schlagende Herz in einem Anflug von Altersweisheit öffentlich zu neutralisieren. Ein etwas drastisches Beispiel kann Herrn Sinns Denkfehler entlarven: In jeder Gesellschaft wurden und werden regelmäßig Menschen ermordet. Schon Abel musste den alttestamentarischen Brudermord erdulden. Auch Jahrtausende später wird es in Deutschland und anderswo eine vorausschauend abschätzbare Anzahl an Morden geben. Man könnte philosophierend durchaus für den Standpunkt streiten, dass Mord angesichts des seit jeher konstanten Auftretens ein natürliches Phänomen ist und – in gewisser Weise – zum Menschen dazugehört. Als solches wäre Mord Vorgabe der Natur und somit außerhalb der Moralität zu werten. Dennoch versuchen wir (zurecht, wie ich meine), Mordfälle durch Regeln und abschreckende Strafen auf ein wohl unvermeidbares Minimum zu beschränken. Dies dient dem Schutz des Individuums und dem Erblühen der Gemeinschaft. Außerhalb anarchischer Gesellschaften müssen sich auch die Märkte menschgemachten Regeln beugen. Die Menschen kommen nicht umhin, diese Regeln aktiv zu gestalten. Auch diese Regeln sollen im Idealfall dem Erblühen der Gesellschaft dienen, zumindest wünschen sich das viele. Man kann sich beispielsweise überlegen, ob es eine Gesellschaft erblühen lässt, wenn einzelne (ggf. juristische) Personen über den Wohnraum von mehr als 10000 Haushalten verfügen. Man kann sich überlegen, ob Kapitalerträge und Finanztransaktionen in ähnlicher Weise besteuert werden sollten wie Erwerbseinkommen. Man kann sich überlegen, ob es (sogar innerhalb der EU) Steueroasen geben soll, in denen sich Menschen aus gesellschaftlichen Verpflichtungen herauskaufen können. Man kann sich überlegen, ob die Arbeitsleistung der ausschlaggebende Faktor für Ungleichheit sein soll oder ob andere Faktoren eine tragende Rolle zugestanden wird. Man kann sich überlegen, ob der Lebensraum unserer Nachkommen wichtiger ist als der zunehmende Reichtum einer Finanzelite. Herr Sinn endet mit einem Loblied auf die relative Gerechtigkeit bei der Umverteilung der deutschen (und in Deutschland versteuerten) Erwerbseinkommen. Er leitet dem Anschein nach daraus ab, dass auch andere wesentliche Ursachen der zunehmenden Ungleichheit so bleiben dürfen, wie sie sind. Dessen ungeachtet driften Einkommen und Vermögen in Deutschland aufgrund der vorgegebenen Regeln – und eben nicht aufgrund zunehmender Leistungsdifferenzen – immer weiter auseinander. Dahinter steckt kein deterministisches Prinzip, das ist eine Folge politischer Entscheidungen. Wer dabei – wie Herr Sinn – den Neid als Motiv für die Anprangerung von Missständen in den Vordergrund stellt, verharmlost in fahrlässiger Art und Weise das Gefahrenpotential dieser unheilvollen Entwicklung und ignoriert die Lehren der Geschichtsschreibung. – Dr. Christian Voll


Leserbrief zu „Berlin hat mich befreit“ von Deborah Feldmann

Ihr Artikel am 15. Februar in der „Zeit“ hat mich sehr berührt, ganz besonders, weil Sie bei der Begegnung mit Deutschen in Berlin in einen Spiegel zu blicken glaubten. Mir ging es ganz ähnlich, als ich am 25. Januar in der „Zeit“ das Interview mit dem 80jährigen Israel Meir Lau las.  