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8. Februar 2024 – Ausgabe 7

Leserbriefe zu Titelthema „Höllenjob Lehrer“ „Die haben doch ab mittags frei!“ von Martin Spiewak

Mit Interesse habe ich Ihren Artikel „Höllenjob Lehrer“ gelesen. Was mich immer wieder in allen Medien erstaunt ist die Tatsache, dass es beim Thema Schule immer um Gymnasien geht. Gemeinschaftsschulen kommen fast nie vor. Fragen Sie doch mal Lehrer an einer Gemeinschaftsschule. Ich habe nach 40 Jahren Lehrertätigkeit den Begriff „Gnade der frühen Geburt“ endlich verstanden.
Klaus Vollgraf

Ein Lob für Martin Spiewak! Im Unterschied zu manchen seiner Artikel zu Einzelfragen erkennt man bei diesem Artikel über den Lehrberuf im Allgemeinen sehr viel Sachkenntnis. Zu Recht stellt er die sehr unterschiedliche Belastung bei gleicher offizieller Arbeitszeit heraus. Es fehlt nur der Hinweis auf die wichtige Rolle des Schulklimas und der Konkurrenz mit den Kollegen. Lehrer zu sein ist immer auch ein Persönlichkeitstest. Als sich Schüler lauthals über die Maßnahmen eines Lehrers beklagten, fragte ich sie: „Warum beklagt ihr euch darüber? Herr A. macht doch dasselbe.“Die einmütige Antwort war. „Der ist doch Herr A.“
Walter Böhme

Die Qualität des Unterrichts hängt ausschließlich von der Lehrkraft ab, unabhängig von Schulform, Digitalisierung und Ausstattung. Gute Lehrkräfte sind die, die ihren Beruf aus der tiefsten Überzeugung gewählt haben, mit SchülerInnen das jeweils individuell maximal Machbare erreichen zu wollen – und nicht aus niederen Beweggründen. Für diese Lehrkräfte ist ihr Beruf ein „Knochenjob“, der aber unheimlich viel Freude bereitet. Und noch eine Richtigstellung: Der Genuss aus großzügiger Beamtenpension und privater Krankenversicherung bleibt ganz vielen angestellten Lehrkräften v. a. an Privatschulen vorenthalten; ohne diese Schulen hätte unser gesamtes Bildungssystem aber ein echtes Problem.
Wolfgang Greiner

Wer sich einmal die Mühe macht, wie das Lehrergehalt tatsächlich individuell aussieht, der sollte wissen, dass die Lehrerin nach dem TV-L, je nach Bundesland unterschiedlich bezahlt werden und im Öffentlichen Dienst als Angestellte oder Beamte einen anderen Status inne haben. Hinzu kommt, dass an Grundschulen überwiegend Frauen in Teilzeit arbeiten und das Gehalt nur noch 75 % ausmacht, Männer arbeiten überwiegend zu 100 %. Nur wer vollständig und umfassend richtig informiert, kann da von Qualitätsjournalismus sprechen. Diese Vorgehensweise konnte ich mehrfach feststellen bei Zeit-Journalisten im Ressort Wirtschaft. Aber das ficht Sie nicht im geringsten an oder machen nachdenklich!
Thomas Bartsch Hauschild

Wenn der Lehrerberuf im Vergleich mit anderen Berufen im Durchschnitt landet, relativiert dies alles Kritische, zumal Ausschläge nach oben und unten als situativ bedingte Einzelfälle gewertet werden können. Eigentlich also alles gut, wenn bei den Vorurteilen mal gründlich aufgeräumt wird? Leider nicht: Eine Facette der grassierenden Bildungskrise ist der Umstand, dass Eltern und Politik Schule immer mehr als Dienstleister ansehen, um sich von eigenen Verantwortlichkeiten zu entlasten. Schule soll als Sozialisationsagentur Defizite und Überlastungen in den Familien und in der Gesellschaft kompensieren, ohne die Ressourcen dafür zu erhalten. Daher ist der Schulalltag selbst inzwischen derart überlastet, dass die hohen Erfolgserwartungen von Eltern und Wirtschaft kaum erfüllt werden können. Der permanente Missbrauch des großen pädagogischen Engagements der Lehrkräfte zeigt sich in den Ergebnissen der letzten Pisa-Studie. Die Politik sollte dies wissen. Wir sollten darauf achten, beim notwendigen Aufräumen bei den Vorurteilen nicht auch das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Reinhard Koine

Wer wirklich glaubt, dass Grundschullehrerinnen nach einer Sportstunde oft nur die Bälle wegräumen, ist herzlich eingeladen, eine Woche an unserer Grundschule vor und nach dem Unterricht beim Auf- und Abbau mit anzupacken. Wir möchten nämlich, dass die Kinder sich viel und vielseitig bewegen. Und da Schüler und Schülerinnen im Grundschulalter noch nicht alle Geräte selbstständig oder helfend bedienen können und dürfen, nehmen wir Kollegen uns die Zeit, diese körperlich anstrengende Arbeit zu erledigen und werden mit motivierten Kindern belohnt, die dann nicht nur Ballübungen und -spiele beherrschen. Übrigens haben Lehrerinnen in NRW ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr „die stete Option, Teilzeit zu arbeiten“, wenn sie keine gesundheitlichen Gründe oder kleinen Kinder bzw. zu pflegende Angehörige haben. Wenn ich dann ab Sommer 2024 die volle Stundenzahl unterrichten muss, werde ich vielleicht auch nur noch Bälle in der Turnhalle nutzen, um meine eigenen Kräfte und meine Gesundheit zu schonen.
Katja Naber

Der Vergleich mit den Krankheitstagen ist so nicht richtig nur mit angestellten Lehrern. Verbeamtete Lehrer*innen müssen erst nach fünf Tagen eine Krankmeldung vorlegen und fallen nicht in den Krankengeldbezug. Die Besoldung läuft weiter. Auch bei Betreuung kranker Kinder. Lt. Gesetz 4 Tage im Jahr oder solange es erforderlich ist.
Sabine Saur

Folgende Ergänzung möchte ich gerne zu dem aktuellen Titelthema „Höllenjob Lehrer“ machen: Als ich Abitur machte (2002), wusste ich, was ich niemals werden möchte: Lehrerin und Ärztin. Während des Studiums der Politikwissenschaften und weiterer Fächer sowie etlicher Praktika, erster Referentenjobs etc. wurde mir jedoch klar, welche Möglichkeiten der Lehrerberuf noch bietet: Der aktuelle Artikel erwähnt leider zu knapp/nicht, dass man als „LehrerIn“ auch weitere Entwicklungsmöglichkeiten hat: man kann in Richtung Lehrerfortbildung oder sogar Lehrerausbildung (Studiendirektor) gehen, in Richtung (erweiterter) Schulleitung, an die Universität, in Bereiche bei Bezirksregierung und Ministerium oder an andere bildungsnahe Institute… Leider – und so erging es mir damals auch – erfahren das junge Frauen und Männer bei der Berufswahl zu selten, sofern sie nicht aus einem „Lehrerhaushalt“ stammen.
Judith Rücker-Imkamp

Tut es eigentlich Not, dass auch Sie, die ja – wie ich verstehe – den Anspruch haben, Qualitätsjournalismus zu machen gezielt eigentlich abgedroschene Aufregerthemen aufgreifen zu denen es am Ende nichts Neues zu sagen gab oder gibt? Das erinnert mich doch ein wenig an den Clickbaiting-Journalismus mit dem man ständig und überall bombardiert wird. In Ihrem Artikel, aus dem für mich ganz klar der Versuch durchscheint, mal wieder zu erklären, dass Lehrer nicht faul sind, sondern ganz im Gegenteil mehr abeiten als viele andere, dies unter sehr schlechten Bedingungen und dann wird das auch noch schlecht bezahlt. Hierzu wollen wir mal festhalten: „4.500,00 EUR beträgt das Einstiegsgehalt eines Lehrers oder einer Lehrerin“ Was Sie nicht sagen? Brutto oder netto? Ich gehe davon aus, wir sprechen vom monatlichen Salär eines frisch verbeamteten Lehrers. Bekanntlich ist es auf Grund anderer Regeln für Krankenversicherung und Altersvorsorge schwierig Beamtenbezüge mit denen von Arbeitnehmern zu vergleichen. Aber welche anderen Beamten *beginnen* ihre Laufbahn mit diesem Betrag? Ein Studium ist heute für fast jeden Beamtenjob erforderlich. Selbst Streifenpolizist (und die haben Schichtdienst und teilweise mit noch unangenehmeren Leuten zu tun als Lehrer) ist ja inzwischen ein „Studium“, was aber ein anderes Thema ist.
Und für den Lehrer oder die Lehrerein hat eine Stunde 45 Minuten. Für alle anderen Menschen außerhalb des Lehrbetriebs ist die Stunde 60 Minuten lang. Das sind immerhin 33% mehr. Und für die hat dann ein Vollzeitjob meistens nicht 23 oder 29 „Stunden“ pro Woche, sondern mindestens 35, oft 37,5, meist mehr. In Minuten gerechnet: 29 x 45 Minuten sind 1.305 Minuten pro Woche. 35 Mal 60 Minuten sind schon 2.100 Minuten. Und ob Sie es glauben oder nicht, auch andere Arbeitnehmer müssen sich schonmal auf ihren Job vorbereiten. Wo mir aber wirklich bei Ihrem Artikel die Hutschnur hochgegangen ist und was ich wirklich unter vorsätzlicher tendenziöser und unsauberer Arbeit abspeichern muss sind Sätze wie:
– „nach jeder Deutschstunde müssen Klausuren korrigiert werden“: Meine Schulzeit liegt ein wenig zurück, aber wir haben je nach Jahrgansstufe 2-4 Klausuren pro Halbjahr geschrieben. Und nicht nach jeder Stunde.
– Lehrer, die Fächer unterrichten, in denen überhaupt Klassenarbeiten geschrieben werden (das ist ja höchstens die Hälfte der Fächer) haben soweit ich weiß, deutlich weniger Schulstunden pro Woche zu unterrichten (also eher 23 als 29), bekommen die Korrekturzeit also „vergütet“.
– Sie zitieren eine Untersuchung zur Arbeitszeit von Lehrern, wo diese sich selbst mit einem „Tamagochi“ gemessen haben? Sind Sie eigentlich so naiv? Eine solche Studie ist ungefähr damit vergleichbar, wenn man ein Kind (ohne jede Aufsicht) darum bittet, doch mal aufzuschreiben, wie viele Süßigkeiten es in einem Monat isst, nur anders herum. Ich möchte nicht wissen, wie viele Lehrer bei dieser Untersuchung auf ihrem Messgerät „Beginn Arbeit“ gedrückt haben, dann erstmal in Ruhe den Rasen gemäht, anschließend Kaffee gekocht und sich dann an etwas gesetzt haben, das unmittelbar mit der Schule zu tun hat.
– Und abschließend: Wieso müssen die Lehrer in Räumen mit schlechter Luft unterrichten? Zu meiner Schulzeit haben wir einfach die Fenster gelegentlich geöffnet! Oder brauchen die Lehrer dazu die Hilfe des Hausmeisters, und der ist krank oder wurde wegrationalisiert? Wenn Sie mit Ihrem Artikel das Ziel verfolgt haben, dass die Leute sich aufregen, dann ist Ihnen das ganz prima gelungen. Aber ganz ehrlich: Dafür kaufe ich nicht die Zeit. Da ist mir meine Zeit dann doch zu schade dafür.
Torsten Schlabach

Wie in ihrem Text ausgeführt, kennt jeder Bürger, jede Bürgerin unseres Landes LehrerInnen. Ja, man kann sagen, jeder und jede hatte langjährige Beziehungen zu LehrerInnen. Welcher Berufsstand sonst weist eine solche Beziehungsdominanz auf? Das alleine mag schon die Besonderheit des Phänomens Lehrer /Lehrerin erklären. Persönliche Beziehungen vermachen ihren Protagonisten ein Füllhorn von subjektiven Zuschreibungen. Und da wir als Gesellschaft versäumt, haben klar zu definieren, was das moderne Lehrerbild für uns ausmacht, werden all diese Versatzteile in die Leerstelle „LererIn“ gekippt. Es steht sehr schön in Ihrem Text, dass der selbstgewählte Titel von LehrerInnen „Lerncoach“ wohl kaum die für diesen Beruf nun einmal notwendige Autorität stärkt. Dies kann ich aus eigenen durchaus auch schmerzlichen Erfahrungen an u. a. Berliner Grundschulen nur bestätigen. Auch scheint es so zu sein, dass Auszubildende aus ihren Lehrstätten solches Image heutzutage mitbringen. Regelmäßig gibt es dann die große Enttäuschung. „Durch dieses Nadelöhr mussten wir auch durch, das bleibt keinem Lehrer erspart.“ heißt es dann gelegentlich. Der Name des Nadelöhrs heiß: „Macht“. „Ich will die Macht, dass ihr mir zuhört“ . Einfach deswegen, weil ohne Hinhören kein Lernen existiert.
Aber mit diesem Thema „Macht“ scheint die deutsche Gesellschaft ein Problem zu haben. Das Schulsystem ist eines der hierarchischsten Systeme, die ich kennenlernte. Dieses Spiel der Macht aber läuft an Schulen praktisch verdeckt. Man tut so, als wäre alles familiär, hat eine so „Gute Stimmung“. Doch was sich im Hintergrund abspielt, ist das nackte Ringen um Vorteile, Interessendurchsetzung, Kämpfe jeglicher Art, oft nahe an der Intrige. Ich hoffe, möglichst viele Personen haben den Film „Das Lehrerzimmer“ gesehen. Ich schaute ihn mir wenige Wochen nach meiner Pensionierung an. Als ich das Kino verließ, hatte ich das Gefühl meine Schule zu verlassen. Die Atmosphäre des Kinofilms trifft Alltag in Grundschule aufs I-Pünktchen genau. So leben Lehrerinnen und Lehrer jahrelang tagaus, tagein. Und dieser Aspekt kommt mir in Ihrer Recherche zu kurz. Die LehrerInnen mögen sich statistisch auf gleichem Niveau befinden wie sämtliche andere Berufe, was sie unterscheidet, ist, dass sie neben ihrer Stammaufgabe des Lehrens, die Aufgabe des Erziehens haben. Ich spreche hier explizit als ehemalige Klassenleitung von Klassen der Eingangsstufe. Eine Klassenlehrerin der Grundschule steht auch noch unter der Dusche zusammen mit ihrer Klasse, zuzüglich 50 oder mehr Eltern. Das Erziehen ist nicht nur für Eltern Fulltime-Job. Kein Studienabgänger hat gelernt, wie man das macht. Zeit zur Verarbeitung der Prozesse, die mit den Kindern laufen, gibt es nicht. Der chronische Zustand des Versagens begleitet uns beständig. Und dies ist sehr ernst zu nehmen. Ich würde vorschlage, die angesprochene „Opferrolle“, bez. „Lamoyance“ einmal unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. An die politisch Verantwortlichen gerichtet, hieße dies: „Ihr lasst es nicht zu, dass wir uns um die Kinder kümmern, packt unsere nicht unendliche Zeit voll mit immer neuen zeitaufwendigen Arbeiten. Wir ertrinken darin. Wir erledigen das meiste nur noch an der Oberfläche. Die Formulare sind ausgefüllt, weil dies die Schulleitung auf alle Fälle einfordert. Der Förderuntersicht der Kinder wird zwanzig vor elf Uhr nachts schnell noch zusammengebastelt. Wie soll das funktionieren?“ Es funktioniert nicht. Pisa hat es gezeigt. Schließlich möchte ich noch ein Missverständnis Ihrerseits klären: Die Forderung „Stundenentlastung“ bezieht sich nicht auf das Unterrichten. Sie bezieht sich einzig und allein auf unseren Organismus, der ein paar Stunden Zeit braucht, so wie ich es oben beschrieb, durchzuatmen, zu sich zu kommen, wieder Mensch zu werden. Es geht nicht um die Schulstunde, es geht um die Zeit. Die fehlt! Zuletzt noch ein Wort zum erwünschten Mehr an Selbstbewusstsein. Wissen Sie, was regelmäßig mit selbstbewusst auftretenden LehrerInnen in Kollegien und vor allem gegenüber Schulleitungen geschieht? Ordnet man sich nicht geflissentlich unter, weigert man sich unsinnige Anordnungen (und die gibt es allemal!) mitzutragen, widerspricht man zu deutlich, hagelt es von allen Seiten Zurechtweisungen oder die Person wird gleich ignoriert. In keinem Lehrerkollegium, das ich kennenlernen durfte, zählte Selbstbewusstsein als positiver Wert. Es geht einzig um Einordnung und Nährung bestehender Hierarchien. Das, was ein Lehrer wirklich nicht ist, ist frei. Wo soll da gesundes Selbstbewusstsein herkommen? Es ist eine Systemfrage. Schade, dass Ihr Text, der viel Gutes enthält, an einigen Stelle sich auf einen Überflug begibt, der meinem Dafürhalten nach manches gar zu einfach aussehen lässt. Danke dennoch für das Thema.
Michaela Kahabka

Seit nunmehr 24 Jahren unterrichte ich zwei Korrekturfächer in Vollzeit mit Freude und Elan am Gymnasium, gehe tatsächlich gerne, voller Erwartungen in den Alltag. Seit Jahren lese ich gerne die Zeit, aber so einen lahmen, Artikel über ein „abgegriffenes Thema“, langweilt mich absolut und ist polemisch sehr stark überzogen. Herr Spiewak differenziert kaum, sondern stärkt eher das Klischeedenken in der Gesellschaft, z.B.“ Der eine Teil des Arbeitstages ist extrem verdichtet, der zweite Teil des Arbeitstages dagegen verläuft selbstbestimmt.“ Scheinbar scheint Herr Spiewak zu vergessen, dass es viele Nachmittagstermine zusätzlich an Fortbildungen, an immer neueren Auflagen an Erlassen gibt, die auch nachmittags in der Schule Pflichttermine sind.“ Die Frage stellt sich doch vielmehr, warum will keiner mehr Lehrer werden? Dass dieser Beruf auch viel Freude, trotz der Belastung macht, kommt absolut zu kurz, ich empfehle Herrn Spiewak mal ein Schuljahr mit einem Gymnasiallehrer mitzugehen, um sich dann ein reales Bild eines Lehrers zu machen und nicht nur irgendwelche Daten aus Studien zusammenzuschreiben. „Lehrersein eine Diagnose“ – genau dieses Zitat würde ich auch an Herrn Spiewak zurückgeben, schade um die Zeit des Lesens für diesen Artikel, selbst das Einstiegsgehalt eines Lehrers stimmt so nicht, das kann jeder im Internet nachlesen!“
C. Schütt

Martin Spiewak folgt bedauerlicherweise den Spuren des Statistikers Andreas Schleichers, indem er versucht, mit einer Vielzahl statistischer Werte der Öffentlichkeit ein objektives Bild vom Lehrersein zu vermitteln und dabei mit seinem Wunsch „mehr Selbstbewusstsein“ und mit seiner Kritik „die beleidigte Leberwurst“ ebenso wie Schleicher im Drama „Deutschland deine Lehrer“ die Rolle des Oberlehrers spielt – ein Schlag ins Gesicht all der Lehrerinnen und Lehrer, die in der Anonymität statistischer Werte untergehen und die Tag für Tag ungezählte, ausweglose Unterrichtssituationen meistern, damit der marode Schulladen überhaupt noch funktioniert.
Horst Költze

Danke für den erhellenden Artikel. Ich habe nun besser nachvollziehen, warum a) die PISA-Testergebnisse betr. Deutschland immer schlechter werden; b) immer weniger Menschen den Lehrerberuf ergreifen wollen und c) die jahrelangen Klagen seitens der Wirtschaft und der Universitäten über den unzureichenden Bildungsstand vieler Schulabgänger offensichtlich doch nicht aus der Luft gegriffen sind. Besonders schockiert mich, dass sich der Artikel auf die Zustände in einem Gymnasium beziehen. Wie mag es da es an Werkrealschulen in sozialen Brennpunktvierteln aussehen? Persönlich bin ich dankbar, dass ich in einer Zeit zur Schule gehen durfte, als noch Lernstoff vermittelt werden konnte. (1970er- Jahre)
Thomas Geiger

Vielen Dank für den informativen Artikel, wobei einige Aussagen gleichwohl der Hinterfragung bedürfen. Da ist die Rede von 44 Wochenstunden. Akzeptiert. Nur, ist es das? Haben Lehrer Gleitzeit? Wohl eher nicht. Heißt, egal wie man „drauf“ ist, the show must go on, an fünf Tagen in der Woche. Ja, natürlich werden Klausuren geschrieben, aber eben viele zu Ende des Schuljahres, was bedeutet, dass die Arbeitsbelastung saisonal zunimmt. Das ist mit der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit nicht wirklich erfasst. Wie wird bei den Studien die Lärmbelastung erfasst? Was ist mit der geistigen Gegenwärtigkeit, die Lehrkräfte aufbringen müssen, mehr oder weniger konstant X-Stunden am Tag, während andere mal einen Kaffee trinken können, wenn sie einen „Hänger“ haben. Was ist mit „allgemeinen Autoritätsverlust“ und „nicht mehr per se Respektsperson“ gemeint? Wird da nicht ein viel tiefer gehendes Problem angesprochen. Hat nicht jeder Mensch ein Recht auf Respekt=Wertschätzung? Autorität in seinem Fach oder autoritär im Auftreten? Zu unterscheiden ist horizontaler von vertikalem „Respekt“. Wieviel Energie verbraucht man, um sich „Respekt“ zu verschaffen? Mit diesen Aspekten lassen sich Tamagotchi vermutlich nicht „füttern“, oder? Ist da vielleicht das gemessen worden, was man gut messen kann (Stunden, Ferien, Gehälter, Fehltage), was aber die Realität letztlich doch nicht abbildet?
Gerd-Rüdiger Erdmann

Auch für diesen o.g. Artikel vielen Dank, angesichts der verdienstvollen Korrektur so vieler Vorurteile und Mythen auf allen Seiten!  Um den Satz der Überschrift zu glauben ist schon eine Menge Ignoranz nötig.  Es mag Fälle geben, zumindest vorübergehend, wo sich ein Lehrer das Leisten kann oder bei Egoismus damit nicht auffallen würde, aber die Regel ist das sicher nicht.  Überhaupt dürfte es bei vielem drauf ankommen, um welches Lehrerfach, welche Lehrerpersönlichkeit mit Gewissenhaftigkeit und Motivation, um welchen Schülertyp und welche Vorgesetzten und Kollegen es sich jeweils handelt, und ob es sich um Angestellte oder beamtete Lehrer*innnen handelt.   Es gibt vielleicht für fast alles eine Zeit, eine Persönlichkeit, einen Ort und eine Umstände-Konstellation, wo es das gibt.   Bei den Studien ist sicher z.T. zu fragen, ob nicht die Art der Untersuchung oder Werte-Erhabung die Ergebnisse mehr oder weniger stark beeinflusst.  So ist bei der schlichten Befragung eine Menge an Subjektivität, Interessen oder Sympathie-wünsche der Befragten zu berücksichtigen, und selbst bei objektiver Beobachtung dürfte allein das Bewusstsein davon die Art des Verhaltens nicht unwesentlich beeinflussen.  Die Ergebnisse zu den Gewerkschaftlichen Aussagen hätte ich genauso erwartet, denn da gehören die gesellschaftlichen Botschaften zum Interessen-Vertretungs-Geschäft, oder zur Lobby-Arbeit.
Sehr interessant ist das Ergebnis der Unabhängigkeit der Krankheitslast insbesondere psychischer Art von der Menge der Unterrichtsstunden, was sogar mich etwas überrascht hat. Allerding habe ich immer vermutet, dass die Qualität und Umstände der Arbeit für psychische Belastungen wesentlich wichtiger ist als die reine Quantität, sofern nicht hohe Zahl an Arbeitsstunden Stress produziert durch Mangel an Zeit für sonstige wichtige Notwendigkeiten oder Pflichten oder Lebensinhalte.  Bekannt bei psychischen Erkrankungen ist allerdings, dass sie viele mögliche oder konkrete Ursachen haben und nicht nur monokausal eine. Sehr interessant ist auch Ihr Abschnitt „kein Vorurteil“ über das besondere „Wohlfühlen“ in der Opferrolle und der Behauptung „im Stich gelassen“ zu sein.  Das erlebe ich allerdings auch bei etlichen anderen Berufen, insbesondere wenn gewerkschaftlich vertreten s.o. In Wirklichkeit sehe ich die Opferrolle ganz wesentlich berechtigter bei  eher in den Medien unsichtbareren  wie pflegebedürftigen Patienten,  ausgebeuteten im globalen Süden,  und in der Zukunft auch bei vielen unserer jetzigen Kinder und Enkel.  Auch das Klagen über die fehlenden Karriere-chancen bis schließlich an die Spitze scheint mir eher von zunehmendem Anspruchsdenken zu kommen, denn wie soll ein Ruderboot noch vorwärts kommen, wenn es kaum noch Ruderer und viele, viele Taktgeber und Steuerleute und Kapitäne geben soll,  von der Frage der Bezahlung durch den Rest der Gesellschaft ganz abgesehen. Es fragt sich angesichts Ihrer Ergebnisse, woher dann der vielfach berichtete Mangel an Lehrkräften kommt mit der Konsequenz so vieler Selbstbeschäftigungs-Stunden für Schüler und so vielen Quereinsteigern, die ich trotz allem als meist immer noch besser sehe als gar kein Unterricht.  Eine Erklärung könnte sein, dass die Zahl der Aufgaben immens gewachsen ist durch z.B. angestiegene Bürokratie, Menge schwieriger Schüler und Eltern, die Inklusion, etc. etc.
Peter Selmke

Von 1970 bis 2010 war ich engagierter Lehrer in Hamburg und kam mit den Kindern, deren Eltern und im Kollegium immer gut zurecht. Der Frust kam einseitig und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verstärkt von der Schulbehörde, die zum Beispiel auf das Pisa- Menetekel bürokratisch reagierte: Verfeinerung des Instrumentariums, Druck auf das System und Verstärkung der Kontrollen, besonders beim Abitur und dann mit oft rigiden Ausführungsfeinbestimmungen. Darauf kommt niemand, der täglich „nur“ mit Kindern und Jugendlichen zusammen kommt.
Volker Jung

Den Beruf LehrerIn kann man nicht lernen – entweder man hat das LehrerInnen-Gen oder man hat es nicht. Dieses Gen setzt sich zusammen aus einer soliden Fachlichkeit und methodisch-didaktischem Basiswissen (beides erlernbar), aber vor allem auch einem hohen Maß an Empathievermögen, Zugewandtheit, Toleranz, Humor und natürlicher Autorität- alles nur sehr begrenzt erlernbar. Ihr Artikel zeigt eindrücklich die Richtigkeit dieser These – eine Quereinsteigerin fast Fuss, viele andere scheitern kläglich. Das Problem ist, dass zum einen viele eigentlich für diesen Beruf Geeignete wegen des schlechten Images des LehrerInnenberufes leider andere Berufe favorisieren – immerhin wechseln dann wenigstens einige später als QuereinsteigerInnen. Zum anderen ist unsere LehrerInnenausbildung viel zu theorielastig. Sie versäumt, über intensive Praxisphasen auch in sehr fordernden sozialen Einrichtungen das Vorhandensein des LehrerInnen-Gens zu überprüfen und so nicht geeignete BewerberInnen, von denen es leider viele gibt, rechtzeitig auszusortieren, bevor diese bei sich und bei den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen dann ein Berufsleben lang bleibende Schäden anrichten.
Manfred Hensler

