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4. April 2024 – Ausgabe Nr. 15

Leserbriefe zu „Oh, Israel“ von Jörg Lau

Der Krieg zwischen der Hamas und Israel wird eine nicht endende Flut von Terroristen schaffen, sehr viel mehr, als in ihm getötet werden. Der Staat Israel lehnt eine Zwei-Staaten-Lösung weiterhin kategorisch ab, der völkerrechtswidrige Siedlungsbau im Westjordanland geht unvermindert weiter. An- gelehnt an die Rede von Ernst Reuter von 1948 zur Blockade Berlins wäre es höchste Zeit für eine Rede vor den Vereinten Nationen und dem Weltsicherheitsrat: „Ihr Völker der Welt, schaut in die Augen der palästinensischen Kinder, die nur Leid, Tod, Vertreibung und Hunger kennen. Schaut auf den Irrweg dieses Konfliktes. Gebt diesen Kindern und der nächsten Generation eine sichere Zukunft in einem eigenen, gleichberechtigten und souveränen Staat. Ohne diesen Schritt wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Wer Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Vertreibung weiterhin säht, kann keinen dauerhaften Frieden ernten und wird die Folgen auch zu- künftig selbstverschuldet tragen müssen.“ Leider gäbe es für diese Rede momentan keine glaubwürdige, keine exekutive und keine moralische Instanz. Und das ist das noch größere Übel.
Andreas Löbbers

Es wäre das Mindeste, wenn man den Gaza-Krieg kommentiert, dass man die tiefste Grundlage der Überlebensstrategie Israels kennt. Sie lautet: Wer Israel angreift, hat sein Leben verspielt. Israel wird nie wieder Opfer sein! Nach dem 7. Oktober wird Israel diese Strategie nicht ändern, auch wenn es den wenigen Freunden dabei die Luft verschlägt. Manche versuchen verzweifelt ihre Israel-Nähe zu retten, indem sie alles auf die Netanyahu-Regierung schieben. Das wird nichts nützen. Die Erwartung, dass dieser Krieg, der mit den schrecklichsten Verbrechen begonnen hat, mit einem erträglichen Verlauf die Israel-Freunde schont, ist haltlos.  An der Seite von Opfern zu stehen, ist leicht. Wer an der Seite Israels steht, wird diese bequeme Position aufgeben müssen.  Es wird sich zeigen, was die „Deutsche Staatsräson zur Sicherheit Israels“ in einem richtigen (und das bedeutet furchtbaren) Krieg wert ist, in dem Israel nicht mehr Opfer ist. Ich fürchte nicht viel. Aber keine Angst. Israel wird damit klarkommen, alleine zu stehen. Und Deutschland muss halt mit seiner „Staatsräson“ so lange warten, bis Israel wieder ausreichend Opfer ist.
Fred Klemm

Es ist eine Tragödie in mehrfacher Hinsicht. Dass die militärischen Aktionen Israels jetzt auch Opfer unter den Mitarbeitern von Hilfsorganisationen fordern, nachdem bereits tausende von Kindern, Frauen und Männern im Gazastreifen getötet wurden, offenbart einen neuen traurigen Höhepunkt im Gazakrieg, den der ZDF-Reporter Michael Bewerunge auf den Punkt brachte: „Dieser Krieg hat längst Maß und Ziel verloren.“ Das inzwischen kaum noch zu rechtfertigende Vorgehen Netanjahus nimmt fast die Züge eines alttestamentarischen Rachefeldzugs an, der neben dem unsäglichen Leid auch das eigentliche Ziel wohl nicht erreichen wird – die „Vernichtung der Hamas“. Eine Organisation wie die palästinensische Hamas ist nicht allein mit militärischen Mitteln total und als Ganzes zu schlagen, auch nicht mit der Bombardierung ganzer Stadtviertel, wenn es nicht gleichzeitig politische Bemühungen gibt, die allerdings wohl auch von der Hamas nicht gewollt sind. Das tragische an Israels Vorgehen ist auch, dass neben den aktuellen Opfern der eigentliche Anlass des Krieges immer mehr in den Hintergrund geraten ist – das unbeschreibliche Massaker an über tausend israelischen Männern und Frauen beim Überfall der Hamas am 7. Oktober.
Die jetzige Medienmacht der Bilder des aktuellen Kriegsgeschehens lässt zu leicht vergessen, was damals geschehen ist. Die unfassbaren Grausamkeiten mit Verstümmelungen und massenhaften Vergewaltigungen sind in vielen Filmaufnahmen dokumentiert, die aus verständlichen Gründen von den meisten Medien hierzulande nie ausführlich gezeigt wurden. Dieses Nichtzeigen aber verschaffte der Hamas einen „Platzvorteil“ in der bildmächtigen Medienwelt, die seitdem nur noch von den israelischen Angriffen beherrscht wird. Das kann man unfair und ungerecht nennen, und das ist es auch. Aber dessen ungeachtet sind weitere tausende Opfer nicht mehr zu rechtfertigen, militärisch auch nicht. Israel verspielt das Verständnis für sein ursprünglich berechtigtes Vorgehen gegen die Hamas, auch weil es immer mehr den Anschein eines innenpolitischen Vorgehens einer rechtskonservativen Regierung annimmt, gegen die vor dem Krieg Hunderttausende Israelis aus guten Gründen auf die Straße gegangen sind.
Wilfried Mommert