Ich empfand ihn wie einen jüngeren Bruder. Er hat keine anderen Deutschen kennengelernt, als die Wächter in Buchenwald und sah Hitler als unangefochtenen Herrscher der Welt. Er wusste nichts von der Landung in der Normandie – und er konnte auch nichts von den Luftangriffen auf deutsche Städte wissen, denn die Konzentrationslager wurden nicht bombardiert. Wie Herr Lau war auch sein deutsches Spiegelbild in diesen ersten Monaten des Jahres 1945 vom Rest der Welt abgeschnitten. Ein deutscher Siebenjähriger kannte aber sehr wohl auch Todesangst, ob er nun in der Stadt lebte und im Bunker zitterte, auf der Flucht war oder ob er auf dem Land von Jabos verfolgt wurde. Auch deutsche Kinder haben damals ihre Eltern verloren oder sind auf Todesmärschen ums Leben gekommen. Was sie damals alles gesehen und erlebt haben, verfolgt sie zum Teil bis heute. Die Bilder von zerstörten Städten in Syrien rufen Erinnerungen wach, die wohl so quälend sind wie die in Ihrer Familie. Insofern sind Herr Lau und sein deutsches Spiegelbild sich recht ähnlich. Sie, Frau Feldmann, reden von der Last der Erinnerung, weil die Nachkommen es den Toten schuldig zu sein glauben, dass sie ihre Leiden wieder und wieder nacherleben müssen. Der deutsche Spiegelbruder würde vielleicht sagen, dass seine Nachkommen die Erinnerung an sein Leid tilgen wollten, denn nur das Leid der Juden, des Opfervolkes, zähle, das seine nicht, er sei ein Täter, man dürfe nur die unschuldigen Opfer beklagen. Oder es würde ihm vorgeworfen, er wolle seine Toten gegen die Toten der anderen Seite aufrechnen. Im Moment heißt es auch, er ermuntere die Neonazis, wenn er über die deutschen  Toten  des Bombenkriegs und der Vertreibung rede. Auf jeden Fall sollten sie besser vergessen werden. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Mir gibt es jedenfalls immer einen Stich, wenn es wieder mal heißt: „Wider das Vergessen“ und damit ausschließlich die Opfer des Holocaust gemeint sind. Das Verbrechen, an ihnen begangen, wird nicht kleiner, wenn man zugibt, dass auch viele Deutsche auf furchtbare Art umgekommen sind. Nicht, um die Opfer gegeneinander aufzurechnen, sondern um verständlich zu machen, warum die Juden damals nicht im Zentrum des Denkens der allermeisten  Deutschen standen, sie sind aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwunden, was wohl auch so beabsichtigt war.  Kontakte waren verboten, wer sich darüber hinwegsetzte, wurde, wie auch sein Schützling, drakonisch bestraft. Es gab gerade hier in der Gegend mutige Menschen, die heimlich  Juden bei sich aufgenommen hatten, sie gingen ein hohes Risiko ein. Man muss berücksichtigen, dass die Juden in Deutschland eine sehr kleine Minderheit waren, der Hälfte von ihnen ist außerdem rechtzeitig die Flucht gelungen. Auf dem Land gab es in vielen Gegenden seit Menschengedenken überhaupt keine Juden, man kann das in Pfarrberichten nachlesen, es ist recht gut zu belegen. Weitaus die meisten ermordeten Juden waren europäische Juden, wie es auch Herr Lau berichtet. Es ist abenteuerlich, zu denken, die damaligen Bewohner Deutschlands seien über ihr Schicksal informiert gewesen. Ich bin um ein paar Jahre älter als Herr Lau, ich war zwar auch noch ein Kind in der fraglichen Zeit, aber ich konnte in den letzten Kriegsjahren schon lesen und ich las zwanghaft alles, was mir in die Hände fiel, auch Zeitungen. Über Juden habe ich nichts gelesen, sie wurden buchstäblich „totgeschwiegen“, wohl aber über Fliegerangriffe auf deutsche Städte, die als Terrorakte gegen wehrlose Zivilisten verurteilt wurden, während deutsche Flugzeuge angeblich nur kriegswichtige Industrieanlagen bombardierten. Man legte überhaupt sehr viel Wert darauf, die humane Kriegsführung der Deutschen zu beschreiben (was mir damals sehr gefiel), im Gegensatz zu den Gräueltaten der „Feinde“. Es ist bezeugt, dass sogar in den Konzentrationslagern Filme gedreht