Vielen Dank für Ihren sehr sachlichen und informativen Artikel über die Arbeitssituation der Lehrkräfte.  Besonders haben mir zwei Aussagen gefallen:  – Sie bezeichnen den Einsatz der Seiteneinsteiger völlig zu Recht als „Irrsinn“. Mir ist es völlig unerklärlich, wie Bildungspolitik und Schulverwaltung auf dieses Verfahren kommen konnten. Dieses Verfahren wird Lehrerberuf, seine gesellschaftliche Anerkennung und sein akademisches Niveau endgültig ruinieren.  Die derzeit betroffene Schülerschaft wird durch das Rekrutierungssystem der Seiteneinsteiger und deren Verwendung doppelt bestraft: In ihrer Schulzeit durch mangelhafte Unterrichtsqualität und später durch ihren steuerlichen Beitrag zur Finanzierung der Pensionen für ehemalige Lehrkräfte, die teils weniger als ein Jahrzehnt unterrichtet haben.  Es wäre sehr wünschenswert, in einer Untersuchung aufzuzeigen, warum Seiteneinsteiger in den Lehrberuf gehen. Es sind sicherlich nicht die Erfolgreichsten und Zufriedensten in den aufgegebenen Berufen.  – Ihre Zusatzbemerkung über die Schülervorschläge zum“ Lehrerpreis“ trifft es genau: Anerkannt als Lehrkraft wird man, wenn man selbst von seinem Fach begeistert ist, hohe Ansprüche stellt und den Kindern und Jugendlichen zugewandt ist. Mehr braucht man als Lehrer nicht, aber davon darf auch nichts fehlen!  S. 11 „Kann doch jeder“
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man den Artikel als Realsatire lesen!  Warum werden nicht die Ministerien und die Schulverwaltungen nach Kolleginnen und Kollegen durchsucht, die eine ordentliche Lehrerausbildung mit Studium und Referendariat durchlaufen haben, um damit Unterrichtslücken zu füllen? Gleichzeitig könnte die Bildungsverwaltung und Bildungspolitik durch Seiteneinsteiger erledigt werden. Das hochqualifizierte Personal in Bildungspolitik und Schulverwaltung war bisher nicht in der Lage, die Unterrichtsversorgung mit Fachpersonal sicher zu stellen. Das hätten Quereinsteiger auch nicht schlechter gemacht, sicherlich aber zu geringeren Personalkosten!  Zum „Irrsinn“ der Quereinsteiger kommt noch der „Unsinn“ von Bürokratie bei der Beschäftigung von qualifizierten Pensionären hinzu: Lt. CZ vom 12.2. wird in Niedersachsen dafür – nach Jahrzehnten im Schuldienst – ein großes Führungszeugnis und die Unterschrift unter Erklärungen für angestellte Lehrkräfte verlangt. Verträge laufen nur halbjährlich, enden immer mit Beginn der Sommerferien und bei unverschuldeten Unterbrechungen – z.B. durch Corona – mit mehr als 6 Monaten wird die finanzielle Einstufung abgesenkt. Das Stundensoll der pensionierten Lehrkräfte wird voll auf die Unterrichtsversorgung der Schule angerechnet, was dazu führt, dass Kolleginnen oder Kollegen des Stammpersonals zusätzlich abgeordnet werden müssen. Da weiß man als ehemaliger Kollege genau, wie ein Unterrichtsangebot an der ehemaligen Schule aufgenommen wird und lässt es lieber bleiben.
Artur Behr

Die „Könige in der gesamten Lehrerwelt“ (Terhart) verdienen nicht mehr als etwa französische Lehrer, die nicht gerade als Topverdiener gelten, wenn man sich die Mühe macht, den Verdienst pro Arbeitsstunde auszurechnen. Dazu muss man das Stundendeputat, die Unterrichtstage pro Jahr, den Umfang außerunterrichtlicher Tätigkeiten etc. berücksichtigen, was ich zusammen mit französischen Kollegen getan habe. Ein „agrégé“ (15 Wochenstunden à 55 Minuten) verdient dann deutlich mehr als ein deutscher Oberstudienrat. Diese Kärrnerarbeit darf man vom „wichtigsten deutschen Lehrerforscher“ erwarten, bevor er neue Vorurteile in die Welt setzt.
A. Goletz-de Ruffray

Pisa Debakel und kein Ende in Sicht. Als Kinder- und Jugendarzt sehe ich als Problem, dass ständig nur die schon überforderten Erzieherinnen und Lehrerinnen sowie Geldmangel in Verantwortung genommen werden. Mir fehlt bei der Analyse, dass ein Großteil der modernen Familien(Eltern)ihre Erziehungsaufträge und auch die Sprachförderung und die Verhaltenserziehung nicht mehr genügend wahrnehmen. Erhöhung von Kindergeld bringt da auch nichts, vielmehr müssten Veränderungen in unserer modernen Gesellschaft eingefordert werden. Insbesondere ärmere, arbeitende Mütter müssten Unterstützung und Anleitung bekommen. Sehen wir doch, dass es nach wie vor auf der anderen Seite in der Hälfte der Familien mit der Erziehung und Förderung gut klappt.
Wolfgang Adam

40 Jahre lang war ich Lehrer mit Leib und Seele und ich hatte dabei so viel Freude an meinem Beruf, dass ich selbst jetzt im Ruhestand noch an zwei Schulen je eine Klasse unterrichte, dabei den Kontakt zur jungen Generation nicht ganz verliere und damit ganz nebenbei meinen bescheidenen Beitrag zur Linderung des Lehrermangels zu leiste. Kinder, Kollegium und Klassenfahrten lassen die Konferenzen, Klassenarbeiten und Korrekturen, also die weniger angenehmen Seiten dieses Berufes vergessen.
Norbert Berger

Der Artikel „Höllenjob Lehrer?“ enthält zumeist Richtiges. Doch eine Rechnung und eine unangemessene Formulierung möchte ich anfechten. Ferien bedeuten für Lehrer mit Korrekturfächern nicht ausschließlich freie Zeit. Als Gymnasiallehrerin mit zwei sprachlichen Fächern hatte ich in dieser unterrichtsfreien Zeit, außer in den Sommerferien, generell Korrekturen zu erledigen. Da können Sie von den genannten 44 Tagen gut 20 à acht Stunden abziehen. Eine Oberstufenarbeit für einen Schüler nimmt etwa zwei Stunden in Anspruch. Natürlich ist es je nach Fächern, Fächerkombination und Klassenstufen verschieden. Unterrichten und auch Korrigieren bzw. Kontrolle des Lernerfolgs sind aber keineswegs an sich „eine Qual“, sondern die Masse machts. Als ich mit fünfzig Jahren, da sich die Möglichkeit ergab, meine Arbeitszeit auf 3/4 der Stundenzahl reduzierte, konnte ich den Anforderungen mit mehr Sorgfalt und Gelassenheit nachkommen. Weniger Lerngruppen bedeutet eben auch weniger Korrekturen. Das Arbeiten in den Ferien ließ sich allerdings trotzdem nicht vermeiden. Meine Erfahrungen liegen zwar mindestens 28 Jahre zurück, doch scheint sich seitdem nicht viel geändert zu haben.
Gudrun Blanke-Hepper

„Die besonderen Reize “ des Lehrerberufs, Teilzeit usw., machten diesen zwangsattraktiv für Mädels. (Mutterschaft) – Jetzt beißen sie nicht mehr an. Die Schulen werden vernachlässigt.
Barbara Hause


Leserbriefe zu „So viel Mitte war nie“ von Robert Pausch

Wer könnte/sollte noch eingeladen bzw aufgefordert werden an den Demos teilzunehmen? Die Landwirte mit ihren Schleppern. Sie haben bewiesen, dass sie es können. Und der BBV kann dazu aufrufen und es organisieren. Er hat bewiesen, dass er es kann.
Hans Moser

Sie sprechen mir aus der Seele, denn die sogenannte Mitte hat auch Ränder in jeder Richtung und das ist gut so. Wir haben immer mit einem gewissen Prozentsatz der „ewig Gestrigen“ gelebt; das hält eine Demokratie aus. Nun schauen die neuen, jetzt viel besser organisierten „Rechten“ in die Zukunft, das muss uns zum Aufpassen bewegen. Aber wir sollten nicht die gleichen Ausgrenzungsschienen befahren. Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, mit sichtbarem, damals noch so formulierbaren „Ausländeranteil“. Sie haben mit mir die Schule besucht, waren Kameraden in der Fußballmannschaft, Kollegen im Beruf und private Freunde. Ich möchte nicht ohne sie sein. Mein Leben ist bunt. Nun wohne ich ländlich in Bayern und bin erstaunt, wieviel lauter die Ressentiments hier sind bei wesentlich geringerem Anteil von Zugezogenen. Das bedeutet doch, dass wir mehr Begegnung brauchen. Nicht nur kämpfen, wenn ein integrierter Fußballer abgeschoben werden soll. Den Nachbarn begrüßen ist ein guter Anfang, jeden Nachbarn. Die Demos gegen rechts sind wundervoll und wichtig aber sie benötigen keine Hassbotschaften, das Feld hat die die AfD besetzt und kann dort kleben bleiben. Lasst uns die Bürger aus anderen Ländern nicht nur unter dem Fachkräfteaspekt betrachten. Es können Freunde daraus werden. Und auch der brummelige Nachbar kann aus meinem Lächeln was machen. Auch ohne Hass und Krieg gibt es eine Menge an Aufgaben zu bewältigen, das gilt für alle. In jedem Land.
Thomas Kley

„Es geht …nicht um Wahrheiten, es geht um Mehrheiten“. Wenn dieser Satz Robert Pausch bloß nicht auf die Füße fällt?! Denn mit oder ohne AfD ist das Land und seine Parteienlandschaft im Umbruch und parlamentarische Mehrheiten von Mal zu Mal ungewisser. Aber worum es geht denn wirklich? Es geht um die Frage, ob diese Gesellschaft, die deutsche Wirtschaft, der deutsche Staat und Sozialstaat zukunftsfähig sind. Denn eine ökologisch und moralisch maßlose, wie selbstgefällige, politische Elite scheitert vor unseren Augen am politischen Geschäft. Wenn das nicht stimmt, wen interessiert die AfD oder dieser Diskurs. Aber wenn es stimmt? Der an der Realität scheiternde rot-grüne Zeitgeist würde das Problem gern ganz und gar moralisch fixieren. Aber: „Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf!“ Wer es sehen will, kann sehen, wie der Mittelbau der Gesellschaft abrutscht, der Sozialstaat unbezahlbar wird und die Wirtschaft abschmiert und der innere Frieden zerbröselt.  Und Wahrheiten werden in einer Demokratie immer zu Mehrheiten, wenn’s Recht ist.
Fred Klemm

Zu ihrem Leitartikel in der neuesten Ausgabe der Zeit möchte ich einige grundsätzliche persönliche Überlegungen anstellen. Ich denke wir werden uns darüber einig sein, dass es die Proteste gegen rechtsradikal ohne das treffen in Potsdam, und im Besonderen ohne die Berichterstattung, so wie sie war und ist , nicht gegeben hätte. Was mich als relativ neutralen Beobachter Aus Österreich daran stört ist der Umstand, dass man als interessierter Bürger auf die Interpretationen dieser Gespräche dieser Zusammenkunft von Journalisten angewiesen ist. Warum wird das, was da besprochen wurde nicht im Wortlaut, dass betrifft im besonderen Herrn Sellner, wiedergegeben.?, das wäre nur dann verständlich, wenn es keine aufnahmen dieser Gespräche gibt, was schwer zu glauben ist. Ich denke das wäre die einzig richtige Vorgehensweise, die Menschen sind so meine ich, durchaus mündig genug sich auf so eine Veröffentlichung ihre eigene Meinung zu bilden. Warum passiert das nicht? auch nicht in der Zeit?
Mayrhofer Herbert

Die Befürchtungen, dass die gegenwärtigen Proteste von „linksaußen“ gekapert werden und somit Bürger aus der politischen und kulturellen Mitte abschrecken könnten, sind leider nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings sollten dementsprechende Warnungen nicht vergessen machen, dass Politiker der rechten Mitte durchaus als Stichwortgeber für Rechtspopulisten auftraten und nicht unwesentlich zur Emotionalisierung der öffentlichen Debatte über Migration beitrugen. Insofern ist das Unbehagen einiger, die sich schon seit Jahren glaubhaft dem Kampf gegen „rechts“ verschrieben haben, nur allzu verständlich, diejenigen Konservativen, deren politisches Hauptanliegen der Überwindung des vermeintlich „linksgrünen Zeitgeistes“ galt, gleichsam als „natürliche Verbündete“ im Kampf für die liberale Demokratie willkommen heißen zu müssen. Nichtsdestotrotz ist der Schulterschluss ALLER Demokraten – über die sonstigen weltanschaulichen Differenzen hinweg – eine schiere Notwendigkeit.
Rüdiger Paul

Die neueste Auseinandersetzung um die Deutungshoheit, die auch der Leitartikel aufgreift, betrifft die Frage, ob nun die Linken auf der Straße waren oder die Mitte oder einfach Menschen, die mal wieder einer Outdoor-Veranstaltung beiwohnen wollten. Deutschland-Fahnen waren in Passau zumindest nicht erwünscht, das ultimative Symbol unseres Landes scheint die Mitte an ihren Gegner abgetreten zu haben und als demokratiefeindlich einzustufen. Interessant ist jedenfalls, dass es „gegen rechts“ ging. Wenn wir davon ausgehen, dass die eigentliche Mitte definitionsgemäß aus einem in etwas gleich großen rechten und linken Bereich besteht, dann drängt sich die Vermutung auf, dass die „neue Mitte“ irgendwo in der Mitte des linken Bereichs liegt. Wenn heute jemand z.B. sagt, dass die Abschiebung ausreisepflichtiger Flüchtlinge, die ein sorgfältiges rechtsstaatliches Verfahren durchlaufen haben, tatsächlich durchgesetzt werden sollte, so ist er für viele deutlich schon zu weit rechts und der AfD zumindest auf den Leim gegangen.  Und über die politischen Ansichten eines Schlagersängers wird im Leitartikel eines Leitmediums ein nahezu DDR-eskes Urteil gefällt (in diesem Falle: „sehr korrekt“). Klingt irgendwie herablassend. Klingt eher links.
Christian Voll

Ich finde es immer wieder beklagenswert, dass bei den vielen Demos gegen Rechts und für Demokratie so gut wie keine Deutschlandfahnen zu sehen sind, die doch eigentlich unsere Farben für Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Verfassung darstellen. Warum haben die Mitte und auch die Linke in unserer Gesellschaft unsere Fahne kampflos den Rechten, vor allem den ultrarechten Rattenfängern der AfD überlassen, die bei ihren Demos immer ein Meer von schwarz-rot-goldenen Fahnen zeigen und dabei widerliche rassistische und völkisch-nationale Slogans schreien, die im Widerspruch zu dem stehen, was unsere Fahne symbolisiert?
Björn Luley

„…gegen rechts“ zu sein, was heißt das überhaupt? Wer ist rechts, und wo und wann geht das los, das mit dem „rechts sein“? Sind die sogenannten „Rechten“ immer nur ganz schlimme Finger und schreckliche Bösewichte?   Wo stehen denn dann die CDU und die CSU? Wie und was würde wohl ein Franz Josef Strauß (CSU) zu diesem Dilemma sagen?   Orten sich die Politiker der Ampel selbst als die „Superlinken“ ein?   Heißt das auch, wer gegen rechts ist, der ist dann automatisch (und für immer) auf links gebürstet, der ist auf Gedeih und Verderb für diese Politik der Ampel?   So viel Mitte war nie; rechte, linke oder mittige Mitte oder gibt´s noch andere unklare Begriffe, die in Wirklichkeit nichts und wieder nichts erklären!
Riggi Schwarz

Aus der Negation kann dialektisch etwas Positives hervorgehen. Doch Aufmärsche, die pauschal alles, was rechts ist, verteufeln ohne tiefere inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ursachen, dienen der Selbstvergewisserung, haben aber keine Strahlkraft. Wenn die Migrationskrise das Schicksalsthema ist, muss man die AfD genau dort stellen. Die neuesten Zahlen zur Asylstatistik stimmen wenig optimistisch. Die Demonstrationen und die penetrante öffentlich-rechtliche Begleitmusik wären dann nicht mehr als ein kurzes Aufbäumen gewesen. Am Ende geht es um Politik, die mehrheitsfähig ist. Schon Merkels Agenda 2015 war das nicht.
Christoph Schönberger

Robert Pausch stellt begeistert fest, dass „die Zivilgesellschaft lebt, der Druck auf die AfD wirkt …“. Um dieses Resultat nicht zu beschädigen, „…gilt es, den Fehler zu vermeiden, den Protesten durch linke Türsteherei den Schwung zu nehmen.“ Das mag ein Problem in Groß- und Universitätsstädten sein, ein Blick in die Provinz zeigt, dass es auch „Türsteherei“ von rechts gibt. Die Organisatoren einer Demonstration rechneten mit etwa 50 – 150 Teilnehmern – gekommen waren 1500. In seiner Ansprache hatte der dortige Bürgermeister nichts Besseres zu tun als Habecks Heizungsgesetz als Booster für die AfD zu identifizieren und mit Blick auf das Bürgergeld zu rufen, Arbeit müsse sich wieder lohnen. Das wurde von Teilen der Demonstranten mit bissigen Kommentaren bewertet. Ein Leserbrief als Kritik im Sinne Herrn Pauschs dazu an die konservative – „unabhängige und bürgerliche“ – Regionalzeitung wurde nicht veröffentlicht, stattdessen erschien einige Tage später ein Kommentar zu den Demonstrationen: „Auch wenn der Anlass für die Anti-AfD-Demonstrationen überwiegend eine inszenierte Medienkampagne sein mag: Die Proteste zeigen der CDU, wie sich das Milieu links der gesellschaftlichen Mitte gegen zu viel Einfluss von Rechtsaußen mobilisieren lässt.“
Norbert Hagenbrock

Liebe ZEIT, die Fehler, die, wie Sie schreiben, vermieden werden müssen, wurden in der Geschichte immer wieder gemacht. Das Fehler-Prinzip ist erschreckend einfach: Hier viele Kräfte, die sich verzetteln und befehden. Dort eine einzige Kraft, konzentriert und schlagkräftig.
Kurt Eimers

In einem gebe ich Ihnen Recht: Die Resignation der Mitte scheint einer deutlichen Wiederbelebung gewichen zu sein, trotz der so widrigen Umständen wie den mehrfachen gegenwärtigen Krisen und nach dem Verfassungsgerichts-Urteil und einer Koalition, in die die Wahlbürger samt Abneigung gegen weitere Schwarz-Rot-Koalition  die absoluten Gegensätze der Prioritäten und Klientele quasi hineingezwungen haben, die allesamt  wie auch die jetzige Opposition viel mehr versprochen haben als sie spätestens jetzt noch halten können,  vielleicht auch, als sie überhaupt halten konnten angesichts aller Dilemmata und Kreisquadraturen. Auch sehr Recht haben Sie mit der Mahnung den Fehler „linker Türsteherei“ zu vermeiden, gemeint wohl genauso evtl. Kaperung durch einseitig linke und kontroverse Positionen, die auch darin zum Ausdruck kommen, wenn es immer noch nicht selten heißt „gegen rechts“ statt „gegen verfassungsfeindlich, aggressiv oder extremistisch rechts. Man kann das so verstehen, dass es gegen alles gehen sollte, was auch nur ein Millimeter rechts der Mittellinie in Parlament oder Gesellschaft zu sehen ist, Rezept für eine erneute Spaltung innerhalb der demokratischen Parteien ausgerechnet in ihrem Pro-Demokratie-Kampf.  Schon die Römer sagten sinngemäß:  „Nur dumme vermeiden einen Fehler, indem sie in den umgekehrten Fehler verfallen.
Eine weitere Erschwerung für die Verteidigung der Demokratie sind die Erwartungen und Anspruchshaltungen etlicher Ideologen und von ihnen angefacht der meisten Bürger, vielfach sogar Medienschaffenden, die auch von den politisch kandidierenden und streitenden regelmäßig hofiert werden, mit dem Versuch glauben zu machen, dass sie oder ihre Partei in Regierung das alles befriedigen könnte, egal was Tarifparteien oder andere tun und lassen.  Bei diesen Erwartungen oder gar „Zielen“, die oft wie „Versprechen“ erscheinen, kann  jede Regierung fast nur „versagen“,  denn von wem wollte man die „Quadratur der Kreise“ erwarten nach dem Motto:  „Egal welche Krisen wir gleichzeitig haben,  eine Regierung oder der Staat hat gefälligst zu ermöglichen,  dass gutes Klima, militärische Sicherheit, Frieden, bezahlbarer Wohnraum für alle und schließlich stabile, gar weiter verbesserte Renten,  Sprachschulung, Qualifikation, Unterbringung und Ausbildung für alle ankommenden Flüchtlinge,   gut oder noch besser bezahlte Arbeitsplätze, bessere Bildung, bessere Digitalisierung  etc. alle geschaffen werden, ohne irgendjemand  incl. der Tarifpartner  irgendetwas abzuverlangen,  sondern zu ermöglichen, dass alles geschafft wird bei immer weniger Wochenarbeitszeit und immer mehr Gehalt und Rente, deren Eintrittsalter keinesfalls weiter erhöht werden darf, auch nicht bei gesunden und rüstigen,  die in ihrem Job noch könnten“.
Nein, nicht nur mit „notorischer Streiterei“ wird der AFD und anderen Extremisten oder Demokratieverächtern weiter Luft zugefächelt, sondern durch jede Politik,  die (zu viel) verspricht, diese ganzen Erwartungen zu erfüllen,  wie der zauberkräftige Geist aus der Märchenflasche.  In einer kürzlichen Talk-Show von May-Britt Illner am 1.2. äußerte eine Politologie-Expertin sinngemäß, dass viele, vielleicht die meisten Bürger, längst erkannt haben, dass wirkliche und nachhaltige Fortschritte und Zukunftssicherung trotz all der Krisen mehr erfordern als eine noch so gute Politik,  sondern vor allem mehr Ehrlichkeit, Realismus bis hin zu mehr „Belastungen“ vieler, allerdings so gerecht wie möglich verteilt, ohne Sonderopfer nur für einzelne Gruppen.   Die Bürger seien inzwischen reif und empfangsbereit für „Erwachsenen-Ansprachen“, dass letztlich alle ihr Teil beitragen müssen, nicht nur der „Staat“ oder die wenigen Regierungsmitglieder. An der Mitverantwortung aller incl. mehr Ehrlichkeit und Realismus müssen wir alle arbeiten, die Politik, die Bürger und Zeitungsleser, die Medienschaffenden, die Tarifpartner etc. etc.  Auf Dauer wird unsere Demokratie und unsere Zukunft erst dann zu retten sein, wenn ihre Befürworter sie nicht nur mit Lippenbekenntnissen redend, Plakate zeigend und demonstrierend propagieren, sondern auch wirkliche Mitverantwortung übernehmen, auch — mehr — dafür zu arbeiten und zu bezahlen.  Diese Mitverantwortung braucht jedes Gemeinwesen und auch jede Demokratie; sie brauchen mehr als nur Fordern und Beschlüsse, so demokratisch sie auch motiviert sein mögen.  Und für solch einen Bewusstseins- und Kulturwandel braucht es auch Einsatz der engagierten ernsthaften Demokraten, weit über die Ablehnung der AFD und extremistischer Kräfte hinaus.
Auch  bei den wirklich gebrauchten neuen Zuwanderern geht es nicht nur um ihre Anwerbung auch mit dem nötigen Respekt und der nötigen Freundlichkeit des Empfangs,  sei es nur um die wirklich „guten“ unter ihnen nicht an andere Länder wie USA oder Kanada zu verlieren,  die allein mit der fast globalen und leichter erlernbaren englischen Sprachkenntnis eine leichtere Integration versprechen, sondern es geht auch um die Bereitschaft zu zunächst viel Arbeit und Geldinvestition, in Sprach-erwerb, Integration mit etlichen auch zu lernenden und zu lehrenden  Elementen, in Unterbringung in neuen zusätzlichen Wohnraum, daneben in Schulen und Krankenhäusern,  und schließlich in Ausbildungen und Nachqualifikationen oder Prüfung auf deren idealerweise Überflüssigkeit,  und, damit das etwas schneller und mit tragbarem Aufwand geht, Reform der  Vorschriften der Anerkennung bisheriger Qualifikation, die bisher leider oft sehr komplex, umständlich und rigide sind, indem z.B. von Firmen selbst  erstellte Qualifikations-Nachweise oder Bezeugung von deren teilweiser Entbehrlichkeit z.B. bzgl.  perfekten Deutsch, von Behörden nicht einmal zugelassen werden, von deren Mitfinanzierung oder Erleichterung ganz zu schweigen.  Das alles braucht nicht nur freundlich kennenlernendes „Schnacken“ mit den ankommenden, sondern bis die soweit sind uns nennenswert Arbeit und Beiträge abzunehmen, viel echte Arbeit und auch Lernen — von beiden Seiten — und/oder Geld, um dies zu bezahlen. Und schließlich braucht es für diese ganzen zusätzlichen, weil lange vernachlässigten Aufgaben der Gesellschaft, von der der Staat nur ein Teil ist, mehr Fachleute-Arbeitsmengen unter den einheimischen oder schon integrierten, als derzeit noch auf dem Markt sind, von den kommenden Jahren mit immer mehr ausscheidende Baby-Boomern ganz zu schweigen.  Das alles wird nicht vereinbar sein mit dem jetzigen Bestehen auf 100% Erhaltung oder gar noch weitere Steigerung aller Besitzstände auch nicht armer, an Freizeit, Renteneintrittsalter, Steuerlast, Freiheiten, Bequemlichkeiten, Konsumwohlstand etc. etc.
Peter Selmke

Die vielen Demonstrationen mit zahlreichen Teilnehmern sind ein erfreuliches Statement der „schweigenden Mehrheit“. Hoffentlich geht ein großer Teil dieser Menschen auch wählen, um der AfD zu zeigen, wer in Wirklichkeit das Volk ist. Die kommende Europawahl ist dann der „Lackmustest“ der Demokraten. Dieser Gradmesser kann die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg vielleicht doch noch in demokratisch legitimiertes „Fahrwasser“ bringen, um rechte Klippen zu umschiffen. Der AfD bricht bereits jetzt die Zahlen in den Umfragen ein. Das zeigt, dass die achtzig oder siebzig Prozent der Nicht-AfD-Wähler eine „laute Mehrheit“ sind mit Potenzial zu signifikanten und langfristigen Änderungen, um einer Zersplitterung der Parteienlandschaft mit zu vielen Rechten und Linken Parteien und Bündnissen zu verhindern. Das macht nachhaltig Hoffnung.
Felix Bicker

Ja, es ist schön und wichtig, dass so viele Tausend gegen die AfD auf die Straße gehen. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass sich in den Protesten auch viel Kritik an der Ampel verbirgt, die nicht wenig zur Stärkung der AfD beigetragen hat. Außerdem: Demonstrieren allein reicht nicht. Man muss den kruden Ideen der AfD immer dort begegnen, so sie auftauchen. Das erfordert mehr Mut als „nur“ auf die Straße zu gehen.
Hartmut Mühlen

Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung“. Diese Aussage von Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung des zweiten Weltkrieges hat nichts an Bedeutung verloren, ganz im Gegenteil.  Denn mittlerweile sind auch in Deutschland die Grenzen, oftmals sogar die Werte der Demokratie verschwommen und angegriffen. Die zahlreichen Demonstrationen der letzten Wochen machen nun Hoffnung auf (mehr) demokratische Einsicht und Würdigung, sie verdeutlichen den existenten Willen zum Widerspruch gegen jedweden gesellschaftspolitischen Fatalismus und Extremismus. Die Demonstrierenden haben gewiss nicht zuletzt angesichts der dunklen Vergangenheit Deutschlands, angesichts des vergangenen Unmenschlichen, das offensichtlich nicht beendet, nicht einmal vergangen ist, die Zeichen der Zeit erkannt. Sie haben verstanden: Nie wieder meint nicht weniger als das Aufrechterhalten unserer Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Matthias Bartsch