Am Sonntag vor sechs Monaten überfiel nicht etwa ein Land das andere, nein, es drangen Verbrecher und Terroristen der faschistoiden Hamas und ihre Helfershelfer aus der „Zivilgesellschaft“ Gazas nach Israel ein, töteten aberhunderte Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Herkunft, Religion, Hautfarbe, Gesinnung. Es ging den Mördern nur um das Töten, Vergewaltigen, Verbrennen, Verschleppen, Erniedrigen, Schänden und Ausrotten. In der bundesdeutschen Geschichte erinnert das Grauen vom 7. Oktober 2023 an die Gräueltaten der deutschen Nazis, Wehrmacht, SS und deren Helfershelfer aus der „Zivilgesellschaft“ in italienischen, griechischen, ukrainischen, russischen Dörfern. Und nunmehr sechs Monate später, nach Lippenbekenntnissen, Krokodilstränen, hohlen Phrasen und halbherzigen Maßnahmen aus europäischer Politik und Kultur redet außer in der Jüdischen Allgemeinen kaum noch jemand über diesen zivilisatorischen Wahnsinn und dessen Folgen für die Menschen, Opfer und Geiseln. Stattdessen geht es um Gaza und den tatsächlich bemitleidenswerten Menschen dort, eben der „Zivilgesellschaft“, die in jede der unzähligen Kameras und Mikrofone ihren Opferstatus und Elend hinein beklagen. Dabei waren sie es, die die Hamas gewählt haben. Dabei waren sie es, die sich freuten und mitmachten, als die Hamas die Geiseln, die Frauen, Mädchen, Kleinkinder, Alten und Jungen verschleppten und in die furchtbaren Tunnel sperrten. Dabei ist doch jeder Tag ein unerträglicher, solange nicht alle frei sind. Dabei sollte die Hamas sich doch um ihre Zivilgesellschaft kümmern und sich nicht hinter denen verstecken. Aber daran ist jetzt auch wieder Israel schuld. Dass nach wie vor die mit europäischen Steuermitteln versorgte UNRWA korrupt und personell sogar an den Verbrechen beteiligt ist und weiter Geld bekommt, dass die UNO und deren Versager Guterres weiter herumlavieren, ist eine Schande.
Hardy Koch

1933 haben die Deutschen Adolf Hitler und die NSDAP in der letzten freien Wahl mit absoluter Mehrheit bestätigt. Was darauf folgte ist allgemein bekannt. Wo waren die Stimmen, die zum Schutz der Zivilbevölkerung in Deutschland während der Bombenangriffe aufriefen? Es gab sie kaum und sie wurden auch nicht gehört. Ziel war die bedingungslose Kapitulation Deutschlands, koste es was es wollte. 2005 haben die Palästinenser im Gazastreifen die Hamas in einer freien und demokratischen Wahl an die Macht gewählt. Auch hier ist das Ergebnis bekannt. Wo sind die Politiker, die die Hamas zur Kapitulation aufrufen, um die Versorgung der Zivilbevölkerung zu gewährleisten? Es gibt sie nicht und wenn, würden sie nicht gehört. Dank unserer Appeasement-Politiker wird die Hamas ihr Ziel erreichen: die Isolation und die langfristige Auslöschung des Staates Israel. Solange die Hamas nicht kapituliert und vollständig entwaffnet wird, ist Israel gezwungen weiter zu kämpfen, auch wenn es unendliche Opfer unter der Zivilbevölkerung geben wird. Wenn wir nicht wollen, dass Terrororganisationen gestärkt werden, müssen wir Israel unterstützen, auch wenn es wehtut. Die Konsequenzen für uns wären deutlich schlimmer! Gleiches gilt im Übrigen auch für die Ukraine!
Reiner Halbritter

Sie schreiben sehr richtig, es spreche „viel dafür“, dass die Tötung der Helfer in Gaza „keine Absicht war“. Und doch spricht einiges dagegen: Durch den folgerichtigen Abzug nicht nur von World Central Kitchen erhöht sich der Druck auf die Hungernden, den Gazastreifen durch Wegzug weitgehend palästinenserfrei zu machen. Im Grunde ist es Aufgabe Israels, die Ernährung in den inzwischen besetzten Gebieten sicherzustellen. Schon der überaus zurückhaltende israelische Kräfteeinsatz am 7. Oktober, der erste Hubschrauber kam nach 5 (!) Stunden, lässt vermuten, dass man in Vorkenntnis des Anschlages einen gewissen Schaden eigener Leute in Kauf nahm. So ergab sich ein vorzeigbarer Grund, Gaza legitim (und für immer?) einnehmen zu können. Die veranlassten flächenhaften Totalzerstörungen führen in die Konsequenz, dass nur wohlhabende Siedler an einen Neuaufbau denken können. Krieg ist halt Krieg, so sinngemäß Netanjahu am Osterwochenende. Ob dies alles und speziell die Tötung der Nothelfer wirklich „ein Fehler“ war, ein Fehler für Israel, wird uns die nähere Geschichte zeigen.
Rolf Reitis