wurden, um die Bevölkerung und das Ausland über die Lebensbedingungen dort zu täuschen. Mir fiel auch nach Jahrzehnten eine alte Zeitung, wohl von 1943, in die Hände, mit der ein Koffer ausgelegt worden war. Ich  las sie durch von vorne bis hinten, das Wort „Jude“ kam nicht vor. Ich denke, dass Zeitungsarchive genug erhalten geblieben sind, um nachzuprüfen, worüber die Durchschnittsdeutschen informiert waren und worüber nicht. Die Verbrechen, an Juden begangen, sind unentschuldbar. Es ist schwer, ohne Zorn und Eifer damit umzugehen, und es ist und bleibt schrecklich, dass Deutsche diese Taten begangen haben. Aber die Chance, daraus zu lernen, wird vertan, wenn man  meint, mit pauschalen Schuldzuweisungen und Hass auf alle Deutschen irgendetwas zum Besseren zu wenden. Ist es wirklich unmöglich, den heute Lebenden, die in Demokratien aufgewachsen sind, seien es nun Juden, Deutsche oder Amerikaner, das Janusgesicht der Diktatur begreiflich zu machen? Das eigene Volk wird glorifiziert, ihm werden goldene Berge versprochen, Untaten aber verheimlicht oder schöngeredet und Gegner zu Kriminellen erklärt und gnadenlos verfolgt. Erleben wir nicht täglich, wie viele Menschen falschen Propheten nachlaufen und ihnen vertrauen und zu welchen Grausamkeiten ihre fanatischen Anhänger fähig sind und wie man sie rekrutiert? Ich hätte eigentlich gedacht, dass wenigstens die nachgeborenen deutschen Eiferer, die ihre eigenen Eltern und Großeltern ausnahmslos in Bausch und Bogen verdammen und Hass unter den Generationen gesät haben, nachdenklich werden, wenn heute Neonazis und Antisemiten an Boden gewinnen. Sie haben das Verständnis der Deutschen dafür, wie sie unter der Diktatur Hitlers belogen und betrogen worden sind, behindert, indem sie sie mit Gewalt in ihrer Wahrnehmung zu Hitlers Komplizen gemacht haben. Wer widersprochen hat, wurde und wird als Nazi mundtot gemacht. Ich war entsetzt über den Artikel „Zwischen Armenien und Ruanda“ am 25. I. in der „Zeit“. Wem nützt diese Hetze? Ganz gewiss den Juden nicht. Wie wäre es, wenn man die deutschen Toten des Luftkriegs einmal zum Teil auch als Hitlers Opfer sehen könnte, statt sie über den Tod hinaus zu schmähen? Übermorgen, am 23. Februar, wenn sich der große Angriff auf Pforzheim hier in der Nähe jährt mit 17 600 Toten in weniger als einer halben Stunde, die unvorstellbar schrecklich gestorben sind, wäre Gelegenheit dazu. Ich erhoffe für Sie, verehrte Frau Feldmann, viele schöne Stunden mit Ihren Freunden, welcher Nationalität sie auch seien!  Viel Erfolg dabei, Ihren Sohn zu einem fröhlichen Menschen zu erziehen, der fähig ist zu Zuneigung und Verständnis für andere, das wünsche ich Ihnen von Herzen! Ich hatte einmal ein unvergessliches Erlebnis auf der Expo 2000 in Hannover.  Aus vielen Ländern, die ich teils nicht einmal dem Namen nach kannte – ich war immer schwach in Geographie – waren Aussteller gekommen und ich konnte in eine mongolische Jurte sehen, das Innere eines Beduinenzelts betrachten, einem nepalesischen Holzschnitzer bei der Arbeit zuschauen und noch viel mehr, das ich größtenteils vergessen habe. Aber überall waren freundliche, sympathische Menschen anzutreffen, die sich freuten, ihr Land, das sie liebten, mit seinen Besonderheiten und Schönheiten zu zeigen und die, wie ich es beglückend empfand, ganz ohne Konkurrenzdenken waren. Man ließ einander gelten. Hier hätten deutsche, jüdische und amerikanische Fanatiker einiges lernen können. Nicht Nationalstolz ist gefährlich, sondern nationaler Dünkel! – Erika Albert