Sie warnen vor „linker Türsteherei“ auf den Demonstrationen gegen Rechts- und betätigen sich selbst zugleich als bürgerlicher Türsteher, indem Sie etwa allzu forsche Kritik an der restriktiven Asylpolitik der Bundesregierung von den Veranstaltungen fernhalten wollen, um bloß niemanden zu verschrecken. Gewiss sind Redebeiträge, die über das artige Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinausgehen, nicht unbedingt konsensfähig – aber müssen sie das sein? Demokratie lebt nicht von Harmoniebeflissenheit, sondern vom öffentlichen Streit. Wollen die Demonstrationen gegen Rechts mehr sein als ein Volksfestzivilgesellschaftlicher Selbstgefälligkeit, müssen sie auch entschiedenlinken Stimmen Raum geben. Vielleicht tritt DJ Robin ja trotzdem auf.
Karl Kelschebach

Ihre gemeinschaftliche Selbstgefälligkeit in der Komfortzone macht mir Sorge. Vorab gestatten Sie mir bitte aber den formellen Hinweis, dass ich Sie nicht despektierlich duzen möchte, sondern das „Ihr“ nur den stets implizierten Plural in meinen Ausführungen verdeutlichen soll. Es geht um „Sie“ im Plural über alle Medien hinweg und es betrifft diejenigen Journalisten, die sich um die Ressorts Innen- und Außenpolitik bemühen (nicht oder nicht primär um andere Ressorts). Und: Ich bin Abonnent der ZEIT. Nun, das macht die Sorge nicht geringer. Bekanntlich sind die Zeiten lange vorbei, wo es DIE ZEIT, SPIEGEL, BILD, WELT, TAZ, FAZ, später noch den FOKUS gab . Und es gab WEHNER, STRAUß, BRANDT, BAHR, SCHMIDT oder BLÜM u.a. Man wusste, wo sie stehen, die Medien und die Politiker. Sie waren streitbar. Es war bunt und meist polemisch und kontrovers, alles, bloß nur kein Einheitsbrei. Aber heute fragt man sich: Wo sind wir nur gelandet in der politischen Kultur und warum!? Als kleines Kind hat man mir gesagt, dass man Schweine nicht durchs Dorf treiben soll. Sie hätten ein schwaches Herz und das könnte übel enden. Vom hormonell infizierten Fleisch nach dem Tod mal ganz abgesehen. Ich habe das ziemlich schnell verstanden.
Eine Sau unter gemeinsamen Gejaule durchs Dorf treiben mag für das Dorf belustigend sein, zumal es wenig anstrengend ist, einfach mit der Masse zu laufen. Eure Aufgabe war aber ursprünglich in der Demokratie eine andere (siehe oben den Rekurs auf die 70-und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts). Die armen Schweine wurden bis zur Erschöpfung gehetzt: Fast vergessen sind eure Hetzattacken hinsichtlich der (scheinbaren) Sexismus- oder Rassismus-Vorwürfe gegen jeden, der nicht bei drei auf dem Baum war (besonders skurril euer unfairer Niederschlag gegen die Opfer Tönnies und Dahlmann exemplarisch), das Dauerfeinbild Trump bleibt euch ja zu eurer Freude jetzt erhalten, die LGTB-Hochstilisierung ( keine Talkshow mehr ohne diese Minderheiten), und als Dauerschlager ergötzt uns weiterhin der tägliche Selenskyj-Marsch (eine unerträgliche Stilisierung eines machtgierigen und gefährlichen Politclowns – bedauerlich, dass ihr nicht bei Herrn Klitschko als tägliches Murmeltier-Gegrüße geblieben seid.) Aber eine „gemeinsame“ Sau müsst Ihr wohl stets treiben…
Bei der ZEIT sind die politischen Leitartikel auf der Titelseite nebeneinander, jede Woche von der Zielrichtung gleich wie in euren eigenen Medien auch. Scheint abgekupfert, obwohl ja keine dpa-meldung. Die zwei armen getriebenen Schweine in der ZEIT haben einen Namen, sie heißen Tucker und AFDle . Überschrift: „Er hört eh nicht zu „ ( Alice Bota“). Ja, so könnte man euren gemeinsamen mind-channel als Narrativ über Putin beschreiben: Ihr wollt (oder dürft verlagsseitig?) ihm gar nicht zuhören. Dass Putin immer lügt, ist als Unterstellung nicht nur diskurs-schädlich und falsch – es wäre quasi so, als wenn ich behaupten würde, Herr Scholz lügt immer (wegen Cum-Ex) oder Frau von der Leyen (hinsichtlich Vergabeprozessen bei der Bundeswehr) lügt immer. Und wie einer wie Tucker Carlson das überhaupt machen dürfe, der böse, der „unkritische“ Übeltäter… Klingt irgendwie infantil. Andere Meinungen oder (aus meiner Sicht durchaus journalistisch korrekte) Ansätze von Carlson finde ich zumindest spannend und überdenkenswert. Euren wissenschaftlichen supportern hingegen zuhören, ist schon angesichts der Wortwahl schwer erträglich wie aktuell:“ Putin will die Unterstützer-Staaten der Ukraine zerschlagen“ (Professor Jäger) oder „Putin mischt sich in den Wahlkampf der USA ein (Professor Mangott)“. Aber zumindest konzediert Mangott, wenn Putin ambitioniert wäre, über der Ukraine hinaus kriegerische Aktionen vorzunehmen, dann wäre er dazu militärisch keinesfalls in der Lage. Oder einfach auf den Punkt gebracht: Putin will das nicht, Putin kann (oder könnte) das nicht. Wieso muss man dann in allen Medien den Medienbrei verbreiten, dass Putin sich erst Polen einverleibt und dann nach dem Umweg bei der netten Frau Kallas – ihren Russland-Hass muss man historisch verstehen – dann zu uns kommt mit seinen Panzern? Es ginge schlicht nicht. Es gibt also keinen sachlichen und keinen logischen Grund, journalistisch diesen ideologischen Unsinn einiger Politiker zu stützen und täglich zu verbreiten. Ganz im Gegenteil! Oder macht man das, weil man damit die viele Jahrzehnte verpönte Aufrüstung im eigenen Land wieder mit Legitimation ankurbeln kann? Habt Ihr die “ Blut-Aktien“ gekauft ?
Doch gehen wir kurz zur anderen armen Sau: „Soviel Mitte war noch nie“ (Robert Pausch) und „Die Mehrheit ist nicht hilflos gegen die AfD“. Soviel Mitte-Brei gibt es schon lange, Herr Pausch, zu lange und ein Grund zur Freude ist das leider nicht. Aber alleine die Fakten sind andere, deshalb sollte auch der Fokus nicht auf diesem Schwein liegen: 90 % wollen diese Regierung weg haben, wollen eine andere Politik (und Neuwahlen übrigens, die ihr verhindert), 90 Prozent wollen nicht die AFD weghaben (das wollt nur Ihr Journalisten zu 90%) . Ihr habt die AFD jetzt hinreichend diskreditiert wegen drei AFD-Hanseln, die auf einer zugegeben politisch scheinbar inakzeptablen Schiene Gedanken oder sogar Pläne erörtert haben. Dennoch: Die AFD ist eine zugelassene und gewählte Partei, und in weiten Teilen trotz aller Diffamierung nicht rechtsradikal oder als Partei auf Remigration ausgerichtet! (Man muss die AFD nicht mögen oder wählen , aber als Volkes Wille soweit von Medienseite akzeptieren und damit ein Mindestmaß an Demokratieverständnis wahren.) Und Vorsicht auch mathematisch: „Eure Mitte“, die ihr so hochhaltet, ist eine Masse von braven Mitläufern, die stetig mehr erodiert: Bei 65 % Wahlbeteiligung (also 35 % Nichtwähler, die sicherlich nicht zu euren Mitte-Demonstranten gehören) und 30 % der jenseits „Mitte-Wähler“ ist die Mehrheit jenseits „eurer Mitte“ mehr als 50 %. Bekanntlich haben sich mit der Wagenknecht Partei, mit der neuen „Werteunion- Partei“, mit der neuen islamfreundlichen “ Erdoğan Partei“noch mal drei Parteien in Stellung gebracht, die wohl nicht zu „Eurer Mitte“ gehören. Soll ich raten, welche Sau von euch demnächst unisono durchs Dorf getrieben wird?
Herrn Müntefering ist mir sympathisch. Dennoch ist das auch ein profundes Dilemma in unserem politischen System. Er, der mit 84 Jahren als SPD-Politiker zugibt, sich nie mit Karl Marx beschäftigt zu haben, bleibt mir sympathisch. Aber man muss kein Wahrsager sein, um zu wissen: Weder Marx noch Platon, Hobbes, Kant, Max Weber, Habermas etc. sind von unseren obersten Politikern „gelesen“. Wie sollen also solch akademische „Leuchten“ , die Verantwortung tragen MÜSSEN kraft ihres Willens und ihres Amts, gerade noch den Karren, den sie seit 10- 20 Jahren in den Dreck gefahren haben ( Kaputtes Bildungssystem, kaputtes Rentensystem, aufgeblähtes Wohlfahrtssystem, ethnische und kulturelle Parallelwelten, international im Vergleich die höchsten Steuern und Abgaben, die höchsten Energiepreise, die größte Bürokratie, keine Struktur für nachhaltige Klimawandel-Politik, keine hinreichende Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, International neuen Propaganda- und Wirtschaftskrieg gegen China/Russland etc.) jetzt rausziehen? Gerade diese Bildungslosen „Oberlehrer-Gestalten“ Baerbock, Kiesewetter, Strack-Zimmermann und Co. – zusammen mit Herrn Selenskyj, einem greisen Herrn Biden und „Panzer-Uschi“ von der Leyen sollen die Welt retten? Solche Bellizisten gab es schon immer, vielleicht nicht in Deutschland in den letzten 70 Jahren (mit einer historisch lange Zeit diesbezüglich notwendigen und gebotenen Zurückhaltung) , aber es gibt sie immer irgendwo. Falken nennt man sie. Sie gab es im „Kalten Krieg“ zwischen NATO und Warschauer Pakt, im Vietnam-Krieg oder im Afghanistan-Krieg. Selten hat ihr Einfluss etwas Gutes bewirkt. Bekanntlich war es richtig knapp in der Kubakrise: John F. Kennedy und „Bobby“ Kennedy haben sich anders entschieden – gegen den emphatischen Rat des Falken-Mob außen rum. Und nur sie haben deshalb bei starkem politischen Gegenwind den akut drohenden Dritten Weltkrieg noch verhindert. Das für uns Alle bedrohliche Problem ist: Es gibt keine Kennedys mehr, es gibt nur noch am Sitz klebende Amtsinhaber ohne Charisma und Entscheidungskraft – zumindest in Deutschland. Und ganz ehrlich: Euch trau ich auch nicht wirklich zu, dass Ihr endlich begreift, dass es so nicht weiter gehen DARF! Das Dilemma ist: Eure propagandistische Konzern-Struktur ist – ähnlich wie die in Putins Russland – wohl resilient gegenüber individuellen Neigungen. Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Mit Goethe soll das deshalb enden: “ Wer immer strebend sich bemüht…mit herzlichem Willkommen.“
Wolfgang Neidnig

„Wie hört es sich eigentlich an, wenn es im Gebälk der Politik zu knirschen beginnt?“ …(ich ergänze:) und wie ist es, wenn niemand darauf reagiert. Der Tenor dieses Leitartikels führt m. E. an den Ursachen der Wahlprognosen für die AfD vorbei. Wie Herr Pausch selbst bekennt, geht es ihm nicht um Wahrheiten, sondern um Mehrheiten gegen die AfD. In der Demokratie kommen wir jedoch um Wahrheiten nicht herum. Die “Cancel Culture“ und das „Deplatforming“ von Themen und Wahrheiten in der Öffentlichkeit und in der Politik durch Minderheiten sind Feinde der Demokratie. Sie führen zu Frust und Unzufriedenheit bei einem wachsenden Teil der Wähler. Diese Praktiken sind demokratiefeindlich. Politik ist nie „alternativlos“. Jefferies (1848 bis 1887) hatte bereits festgestellt: „Geben Sie sich niemals mit einem (bestimmten) Kreis von Perspektiven zufrieden, sondern seien Sie immer sicher, dass noch weitere möglich sind“. Gesellschaftliche Probleme können m. E. nicht auf der Straße durch Demonstrationen als Reflex auf nicht zu akzeptierende Meinungen gelöst werden. Die bequem gewordene politische Öffentlichkeit wird nicht umhin kommen, ohne Tabus ergebnisoffene Debatten über sachliche Argumente aus der für jedermann sichtbaren Wirklichkeit zu führen. Nur so kann sich die Demokratie gegen Extremismus behaupten. Das aufklärerische Denken ist gefragt.
Jeder Mensch hat die mehr oder weniger entwickelte Fähigkeit, frei von Ideologien und Doktrinen mit seiner eigenen Vernunft Ereignisse zu erkennen und zu erklären. Diese Fähigkeit ist zu fördern und zu entwickeln. Nicht auf der Straße, sondern durch die Förderung einer aufklärerischen Denkweise. Auf diese Weise konnte der Prozess der Aufklärung im 18. Jahrhundert von in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeiten eingeleitet werden. Dieser Prozess war und ist Voraussetzung für die liberale Demokratie.  Die Unzufriedenheit mit den Folgen der „alternativlosen“ Entscheidungen der politischen Eliten in den vergangenen dreißig Jahren und deren Folgen sollten tabulos aufgearbeitet werden. Die in der Wissenschaft bewährte interdisziplinäre Zusammenarbeit sollte grundsätzlich die Folgen politischer Entscheidungen aufzeigen und über die Ergebnisse eine öffentliche Debatte geführt werden.  Das journalistische Interesse an öffentlichen Debatten über Themen wie „<Cancel Culture> Ende der Aufklärung? Ein Plädoyer für eigenständiges Denken“ von Prof. Julian Nida-Rümelin, „Die dritte Aufklärung“ von Prof. Michael Hampe und „Die neue Weltunordnung, Wie sich der Westen selbst zerstört“ von Prof Peter R. Neumann ist äußerst gering. Es bleibt bestenfalls bei einer kurzen Erwähnung in den Medien. Wenn man sich seiner eigenen Vernunft bedienen möchte, ist die Beschäftigung mit diesen Themen sehr hilfreich
R. Reiger


Leserbriefe zu „Ist der Zeitgeist nicht mehr grün?“ Streit von Andreas Rödder und Armin Nassehi, moderiert von Tina Hildebrandt und Jana Hensel

Wo geht’s jetzt lang in Zeiten wie diesen und wo das öffentliche Stimmungsbarometer hin und her pendelt. Grün ist relativ stabil und schwarz-konservativ hat gerade die Wählergunst erobert.  Gelb pendelt mal unter 5% zeitweise auch darüber. Alles ist politisch ständig in Bewegung- eine echte Prognose wer die Nase noch bis zur Bundestagswahl vorn hat – der ist eher ein „Wahrsager“, doch die besten und Profilierten Soziologen + Buchautoren + Politikkenner lässt der Meinungsstreit letztlich vieles offen- die AFD sitzt fest im Sattel – im Bundestag etabliert und im Osten die Nr.1. Nichts ist so sicher wie der Klimawandel mit all seinen negativen Begleiterscheinungen- Dürren und Überschwemmungen. Die Demokratie wird gerade auf der Straße verteidigt- wir sind die Mehrheit- da spielt die Politische Farbe keine Rolle und das ist auch gut so.
Thomas Bartsch Hauschild

Angesichts der Demos gegen rechts stellt sich inzwischen die Frage, ob und wie die Integration von Andreas Rödder in die gesellschaftliche Mitte gelingen kann. Die Gesellschaft ist viel weiter, als der Berater der Union es sich vorstellen kann. Oder es sich gar wünscht? Die Demos wenden sich eindeutig gegen die Dominanz der rechten Narrative. Links-grün ist eine Chimäre, die spätestens beim Versuch von Andreas Rödder, dieser neues Leben einzuhauchen, in sich zusammenfällt. Beschämend, wenn er den 7. Oktober missbraucht, um die Demos zu diskreditieren und die ins Wanken geratenden geistigen Koordinaten für Islamophobie zu stabilisieren. Auch das nach rechts ausschlagende Pendel ist nur eine geschichtsphilosophische Gehhilfe, die nicht trägt, wo die Konservativen in der Mitte der Gesellschaft längst ein Selbstbewusstsein haben, das nicht mehr von Ausgrenzung leben muss. Wo ist die Brandmauer, wenn Andreas Rödder der Union empfiehlt, die Themen der AfD aufzugreifen? CDU und CSU sollten aus meiner Sicht endlich damit aufhören, die AfD zu bestätigen und weiter groß zu machen. Wenn die liberale Gesellschaft gegen rechts auf die Straße geht, sollten auch CDU und CSU diese Zeichen der Zeit verstehen. Wahlen werden immer noch in der Mitte gewonnen, Gott sei Dank nicht rechts.
Reinhard Koine

Den aktuellen Zeitgeist mit zwei Protagonisten zu betrachten, welche sich angesichts einer Welt von zunehmend mehr unerkennbarem Sinn postideologisch verweigern, enttäuscht. Erst recht nicht bei Geschichtsutopisten mit einem fatalen Anspruch, Systeme zu entwerfen. Der aktuelle Zeitgeist und die derzeitige politische Antwort darauf wissen nicht, wo das, was heute erfolgt, morgen enden wird. Dafür erwartet aber die Gesellschaft auch von einer glaubwürdigen Wissenschaft eine wahrhaftige Zielfindung einer auf allgemeine und unveränderliche Gegenstände gerichtete Erkenntnis, deren Geltungsanspruch über das derzeitige Gegebene hinausweist.
Jürgen Dressler

Das Gespräch demonstriert in aller Deutlichkeit den Unterschied zwischen einem sachlich argumentierenden Wissenschaftler – Armin Nassehi – und einem voreingenommenen Ideologen mit Professorenstatus – Andreas Rödder. Armin Nassehi legt überzeugend dar, dass die konservative und rechtspopulistische Erzählung von einer „grünen Hegemonie“ Legende ist. Andreas Rödder will die spalterischen kulturkämpferischen Scheingefechte – von denen vor allem Extremisten beider Seiten profitieren – auch noch forcieren. Er blendet vollkommen aus, dass die Agenda der AfD und ihrer Vorfeldorganisationen mit einer offenen, diversen Einwanderungsgesellschaft nicht kompatibel ist.  Der Dringlichkeit einer modernen Gesellschaftspolitik und einer ambitionierten Energie- und Klimapolitik wird sich die CDU nach einem Wahlsieg kaum verschließen können….
Rüdiger Paul

Nassehi macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Schwarz rot sein Favorit, von Friedrich Merz wird plötzlich eine grüne Färbung als Option ins Spiel gebracht. Doch das Schicksalsthema der Nation ist die Migrationskrise. Da reichen keine kosmetischen Korrekturen, die 600 zusätzliche Abschiebungen verheißen.  Zu machen nur mit dem bisher Undenkbaren, einer Radikalreform des Flüchtlingssystems. Für Linke und Grüne ein Tabu, in Europa absehbar wahrscheinlich aber schon bald mehrheitsfähig. Deswegen bleibt Nassehis Lieblingskonstellation Wunschdenken und auch Friedrich Merz sollte sich besinnen.
Christoph Schönberger

Mehr Raum für das x-Volk? … Der Zeitgeist fließt von Alpha nach Omega. In Omega kann der Raum wachsen oder schrumpfen. Wenn der Raum schrumpft, passt sich der Mensch an: Evolutionstheoretisch reagiert der Mensch bei schrumpfendem Raum mit „Wut und Hass“; was die Tötungshemmung senkt und Kriege wahrscheinlicher werden. Eine Lösung auf das Raumproblem beginnt mit Ausgrenzung und mündet u. U. in Artreduzierung. Eine andere Lösung ist; wir entwickeln und gewähren eine Möglichkeit unseren Güterumschlag so zu steuern, dass wir keine inhärenten Kipppunkte in der Natur auslösen. Ökologen verstehen das Entwicklungsrisiko; Ökonomen nicht, da Sie aufgrund von einem dysfunktionalen Währungsaxiom mit dem Finanzmarkt in einer Alternativen Wirklichkeit leben.
Matthias Losert

Ein echtes Duell zwischen dem politischen Denker der Soziologie und klassischen Historiker mit dem konservativen Andreas Rödder im Weltbild des bewahrenden Geistes. Die Welt ist ständig im Wandel und die regierenden müssen darauf Antworten. Lösungen findet man nicht im gestern- sondern aktuell im heute mit all dem technischen Fortschritt des 21.Jahrhundert. Die 16 Jahre von Angela Merkel sind ein herausragendes Beispiel, was Konservat Politik an Aufräumarbeiten dem heutigen Zeitgeist hinterlassen hat.
Thomas Bartsch Hauschild

Der Zeitgeist ist noch immer grün, wie die Zahl der Demonstranten gegen „rechts“ ja deutlich zeigt. Herr Nassehi, der gern an der Demonstration in München teilgenommen hätte, sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass er dort nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die CDU/CSU, die Freien Wähler und die FDP auf die Straße gegangen wäre! Rot- Rot- Grün hat längst die gesamte linke Flanke einschließlich der Mitte besetzt, so dass inzwischen alle anderen politischen Richtungen „rechts“ sind! Ob das gesellschaftspolitische Theoretisieren der beiden Kontrahenten – Nassehi beschwichtigt, Rödder spitzt zu – der praktischen Politik hilft? Wenn ich unseren obersten drei Ampelmännern einen Rat geben dürfte – auf den sie sowieso nicht hören: besucht jedes Jahr wenigstens einmal die Schulen unserer Städte – nicht um euch über den Bildungsstand der Schüler zu informieren (Schulpolitik ist noch immer Ländersache), sondern um in etwa ein Bild unserer künftigen Gesellschaft zu erhalten; das sich allerdings durch die gleichzeitig fortdauernde Immigration immer weiter von einheimisch Richtung Einwanderung verändert! Diese Entwicklung mag der eine von den dreien begrüßen, der andere verhindern wollen, und der dritte hat dazu keine Meinung – wer wohl? Als Koalitionsregierung müssen sie sich jedoch zu einer Kompromisslösung der Asyl- und Integrationspolitik durchringen. Nach tage- und nächtelangen Kabinetts-Zanksitzungen, nach nicht endenwollenden Wehen gebiert die Koalition doch noch ein Asylmäuslein: ein paar forsche, unverbindliche Sprüche und ein – weiter so! Keine vernunftgeleitete Entscheidung, sondern ein parteiideologisches Gespinst, von dem man hofft, dass es nirgendwo richtig aneckt! Wie sehr wünschte man sich gerade jetzt einen Kanzler vom Format eines Helmut Schmidt, der Vernunft über Parteiideologie stellt, der nicht nur redet, sondern handelt! Würde man ihn zur Politik seines Parteigenossen befragen: er würde wohl die Augenbrauen bis zur Haargrenze hochziehen, sich aber jeden Kommentars enthalten und nur auf die Rauchwolken seiner Mentholzigarette blicken!
Ulrich Pietsch

Herr Nassehi ist ohne Zweifel ein kluger Kopf und hat mit der Beschreibung von komplexen gesellschaftlichen Ordnungen und Vorgängen Wesentliches geleistet. Umso erstaunlicher sind seine Vereinfachung. Es war nicht unbedingt ein Zeichen starker Nerven, Dublin II in einem nationalen Alleingang auszusetzen und anschließend lautstark die europäische Solidarität einzufordern. Und das „Klimaschutzproblem“ steht als Paradebeispiel einer supranationalen Herausforderung sicher nicht in einer Reihe mit innenpolitischen Themen wie Hartz IV.
Christian Voll

Antisemitismus findet meist bei Ungebildeten statt, in Schulen, an den Stammtischen u.ä. Antisemitismus ist demnach infantil. Ein aufgeklärter erwachsener Mensch kennt zwar die historischen Hintergründe, gelebter Antisemitismus ist ihm aber fremd. Das eigentliche Problem unserer Gesellschaft ist die wachsende Infantilität, und das will niemand unerklärlicherweise wahr haben.
Peter Dreßke

Schon die Überschrift ist falsch. Der Zeitgeist war noch nie grün. Selbst bei Umfragen sind die Grünen noch nie über 25% der Wähler hinausgekommen. Mit ihrer Beteiligung am Kulturkampf gegen die Grünen, erreichen CDU, CSU und FDP nur eines, sie stärken die AfD, für die dieser Kampf zur DNA gehört. Unsere Welt braucht aber keinen Kulturkampf, sie braucht schlicht die richtige Politik, damit sie nicht vor die Hunde geht. Die Grünen sind nicht daran schuld, dass diese Politik viele Elemente beinhaltet, die sie fordern. Das liegt nur in der Natur der Sache.
Frank Zehnle

«In der gesellschaftlichen Debatte schlägt das Pendel nun von links-grün nach rechts aus, sag Andreas Rödder, konservativer Vordenker der Union. Der Soziologe Armin Nassehi kontert: Solche Thesen befeuern nur Kulturkämpfe». Aber wo soll die optimale Position des Pendels liegen? Es geht um eine Position, die uns in Europa, aber auch weltweit eine gute Zukunft ermöglicht. Wo ist die passende Mitte? Die grosse Aufgabe der Menschheit besteht darin, das exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum durch einen sanften Ausstieg zu beenden. Es geht also um zwei Arten des exponentiellen Wachstums. Das Begrenzen des Konsums ist eher ein grünes Anliegen. Das Begrenzen der Kopfzahl hingegen betrifft ein eher rechtes Anliegen. Denn es betrifft das Thema Migration, da das exponentielle Wachstum der Kopfzahl in den Herkunftsländern der Migranten stattfindet. Letzten Endes geht es um den ungelösten Zielkonflikt zwischen dem Menschenrecht auf Eigentum und den Menschenrechten auf Lebensunterhalt. Zu denen neben dem Asylrecht auch das Recht gehört, mehr Kinder in die Welt zu setzen als die eigenen Ressourcen erlauben. Die optimale Position des Pendels müsste daher dort liegen, wo auch eine Lösung des genannten Zielkonfliktes liegt.
Notwendig wäre es, die Bedeutung des Rechts auf Eigentum so zu gewichten, dass eine gute Zukunft möglich ist. Wenn es keine Obergrenze gibt für das Recht auf Asyl, dann gibt es auch keine Obergrenze fürs Ignorieren des Rechts auf Eigentum. Zum Eigentum gehört auch eine funktionierende medizinische, juristische, soziale Versorgung. Zum Eigentum gehört auch die Aussicht auf eine gute, gesicherte Zukunft. Es geht also weniger ums Eigentum der Reichen, sondern ums Eigentum aller Einwohner. Da gibt es übrigens auch einen Zielkonflikt zwischen grün und sozial. Die Untergewichtung des Rechts auf Eigentum ist der Hauptgrund für den Ausschlag nach rechts. Das hat nichts mit Rassismus zu tun. Der sanfte Ausstieg aus dem exponentiellen Wachstum der Bevölkerung liegt im Interesse aller. Die Alternative wäre ein brutaler, durch die Realität erzwungener Ausstieg. Der Ausstieg aus dem exponentiellen Wachstum des Konsums wird gefördert durch das Sinken der Geburtenrate in den Industrieländern. Zum Beispiel wurde kürzlich bekannt, dass die aktuelle Geburtenrate Italiens bei 1.25 liegt. Gibt Halbieren der Zahl der Italiener in zwei Generationen. Eine Ursache der tiefen Geburtenrate ist Armut. Zum Beispiel im Gazastreifen liegt die Geburtenrate bei 3.5. Gibt Verdreifachen der Kopfzahl nach zwei Generationen. Fazit: Bei Fortsetzung der Entwicklung gäbs nach vier Generationen ca. um 2100 etwa gleichviel Italiener wie Palästinenser aus dem Gazastreifen. Die Ursache unseres Schlamassels ist eine Art «Tragik der Allmend». Die Aufnahmekapazität der Erde für Konsum und Kopfzahl ist eine Art Allmend, die soweit geplündert wird, dass unsere Zukunft bedroht ist. Das geeignete Interpretieren des Rechts auf Eigentum wäre ein Mittel die demographische Verantwortung zu fördern. Das ungeeignete Interpretieren des Menschenrechts auf Asyl hingegen ist ein Mittel diese Verantwortung zu schwächen.
Gernot Gwehenberger