Im Talmud steht: „Wer ein Menschenleben rettet, dem wird es angerechnet, als würde er die ganze Welt retten. Und wer ein Menschenleben zu Unrecht auslöscht, dem wird es angerechnet, als hätte er die ganze Welt zerstört.“ Dies als ethische, religiöse und staatstragende Maxime genommen; ist das, was das israelische Militär, aufgewiegelt und legitimiert durch die derzeitige Regierung, im Gaza-Streifen veranstaltet jenseits von Gut und Böse. Netanjahu verliert im eigenen Land massiv an Zustimmung. Der Krieg gegen die Hamas war zur Selbstverteidigung anfänglich, nach den Massakern des 07. Oktober 2023 durch die Hamas, gerechtfertigt. Nun, mehr als ein halbes Jahr später, trotz der immer noch gefangenen Geiseln, ist der Umgang mit der Zivilbevölkerung durch gar nichts mehr zu rechtfertigen. Tote Menschen, die humanitär dort tätig waren, werden, durch zugegebene militärische Fehleinschätzungen, nicht wieder lebendig und die notwendige Hilfe gefährdet. Angriffe in Syrien auf die iranische Botschaft bringen weitere arabische Länder gegen Israel auf. Es droht ein Mehrfrontenkrieg. Israels Regierung befindet sich mittlerweile auf einem „Holzweg“. Die bisherige solide Unterstützung durch Deutschland und die USA gleicht nunmehr einem morschen Steg zu einem See voller palästinensischer Tränen der Kinder, Frauen und Männer die unverschuldet Hunger leiden und von einem normalen Leben so weit entfernt sind wie Netanjahu von einer weiteren Amtszeit. Nur ein sofortiger Waffenstillstand und die umgehende Zulassung von umfassenden Hilfstransporten in das Krisengebiet kann das Gesicht der Regierung in Israel menschlich erscheinen lassen. Das Vertrauen, selbst der bisherigen Unterstützer Israels, ist durch das sture, uneinsichtige und unmenschliche Verhalten Netanjahus nachhaltig erschüttert. Shalom alechem, Salam aleikum.
Felix Bicker

Kein Mitgefühl für Palästina, oh Deutschland! Jörg Laus Leitartikel vom 4. April (Oh, Israel) verstört. Der Autor möchte zwar darlegen, dass Israels Recht auf Selbstverteidigung allmählich in einen Exzess gemündet ist (nein, diese Wortwahl hat er tunlichst vermieden), gleichzeitig jedoch «anfangs ein gerechter Krieg» – ein bellum iustum – war. Man könnte meinen, für Lau beginne die Geschichte des Konflikts am 7. Oktober 2023. Man könnte meinen, ein Recht auf Selbstverteidigung schließe jegliche Pflichten, zum Beispiel gegenüber einer seit Generationen unter Besatzung lebenden Bevölkerung aus. Man könnte meinen, Lau bzw. das offizielle Deutschland könne kein Mitgefühl für Palästina entwickeln oder erst dann, wenn es zu spät ist und mit einem Image-Schaden für Deutschland in der Weltöffentlichkeit zu rechnen ist. Wenn sich Israels «Verteidigungskrieg» in das verwandelt hat, was nun alle sehen können, hat es gerade mit der dogmatischen Unterstützung von Seiten Deutschlands zu tun, mit einer Sonderbehandlung Israels durch Deutschland, die – bis zu einem gewissen Punkt – der Historie geschuldet ist. Eine Sonderbehandlung oder Freundschaft, die echt ist und nicht nur von Schuldkomplexen genährt, müsste eigentlich auch Kritik oder Aufforderung zum Maßhalten vorsehen. Davon war nichts zu spüren und so ist das, wie Lau bemerkt, unbeliebt gewordene Trio Israel, USA und Deutschland nicht nur in den Augen der kollektiv bestraften Menschen des Gazastreifens, bis anhin eine Entität, die man vernachlässigen und ihrer Rechte ungestraft berauben konnte, zu einem Akteur geworden, dem man es nicht mehr abnimmt, dass er an «gerechten» Lösungen interessiert ist, sondern das sich selbst eingeredete „bellum iustum“ vorantreibt: traurig, erschütternd, heuchlerisch, die Zukunft zerstörend. Immerhin hat Lau „schon“ bemerkt, dass der heiße Kampf gegen die Terroristen nur neue erzeugt, und sonst gar nichts. Oh Deutschland!
Ivo Zanoni

Jörg Lau weist zurecht darauf hin, dass die israelische Regierung durch ihre aggressive, das internationale Völkerrecht mit Füßen tretende Politik ihr Land zu einem Pariah der internationalen Gemeinschaft gemacht hat und die deutsche Regierung durch ihre dumme und kurzsichtige Staatsräson-Idee und völlig einseitige Parteinahme für Israel das Image Deutschlands im Globalen Süden, also weit über die arabische und muslimische Welt hinaus, auf Jahrzehnte hinaus stark beschädigt hat. Viele Goethe-Institute in diesen Ländern z.B. haben schon jetzt kaum mehr Partner in ihren Gastländern. Man wendet sich von Deutschland und dessen Doppelmoral angewidert ab. Dieses zerstörte Porzellan wird uns noch sehr lange zu schaffen machen. Die Arbeit von Jahrzehnten, nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Vertrauen in Deutschland zu schaffen, wurden durch unsere „Vasallentreue“ zu Israel zunichte gemacht.
Björn Luley