Leserbriefe zum Titelthema „Höllenjob Lehrer“ „Kann doch jeder!“ von Miguel Helm

Die Tatsache, dass jede:r eine Meinung zur Situation und Profession der Lehrkräfte beitragen kann, ist unumstritten. Das Urteil – und das kann andererseits niemandem zum Vorwurf gemacht werden, der nicht Teil des Systems ist – verfehlt jedoch leider vor allem heutzutage oft die Realität. Grundsätzlich sollte bei allen Bestrebungen, dem Beruf zur Attraktivität zu verhelfen, weder das Gehalt noch der angenommene Freizeitgedanke im Vordergrund stehen oder gar die derzeit angespannte Lage der Personalfrage damit vergolten werden, um Lehrkräfte, auch unabhängig ihrer bisherigen beruflichen Expertise, anzuwerben. Wer sich für diesen Beruf entscheidet, sollte dies aus dem Antrieb heraus tun, Kindern Werte und nicht nur Wissen vermitteln zu wollen: Das pädagogische Herz zu öffnen, Kinder ihre eigene Selbstwirksamkeit erfahren zu lassen, sowohl ihre Kreativität als auch ihr kritisches Denken zu stärken, sie mit Hilfe offener Lernsettings auf die Zukunft vorzubereiten und sie zu kommunikativen, sprachfähigen Erwachsenen wachsen zu lassen, dürfen in der heutigen Gesellschaft keine leeren Floskeln bleiben, sondern müssen der Schlüssel für eine Schule und auch die Lehrkräfte der Zukunft sein. Das Bewusstsein darüber und der Mut, sich auf den Weg zu machen, das aus der eigenen Erfahrung betrachtete, vermeintlich Altbewährte, zu verlassen und sich auf die zahlreichen Facetten, mitunter auch Herausforderungen des Berufes einzulassen – nur dadurch kann auch dieser wieder mehr an Ernsthaftigkeit und positiver, realitätsnaher Begegnung gewinnen.
Ina-Kristin Götte

Dem Bildungsforscher Klaus Klemm kann ich voll zustimmen. Niemand kann als Quereinsteiger in ein paar Wochen eine gute Lehrkraft werden. Und schon gar nicht für schwierige Klassen mit pubertierenden Jugendlichen. Das wissen vermutlich auch die Planungs-Verantwortlichen in den Kultusministerien. Aber das wird anscheinend ignoriert, weil man dort nicht rechnen oder hochrechnen will. Wenn im Jahr 2017 erfreulicherweise 785.000 Kinder zur Welt kamen (2011 waren es 663.000 Geburten) ist keine Rechenkunst notwendig, um zu erkennen, dass es im Jahr 2023 ungefähr diese Zahl an Einschulungen geben wird. Quereinsteiger versuchen sicherlich ihr Bestes. Wenn die Bundesländer aber gleichzeitig für Lehramts-Studierende wenig Studienplätze anbieten und danach ein Referendariat von 24 Monaten einfordern (wie das in Bayern der Fall ist) kann ich noch weniger nachvollziehen, warum der Weg mit Quereinsteigern seit Jahren die Lösung eines Problems sein soll, das die Bildungspolitik selbst verursacht hat. Nicht umsonst sind zwei Jahre Referendariat notwendig, damit nach dem 1. Staatsexamen für Lehramts-Anwärter deutlich wird, wie umfassend und komplex die Aufgaben einer Lehrkraft sind – fachlich, pädagogisch, in schwierigen Klassen oder mit problembelasteten Kindern.  Diese Zeit des Lernens und Lehrens in Begleitung von langjährig erfahrenen Lehrkräften kann ein vierwöchiger Vorbereitungskurs nicht annähernd ersetzen. Notlösungen sind kein Dauerzustand. Mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler, die pädagogisch und fachlich qualifizierte Lehrkräfte brauchen, muss die Bildungspolitik nun endlich strategisch umdenken.
Anneliese Mayer

Glückwunsch und Hochachtung vor Frau Brückel, dass sie dieses „ins kalte Wasser geworfen sein“, durchgestanden hat. So geht man mit Seiteneinsteigern jedoch nicht um. Als Junglehrer im Referendariat verbringt man das erste Halbjahr überwiegend in der Klasse seines Mentors. In einer pädagogisch orientierten Schule wird den Junglehrern die angenehmste Klasse als Einstieg zugeteilt und nicht die schwierigste. Der angehende Lehrer soll doch Freude an seinem Beruf haben und nicht vom ersten Tag an frustriert werden! Was mich verwundert ist die Vorgehensweise bei Seiteneinsteigern in Sachsen-Anhalt. Da werden am Schuldienst interessierte Menschen buchstäblich verheizt. Ohne Mentor, fachfremd und dann noch die schlimmste Klasse unterrichten, das ist pädagogischer Selbstmord. Wer will da noch Lehrer werden? Ob Sachsen-Anhalt damit ihre Lehrersituation verbessern kann, wage ich zu bezweifeln.
Rolf Steck

Mit dem Thema der Seiteneinsteiger*innen unter den Lehrkräften in Deutschland widmet sich die aktuelle Zeit einem hochaktuellen, drängenden gesellschaftlichen Thema, das die Qualität der Bildung ebenso berührt, wie das Wohlbefinden der Schüler*innen, denen diese vermittelt werden soll. Wenn etwa in Sachsen-Anhalt aktuell 50% der an Schulen eingesetzten Lehrkräfte sog. Seiteneigensteigende sind, dann bedeutet das in aller Regel, dass sie fachliche Expertise für bestimmte Lernbereiche mitbringen, jedoch lange nicht Didaktik-Expert*innen, also Expert*innen der Vermittlung ihres Wissens an die nächste Generation im Rahmen von Schule, einer Institution, die – vor allem für Schüler*innen – mit vielfältigen Zwängen und Zumutungen verbunden ist, sind. Es fehlen ihnen auch die erziehungswissenschaftliche Grundbildung, die zu einem regulären Lehrer*innenstudium dazugehört, egal welche Fächer die Studierenden (und es müssen in Deutschland bislang immer mindestens 2 sein) gewählt haben. Sie, die Erziehungswissenschaft, bzw. Pädagogik, ist das Bindeglied, das den Ausgleich zwischen Welterschließung und Zwang leisten soll.
Didaktik und Erziehungswissenschaft sind neben den Fachwissenschaften die Säulen auf denen eine professionelle Ausbildung von Lehrer*innen ruht. Lehrer*innen sind diejenigen, die das Kunststück zu vollbringen haben, Schüler*innen unter Bedingungen von (Schul-)Zwang so zu unterrichten, dass ihr Wissensdurst, ihre Neugier am Verständnis des Weltgeschehens ebenso aufrechterhalten wird, wie das Interesse, sich engagiert und demografiebewusst ins Gemeinwesen einzubringen. Dabei sollen sie individuelle Voraussetzungen und Bedürfnisse für das Lernen erkennen und berücksichtigen können. Hier nun sind Seiteneinsteigende in besonderer Weise bedürftig, sie müssen sich mühsam sozusagen im ´Doing´ aneignen, was andere jahrelang in den Institutionen der Lehrer*innenbildung, Hochschule und Lehrer*innenseminar studiert und unter Supervision Erfahrener trainiert haben. Unter welchen bedauernswerten Bedingungen – für die Seiteneinsteigenden ebenso wie für die Schüler*innen – das derzeit in Sachsen-Anhalt geschieht, wird uns mit dem Artikel von Miguel Helm vor Augen geführt. Besonders eindrucksvoll dabei, der Blick in den 1-monatigen Crash-Kurs, in den wir dank seiner Ausführungen wie durch ein Schlüsselloch hineinblicken dürfen am Beispiel der Seiteineinsteigerin Olesja Brückel. So weit, so gut und verdienstvoll, denn wann bekämen wir so ungeschminkt Einblick in eine Welt, die ansonsten den Blicken der Außenwelt verschlossen bleibt. Weniger verdienstvoll ist es, dass dies offenbar ohne die guten Fach-Journalismus kennzeichnende Sachkenntnis, die den ZEIT-Journalismus sonst auszeichnet, auskommen muss. Nur so ist es erklärlich, dass dort gänzlich ohne jegliche kritisch-reflektierende Einordnung des Beobachteten ein Bild vom Ideal des guten Lehrers gezeichnet wird, das merkwürdig anachronistisch anmutet. In geschichtsvergessener Nostalgie schwelgend wird da von „früher“, also der guten alten Zeit schwadroniert, in der man gute Lehrer daran erkannte „dass die Kinder ihnen folgten.
Um das zu erreichen, durften sie schreien, strafen, sogar schlagen“. Scheinbar gänzlich ohne Ironie wird festgestellt, „Heute ist das komplizierter. Die Kinder sollen immer noch folgen, aber Schreien und Strafen sind verpönt. Schlagen ist verboten. Die Autorität soll von innen kommen. Das muss man erst einmal schaffen.“  Zuvor berichtet Helm – ebenfalls ohne ironische Brechung oder analytische Kommentierung – von dem professionellen Umgang mit dem angeblich NBS genannten Syndrom (wir erfahren, hinter NBS verbirgt sich das „Null-Bock-Syndrom“) mit dem Lehrer*innen laut Referentin, die die Seiteneinsteigenden für den Job in Turbozeit fit machen soll, am besten so umgehen, dass sie als Schauspieler Bildung ´verkaufen´. Schon diese Reduzierung der komplexen Anforderungen an pädagogische Professionalität auf „Schauspielerei“ gegenüber Schüler*innen, die damit zu passiven Rezipient*innen ihrer Bildung werden, ist eigentlich unerträglich, aber es geht noch weiter: Die Lehrer-Debüttant*innen werden eingeführt in das Unterrichts-Mysterium des „Drama-Dreiecks“, das jede Schulklasse kennzeichne. Eine solche Klasse lasse sich unterteilen in „einen Alpha-Menschen, die obere Spitze des Dreiecks“ auch als „Anführer“ bezeichnet, und sog. „Betas“, auch als „Gefolgsleute“ bezeichnet und letztlich „Omega. Das Opfer“. Bei „Problemen im Unterricht“, so die kundige Referentin, die die Seiteneinsteiger*innen, von Helm kommentarlos wiedergegeben, mit diesem erschreckenden Rezept des autoritären Umgangs mit Heranwachsenden instruiert, müsse man einfach mit „dem Alpha“, „dem Chef“ – verhandeln. Leider jedoch, „komme es vor, dass die Positionen in der Klasse nicht eindeutig vergeben seien.“
So suchten sich Kinder wohlmöglich unterschiedliche „Opfer“ oder es kämen – oh Schreck – „neue Schüler in die Klasse“. Dann, so der weiterhin unkommentierte Rat der Referentin, sollten sich Lehrer „raushalten“, denn sie könnten sonst „Teil des Drama-Dreiecks werden!“. Unfassbar, was offenbar im Rahmen der Fortbildung für Seiteneinsteigende hier – jenseits erziehungswissenschaftlicher, psychologischer und didaktischer Grundbildung – an Vorstellungen von gutem Unterricht vermittelt wird, mit welchem Menschenbild Schüler*innen kategorisiert werden – ja eigentlich als eine Art Wolfsrudel, entmenschlicht werden, welche wohlfeilen Rezepte des Umgangs mit dem offenbar als Gegner betrachteten Wesen ´Schüler*in´ vermittelt werden! Es bleibt zu hoffen, dass dieser handwerklich bedauernswert schlechte Artikel wenigstens ein Gutes nach sich zieht, nämlich dass die Verantwortlichen diesem, totalitären Vorstellungen vom Funktionieren der Schüler*innen (im Artikel übrigens selbst alle lediglich männlich adressiert!) in einem ´guten Unterricht´ Vorschub leistenden ´Fortbildungsprogramm´ unverzüglich ein Ende setzen.
Gabriele Bellenberg und Yasemin Karakaşoğlu,

Ich, 60 Jahre alt, bin seit 17 Jahren Quereinsteigerin im Lehrberuf. Ich unterrichte Mathematik für die 5. bis 7. Klassen an einem Gymnasium in Mittelhessen. Allerdings habe ich keinen akademischen Abschluss, ich bin ausgebildete Bankkauffrau, Fachwirtin. Vom Land Hessen werde ich nach wie vor als Aushilfe bezahlt, Anträge auf Höhergruppierung laufen seit Jahren. Hier machen insbesondere die Schulämter ihre Hausaufgaben nicht. Einstiegsmentoren oder Trainingswochen vor Beginn des Unterrichts hatte ich nie, ich habe sofort losgelegt vor den Klassen. Ich bin gut in meiner Arbeit, sonst wäre ich schon lange nicht mehr vor Ort. Im Kollegium fühle ich mich anerkannt und geschätzt. Ich liebe die Arbeit mit den Schüler*innen, die Arbeit drumherum ist oft eine Zumutung. Hut ab vor jeder/jedem, die oder der in dieses kalte Wasser springt. Der von Ihnen interviewten Kollegin wünsche ich viel Spaß für die Zukunft und vor allem gute Nerven, die wird sie brauchen.
S. Busch

Danke für das tolle Dossier!! Gut beschrieben, wie Quereinsteigende es schaffen können! Zu ihrem Satz „Strafen und Schreien ist verpönt“ möchte ich anmerken, dass es in der Tat eine große Herausforderung ist, genau das nicht zu tun, wenn Schüler*innen zunehmend egozentrisch argumentieren, darin von Eltern unterstützt werden und so in auch die Grenzen von Lehrkräften überschreiten, teilweise verletzen. Der „Wert“ einer Lehrkraft wird in solchen Fällen mit Füßen getreten … das trifft aber ja auch für andere helfende Berufe zu.
Birte Abel

„Höllenjob Lehrer“ – „Das kann doch jeder!“  So titelt die ZEIT – aber: Wie passt das zusammen? Sofern man es schafft, die ausführlich recherchierten und differenziert dargestellten Beiträge zum Thema ohne interessengeleitete Politiker- oder Verbandsbrille zu lesen, wird klar: Die beiden, an sich konträren, Aussagen bedingen sich gegenseitig! Wer blauäugig den Werbekampagnen für Quereinsteiger auf den Leim geht und naiv an pädagogische Inspiration, eigenen Idealismus und eine unverantwortlich kurze Schnellbleiche glaubt, erlebt real tatsächlich den „Höllenjob Lehrer“. Und nicht nur der vorgeführte Idealist wird betrogen, nein, auch Schülerinnen und Schülern wird durch katastrophalen Unterricht Lern- und Lebenszeit geklaut! Nein, es darf kein Rückwärts zum „Das kann doch jeder!“ geben! Sondern nur Lehrerinnen und Lehrer, die dank absolut professioneller Aus- und kontinuierlicher Weiterbildung ihren Job gerne und effektiv machen!
Gottfried Klenk

Noch nie hatte ich, als langjähriger Leser der ZEIT, Grund zu einer Klage, bis zu diesem Leitartikel. Nach dem Titel hatte ich einen fundierten Artikel erwartet, der den Nöten und Mühen dieser Berufsgruppe beschreibt und in aller Offen und Ehrlichkeit der Öffentlichkeit präsentiert. Stattdessen eine Zustandsbeschreibung über die Tagesprobleme der Quereinsteiger und deren Umgang mit den täglichen Herausforderungen, die auch kurzfristig ein Ende haben können. Erwartet hatte ich, dass sie den Alltag des Lehrpersonals beschreiben, welcher für viele mit Frust Und Resignation verbunden ist! Ich selbst hatte über Jahre hinweg nebenberufliche Lehraufträge in Physik und Mathematik an hiesigen Gymnasien, schreibe nicht als Zuschauer/ Hörer Es gibt vielfältige Gründe für das frustrierte Lehrpersonal. Nur einige möchte ich erwähnen Demotivierte Zuhörer / Erwartungsdruck der Eltern und der Schulleitung (muss die 5 sein ?? ) gleichbleibender Lehrstoff / Freizeitangebote  und last and least der Handy Konsum ! Kleine Episode am Rande. In einer Elternversammlung wurde ich massiv angegriffen (fast angespuckt) Wie können Sie solche Aufgaben unseren Kindern zumuten? Meine Antwort kurz und bündig “ weil sie wollen, dass ihr Kind die bevorstehende Prüfung besteht “ Würde mir wirklich wünschen, die ZEIT nehme sich nochmals die Zeit!
Hans Martin Ludäscher

Die Frage der Lehrer:innenbildung ist eine drängende Frage unserer Zeit. Sie drängt zum einen, da es gesellschaftlich wie auch individuell hoch relevant ist, wie die Kinder und Jugendlichen dieser und der nächsten Generation(en) die Möglichkeit erhalten, sich zu bilden. Davon wird unser aller gesellschaftlicher Zusammenhalt, unsere wissensbasierte und nicht zuletzt unsere wirtschaftliche Entwicklung abhängen. Die Frage drängt zum zweiten, da es derzeit in Schulen vielerorten einen gravierenden Mangel an Lehrpersonen, zudem schwierige Arbeitsbedingungen für die bereits tätigen Lehrpersonen gibt. Nun gibt es Personen, durchaus auch Journalist:innen, die meinen, eine einfache Antwort auf diese drängende Frage liefern zu können: Lehrperson sein, das kann doch jeder! Im Artikel von Miguel Helm wird diese Antwort für Seiteneinsteiger:innen anhand allerhand emotional aufgeladener Bilder entfaltet, manchmal auch leise bezweifelt. Aber wir hören dieses Argument als Bildungswissenschafler:innen auch für unsere Lehramtsstudierenden an der Hochschule: „Warum eigentlich überhaupt Lehramt studieren? Das bisschen Deutsch, Mathe, Englisch etc. hatte ich doch selbst in der Schule, das kann ich doch einfach auch anderen vermitteln.“ Wie schön wäre es, wenn es so ‚einfach‘ wäre.
Wie immer in der Wissenschaft gilt leider auch hier: Einfache Antworten auf komplexe Fragen sind meist unzutreffend, oft sogar gefährlich. Und so verhält es sich hier auch mit den Bildern, die Miguel Helm über schulischen Unterricht, dessen Gestaltung durch Lernende und Lehrpersonen entwirft. Auf der einen Seite die engagierte Seiteneinsteigerin, die zwar nicht die Welt retten möchte, aber immerhin ihr Bestes dafür gibt. Auf der anderen Seite die stereotyp entworfenen Schüler:innen, die entweder das eine oder das andere sind. Zudem noch die Ausbilder:innen, die einfache Antworten auf das geben, was wir alle in Schule erlebt haben: Beschämung, störendes Verhalten, Langweile, manchmal auch Freude über Lernerfolge. Und genau deshalb rühren die Bilder in diesem Artikel auch sofort etwas in uns an. Wir alle sind mindestens 13.000 Schulstunden zur Schule gegangen. Über keinen anderen Beruf können wir uns als Quasi-Expert:innen so umfassend äußern. Und da liegt eben die Vermutung nahe, wenn man das alles doch so intensiv erlebt hat (vielleicht durch eigene Kinder mittlerweile noch ein zweites Mal intensiv erlebt), dass man sich ein Urteil erlauben darf. Das kann doch jeder! Lehrpersonen sind jedoch keine Soldat:innen, die ein „Regiment“ führen. Sie „verkaufen“ auch keine Bildung. Vielmehr ist es ein gesellschaftlich hoch verantwortungsvoller Beruf, da durch den eigenen Unterricht und das eigene berufliche Handeln die (Bildungs-)Biografien von Schüler:innen umfassend beeinflusst werden (dies scheint im Artikel auch auf, wenn es um das Thema Zensuren und Abschlüsse geht). Man kann Schüler:innen jeden Tag sowohl in Bildungsprozessen begleiten, wie schwere Traumata auslösen. Und aufgrund dieser hohen fachlichen, moralischen und auch sozialen Verantwortung ist es wichtig, dass Lehrpersonen nicht nur irgendwie, sondern – wie wir erziehungswissenschaftlich sagen – professionell handeln.
Olesja Brückel scheint sich dieser Verantwortung schon in gewisser Weise bewusst und sich auf ihren eigenen Bildungsprozess als angehende Lehrperson einzulassen. Zugleich wird sie mit Arbeitsbedingungen konfrontiert, die ihr nicht die Zeit und den Raum lassen, angehende Lehrperson zu sein. Doch genau darum ginge es, wenn wir über die notwendigen alternativen Wege in den Lehrer:innenberuf sprechen. Formate wie der Seiteneinstieg brauchen – bisher nicht vorhandene – einheitliche qualitative Standards, Konzepte und Begleitung, um dafür zu sorgen, dass Unterricht nicht ‚einfach‘ nur stattfindet. Als Bildungswissenschaftlerin und Lehrerbildnerin aus dem Bundesland, in dem Olesja Brückel arbeitet, kann ich sagen, dass die Bildungspolitik es hier bisher versäumt, die alternativen Wege in den Lehrer:innenberuf so auszugestalten, dass guter Unterricht mit guten Arbeitsbedingungen ermöglicht wird. Die Unterstützung und auch die fachliche Expertise der Hochschulen wären vorhanden. Gleichzeitig stimmt es mich nachdenklich, wenn ich die Zitate der ‚Tipps und Tricks‘ schwärzester Pädagogik lese, die Olesja Brückel mit auf ihren Weg gegeben werden. Liebe Frau Brückel (und liebe weiteren Seiteneinsteiger:innen, falls Sie es lesen werden), lassen Sie uns gern gemeinsam darüber nachdenken, wie Sie sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter qualifizieren wollen und welchen Beitrag ich und meine Kolleg:innen dazu liefern können, um Sie bei Ihrer Professionalisierung zu begleiten. Meine Antworten werden zwar nicht einfach sein, pädagogisches Handeln ist allerdings auch komplex und braucht fallbezogen jeweils angemessene Entscheidungen.
Und lieber Herr Helm (falls Sie dies lesen), Ihr Beitrag ist an vielen Stellen dermaßen eindimensional, einseitig affektiv aufgeladen und der Fortführung von Stereotypen auf allen Seiten dienlich, dass ich Ihre gesellschaftliche Verantwortung als Journalist wenig ernst genommen sehe. Sicher, Sie brauchen die Verknappung, Zuspitzung und Pointe. Aber das Bild, das Sie von Schüler:innen und Schule entwerfen, wird allenfalls potenzielle Interessent:innen an diesem Beruf abschrecken. Dann doch lieber „Lokführer:in“ werden, wie von Ihnen fast schon angeraten.
Doris Wittek

Mit großem Erstaunen haben wir in der aktuellen Ausgabe der ZEIT den Artikel „Kann doch jeder!“ zu den quereinsteigenden Lehrkräften gelesen. Erstaunt hat uns allerdings nicht die Vielfalt an Grenzen, auf die Quereinsteiger stoßen und die der Autor hier aufzeigt – erschütternd fanden wir vielmehr die Grundhaltung, mit der Schüler*innen gegenübergetreten wird. Ein Schüler*innenbild aus den 50er Jahren, welches Heranwachsende als mutmaßliche Unruhestifter kategorisiert, ein pädagogischer Ansatz, der aus amerikanischen Bootcamps herausgezogen scheint und auf der Idee fußt, junge Menschen zu brechen, bevor diesen Wertschätzung entgegengebracht werden „darf“, zentraler Inhalt des Lehrerberufs scheint die Disziplinierung, Maßregelung und Kleinhaltung von Schüler*innen, als Konsequenz eines mangelnden Selbstvertrauens und Selbstwertgefühls der Unterrichtenden. Wo bleibt der Blick auf Wertschätzung, auf die Ethik pädagogischer Beziehungen, auf eine demokratische Grundhaltung, auf den Dialog als Basis gesellschaftlichen Miteinanders – jenseits einer Kultur von Unterdrückung? Wie sollen junge Menschen ein Verständnis für gelebte Demokratie entwickeln, wenn sie einer Haltung der Geringschätzung und innerhalb autoritärer Machtverhältnisse aufwachsen. Von der ZEIT hätten wir uns zumindest an irgendeiner Stelle des Artikels eine klare Positionierung gegenüber den im Artikel vorgestellten und als scheinbar erstrebenswert und notwendig anmutenden pädagogischen Maßnahmen gewünscht. Bei allem Verständnis für die Grenzen der Lehrenden – es braucht einen veränderten Blick auf Schüler*innen und Machtverhältnisse im Unterricht.
Simone Krüger

Schon in der letzten Woche war ich erstaunt über die wilde Zusammenstellung von Zahlen, Ursachen und Wirkungen über das Lehrerdasein. In dieser Woche also ein Vorbild für die Quer- und/oder Seiteneinsteigenden. Eine Lehrerin, die es endlich geschafft hat, ihre Pappenheimer unter Kontrolle zu bekommen, eine Leitung, die von klaren Hierarchien als Erfolgsrezept spricht. Ich möchte bitte nicht mit Menschen zusammen arbeiten, die sich durch diesen Artikel zur Lehrkraft berufen fühlen, die Kinder und Jugendliche immer noch Pappenheimer nennen möchten, auch nicht liebevoll. Es verstärkt das Bild von Strukturen und Ansichten, die es endlich aufzulösen gilt. Wir brauchen alle Quer- und/oder Seiteneinsteigenden, aber nicht um Machtverhältnisse aufrechtzuerhalten. Es ist unpassend und nicht hilfreich vor dem Hintergrund der inhaltlichen Schwierigkeiten, die angegangen werden müssen, wenn ein solches Lehrkraft-Bild in den Medien verstärkt wird. Wir brauchen echte Lernbegleitungen. Nicht nur solche, die sich neuerdings so „bezeichnen“ möchten.
Melanie Bogisch


Leserbriefe zu „Bin das ich?“ von Bernd Ulrich

Da meine Ausgabe Ihrer Wochenzeitung „DIE ZEIT“ meist erst am späten Donnerstagnachmittag (manchmal auch erst am nächsten Tag) bei mir eingeht, erhalten Sie meine Nachricht auch erst um diese späte Uhrzeit. Ich möchte Ihnen gleich sagen, dass ich in der Regel die Artikel der Autoren aus Respekt vor deren Arbeit, nicht kommentiere. Ich schreibe nur sehr selten mal einen Leserbrief. Allerdings finde ich die Alternativlosigkeit, die der Artikel von Bernd Ulrich aufwirft, fast erschreckend. Mir fehlt die Kritik an der Arbeit, die Frau Von der Leyen vorher geleistet hat. Und dass auch keine anderen Optionen im Artikel behandelt werden. Man kann und darf natürlich die Erfolge hervorholen Vermutlich hat sie sich (im Gegensatz zu Andreas Scheuer) rehabilitiert, aber das muss man dann auch offen so schreiben. Gerade in der heutigen Zeit braucht die Demokratie eine offene An- und Aussprache. Auch Politiker dürfen und können Fehler machen.  Das müssen diese aber erklären. Gerade in dieser Art von Position und Funktion. Auch wenn Frau Von der Leyen ja nicht mal auf dem Wahlzettel steht, tritt sie ja dennoch für die CDU bzw. für die EVP an. Das sollte für die Leser und somit die Wähler auch verdeutlicht werden.
Andreas Wölk

Ja, es wäre schon gut, wenn sie es noch einmal machen würde. Ein Stück Kontinuität in unserer unbeherrschbaren Welt. Ursula von der Leyen: Eine Frau, die bereit und fähig ist, in der im Staccato con furore voranschreitenden Welt Verantwortung zu übernehmen. Bisher war sie als erste da, wenn etwas passierte. In der neuen Präsidentschaft wird es darum gehen, als erste da zu sein, bevor etwas passiert. Denn es geht um die Rettung unserer Welt, um die Rettung der Möglichkeit des Friedens. Angesichts der Übermenschlichkeit dieser Aufgabe ist die Frage „Bin ich das?“ erdend. Gut, wenn sie sich eingeordnet sieht zwischen den großen Politikerbildern in Schwarz-Weiß und den Enkelbildern in Farbe. Dies zeigt ihr generationenübergreifendes Verantwortungsbewusstsein. Wir können darauf vertrauen, dass sie mutig und sorgsam mit der geliehenen Macht umgehen wird. Es geht also um Trump – ein Schrecken, wenn er es tatsächlich noch einmal machen dürfte. Es geht darum, aus dem Schrecken kühl eine Herausforderung zu machen. Es aufzunehmen mit ihm. Seinem unbeherrschten Wesen physisch und mental planvoll zu begegnen. Ein Erfolg wäre ihr Meisterstück. Und ein Stück weit unserer Rettung.
Reinhard Koine

Seit vielen Jahren ärgere ich mich lediglich im Stillen über die mangelnden Europa-Brüssel u Institutionen-Kenntnisse von ZEIT-Autoren…oder wenn Bilder von Brüsseler Institutionen-Gebäuden falsch beschriftet werden …Aber in Zeiten der allgemeinen AFD-„alles könnte so einfach sein“-Verblödung schreibe ich Herrn Ulrich heute doch: Frau Von der Leyen ist mitnichten „Präsidentin Europas“, sondern Präsidentin der EU-Kommission. Präsident des Europäischen Rates (verkürzt: EU-Ratspräsident) ist Charles Michel, Sohn von Louis Michel, welchem mit Sicherheit nicht Sohnemanns Faux Pas unterlaufen wäre, Frau VDL bei Erdogan keinen Platz auf dem Sofa einzuräumen. Präsidentin des Europäischen Parlamentes ist Roberta Metsola noch bis Ende der Legislaturperiode. Henry Kissinger, so er denn noch lebte, wüsste also bis heute nicht, wen er als Mr. oder Ms. Europa anrufen sollte. Und das ist gut so. Es nennt sich Gewaltenteilung.
Ulrike Fischer

Groß mit Ru(h)m hat sie sich vermutlich nie bekleckert, schon gar nicht als Bundesministerin der Verteidigung von 2013 bis 2019. Irgendwie, wie aus heiterem Himmel, wurde sie dann auf einmal, ab dem 1. Dezember 2019, die Präsidentin der Europäischen Kommission. In der Corona-Pandemie ist sie über sich hinaus gewachsen und hat dabei über 35 Milliarden Euro für Impfstoffe (Deal mit Pfizer), die kein Mensch je gebaucht hat, mehr oder weniger in den Sand gesetzt. Dieser Deal wurde über geheim gehaltene SMS und Telefonate, also in vollkommenen Intransparent ausgeheckt. Zur Rechenschaft dafür gezogen wurde Frau von der Leyen nie. Jetzt strebt Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU an, um vermutlich die überbordende Bürokratie noch weiter und noch viel effektiver voran treiben zu können!
Klaus P. Jaworek

Vor fast vier Jahrzehnten war „Uschi mach kein Quatsch“ ein deutscher Schlager der leichteren Art, das einer jungen Dame gewidmet war, die zufällig denselben Spitznamen trug wie die heutige EU-Spitzenbeamtin. Wieviel Quatsch während der Amtszeit von Frau von der Leyen als deutsche Verteidigungsministerin unter Angela Merkel gemacht wurde, verrät ein Blick auf die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr heute. Unter Frau von der Leyen wurde die Bundeswehr schlicht und ergreifend unfähig gemacht ihre Kernaufgaben zu erfüllen. Zwei Nachfolgeinnen bzw. ein Nachfolger auf dem zugegeben ‚undankbarsten‘ Ministerposten des Landes später zeigt sich immer noch die ganze Misere, trotz ‚Zeitenwende‘ und einem wahren ‚Macher‘ im Amt heute. Covid hätte die Bewährungsprobe der damals fast noch frisch gebackenen Kommissionspräsidentin werden können. Die lahmende Beschaffung von Impfstoffen, für die sie mitverantwortlich war, führte jedoch dazu, dass Länder wie Deutschland im Durchschnitt erst drei Monate später aus der Pandemie herauskommen konnten als klügere Nationen, die den Impfstoff frühzeitig bestellt hatten. So hart es auch klingen mag, Frau von der Leyen hat bisher im Amt nicht viel mehr erreicht, als in der Rolle von Frau Merkels Überraschungskandidatin die Aufgabe einer Art Pausenfüllerin zu übernehmen. Es ist dringend geboten, dass eine neue bzw. wiederbelebte Achse Paris – Berlin und ggf. auch Rom mit entschlossener Hand das Ruder in der EU übernimmt und auch Quertreibern und Rosinenpickern wie Ungarn falls nötig den Weg in Richtung Ausgang zeigt. Wenn Frau von der Leyen sich in einer Rolle wiederfinden möchte, in der sie die Akteure und Akteurinnen einer solchen Achse zur Rettung Europas – um nichts weniger geht es nämlich – erfolgreich orchestrieren kann, dann ist ‚Uschi‘ vielleicht doch keine so schlechte Wahl.
Johannes Warbeck

Bernd Ulrich beschreibt die schwierige Situation Ursula von der Leyens kenntnisreich und einfühlsam. Aber dann kommt der sprachliche Lapsus. Er nennt ihre Ukrainepolitik „positiv gebiast“. Das ist nicht nur schlimmes „Denglish“, was Ulrich sagen will, lässt sich zudem ganz treffend auf Deutsch ausdrücken (gefärbt, geprägt). Dies festzustellen ist keine Deutschtümelei. Ich lebe in einer bilingualen deutsch-amerikanischen Familie. Ein Wort wie „gebiast“ käme keinem von uns in den Sinn.
Peter Kessler

Als treue Zeitleserin habe ich Ihren Interviewbericht mit großem Interesse gelesen. Aber was bitte sind „belgische Hutzelhäuschen“ und wo finde ich die in der Nähe der Kommission? Ich lebe seit mehr als 40 Jahren und immer noch gern in B. und wundere mich immer wieder wie deutsche Journalisten bisweilen überheblich und herabsetzend über Belgien berichten. Warum
Christa Riedel

Ja Herr Ulrich, geht’s noch? „…dass ihre Ukrainepolitik gewissermaßen positiv gebiast ist…“? Kein Problem, ich habe 35 Jahre in England gelebt, aber Otto DIE ZEIT-Normalverbraucher wird hier eine Bildungslücke entdecken, die eigentlich keine ist, sondern eine absolute Verballhornung der deutschen Sprache. Absoluter rubbish. Lassen Sie diesen shit.
Michael Schmidt

Ich schätze ihre Arbeit sehr. Auch wenn ich in letzter Zeit mit großem Bedauern nicht mehr mit derselben Freude und Aufmerksamkeit Ihre Zeitung lese – wobei ich nicht sagen kann, ob das an den Texten oder an mir liegt: Ihre Artikel überblättere ich nie. Zum Beispiel Ihre sicher schon einige Jahre zurückliegenden Ausführungen über die „Dekadenz“ politischer Arbeit, wer sich diese leisten kann und wer nicht, fand ich ungemein klug und werden von mir bis heute zitiert, wenn es um die Herausforderungen geht, Führungsarbeit zwischen allen Geschlechtern gerecht zu teilen. Ihr Kommentar zu Frau von der Leyens Ankündigung, sich für eine zweite Amtszeit zu bewerben, finde ich auch vor diesem Hintergrund enttäuschend und Ihre Argumentation wenig ergiebig. Würden Sie dieselben rhetorischen Fragen (Grundton: Warum sich weiter mit dem ganzen Elend in der Welt befassen, wenn zu Hause die Enkelkinder auf die Oma warten?) so auch einem männlichen Amtsinhaber stellen?
Miriam Schmidt-Wetzel


Leserbriefe zu „Er hört eh nicht zu“ von Alice Bota

Putin hat den Krieg mit der Ukraine nicht begonnen, um ihn zu verlieren. Was ursprünglich ein aufgezwungener, rascher Anschluss der Ukraine an Russland werden sollte, kann aus Putins Perspektive nur mit einem Sieg oder wenigstens einen Diktatfrieden enden. Wenn Putin nun öffentlich einen Angriff auf Lettland, Polen oder Deutschland diskutiert, droht er mit einer Ausweitung des Krieges, ohne unmittelbar den Krieg zu erklären. Psychologische Kriegsführung: Hunde, die bellen, beißen nicht. In einem geeigneten Moment dann aber doch. Real rüstet Putin sein Land mit Kriegswirtschaft immer weiter auf. Bei Nazi-Deutschland mündete eine solche Politik in den Zweiten Weltkrieg. Geradezu zwangsläufig. Ronald Reagan hatte die Sowjetunion einst im Rüstungswettbewerb in die Knie gezwungen. Jetzt bringt der von Russland angetriebene Rüstungswettbewerb die Nato-Staaten ganz schön in Bedrängnis. Ja, eine Zeitenwende anderer Art droht, wo Putin die Geschichte korrigieren will und die Nato-Staaten eher mit ihren immer stärker aufbrechenden inneren Widersprüchen beschäftigt sind. Es geht in der Ukraine auch um unsere Freiheit. Eine Zeitenwende anderer Art droh, wo die Bereitschaft schwindet, die Freiheit zu verteidigen.
Reinhard Koine

Das ist der Artikel, auf den ich gewartet habe! Verhandlungen mit Putin sollen den Krieg gegen die Ukraine beenden? Das können nur die Unbelehrbaren, die das fordern. Sie kümmern sich nicht um das Weltgeschehen und haben nichts aus der Geschichte gelernt. Sonst wüssten sie, dass „es das Papier nicht wert ist, auf das Putin seine Unterschrift setzt“. Selenskyj wollte von Anfang an verhandeln. Die Ukraine hat schon vor über einem Jahr einen Friedensplan erfolglos vorgelegt. Bei der Annexion der Krim Anfang September 2014 drängten als Vermittler Deutschland und Frankreich die Ukraine Zugeständnisse zu machen. Die Ukraine ging auf viele russische Forderungen ein, doch die Russen erhielten den Druck aufrecht, was schließlich in eine Schlacht gipfelte, die weit über tausend Menschenleben forderte. Anfang Februar 2015 kesselte die russische Streitmacht Tausende von Ukrainern ein und beschoss sie mit Artillerie und Mehrfachraketenwerfern. Das Gemetzel ging sogar noch weiter, als die Ukrainer mitten in der Schlacht einwilligten, eine Version des Friedensabkommens zu unterzeichnen. Das neue Abkommen, bekannt als Minsk II war eine Art schleichender Annexion der ostukrainischen Gebiete. Alle Seiten kamen überein, die Kämpfe für die Dauer des Friedensprozesses einzustellen.
Doch niemand hielt sich daran. Im Gegenteil. Das Blutvergießen nahm zu. Mehrfach setzte der Kreml reguläre russische Truppen ein, die den Kampf mit Panzern und schwerer Artillerie unterstützten. Das russische Militär massakrierte Hunderte ukrainischer Truppen, als diese versuchten, sich kapitulierend zurückzuziehen. Putins Aufstieg begann mit einem Sieg in einem Krieg gegen Tschetschenien, dessen Städte er 1999 und 2000 niederbombte und dabei Zehntausend Zivilisten tötete. Sie waren Vorbote seines Versuchs, das Gleiche in der Ukraine zu tun. Putin hatte im Lauf der Jahre nicht nur Tschetschenien, sondern auch Syrien mit Bombenteppichen überzogen, war 2008 in Georgien einmarschiert und die Krim annektiert. Das hatte keine ernsten Konsequenzen für Putins Regime zur Folge. Und nach diesem Hintergrund werden Parteien lauter, die eine Kapitulation der Ukraine fordern! Ich fasse es nicht!
H. Justin

Als ich in meinem Lieblings-Café nach der „ZEIT“ griff, da dachte ich noch, „Ob die ZEIT noch was zur Ukraine schreibt“?. Und: „Wenn ja, dann sicherlich was schrecklich Chamberlain-mäßiges“?   Aber nein: Es war genau anders!    Danke!  Hoffentlich wird uns Europäern noch rechtzeitig klar, werden, dass es nicht nur um Sieg oder Niederlage der Ukraine geht, sondern um unserer aller Sicherheit und Gesellschaftmodell. Und wie dankbar wir den Ukrainern sein können, dass sie diesen ungleichen Kampf zugleich für alle Europäer führt. Woraus sich ergibt, dass wir die Ukraine schon aus purem Eigennutz mit wirklich allen aktivierbaren Ressourcen unterstützen müssen. Und zwar ohne Zögern und Zaudern. Dann, und nur dann, wird die russische Führung nebst ihren Unterstützern in absehbarer Zeit einsehen, dass ihre Expansionsträume  ausgeträumt sind und sie die bestehenden Grenzen in Europa auf Dauer akzeptieren muss.
Wolf Hans Marder

Die Öffentlichkeit und einige verantwortliche Politiker reden an der Wirklichkeit vorbei. Das ist kaum noch auszuhalten. Putin hat vor seinem Befehl zum Überfall auf die Ukraine in seiner Rede zur Lage der „Nation“ (gemeint war offensichtlich der Föderation) eindeutig die Ziele seines Krieges gegen die Ukraine erklärt. Zu Verhandlungen ist er erst nach Erreichen seiner Kriegsziele bereit. Im Interview mit dem ihn huldigenden amerikanischen Moderator und Trump-Anhänger hat er seine Haltung erneut bestätigt. Er fordert das Ende der Unterstützung der Ukraine durch Lieferung von Waffen. Dann werde die Ukraine in wenigen Wochen „erledigt“ sein. Wer diese Wirklichkeit nicht sieht bzw. nicht sehen will, ist blind und taub, um die jedem Menschen eigene Vernunft zum Erkennen und Erklären der Ereignisse zu nutzen. Stattdessen werden halbe „Strategien“ vorgestellt, die vorgefassten Vorstellungen entsprechen und die   Wirklichkeit negieren. Aus meiner Sicht kann bei der Einschätzung Putins nicht ausgeschlossen werden, was diesen Menschen prägte, seine Jugend im russischen Straßenmilieu von St. Petersburg und der Dienst im KGB. Letzterer ist kein normaler Dienst, sondern dem muss man sich mit „Sack und Seele verkaufen“. Das können leider nur wenige tatsächlich erahnen. Putins Körpersprache und sein zeitweiliger Wortschatz aus der Gaunersprache offenbaren mehr über diesen Menschen als jede wohlwollende Einschätzung. Um Kultur, Tradition und Mentalität der russischen Gesellschaft kennenzulernen, ist das Interview mit einer russischen Musikerin aufschlussreich. Aus Pietät gegenüber Putin fällt das journalistische Interesse an einer Debatte hierüber aus.
R. Reiger

Vielen Dank ans ganze Team für etliche wieder mal hervorragende Artikel in dieser Ausgabe, beginnend mit den Frau Botas Wermutstropfen der Realität in den süßen aber vergifteten Wein der Propagandamärchen und Wunschträume.  Viele scheinen nicht lernen zu können oder zu wollen aus den Lehren der Ukrainischen Geschichte dieses Jahrtausends und aus anderen „Friedensschlüssen“ mit aggressiven und machtgierigen Diktatoren oder Staaten,  die sich von solchen bald kapern ließen: nur als Beispiele neben dem von Ihnen beispielhaft entzauberten Minsker Abkommen, sei das Budapester Memorandum erwähnt,  in dem der Ukraine als „Gegenleistung und Sicherheit“  für die Abgabe ihrer Atomwaffen eine „Garantie“ für ihre territoriale Integrität bescheinigt wurde,  die heute kaum das Papier wert ist auf dem das Protokoll gedruckt wurde. Wie glaubwürdig würden damit künftige „Garantien“ sein als Anreiz für eine anerkannte Hergabe von Teilen der Ukraine, von einigen sogar weit über den Stand seit 2014 hinaus gefordert.  Einiges erinnert auch sehr an das Münchener Abkommen, wo auch Teile eines Landes geopfert wurden in der Hoffnung, dafür „Peace for our Times“ zu erkaufen. Der Wirkliche „Erfolg“ dieser Bemühungen ist bekannt, seit in der Folge nicht einmal die Hinnahme des Überfalls auf die gesamte Tschechoslowakei den weiteren Frieden erkaufen konnte.
Wie sehr der Krieg Putins und seiner Mitaggressoren der Achse des Bösen von China über Iran bis Jemen auch schon gegen uns geht, zumindest unsere Informations-Medien, unsere Wirtschaft und Infrastruktur, kann man, wenn man sich interessiert, regelmäßig an verspäteten und verteuerten Schiffstransporten sehen, an massiver Verbreitung von verleumderischen und Demokratie zersetzenden Desinformationen, an Hacking von Firmen und Verwaltungen, etc. etc.  Motiv ist außer Schwächung der Unterstützung der Ukraine ein Abbau der als Konkurrenz zur eigenen Herrschaft wahrgenommenen Demokratien und ihrer Freiheit, ihres Wohlstandes und der Attraktivität und Wertschätzung von beiden.  Und Sie haben auch damit Recht, dass es auch für die Putin-Clique nicht gut läuft, wie an dem späteren Artikel S. 19 über das „überraschende“ russische Wirtschaftswachstum zu erkennen ist: Das ist natürlich keinerlei Wachstum des Wohlergehens  der meisten russischen Menschen, sondern ein sehr einseitiges, keinesfalls nachhaltiges, vielleicht sogar eher blasenartiges Wachstum, wie wohl teilweise auch bei anderen vordergründig besser als Deutschland wachsenden Länder,  die die Motoren dieses „Wachstums“  mit Aussaugen von Inflationsopfern, von Investitionen für die Zukunft und auch sonstigen Opfern an Zukunft sichernden Maßnahmen finanzieren und großen Teils die Rechnung über Schulden auf künftige Generationen abwälzen.
In Russland fehlen für viele Aspekte der Versorgung der Bevölkerung Fachkräfte, Geld und Ressourcen, die alle von Krieg und Rüstung abgesaugt werden, mit der Folge, dass zumindest in einem Fall, über den berichtet wurde, die Menschen eines Ortes „dank“ maroder und nur schlampig oder gar nicht reparierter Fernheizungen frieren müssen, bei zweistellig negativen Temperaturen.  Dass man „nichts merke“ von einem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft, dieses „nicht zu merken“ galt auch für fehlerhafte Gebäude oder Brücken oder Flugzeuge bis zur unerwartet plötzlichen Katastrophe mit Ab- oder Einstürzen.    Die russische Situation erinnert auch an Afghanistan, wo die damalige Sowjet-Führung schließlich aufgeben musste, weil die zunehmende Ausblutung der sonstigen Aufgaben des Staates und seiner Ressourcen samt beginnender Proteste nicht mehr tragbar war.  Letzteres dauert in Russland natürlich wesentlich länger als in Demokratien, angesichts der Leiden gewohnten und eingeschüchterten Mehrheit der Russen. Es ist schon bezeichnend, dass dort auch die nicht öffentlich bekannten Widerstände gegen ein führungsseitig selbstgemachtes Leiden weit geringer sind als die westlichen Widerstände gegen „Opfer“ an Geld und Arbeitskraft und Material, deren Belastungen im Vergleich zum ukrainischen und russischen Leiden fast winzig anmuten und die im Gegensatz zum russischen Angriff nur Notwehr oder Nothilfe dienen.
Peter Selmke

Wenn jemand einen bösen Nachbarn hat, der die friedliche Nachbarschaft mit Streit überzogen hat, ist es zwar verständlich, wenn man von ihm nur Schlechtes erwartet, dennoch sollte man ein Gesprächsangebot nicht zurückweisen, ohne wenigstens im verschwiegenen diplomatischen Bereich gründlich sondiert zu haben. Im übrigen hat die Bundesregierung die Interessen Deutschlands zu verfolgen, die nicht mit denen der Ukraine voll deckungsgleich sind. So wie sich Russland in den letzten 2 Jahrhunderten gezeigt hat, wird es auf Dauer ein gefährlicher Nachbar für die europäischen Staaten bleiben gegen den man Verteidigung vorhalten muss, unabhängig vom Ausgang des Ukrainekriegs, und zwar jeder Staat für sich. Die Europäer werden kaum je einen einheitlichen Machtblock bilden, der dem russischen entspricht. Dafür sind schon die Interessen je nach Lage der Länder zu verschieden. Auch die russische Bedrohung ist unterschiedlich, Deutschland trifft sie nach Lage und Wirtschaft besonders. Es muss sich daher verteidigen können. Dass wir derzeit nicht verteidigungsfähig sind, ist ziemlich unstreitig.
Das deutsche Interesse ist daher vorrangig Zeit für die Aufrüstung zu gewinnen. Auch die amerikanische Wahl schafft Fragen, die erst danach zu beantworten sind. Langwierige Verhandlungen sind deshalb nicht per se schlecht, selbst wenn sie ergebnislos bleiben. „Die Europäer“, die es als Einheit nicht gibt, verfügen mitnichten über Mittel, die amerikanische Ukrainehilfe auch noch zu übernehmen, die bisher wohl den größten Teil ausmachte. Auch Deutschland würde dies zusätzlich zu den bisherigen Hilfen nicht können. Es darf sich ohnehin zulasten der eigenen Verteidigung weder finanziell noch materialmäßig verausgaben. Die Finanzierungstöpfe der bisherigen Hilfe scheinen bisher weder Politik noch Presse zu interessieren, vermutlich zur Freude der Regierung. Für die Ukraine sind die Aussichten schlecht, zumal es ihr nicht gelungen ist ihre Position im letzten Jahr nennenswert zu verbessern. Mitgefühl und Empörung über Russland sind zwar verständlich, die Regierung ist jedoch nicht dazu berufen andere zulasten der deutschen Sicherheit zu retten.
Roland Noack

Dass dieser Krieg auf Seiten von EU und NATO auch als Krieg um einen Regimewechsel in Russland geführt wird (weil „ER eh nicht zuhört“ wird Krieg geführt, bis „Moskau zuhört“, wie es Alice Bota schreibt), ist ein nicht ausgesprochener Verdacht, der sich mit jeder Aufforderung zu mehr militärischem Einsatz erhärtet. Wie Frau Bota dabei – „wie schwierig und schrecklich“ auch immer – das Sterben der Väter für eine ganze Generation von Kindern konstatiert, hat mich sehr brüskiert. Die Väter können sich nicht in Sicherheit bringen, da sie nicht das Land verlassen dürfen, wenn sich nicht gar als Kriegsdienstverweigerer im Gefängnis sitzen. Das sind Tatsachen, die hier erwähnt gehören. Die Kinder sollen sich dann wohl mit den in den Westen geflüchteten Müttern glücklich schätzen, als Halbwaisen wenigstens jenen Frieden und jene Freiheit genießen zu können, um die sie das Putin-Regime zu bringen droht. Nein, diese Kriegstreiberei auch der westlichen Staaten, die einer Generation von Kindern den Tod eines Elternteils, die Traumatisierung des überlebenden Teils verheißt, hat in meinen Augen längst jede Legitimation verloren. Sie erklärt sich allein aus dem politischen Machtkalkül. Als Kind kriegstraumatisierter Eltern weiß ich, dass ein Krieg den Kindern ebenso die Mütter raubt wie die Väter – auch diesseits des Todes als Kriegsfolge. Für mich gilt hier nur ein Wort: Die Waffen nieder!
Helmut Krebs

Sie sagen: Verhandlungen mit Russland zum jetzigen Zeitpunkt bringen nicht Frieden, sondern noch mehr Krieg, noch mehr Tote, noch mehr Zerstörung des Landes. Deshalb, sagen Sie, muss der Krieg weiter geführt werden. Das heißt aber noch mehr Tote, noch mehr Zerstörung des Landes. Bis, das ist wohl Ihre Logik, so viel Zerstörung und so viele Tote erreicht werden, dass sich Verhandlungen dann „lohnen“. Eine zynische Logik? Wären Sie bereit, Ihr Leben, das möglicherweise jetzt gerettet werden könnte, einem späteren Verhandlungsfrieden zu opfern? Außerdem: Verhandeln ist nie leicht und bringt nie schnelle Erfolge. Warum nicht damit anfangen? Abbrechen kann man sie immer noch.
Hartmut Mühlen


Leserbriefe zu „Wer Angst hat, kann nicht nach vorne denken“. Gespräch mit Florence Gaub geführt von Uwe Jean Heuser

Die Angst unserer Ökonomen ist mit Michelangelos Bild mit Gottvater & Gottsohn darstellbar: hoffentlich kein Götterfunke, um knapp 14 Milliarden Jahre naturgegebene Entfaltungsmöglichkeiten der Evolution zu erklären. Lieber spielen wir weiter Gott, um mit akkumulierten monetären Transfers einen kollektiven Willen zu erklären. Falls unsere Alternative Wirklichkeit versagt; jammern wir „Alles so komplex“, um unser dysfunktionales Akkumulationssystem vor einer wissenschaftsübergreifenden Plausibilitätsprüfung zu retten. Womöglich käme das Volk auf die Idee ein besseres Akkumulationssystem zu wählen?! Daher liebes Volk; frag nicht nach deiner Souveränität für die Gestaltung vom irdischen Lebensraum mit „chemisch-physikalischen Transfer-Entscheidungen“!
Matthias Losert

Erstens: In Zukunft – es kommt immer wieder im Leben anders als vorher gedacht! Klimawandel ist ein teurer Spaß- E-Autos für alle ist hoch emotional, wenn der Preis so hoch ist, da bleibt man lieber beim Verbrenner. Alles hat seinen Preis, der auch in der Politik und beim Verbraucher zählt, da hört jede Mitnahme einfach auf. Optimismus und wage Hoffnung – die Zukunft wird schon besser, dagegen nur das Klima nicht. Zukunft stößt immer wieder auf die Realität der Lebensverhältnisse die allein entscheidend ist. Die Fakten zählen, gute Ideen gibt es viele und scheitern an der Wirklichkeit.  Die “ German Angst“ vor der Zukunft ist die erlebte Erfahrung mit der Gegenwart- die ist ganz nah und medial an jedem Tag mit überwiegend negativen Schlagzeilen gefüllt. Wie ein „Dauerregen“ der nicht aufhören will den ganzen Monat Januar bis heute. Da ist kaum Zeit sich abzulenken, um nach ganze vorne denken zu können. Die Zukunft ist aktuell auf den Straßen, so lebendig und wach – der Bahn-Streik, die Trecker Demo, für die Demokratie gegen Rechts und Antisemitismus. Nur wer die demokratische Gegenwart verteidigt, hat morgen noch eine gute Zukunft. Alle sind auf dem Weg dahin – im Gehen auf der Straße an der frischen Luft im Wald, ist  der Kopf vollständig frei . Der verflixte Pessimismus ist auf einmal wieder verschwunden.
Thomas Bartsch Hauschild

Danke für diesen Beitrag in der Zeit. Artikel wie dieser, sprechen mir aus der Seele.  Es ist tatsächlich so, positive Sichtweise zu diesem Thema, hinterlässt oft ungläubige Gesichter bei den Gesprächspartnern.  Die Herren Minister, die Frau Gaub anspricht, wären meines Erachtens nach, schon die, die das Zeug dazu haben, politische Leitfiguren zu werden, in einer positiv, freundlich nach vorne schauenden Gesellschaft. Ich würde gerne mehr und regelmäßig, solche Beiträge in der Zeit lesen. Großartig…
Friedhelm Groppe

Superb, 100% meine Überzeugung. „Wer nach vorne denkt, kriegt es mit der Angst zu tun.“ Man muss nur konsequent zu Ende denken, was liberale und konservative Politiker, aber auch so mancher Sozi unterlassen (warum eigentlich? Will man dem Volk nichts zumuten oder ist die Verdrängung der Wiederwahl geschuldet), derweil rechtsextreme jeden Gedanken daran negieren. Denken wir es nicht und handeln wir nicht, wird es sehr, sehr grausam.
Herbert Zimmer