Die Israelis machen, was sie wollen, und wir machen mit! Wie lange eigentlich noch? Was gilt mehr, „die Sicherheit Israels ist Deutsche Staatsraison“ oder -auch im Kriegsfall- die Einhaltung des Völkerrechts? Letzteres wird von der israelischen Kriegsführung rücksichtslos verletzt. Mehr als 30.000 Tote werden gemeldet, Millionen Menschen droht im Gaza-Streifen Hungersnot, Obdachlosigkeit, und sie leiden unter medizinischer Unter- bzw. Nicht-Versorgung, weil Israel Hilfslieferungen verhindert. Damit ist der zunächst absolut berechtigte Krieg gegen die Hamas zu einem Vergeltungsschlag mutiert, in dem „Kollateralschäden“ von den Palästinensern gefälligst hinzunehmen sind. Es wird Zeit, dass die BRD; im Einvernehmen mit den USA, die israelische Regierung „zur Raison bringt“! Den großartigen, positiven Ruf, den sich die BRD ab 2015 durch die Aufnahme von Flüchtlingen in der gesamten Welt erworben hat, wird durch die bisherige, vorbehaltlose Unterstützung der Israelis zerstört! Es steht eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen die BRD an wegen „Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen“. Ausgang ungewiss….
Udo H. Bauer

WIESO musste es mit der auch schon früher rücksichtslosen Palästina-Politik Israels soweit kommen, dass auf einmal die bislang doch oft recht undifferenzierte pro-Israel Haltung in Frage gestellt wird? Traurigerweise hat erst das jetzige Elend und die Hungersnot im Gazastreifen nach den israelischen Bombardierungen hier die Augen geöffnet. Im Grunde hätte Israel schon sehr viel früher vor dem 7. Oktober für seine bisherige rücksichtslose Palästina-Politik, um die es ja letztlich auch hier wieder geht (!!), gerügt werden sollen. Dieser Sachverhalt war/ist ja schon seit langem denjenigen, die sich informiert hatten, bekannt. Darüber wurde bislang meist tunlichst geschwiegen! Natürlich ist der schreckliche Terrorakt der Hamas am 7. Oktober scharf zu verurteilen und wurde von vielen Seiten zu Recht verurteilt, mit Betonung des Rechtes Israels, sich zu verteidigen. So war es nur folgerichtig, dass auch der UN-Generalsekretär Guterres diesen Terrorakt verurteilte. Andererseits stellte Guterres aber fest, die Angriffe der radikalislamischen Palästinenserorganisation seien „nicht im luftleeren Raum erfolgt“, denn „die Palästinenser würden unter „erstickender Besatzung“ leiden“. Die empörte Reaktion Israels zeigt, dass Guterres damit einen wunden Punkt Israels getroffen hat. Denn, seit dem 6-Tage-Krieg im Jahr 1967 hat Israel das palästinensische Westjordanland widerrechtlich gegen UNO-Resolutionen und die Genfer Konvention nicht nur besetzt, sondern auch besiedelt und die rechtmäßigen Eigentümer auf eigenem Grund und Boden mit einer Zwangsherrschaft entrechtet und unterdrückt. Aufgrund von letzterem haben sowohl Amnesty International wie auch Human Rights Watch festgestellt, dass Israels Verhalten „den Tatbestand der Apartheid erfüllt und ein völkerrechtliches Verbrechen darstellt“. Das wurde natürlich von Israel entschieden zurückgewiesen.
Deutscherseits ist man geradezu verpflichtet, nicht zuletzt wegen der deutschen Holocaust-Schuld, gerade jetzt bedingungslos auf der Seite Israels Seite stehen. Damit und mit Angela Merkels These „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“ wäre eigentlich alles gesagt. Nur müsste man letzteres mit dem Zusatz ergänzen „sofern Israel im widerrechtlich besetzten und besiedelten Palästina die Menschenrechte nicht mit Füßen tritt“. Darüber hat man jahrelang hinweggesehen. Auch das gehört zur Wahrheit! Wenn es im Gaza-Krieg zur Freilassung von Geiseln aus der Hamas-Haft kommt, ist das sehr erfreulich. Andererseits ist die Freilassung einer sehr viel größeren Anzahl meist jugendlicher Palästinenser von Israel genauso von Interesse. Denn, in Israel gibt es eine große Anzahl inhaftierter Palästinenser, zum Teil Minderjährige, von denen manche seit längerem in Haft waren/sind, wohlgemerkt ohne Anklage!! Letzteres ist nicht im Einklang mit der Genfer Konvention! Denn, ein Inhaftierter hat Anspruch auf Anklage und ein Gerichtsverfahren. Tatsächlich gilt aber in Israel Folgendes (Zitat): „Im Widerspruch hierzu hat Israels Oberster Gerichtshof zahllose Anordnungen von Verwaltungshaft bestätigt, auf deren Grundlage Palästinenser*innen monatelang oder jahrelang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert werden können.“ Dies belegt, dass und wie insbesondere Palästinenser/innen unter der erwähnten Israel-Herrschaft leiden! Auch das sollte man wissen. Denn letztlich ist das unrechtmäßige Verhalten Israels das Kernproblem des Palästinakonfliktes!!
Der Staat Israel brüstet sich damit, sich doch nur gegen (palästinensischen) Terror zu wehren. Bei genauerer Betrachtung ist es aber so, dass der Terror überwiegend von Israel selbst ausgeht, dies in Form seines ausgeklügelten Staatsterrors, der in den palästinensischen Gebieten ständig nach „Verdächtigen“ schaut und bei kleinstem Verdacht/Anlass sofort schießt. Dies wird dadurch belegt, dass dabei seit Jahren etwa 15-mal mehr Palästinenser als Israelis getötet werden! Kurz und gut: Es hat seit längerem gute Gründe gegeben, das Verhalten Israels zu hinterfragen und nicht kritiklos hinzunehmen – oder es aus deutscher Sicht schuldbewusst zu unterstützen. Damit hat man vor allem Israel in seiner oft einseitig „anti-palästinensischen“ Haltung bestärkt. Der bedauerliche jetzige Zustand besteht seit dem sogenannten 6-Tage-Krieg 1967 (also seit ca. 6 Jahrzehnten!), in welchem Israel sich mehr oder weniger den Rest des einst arabisch-palästinensischen Palästinas mit Gewalt „unter den Nagel“ riss, und auch jetzt alles tut, um eine einigermaßen gerechte Lösung zu verhindern. Stattdessen kann sich Herr Netanjahu damit brüsten, stolz zu sein, die sogenannte Zwei-Staatenlösung“, die vielfach als notwendige einigermaßen gerechte Lösung angesehen wird, abzulehnen und verhindert zu haben. P.S. All das hat nichts mit Antisemitismus zu tun. Denn, die Palästinenser haben vorher in ihrem Land jahrhundertelang mit ihren „einheimischen“ Juden im Frieden gelebt. Die Probleme kamen erst, nachdem Juden aus aller Herren Länder meist illegal im arabischen Palästina einwanderten, mit dem erklärten zionistischen Ziel, das ganze Land für sich allein haben zu wollen, was sie ja dann auch mit Gewalt erreichten, mit dem heutigen Ergebnis. Dessen Lösung noch aussteht.
Hael Mughrabi