„Wir sollten vielleicht öfter fragen, Deutschland worauf hast du Lust?“ Mit diesem Satz schließt Ihr Interview. Wenn auch einige oder viele Zweifel an einer (guten) Zukunft haben, so sollten wir auf die Gestaltungskraft und den Gestaltungswillen der vielen jungen Menschen, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen vertrauen. Nicht die „Letzte Generation “ wird den Weg bestimmen, sondern diese neue Generation. Wir sollten sie nicht verurteilen für ihren Wunsch nach weniger Arbeit und mehr freie Zeit, sondern unterstützen in ihrem Einsatz, die Welt ein wenig liebens- und lebenswerter zu machen. Ich gehöre nicht zu den beiden Wählergruppen, die, wie Sie meinen, der Zukunft in Deutschland noch positiv entgegensehen, sondern zu einer breiten christlich- demokratischen Wählerschaft, die einen optimistischen Glauben und damit erst recht ein positives Bild von der Zukunft hat. Für mich bündelt sich dieser Optimismus auch in dem nachhaltigen Satz der Kanzlerin Angela Merkel. „Wir schaffen das:“
Lothar Gräfingholt

Im Interview mit Ihrem Autor spricht Florence Gaub vom spanischen „Ex-Premier Sánchez“. Das stimmt so nicht. Er ist seit 2018 bis heute im Amt.
Norbert Ortgies

«Die Deutschen leiden an einem «Future Shock», deshalb verweigern sie sich dem Neuen, sagt die Zukunftsforscherin Florence Gaub. Sie macht Vorschläge, wie ein Land den Pessimismus überwinden kann. Aber was ist das Neue? Was muss das Neue sein? Die grosse Aufgabe der Menschheit besteht doch darin, das exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum durch einen sanften Ausstieg zu beenden. Damit das gelingt, muss auch formuliert werden, was passiert, wenn es nicht gelingt. Hingegen wenn es gelingt, glaubwürdig zu beschreiben, wie ein solcher Ausstieg hinzukriegen ist, dann ist auch Grund für Pessimismus. Das tiefere Problem ist doch, dass die zwei Arten des exponentiellen Wachstums ungleich verteilt sind. Kürzlich war zu hören, in Italien liege die Geburtenrate bei 1.25. Das ergibt ein Halbieren der Kopfzahl der Italiener in zwei Generationen. In Nigeria liegt die Geburtenrate über vier. Das ergibt ein Verdoppeln der Kopfzahl in einer Generation. Im Gazastreifen liegt die Geburtenrate bei 3.5. Das ergibt ein Verdreifachen der Kopfzahl in 2 Generationen. Im Jahre 2100 gäbe es bei einer Fortsetzung, nach 4 Generationen 9*2 also 18 Millionen Menschen im Gazastreifen. In Italien mit aktuell 59 Millionen Einwohnern gäbe es nach 4 Generationen 18.6 Millionen Einwohner. Nigeria hätte im Jahr 2100 mehr Einwohner als die EU. Was tun, wenn auf Grund der demographischen Entwicklung die politische Entwicklung so dramatisch ist, dass ein Großteil der Einwohner im Globalen Süden sich auf das Menschenrecht auf Asyl berufend, in der EU um Asyl ansuchte?
Es ist bisher nicht gelungen, die Länder mit den hohen Geburtenraten davon zu überzeugen, dass sich eine Entwicklung anbahnt, die für alle in die Katastrophe führen kann. Notwendig fürs Vermeiden einer solchen Entwicklung wäre, den «Future Shock» zu nutzen, um eine Änderung vorzunehmen. Notwendig wäre auch ein Auflösen des Zielkonflikts innerhalb der Menschenrechte zwischen dem Menschenrecht auf Eigentum und den Menschenrechten auf Lebensunterhalt. Zu denen neben dem Asylrecht auch das Recht gehört, mehr Kinder in die Welt zu setzen als die eigenen Ressourcen erlauben. Wo eine Lösung liegen könnte? Dazu eine graphische Ableitung mit zwei Beispielen aus dem Tierreich. Die Lösung müsste auf einer Linie liegen, die zwei Endpunkte verbindet. Ein Endpunkt ist definiert durch das Verhalten der Sibirischen Schneeeulen. Der andere Endpunkt durch die Situation der Berberaffen am Affenberg von Salem. Die Sibirischen Schneeeulen haben weniger Küken, wenn es weniger Lemmingen gibt. Sie passen also ihr Reproduktionsverhalten den begrenzten Ressourcen an. Nun zum anderen Endpunkt. Den Berberaffen in Salem geht es beneidenswert gut. Sie leben ihr Sozialverhalten ähnlich aus wie ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Auf dem 20 Hektar großen Affenberg herrscht ewiger Frieden zwischen den drei Affen-Gruppen. Der Grund für den Frieden ist wohl eher menschenunwürdig. Um Inzucht und zu hohe Kopfzahl zu vermeiden, wird die Reproduktion der Affen über Chips mit Hormonen gesteuert. Die Linie steht für den Zielkonflikt zwischen den Zielen «Zukunft durch Eigenverantwortung» und «Zukunft durch notwendige Beeinflussung von außen oder eben den Zwang der Realität.» Irgendwo dazwischen müsste eine Lösung machbar sein. Interessant wäre eine Umfrage: Wer würde lieber auf einem Planeten leben, auf dem dank der Salem-Methode (oder einer ähnlichen) Methode ewiger Frieden herrscht? Und wer lieber auf einem Planeten, der wegen ungesteuertem Wachstum vor die Hunde (Klima, Kriege) zu gehen droht? Gaub meint, Deutschland sei von Wunschdenken «weit entfernt ein Riese, der gerade sein Potenzial nicht ausschöpft.» Doch das technologische Potenzial reicht nicht. Vergleiche mein Buch «Die Technik reicht nicht» BoD 2016.
Gernot Gwehenberger

Frau Gaub wird als „Zukunftsforscherin“ eingeführt. Das scheint eine allumfassende Wissenschaft zu sein. Sie bekennt sich dabei zum Glauben an die Kraft der Veränderungen, die aus positiven Erzählungen gewonnen wird. Irgendwie ist was dran. Und irgendwie ist’s dann doch viel zu wenig. Wenn-dann-Szenarien wie die des Weltklimarats schildert sie als doppelt negativ. Doch der wunderschöne Tagtraum bleibt eine sehr gefährliche Alternative, zumindest für die, die wach bleiben.
Christian Voll


Leserbriefe zu „Kommt zurück!“ von Carla Neuhaus und Jonas Schulze Pals

Ein Aspekt fehlt bei Ihrer Analyse pro und contra Homeoffice: Wer nicht ins Büro kommt, hat keine Chance, Kolleginnen und Kollegen näher kennenzulernen. Auch wenn laut Statistik sich nur rund elf Prozent der Paare bei der Arbeit finden – es sind immerhin etwas mehr als beim gemeinsamen Hobby oder im Verein. Der Homeoffice-Trend könnte also im Interesse der Anbieter von Dating-Apps liegen. Wer zuhause am Rechner sitzt, hat eben keine Chance, sich in der Kaffeepause oder beim Meeting zu verlieben. Ein Trost bleibt allerdings, die klassischen Stereotypen Pilot-Flugbegleiterin oder Arzt-Krankenschwester werden uns erhalten bleiben. Weil: Keine Chance auf Homeoffice!
Thomas Meichle

Genug ist genug. In der Arbeitswelt gibt es schon genug Parallelgesellschaften. Städtisches Berufsleben gegen ländliche Strukturen. Berufe im Mindestlohnsektor gegen Spitzenverdiener mit unerklärbar hohen Gehältern. Schichtarbeit und Wochenendarbeit gegen 9 to 5 Jobs von Montag bis Freitag. Homeoffice gegen Alltagshelden, die das Land am Laufen halten. Egal wie das Wetter ist, bei Schnee und Eis, egal, ob die Busse und Bahnen fahren oder nicht, egal, ob sich die Benzinkosten für die Fahrt mit dem Auto zur Arbeit auf Goldpreisniveau bewegen- alles egal. Die Alltagshelden haben keine Wahl. Sie müssen los. Jeden Tag. Die Arbeit im Homeoffice ist ohnehin schon sehr privilegiert. Keine Schichtarbeit, keine Präsenz an Wochenenden und Feiertagen, keine Jobs im Mindestlohnsektor. Das besonders die Generation Z diese Privilegien vor dem eigentlichen Eintritt in das Berufsleben für sich fordert, ist eine Frechheit. Am Anfang steht die Leistung, nicht la dolce vita. Social Media bescherte uns eine Entfremdung im privaten Bereich. Das Homeoffice beschert uns eine Entfremdung aus den Zwängen der realen Arbeitswelt. Aber egal. Hauptsache mir geht´s gut. Das Einklagen des Homeoffice ist nüchtern betrachtet eine Form der Wohlstandsverwahrlosung. Das gerade diese spezielle Altersgruppe es nach den neusten Umfragen begrüßt, die Ladenöffnungszeiten an den Sonntagen auszuweiten, um nach einer harten Woche im Homeoffice entspannt durch die Städte zu bummeln, ist dekadent.
Andreas Löbbers

Danke für Ihren aufschlussreichen Artikel über die Gegenbewegung zum von vielen bereits ausgerufenen neuen Zeitalters der Remote-Arbeitswelt. Als ehemaliger Selbstständiger, der nach dem Studium zunächst vom heimischen Schreibtisch für Kunden in ganz Europa gearbeitet hat, bis mir die Decke auf den Kopf fiel und ich mich nach einer Bürogemeinschaft umgeschaut habe, war  mir dieser absolute Anspruch des „Das Glück der Arbeitenden liegt zu Hause“ schon seit Beginn des ersten Lockdowns suspekt. Ein Aspekt allerdings, den ich bei vielen Arbeitgebern beobachte, blieb in Ihrem Artikel leider unerwähnt: Während der Pandemie und der damit verbundenen Homeoffice-Phasen nutzten viele Unternehmen die Gunst der Stunde, ihre Büroflächen zu verkleinern und damit massiv Kosten zu sparen. Wenn nun Angestellte zurück ins Büro kommen sollen, finden sie an Stelle ihres damaligen Schreibtisches –im Umfeld vertrauter Kolleg:innen und mit persönlichen Gegenständen ausgestattet– lediglich ein Schließfach oder einen Rollcontainer vor, mit dem sie sich morgens auf die Suche nach einem der begrenzten „Flex Desks“ machen müssen, denn eigene Schreibtische für alle gibt längst nicht mehr. Wer zu spät kommt, hat dann halt Pech gehabt. Ein Unternehmen, das von seinen Angestellten eine Rückkehr ins Büro verlangt, sollte sich dann zumindest so ehrlich machen und ihnen dieselben Arbeitsbedingungen wie vor der Pandemie bieten.
Christian Behrens

Die Einsamkeit der Etage an einem beliebigen Montagmorgen ist stummer Zeuge einer vergangenen Zeit, in der kollegiale Unterstützung, fachlicher Meinungsaustausch und private Kontakte noch nicht als quantite‘ negligeable verstanden wurden, sondern als Belege für eine Arbeits- und Unternehmenskultur mit hoch motivierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Und die brauchen wir dringender denn je.
Herbert Beschmann

Vielen Dank für den Artikel S. 17 „Kommt zurück“ mit seinem Beitrag zu mehr Realismus und Ehrlichkeit bei den Erwartungen und Forderungen nach Homeoffice-Arbeit und sonstigen weiteren Fortschritten oder Erleichterungen im Arbeitsleben.  Natürlich ist es für viele einfacher, vereinbarer mit Verpflichtungen zu Hause und mit weiten Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsort, je nach Verkehrsmittel Klima und Umwelt schonender, zeitsparender und bequemer im Homeoffice zu arbeiten.  Aber es ist neben den von Ihnen geschilderten Nachteilen auch verführerischer es sich fast ohne jede Kontrolle nach und nach schrittweise noch einfacher zu machen als erlaubt und als die Fairness zu Kollegen, Firma und auch Gemeinwohl erfordern, von Erhaltung der Firma und der Arbeitsplätze im Wettbewerb ganz abgesehen.  Da kann es bei vielen anfänglich wie üblich motiviert arbeitenden so laufen wie bei den Neujahrsvorsätzen: Erst eine Ausnahme, dann noch eine, dann größere Ausnahmen usw….  Selbst bei Präsenzarbeit gab es in meinem Arbeitsumfeld oft informelle selbst genommene Pausen für z.B. Rauchen oder Schnacken und es gab auch „flexible Mitarbeiter“, die bei Zeitbedarf für private oder familiäre Ereignisse oder Situationen — ohne Notfallcharakter und ohne Absprachen — plötzlich kurz oder länger „erkrankt“ waren. In der Institution des Home-Office scheint Inzwischen bei vielen schon eine starke Gewöhnung an die Vorteile und Verlockungen eingetreten zu sein. Und bei sehr lieb gewordenen Gewohnheiten ist eine Änderung fast so schwer wie bei Süchten.
Wenn dann noch der Fachkräftemangel und damit Unentbehrlichkeit und immer größere Streikmacht vieler Berufe dazukommt, ist allzu verständlich, wie groß die Herausforderung der Unternehmen ist ihre Arbeitnehmer auch nur teilweise wieder zurück zu locken oder auch nur in der Präsenz in der Firma zu halten. Angesichts der zunehmenden Fachkräftemängel ist es kein Wunder wie zunehmend leicht es insbesondere neuen Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften fällt, „bessere“ Bedingungen auszuhandeln und manchmal regelrecht zu erpressen, keineswegs nur auf Kosten der Gewinne  der Unternehmen,  die es beim Staat als Arbeitgeber ja überhaupt kaum gibt,  sondern auch auf Kosten der Kunden und Fahrgäste oder gar auf Kosten der Überlebensfähigkeit  des Betriebes  oder gar des jetzigen oder spätestens künftigen Gemeinwohls.  Dazu habe ich irgendwo mal von einem Vertreter der Generation Z den Satz sinngemäß gehört oder gelesen:  „Wir haben ja nicht nur die Macht unserer Unentbehrlichkeit oder des Streikrechts, sondern auch noch unseren Anstand“.  Von dieser Einstellung würde ich manchen mehr wünschen, die ihre Gruppen- oder Ego-Interessen durchsetzen, egal was die Kosten oder sonstigen Folgen für andere oder die Zukunft sind.  Wenn letztlich fast alle arbeitstätigen, die ohnehin immer weniger werden, auch immer weniger arbeiten wollen, mehr als durch mehr Produktivität, Digitalisierung oder Konsumverzichte kompensiert werden kann, wer soll dann noch die ganzen gesellschaftlichen unentbehrlichen Aufgaben erfüllen?  Das dauert bekanntlich schon jetzt vielfach für Kunden und Auftraggeber schmerzlich lange oder gar wie bei Klimaschutz zukunftsgefährdend lange und immer mehr gehen ganz leer aus.    Selbst — angenommen — beliebig viele bereitwillige Einwanderer brauchen meist erst einmal viel zusätzliche Arbeit von den bisherigen Kräften, um sie in der Sprache zu schulen, zu integrieren, in Wohnraum unterzubringen, teils auch in zusätzlichen Schul- und Klinik-  und Praxisplätzen,  sie auszubilden oder nachzuqualifizieren oder die Überflüssigkeit davon zu überprüfen.
Aus meiner eigenen früheren  Berufslaufbahn kenne ich die Wichtigkeit vor Ort von Kollegen zu lernen, mit Klienten und Kunden auch in Präsenz zu arbeiten und als fortgeschrittener und erfahrenerer Wissen und Tricks an neue Kollegen weiterzugeben,  was nur theoretisch und teilweise auch per Internet-Verbindung geht. Bei den Studien zur Entwicklung der Leistungen im Home-Office zeigt sich auch wieder, wie sehr es darauf ankommt, wie und über wie lange Zeit man die Werte erhebt und wie man sie interpretiert. Der Satz „Ins Büro zu kommen, muss sich für Mitarbeiter lohnen“ ist im Prinzip sicher richtig; die Frage ist nur was aus unserer Gesellschaft und Zukunft wird, wenn die Maßstäbe für dieses „Lohnen“ immer ansprüchlicher werden mit immer größeren oder mehrfachen erwarteten „Belohnungen“,  oft ohne dass der Rest der Gesellschaft ausreichend bereit oder in der Lage wäre, dieses Maß an Belohnungen noch zu erarbeiten oder zu bezahlen, sei es als Arbeitgeber, als Kunden oder als Steuerzahler etc.  Es ist immer wieder eine Frage der Ausgewogenheit oder der Balance zwischen den Interessen der einen und der anderen und die erfordert oft eben nicht nur „Kampf“, sondern auch gegenseitige Rücksichtnahme und Maß halten.
Peter Selmke


Leserbriefe zu „Aus dem Weg!“ von Marcus Rohwetter

Richtig so, weiter so! Und es gibt weitere erprobte Maßnahmen: z.B. die Begrenzung von Neuzulassungen, indem der Nachweis eines Stellplatzes/ Parkhausplatzes gefordert wird. So hält Tokio die Kfz-Flut in Grenzen.
Joerg L Neumann

Marcus Rohwetter liefert mit seinem Beitrag einen wunderbaren Beleg, wie Bauchgefühl, als Meinung getarnt, wieder einmal DIE ZEIT als Marktplatz für modisches Palaver nutzt. Rohwetter hetzt hemmungslos gegen die SUVs:  Straßenpanzer, Urbane Plage, Monsterkarren, Blechhaufen, Es sind zu viele, Zu schwer, Zu lang, Zu dick. Wenn es um den raren und umkämpften Parkraum ginge, ginge es ausschließlich um die Länge, denn nur die Länge nimmt anderen Fahrzeugen den Raum weg. Die Breite ist für den Parkplatz egal. In der Länge allerdings sind die SUVs ebenbürtig, wenn nicht unterlegen, dem VW Passat, dem Skoda superb und ähnlichen Familienkutschen. Wenn also Länge verwerflich sein soll, dann stünde auch die brave Mittelklasse im Focus der SUV-Aktivisten. Steht sie aber nicht. Vielmehr geht es auch Rohwetter um den SUV als Symbol, denn sämtliche obige Zuschreibungen sind emotional aufgeladene, heiße Luft. Dahinter steht ein gewisser Konsum-Ekel, eine Missbilligung von Bürgerlichkeit und sichtbarem Erfolg. Genauso wie in bestimmten Kreisen im „geheiligten Lastenfahrrad“ eine Wende zu Graswurzelwirtschaft erblickt wird. Emotionen allenthalben, untauglich für eine vernünftige Debatte. Erschreckend allerdings ist die Rohwettersche Parkraum-Neuordnung: Parken verboten, generell. Das bricht mit sämtlichen freiheitlichen Ideen und der Befreiungen von Zwang und Willkür. Da keimt grünes Diktat herauf, gesteuertes Lebensglück von Amts wegen, vorwärts auf dem Weg in die schöne neue Welt. Nein Danke!
Lutz Bauermeister

Auf den ersten Blick eine faszinierende Idee, große Autos aus der Stadt zu verbannen. auf den zweiten kommen Bedenken. Wie kontrollieren? Gewinnt man überhaupt Platz? Viel eher und genauer sind Wohnmobile und Campinganhänger zu identifizieren. Sie stehen monatelang herum, ohne genutzt zu werden und blockieren den öffentlichen Raum. Aber zurück zu dem eigentlichen Problem, dass alle irgendwo irgendwie parken wollen, ob groß oder klein, überall wo es nicht verboten ist. In Zürich gibt es schon lange die Umkehrung des Prinzips. Dort sind blaue Kästen auf die Straße gemalt, dort darfst du parken, woanders nicht.  Für 15 Franken pro 24 h kann man sich die Erlaubnis kaufen, irgendwo in der Stadt in einem blauen Kasten zu parken — ohne Parkuhr und dem ganzen Gedöns. Einfach über den Tellerrand schauen, und zwar nicht nach Paris, sondern nach Zürich
Klaus Tuch

Auch ich finde SUVs nicht notwendig und ich habe mich geärgert, als wochenlang ein riesiger Campingwagen vor meinem Haus parkte. Aber Marcus Rohwetters Vorschlag, das Parken zu regeln ist dann doch ein wenig simpel und nicht durchdacht. Rechenbeispiel: in einer Stadt gibt es 100.000 Autos aber nur 80.000 zugelassene Parkplätze. Wo sollen die übrigen 20.000 Autos hin? Ich kann mein Auto schließlich nicht mit in mein Wohnzimmer nehmen und nicht jeder hat eine Garage oder einen sonstigen privaten Platz. Die restlichen können sich schließlich nicht in Luft auflösen. (Vorschlag aufblasbare Autos!) Der einzige Weg wäre, nicht mehr Autos zuzulassen als Parkplätze vorhanden sind. Dann kann eben nicht jeder ein Auto kaufen, der es möchte. Wäre vielleicht gar nicht verkehrt, aber wollen wir das?
Adelheid Becker

Gerade sitze ich nach einer für mich körperlich sehr anstrengenden, ehrenamtlichen Arbeit (Naturschutz) und lese die DIEZEIT, welche wir in Printform abonniert haben. Gerade las ich Ihren Kommentar ,,Aus dem Weg!“, in welchem Sie einen Alternativvorschlag gegen SUV in Städten und gegen zugeparkte Flächen präsentieren. Nur leider ist Ihr Vorschlag, überall das Parken zu verbieten, wo es nicht erlaubt ist, ein Vorschlag aus einer urbanen, jungen und gesunden ,,Blase“ heraus. Ich lebe auf dem Land in Sachsen-Anhalt und fahre einen Kleinwagen (ich hasse SUV!). Den Kleinwagen brauch ich allerdings für ALLE Wege, den hier gibt es keinerlei Öffis. In meiner ehemaligen Heimatstadt Halle/S. pflege ich zudem meine 90igjährige Mama. Diese erreiche ich nur mit dem Auto. Niemals finde ich einen Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung und wenn ich sie abhole, geht das nur mit der Möglichkeit, kurz auf dem Gehweg zu halten, sie zu holen, ins Auto zu setzen und schnell abzufahren. Das ist Stress pur, denn alte Menschen sind sehr langsam und ich muss sie ja erst anziehen…und, und, und. Mein Blutdruck steigt dann bei dem Gedanken an das widrig geparkte Auto vor der Tür auf ungesunde Höhen. Irgendwann kippe ich mal in so einer Situation aus den Latschen.
Für alle anderen Besuche muss ich jetzt schon weite Wege mit dem schweren Einkauf und der Anlieferung der Hilfsmittel bewältigen. Aber zum Glück finde ich im Umkreis von 500 Metern meist eine Parklücke. Schwer ist es trotzdem, zumal ich auch schon nicht mehr jung und sehr krank bin. Wenn Ihr Vorschlag greifen würde, dann müsste meine im Kopf noch klare und allseits interessierte Mutter in ein Heim in ein Zweibettzimmer. Denn mit 720 Euro Rente gibts kein Einzelzimmer (sie war Krankenschwester und ist geschieden und bekommt also, anders als im Westen, keine Witwenrente) Das würde ihr und mir das Herz brechen. Insofern war ich sehr verärgert, dass Sie anscheinend nicht nachgedacht haben, warum Menschen in Städten parken müssen. Und solange es nicht flächendeckendes eng getaktete öffentliche Verkehrsmittel gibt, bleibt Ihr Vorschlag unrealisierbar, ja menschenverachtend, denn er würde besonders alte, kranke und behinderte Menschen ins Abseits schleudern. Davon abgesehen brauchen wir dringend verkehrsbefreite und vor allen intensiv entsiegelte und begrünte Innenstädte, wenn wir bei zunehmender Hitze und Starkregenereignissen überleben wollen. Doch die Wohngegenden müssen erreichbar bleiben! Parkhäuser sind keine Lösung, denn wir brauchen nicht noch mehr Monsterbauten. Und Parkhäuser befinden sich selten in Wohngebieten. SUV brauchen wir sowieso nicht. Nirgends! Dann freut sich auch das Klima.
Mein Vorschlag sind flächendeckende, kleine Elektrobusse und die Möglichkeit von Sondergenehmigungen für z.B. pflegende Angehörige, kranke und behinderte Menschen. Und natürlich für Lieferverkehr, Taxis und Pflegedienste Verzeihen Sie bitte meine etwas harschen Worte, das ist nicht meine Art. Aber Probleme sollten benannt werden und wir müssen schlichtweg empathischer werden und es gibt nie einfache Lösungen. Ihnen wünsche ich alles Gute. Das Jahr wird sicher sehr herausfordernd und die Zivilgesellschaft ist gefragt, wie noch nie.
Heike Westermann


Leserbriefe zu „Was tun die Universitäten? Erst wurde ein Hörsaal… von Anna-Lena Scholz

Der Rechtsstaat muss sich auch an dieser Stelle bewähren. Liegt ein Offizialdelikt vor, polizeiliche Ermittlungen vorausgesetzt, haben die Gerichte ihre Arbeit zu machen. Hochschulen sind kein besonderer Rechtsraum, auch hier haben rechtsstaatliche Prinzipien zu gelten. Aber eine Hochschule kann von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, zumindest so lange, bis der Vorgang zweifelsfrei geklärt ist. Das ist das Mindeste, was man jetzt erwarten kann.
Bruno Fey

Das Schulen und Universitäten sind auch ein Ort, an dem es möglich ist, das Juden beleidigt, geschlagen und verletzt werden- höchste Bildungseinrichtungen verfügen nicht über ein Demokratisch individuell gefestigtes demokratisches Immunsystem. Auch die Universitäts- Leitungen sollten der Studentenschaft und ihrer Vertretung schriftlich klar machen, dass eine Exmatrikulation in solchem Fall vorgenommen wird. Beleidigungen und Körperverletzungen sind außerdem strafrechtlich zu ahnden und keine Bagatelle.
Thomas Bartsch Hauschild

Vielen Dank für ihren Artikel. Sie haben völlig recht: Einen Menschen angreifen kann nicht geduldet werden. Niemals. Unter keinen Umständen. Und hier ist es erstmal egal, aus welchem Land dieser kommt oder welcher Religion der Mensch angehört. Einen Juden anzugreifen ist daher völlig inakzeptabel. Kritik an der Politik meines Landes oder anderer Staaten zu äußern, halte ich für legitim. (Und wir leben in einem Land, in dem das geht.) Kritik an den USA oder Russland oder ?? zu äußern – kein Problem. Kritik am Staat Israel äußern – kein Problem. Israelfeindlichkeit und Judenfeindlichkeit sind nicht beliebig austauschbar.
Ute Szameitat