Was für ein zynisches Resümee eines sonst stimmigen Leitartikels – so als ginge es im Gaza- Krieg nur darum, mehr oder weniger Terroristen zu erschaffen! Diese Sichtweise entspricht vielleicht der israelischen Kriegsdoktrin; in Wirklichkeit besteht der Skandal doch aber darin, dass ein ganzes Volk in Geiselhaft genommen wird – Menschen, die alles verloren haben, die nicht nur hungern, sondern unvorstellbar leiden und sterben. Das ist es, was Israel in einen Paria der internationalen Gemeinschaft verwandelt hat. Warum also dieser alles verkehrende Schlusssatz??
Ulrike Dreher

Ich bin erstaunt, dass hier in allen offiziellen Verlautbarungen und Medien davon berichtet wird, die Hamas habe am 7.10.24. Israel angegriffen, was Israel das Recht gebe, sich selbst mit allen kriegerischen Mitteln zu verteidigen. Nach meinen Informationen ist das eindeutig falsch. Die Hamas hat das von Israel besetzte Gebiet der Palästinenser angegriffen und Siedlungen, die von Israel im besetzten Gebiet völkerrechtswidrig errichtet worden sind, zerstört und deren Bewohner, die dort rechtswidrig palästinensisches Land geraubt haben, getötet, entführt, und zum Teil auf übelste Weise massakriert. Soweit ich sehe, hat die Hamas kein israelisches Staatsgebiet und deren Bewohner angegriffen. Dieser Zusammenhang, der den israelischen Krieg gegen Gaza in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt, wird bei uns verschwiegen. Wenn man das berücksichtigt, ist der israelische Krieg gegen Gaza durch nichts gerechtfertigt und die Lieferung von Waffen an Israel durch die Bundesrepublik ein völkerrechtliches Verbrechen.
Ingo Braun

Derweil wird immer klarer: Netanjahu betreibt im Namen Israels ein Vabanquespiel, das er im Wesentlichen nicht mehr beherrschen kann. Daher gibt es für den israelischen Ministerpräsidenten nur noch eine Richtung, nämlich den unbedingten Vernichtungskrieg gegen die Hamas und ihre Verbündeten. Zunehmend ohne Rückhalt von außen und offensichtlich ohne (realistische) Exitstrategie. Wie immer dieser weitere verdammte Krieg ausgeht, die Existenz Israels ist in höchster Gefahr. Auch, weil fürwahr zu befürchten ist, dass die Perfidität des Terrors die erwartbaren (und beabsichtigten) Früchte des Zorns und der Vergeltung tragen wird.
Matthias Bartsch

Warum wiederholt Jörg Lau die Propaganda, Israel würde nicht genug Hilfslieferungen durchlassen, obwohl diese schon längst durch Julia Klöckner (CDU) eindrucksvoll widerlegt worden ist?! Direkt vor Ort recherchiert, was seriöse Journalisten tun sollten!
Hajnalka Kovac

„Nach den jüngsten Luftangriffen auf Gaza und Damaskus riskiert Israels Regierung, ohne Verbündete dazustehen. …. Es drohen zugleich eine Eskalation und eine Isolation, die den jüdischen Staat existenziell gefährden.“ Die im Artikel geschilderten beiden Ereignisse sind gravierende Fehler. Der eine aus Versehen, der andere, weil er zusätzlich unnötig, die Spannung erhöht hat. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Israel zweimal Opfer eines ungelösten Zielkonflikts zwischen Menschenrechten wurde. Es ist ein Zielkonflikt, der nicht nur «den jüdischen Staat existenziell gefährdet.» Es ist ein Zielkonflikt der weltweit ausgenützt wurde und wird als Teil einer Kriegsführung, die nicht nur den jüdischen Staat gefährdet. Es geht um den Konflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt und dem Menschenrecht auf Eigentum. Ein Beispiel fürs Nutzen dieses Konfliktes ist der Versuch Putins über den Transport von Flüchtlingen an die polnisch-belarussische Grenze, die EU zu destabilisieren: Die Flüchtlinge werden allein gelassen ohne Versorgung und so gezwungen die Grenze zu überschreiten, um das Menschenrecht auf Lebensunterhalt und Asyl zu erzwingen. Der Versuch, der bei Erfolg beliebig hätte ausgeweitet werden können, ist gescheitert. Auch wegen Verstößen der EU gegen Menschenrechte. Israel wird gerade zum zweiten Mal Opfer dieses Zielkonflikts. Beim ersten Mal am 7. Oktober 2023. Der Überfall war abzusehen. Die Vorbereitungen wurden ermöglicht durch die Befolgung der Menschenrechte auf Lebensgrundlagen, der letztlich zu hohen Geburtenraten und damit zu hoher Jugendarbeitslosigkeit und fehlenden normalen Perspektiven im Gazastreifen beigetragen hat. Der Bau von Raketen und Tunneln und das Beitragen zu einer hohen Geburtenrate boten Ersatzperspektiven, die massive militärische Vorteile der Hamas bewirken. Sie führen dazu, dass die Hamas nur unter gravierender Missachtung der Menschenrechte auf Lebensunterhalt besiegt werden kann. Das Opfer, das Israel bringen muss, um diese Missachtung zu vermeiden bzw. zu beenden besteht – allem Anschein nach – darin, auf legitime Ziele zu verzichten, nämlich die direkte Befreiung der Geiseln und das Beenden der Bedrohung durch die Hamas. Das bisherige Verfolgen dieser legitimen Ziele hat zu einer Katastrophe für die Bewohner des Gazastreifens geführt.
Aber bei einer Fortsetzung der Entwicklung auch ohne den Krieg hätte es ebenfalls eine dramatische Entwicklung gegeben. Dies weil bei Beibehaltung der aktuellen Geburtenraten an einem gewissen Punkt die Unterstützung von außen nicht mehr ausreichend möglich wäre. Dazu ein Zahlenbeispiel: Der Gazastreifen hat eine Geburtenrate von 3.5 und hat 2 Millionen Einwohner. Beim Fortsetzen der Entwicklung hätte der Gazastreifen nach einer, zwei, drei bzw. vier Generationen Einwohnerzahlen von 3.5, 6.1, 10.7 bzw. 18.8 Millionen. Zum Beispiel Italien hat 59 Millionen Einwohner und eine Geburtenrate von 1.25. Das ergäbe bei Fortsetzung der Entwicklung nach einer, zwei, drei bzw. vier Generationen Einwohnerzahlen von 36.9, 23.0, 14.4 bzw. 9.0. Also gäb’s in Italien (als Beispiel für ein Land des globalen Westens) dann nur noch halb so viele Einwohner wie im Gazastreifen. Eine Lösung der weltweiten Problematik bestünde darin, dass man Transferleistungen mit der Forderung nach demographischer Eigenverantwortung verbindet. Das könnte auch die Notwendigkeit von weltweitem Wirtschaftswachstum reduzieren, was im Interesse der Bekämpfung des Klimawandels ist. Nur mit einer Lösung des Problems kann langfristig auch der Konflikt im Nahen Osten gelöst werden. Zumutbar ist eine Lösung. Zum Beispiel der Iran hat eine Geburtenrate von 1.68. Bei Beibehalten dieser Geburtenrate ergäbe dies eine Halbierung der Bevölkerung nach vier Generationen (0.84*0.84*0.84*0,84=0.498).
Gernot Gwehenberger


 

Leserbriefe zu „Im Machtschatten“ von Hannah Knuth

Danke für den sehr informativen Artikel zur Kluft zwischen den Umweltverbänden und den Grünen. A Priori hat Herr Minister Habeck durch die Bereiche Wirtschaft und Klima (Umwelt) ein widersprüchliches Aufgabenfeld. Kurz gesagt „Ökologie versus Ökonomie“.  In meiner 30-jährigen Beschäftigung als Umweltingenieur, habe ich gelernt, dass Umweltschutz Geld kostet. Es gilt immer den Kompromiss zu finden wieviel Umweltschutz wir uns leisten können. Es ist bedauerlich mitanzusehen, wie nun die guten Ideen an dem Perfektionismus scheitern. Beispielsweise die sogenannte Energiewende. Wir haben 2023 etwa 60% des Stroms regenerativ erzeugt. Das ist auch ein Verdienst von Herrn Habecks Bemühungen. Es ist nur technisch extrem aufwändig 100% regenerativ den Strom zu erzeugen. Das Speicherthema und H2 wird ganze Generationen beschäftigen. Sehr unglücklich sind abrupte Stopps bei staatlichen Förderprogrammen, wie bei der E-Mobilität. Das schafft kein Vertrauen! Insofern ist eine kritische Würdigung des Wirkens der Grünen im Rahmen der Regierung angebracht und auch sinnvoll.
T. Gruber

Die Naturschutzverbände beklagen, dass im Zuge des Klimaschutzes der Naturschutz zu kurz käme. Die Bürgerbeteiligung werde untergraben. Bislang haben die Naturschützer und Bürger lokal immer verhindert, dass z.B. Windräder errichtet werden, um jeweils ein paar Bäume zu retten. Dadurch hat der Klimaschutz nicht stattgefunden. Und das sich ändernde Klima lässt im Gefolge ganze Waldflächen absterben. Diesen tollen Erfolg des lokalen Naturschutzes wollen die Grünen in der Regierung nicht mehr mittragen. Das geht ja gar nicht. „Der Habeck“ muss weg!
Hans List