Typisch Journalismus. Ein „propalästinensischer“ Mann schlägt einen „jüdischen Studenten“ „vor einer Bar“ nieder. Diese Nachricht sorgt für „Bestürzung, Empörung, Wut“, die Universität sei „tief betroffen“. „Wer Antisemitismus nicht benennt, macht sich mitschuldig“, hallt es aus der CDU. Die üblich politisch korrekte Litanei also ohne jegliche kritische Reflexion. Es wäre Aufgabe des Journalismus, diesen Mangel auszugleichen, indem er etwa fragte, ob der propalästinensische Mann ein ethnischer Araber oder ein ethnischer Deutscher sei, da es ein himmelweiter Unterschied ist, ob sich Angehörige zweier aktueller Konfliktparteien, seien es Juden und Araber, Ukrainer und Russen gegenüberstehen oder ob Holocaust-Nachfahren ihrer Geschichte gegenüberstehen. Weiterhin wäre zu fragen, ob das Opfer als Barbesucher oder als „jüdischer Student“ geschlagen wurde. Bewusster Antisemitismus unter Holocaust-Nachfahren ist selten – zumindest habe ich ihn über Jahrzehnte kein einziges Mal bei Nachkriegsgeborenen und Folgegenerationen erlebt. Diesen „Mangel“ scheint man ausgeglichen zu haben, indem man von „latentem Antisemitismus“ bei einem großen Teil der Stammbevölkerung spricht, also einem Antisemitismus, von dessen Existenz angeblich Betroffene überhaupt keine Ahnung haben.
Wenn sich also Deutsche über Polen, Polen über Deutsche, Deutsche über Österreicher, Österreicher über Deutsche, Deutsche über Franzosen und Franzosen gegen Deutsche abfällig äußern, was unnötigerweise immer wieder vorkommt, wird dies nicht als Ismus gewertet, sehr wohl aber, wenn sich Deutsche auf gleiche Weise über Juden respektive Israelis äußern. Dies führt zu einer Alleinstellung, die man historisch rechtfertigen, aber auch ausnutzen kann, nämlich die Juden auf einen Präsentierteller zu befördern, auf dem sie beäugt werden als Extrawürstler, gegenüber denen man schweigen müsse. Spricht man solches differenziert an, erheben die Medien den Vorwurf der Relativierung, Verharmlosung und des Whataboutismus, verabreichen also rhetorische Gegenmittel, um den Zustand jüdischer Singularität zu verteidigen. Wenn zukünftig echter Antisemitismus wie „Ich habe etwas gegen die Existenz von Juden“ (also nicht unterstellter Antisemitismus in historisch begründeten Sätzen wie „Juden haben aufgrund ihrer jahrtausendelangen Staatenlosigkeit eine Sonderstellung in der Welt“) bei uns wächst, trägt der gängige unkritische journalistische Umgang damit erhebliche Schuld daran. Hat der Journalismus wirklich Angst davor, auch sensible Themen im Geist der Aufklärung anzugehen?
Kurt Schäfer


Leserbriefe zu „Näher bei Gott“ von Navid Kermani

Merkwürdiges Zusammentreffen: an dem Tag, an dem ich den sehr eindrücklichen und einfühlsamen Artikel Navid Kermanis über die auf jahrtausendealten Ritualen und Liturgien beruhende Frömmigkeitskultur orthodoxer Christen in Äthiopien lese, habe ich mich mit dem aufrüttelnden Predigttext des evangelischen Gottesdienstes für den folgenden Sonntag zu befassen. Es ist ein Text aus dem Prophetenbuch des Amos (um 850 vor Chr.). Amos fällt hier ein vernichtendes Urteil über prächtige Rituale und feierliche Gottesdienstliturgien, die ohne Konsequenzen für die Herstellung von Gerechtigkeit und Frieden unter den Menschen bleiben: „Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen……Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder, denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!“  richtet hier Amos im Namen Gottes aus. (Amos 5, 21 f.).  Ich komme ins Grübeln: was mögen diese klaren und harten Worte für die wunderbaren hochfeierlichen Liturgien der in dem Artikel vorgestellten Orthodoxen in Äthiopien bedeuten? So faszinierend diese weltenthobenen Frömmigkeitsrituale sind – so sehr fehlen hier kräftige Impulse für die Wahrnehmung von Weltverantwortung.
Ich teile Navid Kermanis gemischte Gefühle angesichts der hilflosen Sprachlosigkeit seiner geistlichen Gesprächspartner in Bezug auf den mit grausamsten Menschenrechtsverletzungen geführten Krieg in ihrem Land. Soldaten „mit denselben Gebetsbüchern in ihrem Rucksack“   bekämpfen sich. Wie eine Naturkatastrophe nehmen die Mönche und Priester diesen Krieg hin.   Sie beten für die Opfer, immerhin. Aber sie müssten doch schreien: Hört auf, im Namen Jesu Christi! Dietrich Bonhoeffer soll angesichts der Judenverfolgung in der Nazidiktatur gesagt haben: Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen. Die von Navid Kermani gestellte Frage, ob die imponierende Frömmigkeitskultur der orthodoxen Christen in Äthiopien gegenüber unserer modernen aufgeklärten Gläubigkeit die bessere Art zu glauben ist, bleibt offen.
Walter Scheck

Ich glaube, dieser Zwang von Schriftstellern, Reste von wunderbaren Kulturen, zu deren Verschwinden sie dadurch beitragen: „Kommen Sie bald wieder“, noch dazu in den schlimmsten Elendsecken der Welt, zu suchen, wird mir immer zweifelhafter. In Tigris ist doch seit Rimbauds Zeiten ein Krieg ohn’ Unterlass, „wie eine Naturkatastrophe“. Die es, religionskritische Pflicht dies zu sagen, nicht ist. Obwohl das menschengemachte eben inzwischen auch eine Naturkatastrophe ist. Denk-, Gesellschafts-, Naturkatastrophe. Ohne Hegel und andere Fortschrittsgötter.
Caroline Neubaur

Beim Lesen des Artikels habe ich mich unwohl gefühlt. Eine Frömmigkeit, die sich auf das Gebet beschränkt, nach mystischen Erfahrungen strebt und unhinterfragt glaubt, was in „uralten Handschriften“ steht, ist mir suspekt. Ich muss dabei an die kontemplativen Orden denken, die – außer für das Seelenheil ihrer Wohltäter*innen zu beten – nichts für andere Menschen tun. Immerhin ist es besser, wenn Gläubige nichts tun, als wenn sie anderen Menschen unter Strafandrohung vorschreiben, wie sie zu leben und wen sie zu hassen und zu lieben haben, wie es nicht nur das Regime im Iran, die Taliban in Afghanistan, die Hamas in Palästina, die Herrscher in Saudi-Arabien, den Emiraten und weiteren überwiegend islamischen Ländern, sondern auch z. B. die Russisch-Orthodoxe Kirche, die evangelikalen Kirchen in den USA und in Südamerika und auch die katholische Kirche zumindest dort, wo sie noch Macht und Einfluss besitzt, machen.
Ulrich Willmes

Auf die im Untertitel gestellte Frage, ob die Frömmigkeit der dortigen orthodoxen Christen die bessere Art zu Glauben sei, gibt es eine einfache Antwort: Nein. Die traditionelle und von Ritualen bestimmte Art des Religionsverständnisses in Äthiopien möchte ich damit nicht kritisieren, aber interessierte Besucher, in diesem Fall also Herr Kermani, sollten schon zwischen Religion und Kult unterscheiden können, auch wenn es Überschneidungen gibt. Außerdem sollte man bei jeglicher Art festverankerter Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) distanziert abwägend bleiben. „Näher bei Gott“ kann Teil eines eindrucksvollen Narrativs sein, bleibt aber als Aussage suggestiv, weil damit das Verhältnis von Relativem und Nicht-Relativem ungeklärt bleibt. Das zum Text gehörende Foto bildet im Übrigen für mein Empfinden ein niemals endendes, atmosphärisch einprägsames Fest des Überwindens irdischer Mühsal ab, dessen Teilnehmer aber doch mit beiden Füßen auf dem Erdboden bleiben. Und wenn ich aus der Fülle der Details des Textes noch einen Punkt erwähnen darf: Dass in der Pilgerstadt Aksum der Überlieferung nach die jüdische Bundeslade aufbewahrt wird, ist ein schöner, aber suggestiver Frömmigkeitsanreiz. Allerdings hat es diese Bundeslade in materieller Form nie gegeben. Sie ist eine geistige Gestalt mit hoher symbolischer Bedeutung zur Konkretisierung einer Glaubensform vergangener Zeiten.
Christoph Müller-Luckwald


Leserbriefe zu „Glückwunsch Braunalge“ von David Hugendick

Schön, auch mal in munterem Ton und mit witzigen Querbezügen von den Tieren und Pflanzen des Jahres zu lesen! Leider ist der Bildagentur jedoch ein Fehler unterlaufen: statt der Mehlbeere zeigt das Foto den Roten Holunder, und der ist traubenblütig…. Vielleicht können Sie ja ein Bild der wirklich schönen Mehlbeere noch bringen.
Sibylle Tschunko

Nun ja, die Mehlbeere, wer kennt sie schon? Genau deswegen soll sie ja bekannt gemacht werden. Was Sie allerdings als Illustration gebucht haben, ist eher ein Roter Holunder, (Sambucus racemosa) und keine Mehlbeere. So wird das nichts mit der Popularität. Immerhin ist der Holunder die Heilpflanze des Jahres; das wiederum haben Sie unterschlagen beziehungsweise verfälscht, denn die von Ihnen genannte Blutwurz ist die Arzneipflanze des Jahres, soviel Genauigkeit muss schon sein. Allerdings – Heilpflanze des Jahres ist nicht der Rote sondern der Schwarze Holunder (Sambucus nigra). Es bleibt schwierig. Bei möglicherweise 10 Millionen Spezies auf der Erde und gefühlt 100 Helden des Jahres kann man aber auch schon mal durcheinanderkommen.
Jörg Brucklacher

Ganz, ganz selten lese ich meinem Mann beim Samstagsfrühstück mal einen kompletten Artikel vor. Aber dieser war echt köstlich, weil so schön blödsinnig und weit hergeholt und deshalb hochgradig amüsant. „Stadtbekannter Saunadrängler“ und „Cafeteria-Geißeltierchen“ gehören jetzt neu zu meinem Wortschatz. Ich hab’s gefeiert! Vielen lieben Dank für den Lesespaß!!
Martina Mendel


Leserbriefe zu „Die Unbeirrbare“ von Stefan Willeke

Danke für den sehr interessanten Artikel über Frau Schwesig. Tolle Frau. Endlich mal jemand, der die Arbeit in und mit der Politik ernst nimmt. Diese Schauspieler, die Sie namentlich genannt haben, nehmen ihre Arbeit nicht ernst, sich selbst aber schon. Ihre kleinen Sottisen und rhetorische Anzüglichkeiten im Artikel nehme ich als Ausflug in die Welt von „Spiegel“ und „Stern“ nicht so ernst. Das gehört wohl dazu, damit sich der Reporter wohl fühlt. Aber dass die Abneigung zum Verwitzeln der Politik bei Frau Schwesig für Sie anstrengend ist, verwundert mich schon ein wenig.
Hartmut van Meegen

Verlogen, verlogen bis ins Mark! hätte diese Politikerin einen Hauch von Anstand. So hätte sie längst in aller Öffentlichkeit ihre gravierende Fehleinschätzung gestehen müssen und Haltung zeigen müssen. kein Wunder, warum diese Partei so abgeschmiert ist. Wie hätte sich Willy Brandt oder Helmut Schmidt hierzu verhalten??? Hat sich Fr. schweigen das mal durch den Kopf gehen lassen ???
Matthias Rugo

Der Artikel wäre mit „Die Unbelehrbare“ deutlich passender überschrieben. Frau Schwesig lässt an keiner Stelle eine echte Reflexion ihrer verheerenden Russlandpolitik, speziell im Hinblick auf North Stream 2 erkennen. Damit ist sie bei weitem nicht alleine, wie unser amtierender Bundespräsident und natürlich Frau Dr. Merkel zeigen, die beide ebenfalls keine großen Versäumnisse in ihrem Umgang mit Putin sehen. Immerhin ist letztere nicht mehr aktiv. Wie man jedoch mit einer solchen Politik im Gepäck, die selbst dann noch stur weiterverfolgt wurde, als alle Welt bereits lautstark und dringlich gewarnt hat, weiterhin höchste Ämter bekleiden kann, ist mir vollkommen schleierhaft.
Andreas Zabel


Leserbriefe zu „Konflikt ums Klimageld“ von Ricarda Richter

Die Autorin geht davon aus, dass weiterhin bis 2045 das „Klimageld“ in Milliardenhöhe „erstattet“ werden kann; übersieht aber den Konflikt zwischen „Lenkungsabsicht“ und der „fiskalischen Absicht“ der CO2-Steuer. Das Steueraufkommen ergibt sich aus CO2-Preis P multipliziert mit der Emissionsmenge X: ST = P·X. Bei X = 600 Einheiten (z.B. Mill t p.a.) und P = 66,7 €/E flössen dem Staat 40.000 € zu. Nach 12 Jahren wird als „ökologischer Erfolg“ gefeiert, dass X auf 100 E sinkt bei einem Preis P = 200 €/E. Das Aufkommen mit 20.000 € ist bei dreifachem CO2-Preis trotz recht hoher (fossiler) Energiepreise gesunken. Erreicht in 2045 die CO2-Emissionsmenge X = NULL (Lenkungsabsicht!) bei einem CO2-Preis von 500 €/E ist dann auch das Steuer-Aufkommen = NULL! Es gibt trotz enorm hoher CO2-Preise keinerlei Geld für Kompensationen mehr. Das gegenüber Südostasien ohne Klimapolitik viel teurere Energiesystem erweist sich als schwierig: Also her mit Zöllen auf alle Importgüter! You can fool some of the people all of the time and you can fool all of the people for some of the time: But cannot fool all of the people all of the time!
Wolfgang Ströbele

Der Beitrag verlockt zu endlosen Debatten über Sinn oder Unsinn der C02 Bepreisung, die als marktwirtschaftliche Maßnahme gefeiert wird, aber zunächst einmal Bürger und Wirtschaft enorm belastet und deren Steigerung sich sicher auf Gürtel und Investitionen negativ auswirken wird. Erfolg? Ungewiss! Glaube, Liebe, Hoffnung?: Gewiss. Zwei spezielle Anmerkungen gleichwohl. Der Beitrag vernachlässigt – wie in der gesamten Klima-Debatte üblich – die quantitative deutsche oder auch europäische Einflussgröße. Vielmehr wird das Weltklima stets unreflektiert mit dem Verhalten in der EU, in Deutschland, ja in Pöseldorf 1:1 in Beziehung gesetzt. Das ist Propaganda in Gestalt von Hybris. Der Beitrag nutzt das sattsam bekannte Narrativ, das Verfassungsgericht habe der Regierung 60 Mrd. geraubt. Vielmehr hat sich die Regierung bei einem waghalsigen Finanzmanöver verzockt und ist vom Gericht zur Ordnung gerufen worden. Die Hasardeure sitzen in Berlin nicht in Karlsruhe. Soviel journalistische Korrektheit ist doch nicht zu viel verlangt. Oder?
Lutz Bauermeister

Der Satz „Auch deshalb erhöhte die Ampel den CO2 Preis stärker als ursprünglich für 2024 geplant.“ ist höchst missverständlich, wenn nicht sogar falsch! Die CDU hat seinerzeit beschlossen, 2023 den CO2 Preis auf 35 Euro und 2024 auf 45 Euro zu erhöhen. Die Erhöhung in 2023 wurde ausgesetzt; die Erhöhung 2024 wird jedoch wie geplant umgesetzt und beträgt nun (wie von der Vorgängerregierung geplant) entsprechend 45 Euro.
Stephanie König


Leserbriefe zu „Gute Sache, böses Wort“ von Felix Rohrbeck

Die ganzen Zahlenspiele und Schuldzuweisungen lenken vom Kern der Sache ab: Unsere Art zu leben IST nicht nachhaltig, und schon gar nicht klimaneutral oder umweltneutral. Wozu BRAUCHEN wir all die Dinge, die wir kaufen oder tun? Nachhaltigkeit ist nur zu erreichen, wenn wir unseren Ressourcenverbrauch und den Ausstoß an klimarelevanten Gasen (CO2, Methan, NF3) – sofort – auf den Stand von 1960 begrenzen (vergl. Earth Overshoot Day). Gleichzeitig dürften die Staaten, die wir damals „Entwicklungsländer“ genannt haben (China, Indien, fast ganz Afrika), diesen Stand nie erreichen. Wohlgemerkt Konjunktiv; das wäre weder fair noch sozial nachhaltig.
Peter Schulze

Das Engagement von dm in Sachen Nachhaltigkeit ist für ein Wirtschaftsunternehmen sicherlich vorbildhaft. Gleichwohl werden die genannten Adjektive „klimaneutral“ und „umweltneutral“ zu Marketingzwecken und damit zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen in einem hart umkämpften Markt genutzt. Von daher wurde dm „erwischt“. Dem Gerichtsurteil würden die Natur bzw. das Klima als Rechtssubjekt sich auch zustimmen. Vielleicht ist es idealistisch, aber es wäre schön, wenn dm sich damit „begnügen“ würde Nachhaltigkeit als ökonomisches Prinzip zu verstehen im Sinne von „a better world“, statt dies auf Produkten unangemessen zu monetarisieren.
Wendelin Sitter

Mit der Sprache wird geschludert. Neutral heißt, dass es keine Auswirkung hat. Wenn ein Produkt XY-neutral ist, dann kann an XY kein Unterschied festgestellt werden, ob das Produkt produziert wird oder nicht. Beispiel: Ist ein Duschgel dm-Bilanz-neutral, dann merkt dm in der Bilanz nicht, ob es überhaupt hergestellt wird. Warum ist es so schwer, die Sprache nicht zu verbiegen?
Hans List


Leserbriefe zu „Lang lebe der König!“ von Elisabeth von Thadden

„Wälder sind die Klimaanlagen der Welt, die Lungen des Planeten – und wir sind gerade dabei, sie abzuschalten.“ (King Charles III, *1948) King Charles III. ist an Krebs erkrankt, deshalb muss er jetzt eine Regierungspause einlegen. Queen Camilla steht Gewehr bei Fuß bereit, um ihn zu vertreten und sie wird das schon richten, aber die Insel dürfte deshalb nicht untergehen. Großbritannien hat den Brexit überlebt, dazu kann ich den Inselstaat nur beglückwünschen. Hoch lebe King Charles III., hoch lebe Queen Camilla!
Klaus P. Jaworek

Danke, liebe Frau von Thadden, für Ihren klugen, liebevollen, brillant formulierten Artikel über den viel verkannten König Charles III.
Christiane Fladt


Leserbriefe zu „Hundert Stunden“ von Peter Neumann

Hat sich in dem Artikel ein sinnentstellender Dreckfuhler eingeschlichen (… keine Hierarchie zwischen wichtigen und weniger wichtigen Personen … statt … eine Hierarchie …), oder verstehe ich da etwas nicht?
Michael Dammann

Mir scheint, dass Sie am Anfang der dritten Spalte einen Tippfehler bzw. logischen Fehler eingebaut haben. Jedenfalls würde der Satz mehr Sinn ergeben, wenn es hieße: „Es verstößt gegen ihre Vorstellung, dass es EINE (…) Hierarchie geben solle.“
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Über Zukunftsängste“ von Harald Martenstein, Autor im ZEIT Magazin

Ich frage mich, wie lange die ZEIT-Redaktion sich das noch bieten lassen will und wie lange die Leser und Abonnenten der ZEIT das noch goutieren und finanzieren sollen oder wollen: Martenstein schreibt für die WamS seit Monaten ausschließlich Kolumnen, in denen Deutschland und alle, die angesichts der Zustände in unserem Land nicht von allergrößter Abscheu erfasst werden, regelmäßig und systematisch niedergemacht und verspottet werden. Das sichert ihm dort seinen Job. Im ZEITmagazin gibt es dann – wenn nicht gerade Belanglosigkeiten über das Söhnchen, die Mutter, die Großeltern oder Urlaube in Spanien oder Florida zu vermelden sind – einen dünnen Aufguss dieser Verunglimpfungen. Und dies mit einem Trick: Meist schreibt er nicht, dass er selbst in und an Deutschland alles entsetzlich findet, sondern er beruft sich auf Freunde, Taxifahrer, Nachbarn etc. Er sagt auch nicht, dass er Orban mag – aber er insinuiert: Wenn es so viele vernünftige Menschen nach Ungarn zieht, dann kann doch der Ministerpräsident dieses Landes nicht so schlecht sein, wie die hiesige Linkspresse ihn macht. (So etwas gab es in den siebziger Jahren schon mal, als Deutsche vor Willy Brandt nach Spanien flohen und an der dortigen Franco-Diktatur nichts auszusetzen hatten. Aber da war der wendige Martenstein meines Wissens noch auf dem DKP-Trip.) Würde Martenstein in eine von meinen Abo-Gebühren mitfinanzierte Immobilie nach Budapest ‘rübermachen und dort Loblieder auf die politischen Verhältnisse in Ungarn singen – der ZEIT ginge nichts verloren.
W.-R. Heilmann