Die Aussage der Naturschützer «jeder tote Vogel ist einer zu viel» hinsichtlich einiger tausend toter Vögel in Windrädern im Vergleich mit Millionen anderer toter Vögel ist irgendwo zwischen hanebüchen und völlig absurd zu verorten. Die Naturschützer begehen in dieser Sachfrage gleich zwei eklatante Fehler. Zuerst versäumen sie es, die Anzahl der durch Windräder zu Tode gekommenen Vögel ins Verhältnis mit denen zu setzen, die durch Glasfronten, Autos oder Katzen getötet wurden. Wir sprechen hier -abhängig von den Schätzungen- von einem Verhältnis von eins zu einhunderttausend. Zum zweiten dienen die Windräder einem gesellschaftlichen Zweck, nämlich der Stromversorgung durch erneuerbare Energien. Von einer Katze, ein Auto oder ein Windschutz aus Glas an einem Balkon kann man das wohl eher nicht behaupten, deren Dasein dient ausschließlich dem Besitzer. Wenn wir also der Argumentation der Naturschützer folgen und alle geplanten Windräder verbieten und bestehende abbauen würden, wem wäre da geholfen? Vermutlich wäre es hilfreicher, Katzenhaltung zu verbieten, aber ich gehe davon aus, dass der eine oder andere Naturschützer selbst Katzen hat.
Andi Pfaff

Das „Zerwürfnis“ zwischen Umweltverbänden und Grünen erinnert mich fatal an die Auseinandersetzungen damals zwischen Fundis und Realos …
Michael Koehn

Ihr Beitrag zeigt an vielen Stellen, wie sich die Realpolitik der Grünen mit den Idealen der Naturschutzorganisationen überwirft. Ein Satz im Beitrag zeigt meiner Meinung nach sehr deutlich das grundlegende Missverständnis zwischen ideologisch betriebenem Naturschutz und der erwiesenen Realität: Naturschutz aber betreibt man in dem man die Natur in Ruhe lässt. Seit Urzeiten (eigentlich solange der Mensch schon Ackerbau und Viehzucht betreibt) ist die Natur durch menschliche Aktivität zu dem geworden, inklusive der großen Artenvielfalt, was wir heute europaweit haben. Die Natur kann natürlich auch ohne den Menschen, aber dann nicht ganz so vielfältig. Leider ist dies, wenn es darum geht, die menschengemachte Artenvielfalt in unserer Jahrtausende alten Kulturlandschaft zu erhalten, in der wir in Europa nun mal leben, nicht möglich durch in Ruhe lassen. Um die Natur in unserem Land zu erhalten, braucht es kleinstrukturierte Landwirtschaft, die Nutztiere idealerweise auch in Weidehaltung hält und davon leben kann. Im Fehlen dieser Betriebsstrukturen (übrigens wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft gerade auch durch Grüne Politik massiv vorangetrieben) liegt einer der Gründe für die Gefährdung und den aktuell augenscheinlichen Rückgang der Artenvielfalt.
Weitere sind die Siedlungs- und Verkehrsflächen, die nach wie vor ständig und in großem Umfang zunehmen sowie der Kleinhandel, der durch den nicht nachlassenden Energiehunger der Bevölkerung und Industrie viel stärker vorangetrieben wird als gut für uns ist. Leider sind die bisherigen Versuche der Grünen hier umzusteuern aufgrund ideologisch getriebener Ansätze (siehe z. B. Heizungsgesetz, wo ursprünglich Holz als Brennstoff die Nachhaltigkeit abgesprochen werden sollte, dann wiederholt auf EU-Ebene über RED III und aktuell schon wieder im unsäglichen Waldgesetz) krachend gescheitert und haben bärendienstmäßig dazu beigetragen, dass das Thema mittlerweile wieder weit unten auf den Tagesordnungen steht. Dabei wäre die Ursprungsidee aus meiner Sicht sehr gut gewesen: wir bauen uns eine Technologieführerschaft im Bereich der klimawandelabschwächenden Technologien auf und zeigen der Welt, dass beides zusammen geht: Klima schützen und eine erfolgreiche Industrienation sein. Diese Regierung wird es wohl nicht mehr schaffen, da nennenswerte zukunftsweisende Pflöcke einzuschlagen, bleibt die Hoffnung auf das was im Herbst 25 kommt.
Stefan Thurner

Danke für den ausführlichen und bemerkenswerten Artikel. Die deutschen Umweltverbände erinnern mich mit Kritik an Herrn Habeck u.a. an die Juden zu Zeiten von Jesus. Sie sahen in Jesus den Messias, der sie von Joch der Römer befreien würde.  Damit war dieser natürlich überfordert. Enttäuscht haben sie ihn ans Kreuz genagelt. Die Verbände übersehen, dass Herr Habeck nicht die Macht hat wie Herr Putin, sondern nur in einer Koalitionsregierung sitzt. Die Verbände sitzen in ihrer Blase, schwadronieren und geben das Geld ihrer Mitglieder mit vollen Händen aus. Arbeit kann man das nicht nennen.  Und wundern sich, dass keiner sie ernst nimmt. Fragen Sie mal irgendeinen Landrat nach dem Wortungetüm: “Umweltverträglichkeitsprüfung“. Er wird hysterisch lachen und Sie auf ein Bier einladen und von seinen Kindern und Enkeln erzählen. Aber nichts von seinen Ideen, was er in seinem Bezirk verbessern möchte. Viele Grüße aus Saarbrücken.
Hartmut van Meegen.