Zeitanteiligkeit als Zukunft ist für eine Menschenkreatur eher nach der durchschnittlichen Lebenserwartungs-Statistik zu definieren: Männlich – 78,3 Jahre. Weiblich – 83,2 Jahre. Danach orientieren sich auch die Lebensversicherungen mit ihren Policen! Optimistisch zur Zukunftsdeutung wäre es, wenn eine Eintagsfliege die andere fragen würde: „Und was machst Du morgen?“ Lt. Albert Einstein aber scheint Zeit relativ zu sein! Wir halten uns an Normen und Formen und Feiertagen fest (feiern die Geburtstage) – ansonsten wäre unser Zeitmaß nur ein unreglemenTIERter Durchlauferhitzer – ohne z.B.: Ostern, Weihnachten, Neujahr zu diesen Wiederholungen der Wiederholungen als Halt(e)-Stationen in der Lebenszeit… Die seitherigen verbrauchten 75 Lebensjahre des RvM-Leserbriefschreibers veranlassen sicherlich nicht zu einem langverplanenden Optimismus in die Zukünftigkeit – doch da diese unübersichtliche verbleibende „Weitsicht“ als Auslegung von Zukunft ebenso relativ (in der Verdrängung) zu sein scheint, gilt dann für mich eher der klassische Spruch für den Augenblick: Carpe diem! Dennoch: die Illustration von Martin Fengel lässt einen schon heftig erbibbern zu diesem orientierungsunfreudigen Zukunfts-Bild-Ausdruck – andererseits kann einem aber doch beständig und erschröcklich der Schreck in den Gliedern und im Kopf verbleiben, wenn man sich bewusst sein muss: dass jedes Lebewesen auf diesem Planeten des Todes vom kollektiven Tod ermordet wird… So besehen: wäre Martin Fengels Abbildung letztlich repräsentativ für unsere menschliche Grundstimmung: Memento mori. Aber lassen wir das nolens volens auf uns zukommen! Doch man könnte sich vielleicht in diesem zeitlichen Moment „totstellen“ wenn der persönliche Tod nach einem sucht(e) – und er so eventuell getäuscht würde…
Nicht ängstlich überblättern wollte der RvM die Kolumne „Über die Zukunftsängste“ – von Harald Martenstein getextet, und zwar nicht aus RvM-Angst vor Zukunftsängsten, sondern aus steter Gewöhnung der süchtig machenden: eigenartigen persönlichen wöchentlichen ZEIT-Euphorie des Leserbriefschreibers… Zu lesen sei in dieser Kolumne des ZEIT-MAGAZIN Nr. 7: dass da Martensteins deutscher Freund eine Wohnung in Budapest gekauft habe und dem Harald gleichzeitig mitteilt: „dass in seinem Bekanntenkreis fast alle auf der Jagd nach bezahlbaren Immobilien im Ausland seien, sofern Ersparnisse vorhanden… Aber toll sei Budapest halt schon. Die Lebensqualität. Die Freundlichkeit. Das alte Europa.“
Das erinnerte den RvM an eine Zeit in die Vergangenheit hinein, zwei Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung BRD/DDR – als der Leserbriefschreiber damals in Budapest zwei Wochen sich dort aufhalten wollte – und auch im Spielcasino landete: an diesem Abend sehr viel Geld beim Roulette gewann, so dass er den anwesenden zwei attraktiven Schwestern-Frauen (jene hier hohe Beträge am Roulettetisch verloren hatten) ihre Eigentumswohnung mit vier Räumen (in einem Jugendstilhaus) abkaufte – diesen Kaufbetrag von seinem gewonnenen Spielbankgeld bezahlte… Bei ihnen (nach etlichen Flaschen Champagner) dann (ohne nächtliche dauerhafte Erinnerung) zu dritt in ihrem Bett morgens aufwachte, mitten in dieser ihm nun gehörenden Wohnung mit all dem Jahrhundertwende-Jugendstil-Mobiliar… Um es abzukürzen: Budapest war verpestet von den Zweitakter-Trabis, die zwischenzeitlich von den Ex-DDR-Leuten nach Ungarn (zumeist in die Hauptstadt) weiterveräußert worden waren – (denn man fuhr zwischenzeitlich im deutschen Osten bereits vorwiegend westliche Gebrauchtwagen oder sogar Neuwagen zu kapitalistischen Ratenkäufen!). Es war in diesem damaligen Budapest körperlich nicht auszuhalten – dicke Auspuffschwaden der DDR-Zweitakter (zu und mit den ungarischen BesitzerInnen) vernebelten die Hauptstadtstraßen: nicht nur für die Lunge und die Nase insgesamt atemlos und berochen: absolut unerträglich. (Die Wohnung hat der RvM den beiden lebenslockeren Damen wieder rücküberlassen, bekam dafür einen vierkarätigen Altschliff-Brillanten aus einer ihrer Erbschaften von einer der Großmütter – wars damit zufrieden plus einer nachgeholten nunmehr erinnerungsfähigen Dreisamkeit ohne Alkoholrausch aber mit nachhaltiger lustvoller Berauschung. Soweit mein Thema: Eigentumswohnung in Budapest. Ich war froh: diese (damalige) Auspuff-vernebelte Trabi-„Hauptstadt“ (ohne Eigentum) verlassen zu können, wenngleich der intime Abschied von den beiden Schwestern dennoch nachwirkte… Und ich ihnen trotz und mit meiner Spielleidenschaft, dringend empfahl, sich von dem Spielcasino entfernt zu halten – um nicht zuletzt doch noch „obdachlos“ zu werden…).
Aber weichen wir nicht aus, verdrängen möglichst nicht – und erkennen wir uns in Harald Martensteins Analyse zur Gegenwärtigkeit: „Was Deutschland betrifft, grassieren Zukunftsängste verschiedenster Art. Die einen haben Angst vor dem russischen Einmarsch, die anderen vor der AfD, wieder andere fürchten sich vor einem großen Wirtschaftscrash, der grünen Ökodiktatur, dem Klimawandel, dem Islam, einer neuen DDR, die Ängste sind bunt und divers. Aber irgendeine Angst hat offenbar jeder.“ Der RvM möchte hierbei seine 92-jährige Mutter zitieren, die nach dieser Artikel-Lektüre von Harald Martenstein, anmerkte: „Ich habe als 13-jähriges Mädchen auf der Flucht von Schlesien vor der Roten Armee so viel Schreckliches erlebt, habe mitangesehen: dass sowjetische Panzer in die Flüchtlingstrecks hineinpreschten: Menschen, Pferde, bepackte Wagen mit den Panzerketten zermalmten… Kam mit meinem verwundeten Vater und meiner Mutter in sowjetische Lagergefangenschaft, Frauen wurden vergewaltigt, Menschen erschossen, neben uns auf dem Dachboden hatte sich eine Familie mit vier Personen das Leben genommen… Es war ein Jahr des Leidens und der täglichen Lebensgefahr… Dann die Zeit in der DDR – auch dort lebte man in notdürftigen Provisorien, in Ängsten auch durch die Bespitzelungen und dann 1951 die Flucht aus diesem System in den Westen nach Stuttgart, dieser schrecklich zerbombten Stadt, wo Menschen noch in Kellern lebten, jede/r versuchen musste: irgendwie durchzukommen… Und als Flüchtling aus dem Osten, es noch schwieriger war mit den Schwaben (den alteingesessenen) auskommen zu können. Deutsche Flüchtlinge waren damals (im Westen) wahrlich nicht willkommen! Seinerzeit hätten wir eigentlich alle jammern müssen, wäre eine allgemeine Apathie in die doch unvorstellbare Zukunft eigentlich realistisch gewesen – und dennoch: Es war da eine Aufbruchstimmung, die man dem deutschen Volk insgesamt niemals zugetraut hätte – nach all den Verwüstungen und Zerstörungen in den Städten, den Verlusten an Menschen überall, das Leiden an Leib und Seele in der Bevölkerung. Was sind also die Probleme der heutigen Deutschen auf ihre Zukunfts-Ängste bezogen?“ – hinterfragte meine 92-jährige Mutter. Was ihr aber besonders an diesem Artikel auffiel, dass sich der Kolumnist in keiner Weise zu den massiven Problemen der Migrationen in Deutschland, äußerte – mit keinem einzigen Wort als Gegenwartsangst (in seiner Aufzählung) zu diesen vorhandenen Zukunftsängsten… Hierbei wurde doch nur zu deutlich, dass sich Harald Martenstein zu diesem brisanten Thema „über Zukunftsängste“ nicht äußern mochte, ihm diese gegenwärtige Zukunftsangst der Mehrheit der Deutschen: nicht aufschreibbar erschien – um sich vielleicht bewusst dabei rauszuhalten oder aber er (Shitstorm)-Angst hat vor den Reaktionen aus den verschiedenen Lagern dieser Meinungsanwesenheiten in der „kunterbunten res publica“ einer zu entgermanisierenden Republik Deutschland… Der Name des Landes Deutschland steht zukünftig wohl auch noch zur Debatte? Welche Made madet in diesem Germany…
Zurück von der hochbejahrten topfitten Mutter zum RvM-Leserbriefschreiber-Sohn (mit seinen 75 Lebensjahren) – der bewußt kein Eigentum besitzt, seit über 55 Jahren kein Auto fährt, als Vegetarier sich ernährt und keiner (Eintags-)Fliege etwas zu Leide tut… Man muss nicht besonders lebensnah deutlich erkennen können, dass wir nur Gast auf Erden sind – und daher versuchen sollten: möglichst wenig Verbrauch für sich zu gebrauchen, wobei hierbei die Bescheidenheit sicherlich kein Armutsgebot zu sein hat a la bewusster philosophischer Lebensform eines Diogenes und den Kynikern… Und da kommen wir in diesem Zusammenhang auf eine Erkenntnis der Zukunftsängste von dem Verlust an Besitz und zu der Textzeile eines Blues-Songs: „You can’t lose, what you ain´t never had!“ – oder antikklassisch griechisch philosophisch von Diogenes (410-323 v.u.Z) konzipiert: „Nicht der Mensch ist glücklich, der am meisten besitzt, sondern der, welcher am wenigsten braucht. Wer mit nichts zufrieden ist, der besitzt alles.“ Wo ihm doch vom Makedonischen (Welt-)Eroberer Alexander jeder Wunsch erfüllt worden wäre! Aber dieser Diogenes (von Sinope) sagte in Athen ganz nebenbei nur zu ihm: „Geh mir ein wenig aus der Sonne!“ Klar doch – macht auch das Prassen, das Saufen, der Luxus, das Verschenken durch finanzielles Freude-bereiten, die Weltreisen, Kultur und Kunst-(Besitz), die polygame Lustbefriedigung: insgesamt zur persönlichen Bereicherung einen Lebenssinn im erkennbaren Unsinn… –Und zudem wünscht mann/frau (der Mensch als eigenwilliges Zentrum) zu all dem (vor allem?) auch noch geliebt zu werden und lieben zu können… Tja – wir leben in einem System des Kapitalismus: wo dieses Hereinkarren von Geld geradezu mit dem absoluten Erfolg verbunden ist, quasi zur hohen Attraktivität dieser Ideologie gehört. Nur wissen wir aber auch: dass dieses System eben (im Vergleich zu den massenhaften „Verlierern“ – wenn man diese Vergleiche dann anwendet) in der absoluten Mehrheit an den „Sklaven der Moderne“, die nicht „erfolgREICH“ sind – kaum glückliche Menschen produziert: weil für den Monatslohn eben heftig malocht werden muss! Und andere Zeitgenossen genüsslich (mit welchem Geld auch immer und wodurch) luxuriös die Sau rauslassen können… Nehmen wir als Beispiel rückblickend einen Arndt von Bohlen und Halbach, der als der Krupp-Erbe dann gegen ein hohes Abfindungsgeld und mit jährlichen Apanagen – auf das Milliarden-Erbe verzichtete…
Ein massiver Grund war wohl mit: dass die Kumpels in den Krupp-Stahlwerken sich einen abschufteten, sich darüber auch öffentliche Gedanken machten: während der feine Herr Arndt Krupp v.B.u.H. sich es mit den Millionen an fremderarbeiteten Geldern, verdammt gut gehen ließ: in Saus und Braus seinem Luxusleben frönte… Dass er nicht glücklich war, ist eine ganz andere persönliche seelische Selbstverdunkelung in derartigen Dimensionen und Depressionen. Doch auf die Frage, ob er einmal zu arbeiten gedenke, antwortete er: „Das hat mir gerade noch gefehlt.“ Keith Richards benannte ihn in seiner Autobiographie Life: „Eine verkommene Figur, selbst nach meinen bescheidenen Maßstäben – aber ein echter Paradiesvogel!“ Fritz J. Raddatz schrieb über den Krupp-Sohn: „Er sei eine fahle Made im weißen Seidenleinenanzug, eine schwankende Gestalt, sorgfältig geschminkt, doch die Wimperntusche lief übers Pancake-Make-up, unklar, ob von den Windböen oder den offensichtlichen Alkoholstürmen“. Diese Beider Begegnung muss wohl auf Sylt gewesen sein, wo Arndt v.B.u.H. ebenfalls Besitz besaß – gleichwohl hatte der ebenfalls schwule Fritz J.R. auch ein Faible für den Luxus, gönnte sich oft über sein hohes Limit hinaus: die schönen Gegenstände bis hin zu Wunderlich-Bildern und Gallé-Vasen… Wir wollen also nicht eifersüchtig oder neidisch sein auf diese in den verschiedenen Dimensionen hohen und höchsten Ansprüche an das luxuriöse Leben – und um es damit bewenden zu lassen, sollte noch Oscar Wilde zu Rate gezogen werden, der da von und über sich äußerte: „Wer im Rahmen seiner Möglichkeiten lebt, leidet an Phantasiemangel…“ – und desweiteren: „Ich war immer der Meinung, dass harte Arbeit einfach die Zuflucht von Menschen ist, die nichts zu tun haben.“ Und als Krönung das Zitat: „Ich habe den einfachsten Geschmack: Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“
Ein Freund von Martenstein ist in der Immobilienbranche: „Wien, sagt er, sei zum Kaufen auch gut. Berlin? Schlechte Lebensqualität trotz hoher Preise, überall Dreck, nichts funktioniert, sogar Pit und Paule sind weg, die süßen Pandabärchen.“ Ist es vermessen, heute noch an das Berlin von 1945 zu erinnern: wie entsetzlich durch die Bombardements zerstört, als Ruinenlandschaft kaum mehr erkennbar… – und Martenstein (als Gewinner im System) äußert sich in der jetztigen Gegenwart in seiner Kolumne eigenartig seltsam melancholisch: „Die Angst vor Berlin darf man bei der Aufzählung der deutschen Ängste also auf keinen Fall unterschlagen. Die „Berliner Zeitung“ berichtete, dass ein Exodus deutscher Prominenter aus Berlin drohe…“ Ja wat denn nu: Überlebt der Kapitalismus seine ideologische Unersättlichkeit in naher Zukunft nicht mehr – und die Zusatzfrage muss daraufhin erlaubt sein: Wieviele Jahrzehnte (fünf oder zehn Jahrzehnte?) hält das die Natur auf diesem Planeten noch aus und wie natürlich könnte sich der Mensch in seiner notwendigen Veränderung mit der Natur, insgesamt dann umstellen…? Da muss der materielle Reichtum als persönliche Bereicherung dann den Rückzug antreten und ein Gleichheitsprinzip im Umgang mit den Ressourcen müßte als Gleichheitlichkeit des Verteilens von allen Menschen im Gleichklang akzeptiert werden… Aber wie soll das funktionieren – der Mensch ist von Natur aus (?) nicht so empathisch gleichheitlich konstruiert bzw. eher im Laufe der menschlichen Evolution so manipuliert und dressiert worden: aber von wem und was und durch welche Vorhandenheiten? Revolutionen gab es (nicht) zur Genüge – doch immer wieder frißt die Revolution ihre Kinder auf, sprich: alles bleibt beim Alten oder wird dadurch noch extremer zur Ungerechtigkeit und Ungleichheit erweitert. Wo wir dadurch heute angelangt sind, ist eigentlich für jeden Menschen ziemlich deutlich zu erkennen – doch was erkennt man (menschlich) dagegen tuend? Hilft da der Spruch: Eher geht ein Reicher durch ein Nadelöhr, als dass ein Kamel in den Himmel kommt. Wie insgesamt soll man sich darauf einen verrückten Reim und die Reime machen… Im Schwäbischen gibt es den Begriff des „Entaklemmer“ – was bedeutet: dass es derjenige/diejenige nicht abwarten kann, bis die Ente das Ei natürlich gelegt hat, sondern er/sie es ihr zuvor schon herausmassiert…
Harald Martenstein ist klug und sibyllinisch genug, um uns schriftstellerisch dokumentiert nicht zu verraten, wohin er sich und seine Zukunft hin arrangiert… – tatsächlich aber wurden uns leider in dieser Kolumne „Über Zukunftsängste“ keinerlei positiven Zukunftsaussichten dargestellt! Hier wäre doch vom durchgeistigten Martenstein eine Gelegenheit dagewesen, uns Menschen über DIE ZEIT und das eloquente ZEIT-MAGAZIN – im Rahmen seiner möglichen Überschaubarkeit: UNS allen durch seine weisen Voraussagen die Zukunftsängste kurzfristig zu nehmen… Wir müssen es ja nicht allzu ernst nehmen (wie ja auch diese Martenstein- Kolumnen immer mit einer hanseatisch-delphischen Orakel-Verklärung gedeutet werden sollten…) – aber immerhin: ein wenig hätten wir uns schon gerne in Martensteinscher kolumniöser Zukünftigkeit erwägend, gewogen oder nur ein bisschen in dessen Zukunftsvision wiegen mögen… Noch ein Bonmot von Oscar Wilde zum abwägenden Schluss zum verständlichen Selbstbetrug: „Selbstvorwürfe sind ein Luxus. Wenn wir uns selbst die Schuld geben, haben wir das Gefühl, dass niemand anderes das Recht hat, uns die Schuld zu geben. Es ist die Beichte, nicht der Priester, die uns Absolution erteilt.“  Diese unstete Absolution sei hiermit sachdienlich erteilt! -Noch irgendwelche Fragen an die Zukunft im wahrsten Sinne des Zukünftigen über die Zukunftsängste – denn: last but not least: Das Leben ist eines der gefährlichsten!
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld


Leserbrief zu „Womit keiner rechnet“ „Nach dem Überfall auf die Ukraine… von Michael Thumann

Praktizierte Dummheit kennt einfach keine Grenzen und nicht nur die Politiker der Ampel pflegen diese Dummheit blindlings weiter. Nicht nur die Sanktionen gegen Russland treiben Deutschland und die EU immer weiter hinein in das totale Chaos und trotzdem bleiben unsere Volksvertreter weiterhin, mit geschlossenen Augen und dazu noch mit sämtlichen Händen vor den Augen, treu auf ihrem Irrweg. Das sanktionierte Russland feiert indes einen wirtschaftlichen Erfolg nach dem anderen.So viel zu dieser dummen Stur- und Einfaltspinseligkeit dieser Politiker in Deutschland bzw. in der EU!
Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Mit sich im Reimen“ von Anna Mayr

Hoffentlich bleibt es bei „Müntes“ erstem Gedichtband, denn, wahrlich übertreffen lassen sich diese Geistesblitze nicht! Wieso widmet die „Zeit“ diesem – ich zitiere aus „Müntes“ Gesammelten Reden – „Mist“ eine ganze Seite? Sollen diese Reime vielleichte“ Schule“ machen? Wundern würde es mich nicht!
Jürgen Straßburg


Leserbrief zu „Regulierte Intelligenz“ von Johanna Jürgens und Jakob von Lindern

Vielleicht ist es gut, dass die EU hier ein Gesetz zur Regulierung die KI Auf den Weg bringt, ich weiß es nicht. Ich weiß (oder glaube zu wissen) Nur eins: Die richtige KI oder Englisch AI wird immer Möglichkeiten finden, Diese Gesetze ad absurdum zu führen. Darüber sollen und müssen wir uns klar sein.
Manfred Mengewein


Leserbrief zu „Flippers buckliger Verwandter“ von Fritz Habekuss

Vielen Dank für diesen Artikel über einen der seltenen Flussdelfine. Bzgl. der Anzahl der Arten von Flussdelfinen weltweit war ich bislang von 4 Arten (nach Aussterben des chin. Flussdelfins nur noch 3) ausgegangen. Bitte erklären Sie mir, wie Sie auf 6 Arten kommen bzw. welche Sie dazuzählen. Nebenbei fiel mir auf, dass der Flussdelfin als „Meeressäuger“ bezeichnet wird. Ist das korrekt? Er lebt doch gar nicht im Meer.
Christoph Schürmann


Leserbrief zu „Was bedeutet Souveränität?“ Gespräch mit Karolina Wigura und Jaroslaw Kuisz, moderiert von Elisabeth von Thadden

Vielen Dank für das Interview. Ich habe viel gelernt, vor allem aus Ihren intelligenten Fragen (und wenig aus den Antworten).
Armin Steiner


Leserbrief zu „Einwurf von rechts“ von Johanna Jürgens und Martin Nejezchleba

Beim Stöbern im Leserforum der Fürstenwalder Zeitung kommt man nicht umhin, an der Echtheit der Verfasser der vermeintlichen Leserbriefe zu zweifeln: Es tummeln sich dort auffällig viele Leser mit Doktortitel. In einem Medium wie der Zeit ist ein solcher Umstand wenig verwunderlich. Aus eigener schmerzlicher Erfahrung weiß ich, dass bei einer Flut von Zuschriften diejenige mit dem Doktortitel darunter bessere Chancen auf Veröffentlichung hat. Ein Tor wer glaubt es läge nicht auch am Inhalt! Nun bezweifle ich, dass die Fürstenwalder Zeitung bei der Auswahl der Leserbriefe dieses Luxusproblem haben kann, und mutmaße, dass jede einzelne Zuschrift abgedruckt wird. Das ist Spekulation, jedoch wären vor diesem Hintergrund vier von zwölf Absender mit Doktor im Namen durchaus beachtlich. Sind hier etwa Trolle am Werk? Aber anstatt weiter scheinbar hilflos zu lamentieren, dass – in welchen Medien auch immer – rechte Hetze betrieben wird, sollten wir alle kollektiv anfangen zu handeln: Nehmen wir uns doch für den Anfang den Hauke Verlag vor. Jeder von uns liest ein paar Artikel und kommentiert diese. Zuschriften gehen an info@hauke-verlag.de. Wir müllen den Posteingang des Verlags mit unserer „gehirngewaschenen Propaganda“ zu, bis die Redaktion kapituliert. Danach ist der nächste Verlag dran. Den Anfang habe ich heute bereits gemacht. Bin gespannt ob die Fürstenwalder Zeitung meine Zuschrift abdruckt. Aufgrund meines nie erworbenen Doktortitels stehen die Chancen denkbar schlecht.
Maximilian Philipp

Ihrer Beobachtung, dass „in den Ost-Bundesländern … einige Gratiszeitungen zu Plattformen von Publizistinnen und Publizisten geworden (sind), die sich im Widerstand sehen gegen die Regierung und die Medien“ ist kaum zu widersprechen. „Die Anzeigenblätter“, von denen Sie so pauschal schreiben, sind jedoch – wie unsere gesamte Gesellschaft – vielfältiger als der Eindruck, den Sie Ihren Lesern unterbreiten.
• Seit vielen Jahren übernehmen Anzeigenzeitungen gesellschaftliche Verantwortung und machen sich für das bürgerschaftliche Engagement und das Ehrenamt in ihrer Region stark. Ob Sport- oder Musikverein, kleine Nachbarschaftsinitiative oder großer Wohlfahrtsverband – überall dort, wo Menschen sich für die Gemeinschaft einsetzen, sind sie dabei. Sie bringen Menschen einander näher und machen Mut, Verbesserungen des eigenen Lebensumfeldes selbst in die Hand zu nehmen.
• Kostenlose Wochenzeitungen berichten über die Heimat, stärken dadurch regionale Strukturen und Netzwerke. Sie verbinden, statt zu spalten. Ein friedlicher Umgang im Zeichen von Toleranz und Respekt steht im Mittelpunkt unserer Berichterstattung. Wir befördern das Verständnis für Minderheiten genauso wie für Mehrheiten.
• Anzeigenzeitungen sind ein Mosaik all der Akteure, die eine Gemeinschaft tragen und lebendig machen. Sie treiben keinen Keil zwischen ein gefühltes „Wir“ und irgendwelche „die da oben“. Sie geben Menschen und ihren Tätigkeiten und Angeboten Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit und vermitteln ihre Leistungen und Fähigkeiten.
• Unsere Leserinnen und Leser vertrauen uns, weil wir glaubwürdig und authentisch sind. Dieses Vertrauen in Anzeigenzeitungen ermöglicht, dass Debatten bei uns sachlich geführt werden, dass sich Bürgerinnen und Bürger zum Mitmachen in Politik, Vereinen oder Ehrenamt eingeladen fühlen. Bei uns gibt es keine Fake News. Wir veröffentlichen regelmäßig den Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV.
Gerade in einer Zeit, in der vielen vieles fragiler zu werden scheint, sollte diese publizistische Funktion der Anzeigenblätter für den Zusammenhalt und die Zivilgesellschaft vor Ort nicht ausgeblendet werden. Mehr dazu unter https://www.bvda.de/themen/journalistische-qualitaet/bvda-initiative- memorandum/wir-sind-anders/
Johannes Beetz, Torsten Berge,
Ulf-Stefan Dahmen, Redaktionsleiter Rheinische Anzeigenblätter Thomas Knackert, Redaktionsleiter FUNKE NRW Wochenblätter Hendrik Stein, Redaktionsleiter Berliner Woche / Spandauer Volksblatt Jens Vollmer, Chefredakteur SÜWE

 


Leserbrief zu „Wird bald besser“ von Tilman Rammstedt

Köstlicher Artikel. „Coorie“ war mir bis jetzt nicht bekannt. Ein sehr schöner Ausdruck. Ich war mit meiner Frau vor einigen Jahren im August u.a. auf den Äußeren Hebriden. Das Wetter war wie von Ihnen beschrieben. Max 16 Grad, die Möwen gingen zu Fuß. Nichts zu sehen von Seeadlern, die sich von freigelassenen Nutrias ernähren. Ich hatte Winterschuhe und lange Unterhosen an. Die Schotten kurze Hose und T-Shirt. Unglaublich. In unserem Hotel auf Barra trafen wir Schotten aus Glasgow, die seit Jahren ihren Sommerurlaub dort verbringen. Außer dem Flugplatz, der nur bei Ebbe und richtigem Wind angeflogen werden kann sowie ein abenteuerlicher Golfplatz, der von Kühen gepflegt wird, gibt es auf Barra nichts. In drei Stunden hat man zu Fuß die Insel umrundet. Aber vielleicht haben wir das „Coorie“ auf Barra nicht verstanden. Beim nächsten Aufenthalt in Schottland werden wir achtsamer sein und nach „Coorie“ Ausschau halten. Wie heißt es doch so schön: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Behalten Sie Ihren Humor. Ihren Artikel hebe ich auf.
 Hartmut van Meegen.


Leserbrief zu „Kokain-Nilpferde sind halb so schlimm“ von Fritz Habekuss

Halb so schlimm? Nein, ganz schlimm: Der Artikel. In dem Beitrag wird ein globales ökologisches und ökonomisches Desaster nicht verstanden und verharmlost. Es werden die Ergebnisse einer Metastudie zur grundsätzlichen Funktion von großen Pflanzenfressern (Säugetiere) in ihrem Ökosystem (Hippos: großer Fluss, Wildpferde: Steppe) mit der Verschleppung von invasiven Wirbellosen, Fischen, Nagern, Raubtieren, Pflanzen auf Inseln mit endemischen Arten, in Wälder, Korallenriffe, Kulturlandschaften, Flüsse, isolierte Seen, künstliche Biotope, kleinste Naturschutzgebiete, Dämme usw. verglichen, in denen sie solche „Funktionen“ eben nicht erfüllen. Lundgren verallgemeinert und unterstellt dem „Naturschutz“ dazu schlampige Arbeit nur er habet eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Da grüßt der Elfenbeinturm. Mit dem „Naturschutz“ sind wohl weltweit Vertreter staatlicher Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden, tausende Wissenschaftler, Biologen, Förster, Ranger, Landwirte, Verbände, Vereine, Bauhöfe, Gärtner, Fischer und engagierte, naturinteressierte und gebildete Bürger gemeint. Die Studie werden nur wenige Menschen lesen, und wenn, werden die meisten den Inhalt (leider im Gegensatz zu Herrn Habekuss) auch richtig einordnen können. Der „Naturschutz“ den Lundgren meint, beschäftigt sich nämlich praktisch und täglich mit dem aktuellen (!) globalen Artensterben und dem Lebensraumverlust – da wird geforscht, diskutiert und veröffentlicht, es gibt ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse und die Frage am Ende des Artikels: Welche Art darf überleben und welche nicht, wird immer wieder hinterfragt und zum Glück auch beantwortet – und fast immer richtig.
Lundgren erkennt zwar an, dass Körpergröße und Verhalten von Arten ökosystemrelevant seien…vergessen hat er zu erwähnen, dass Physiologie und Fertilität der Art oder Pathogene im Schlepptau die entscheidenden Kriterien sind. Und genau diese Faktoren machen invasive Arten oft enorm „schädlich“. Stattdessen sagt Lundgren ernsthaft (?): „Keine Wissenschaft der Welt könne sagen, ob eine Art schädlich ist oder nicht?“ Ein Beispiel aus meinem Fachbereich: Wandert eine invasive Flusskrebsart in ein Stillgewässer ein, schädigt die Art dort nachweislich die gesamte Flora und Fauna. Der Krebs übernimmt dort keine „Funktion“ (ein „gleichgroßes“ Pendant gibt es nicht), er frisst die Wasserpflanzen, Libellen oder Amphibien einfach auf – und er verschwindet von dort auch nicht wieder, frisst was er vorfindet, und ein Teil wandert in den nächsten Tümpel. Lebt dort beispielsweise ein Restbestand einer vom Aussterben bedrohten Art (Moorfrosch, Libelle, Krebsart o.ä.), ist wissenschaftlich gesichert, dass diese dort für immer verschwindet und vom ehemals naturnahen Tümpel eine trübe von Krebshöhlen durchlöcherte Brühe bleibt. Ist diese Art nun schädlich, oder nicht? Ist die Ausrottung des einheimischen Steinkrebses in Süddeutschland durch den aus den USA eingeschleppten Signalkrebs, der dazu noch die Fische und viele anderen Lebewesen dezimiert oder eventuell ausrottet, schädlich? Sind eingeschleppte Bisamratten, die Dämme unterhöhlen und den Hochwasserschutz gefährden und ökologisch bedeutsame Muscheln fressen, die sonst keine Feinde hätten, schädlich? Kann der Bambuswald in Europa die Buche ersetzen? War die Invasion der Europäer in Amerika für die Ureinwohner und ihre Kultur schädlich oder nicht?
Die Bekämpfung der Neozoen zum Erhalt von sowieso schon geschädigten Ökosystemen und künstlichen Biotopen zum Schutz gefährdeter Arten und auch zur Vermeidung gigantischer ökonomischer Verluste ist eine Herkulesaufgabe. Über Sinn und Unsinn sowie Kosten und Nutzen von Bekämpfungsmaßnahmen entscheiden zum Glück immer häufiger Fachleute. Leider hat aber die Biodiversitätskrise weder politisch noch journalistisch Gewicht, so dass viele Rufe nach mehr Engagement verhallen – und das Thema auch wegen solcher Artikel nicht verstanden wird. Das ausgerechnet bei einer so provokanten These, wie Lundgren sie aufstellt, ein journalistisches Grundprinzip, nämlich das ordentliche Recherchieren und ggf. Einholen einer anderen Fachmeinung, missachtet wurde, ist sowohl für den Journalisten Habekuss als auch für „Die Zeit“ sehr peinlich.
Michael Pfeiffer


Leserbrief zu „Was war Ihr erster große Fund, Madeleine Böhme?“. Gespräch mit Madeleine Böhme geführt von Hella Kemper

Frau Böhme stellt Beweise und Wahrscheinlichkeits-Verstand eindeutig über lehrmeinenden Wissensglauben. Meine Hochachtung für diese beharrliche Sonderstellung innerhalb der Wissenschaftler – auch und gerade in Bezug auf anthropologische Fragen. Allerdings: Unbequeme werden weggelobt, Linientreue befördert, obwohl nichts falscher ist, als auf Holzwegen zu beharren und aufhören, zu lernen. Dieses Gespräch bestärkt all jene, die mittels pantheistischer Ansätze (Spinoza, Goethe, Einstein) universellem Vernunftprinzip mehr Rang einräumen als dogmatischen Vorgaben. Denn logisch betrachtet brachte die klimatisch günstigste “Ursuppen-Konstellation“ rund um den Globus zu allen Zeiten Leben hervor (feucht-warm) auch uns Menschen. In unwirtlicheren Klimazonen dauerte es, typologisch abweichend, entsprechend länger. Die Tundra-Bewohner wären demnach die Nachzügler. So wenig haltbar, wie der Brüllaffe aus dem Schimpansen hervorging, ein Lama aus dem Dromedar, ist demnach die Behauptung, wir Mitteleuropäer oder gar Inuit und patagonische Großfüße wären Mutanten ostafrikanischer Vorfahren nach deren Wanderungen gen Norden. Wann und ob überhaupt wir teilvermischten Homo sapiens das Zeitliche segnen, was uns nachfolgt (immerhin überdauerten die Neandertaler gut 125000 Jahre!), steht in den Sternen – oder ist wohlbestellt, solange wir eifrig-staunend forschen, statt hypothetisch-eifernd Glauben an göttliche Schöpfung nicht Gott-spielend überstrapazieren.
Andreas Weng


Leserbrief zu „Den Zeitpunkt für den letzten Verbrenner kennen wir schlichtweg nicht“. Gespräch mit Ola Källenius geführt von Max Hägler und Roman Pletter

Manche der Aussagen des Mercedes-Chefs Ola Källenius scheinen mir zu sehr rückwärts gewandt, am „sauberen modernen Verbrenner“ und am althergebrachten Geschäftsmodell haftend … Ich frage mich, wie sollen die Kundinnen und Kunden Zuversicht und Mut zum Wechsel auf einen alternativen Antrieb schöpfen, wenn ein wichtiger Markenchef in den Raum stellt: „Ja selbstverständlich kann ich auch nach 2030 einen Verbrenner von Mercedes bekommen.“ Solch eine Aussage im Februar 2024 liest sich seltsam. Lieber Herr Källenius, wo bleibt der Mut zum Aufbruch, wo die Einsicht in die Verantwortung für das Erreichen der Pariser Klimaziele, zu denen auch die Global Player der Autohersteller ihren Beitrag leisten sollten?!
Wolf Warncke


Leserbrief zu „Was ich gern früher gewusst hätte“ von Andrij Melnyk im ZEIT Magazin

Was veranlasst Sie dazu, Andrij Melnyk (dem ukrainischen Undiplomaten) wieder ein Forum zu bieten unter „Was ich gern früher gewusst hätte“ ? Endlich waren wir ihn los, den rechten Bandera-Verehrer und Verächter deutscher Politiker und Prominenter.  „Was ich gern früher gewusst hätte „…!  Da hätte ich gerne gelesen, dass jeder ungerechte Friede besser ist als ein „gerechter“ Krieg, dass der Klügere nachgibt, dass schon genug Menschen in der Ukraine gestorben, verletzt und traumatisiert wurden, dass Milliarden verschwendet wurden, dass Kriege nur durch Verhandlungen ein Ende finden. Hoffentlich bald.
Helga Warsen