Diese angeblichen Klima- und Umweltschützer sind mit ihren Ideologien und ihren Aktionen in Wahrheit zur größten Belastung für die deutsche Umwelt geworden. Die ersten Naturschützer werden sicherlich Robert Habeck bald dazu auffordern, dass er lieber jetzt als später zurücktreten sollte. Die Ampel hat im Allgemeinen versagt und die Grünen im Besonderen, aber da zu 100 Prozent. Aus der Friedenspartei sind Kriegstreiber geworden und aus der Partei der Umweltschützer ist eine Partei der Zerstörer der Umwelt geworden. Über die CO2-Belastung im Ukraine-Krieg, da verlieren diese Grüne komischerweise kein Wort. Mein Vorschlag wäre einfach mehr CO2-Fresser, sprich Bäume zu pflanzen; für jeden abgeholzten Baum sollten freiwillig mindestens zwei neue Bäume gepflanzt werden!
Klaus P. Jaworek

Naturschutz steht gegen Klimaschutz. Viele Naturschützer verstehen nicht, dass Robert Habeck sich in diesem Dilemma für Klimaschutz entscheidet. Mein volles Verständnis hat der Wirtschaftsminister dafür. Klimaschutz ist ein Wettlauf mit der Zeit; noch in diesem Jahrzehnt muss die grundlegende Wende gelingen. Sonst kippt das Klima, und man kann eigentlich nichts mehr dagegen tun. Das Unverständnis der Naturschützer erinnert mich an mein Unverständnis als BUND-Mitglied in den Neunzigerjahren: Da offenbarte eine Studie, dass die BUND-Mitglieder eine deutlich schlechtere CO²-Bilanz aufwiesen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Sie trennten den Müll und fuhren mit dem Fahrrad zum Briefkasten – und hoben mit dem Flugzeug ab zur einen oder anderen bildenden Fernreise.
Martin Stährmann

Im Schatten – der Sonnenblume – oder der Macht? Nachdem ich mich beiden verbunden fühle – den Umweltverbänden Greenpeace, Nabu, BUND, DUH und wie sie auch immer heißen, die ich unterstütze oder bei mehr als einem Mitglied bin – und den Grünen in der Regierung, tut es mir weh, wenn die Verbände sich von den Grünen in der Regierung entfremden. Nachvollziehbar ist der Frust über die Kompromisse, die in einer Koalition notwendig sind. Aber es ist die Situation, die der Wähler – der Souverän unseres Staatswesens – so geschaffen hat. Das gilt es zu akzeptieren. Ich bin jedenfalls froh, dass die Grünen einiges zu Wege bringen, das die Koalition mitträgt, und damit Chancen hat, von einem nennenswerten Teil der Wähler auch mitgetragen zu werden. Aufgabe der Verbände wäre es m.E., die Notwendigkeit der Transformation zur Biodiversität, zum Klimaschutz, zu einer zukunftsfähigen Lebensweise den Bürgern zu vermitteln und damit die Grünen in der Regierung zu stärken. Dass dabei schmerzliche Kompromisse zu akzeptieren sind, ist nicht die Folge der Macht, sondern die Akzeptanz dessen, dass Politik vorbei an den Menschen – den Wählern – in einer Demokratie nicht weit trägt. Als Mitglied in der CDU bin ich den Spagat gewohnt und finde wichtige Werte wie auch Scherverdauliches auch dort.
Tilmann Wolf

Ich verstehe sehr gut, dass es jede Menge Zielkonflikte zwischen Klima- und Naturschutz gibt. Interessiert hätte mich nun allerdings schon, welche Ideen die Naturschutzverbände dazu haben. Das kommt leider in Ihrem Artikel zu kurz. Lassen wir uns beim Klimaschutz so viel Zeit, dass alle Einwände aus Sicht des Naturschutzes ausgiebig gewürdigt werden? Wie restriktiv wollen wir bei den Standorten für Windkraftanlagen und PV-Anlagen sein? Sowohl gegen Standorte auf See als auch an Land gibt es ja vielerlei begründete Bedenken. Und was ist, wenn wir deswegen erst 10 oder 20 Jahre später klimaneutral werden? Landen wir dann global gesehen bei 2,5 statt bei 1,5 Grad? Ich weiß auch nicht, wie mit diesem Dilemma umzugehen ist. Aber ich bin der Meinung, dass die Naturschutzverbände ein paar Ideen dazu haben und nicht nur einseitig Kritik vorbringen sollten. Und vielleicht ist das ja sogar der Fall. Dann hätte ich mir gewünscht, dass es in Ihrem Artikel zur Sprache kommt.
Henrik Rentz-Reichert

Zu dem Konflikt um die verringerten Abstände der Windgeneratoren zu den Brutgebieten der Greifvögel gibt es in Spanien längst eine technische Lösung, die die ZEIT, aber auch die Umweltverbände und das Wirtschaftsministerium offensichtlich nicht kennen: Wenn die Steuerung des Windgenerators per Ultraschall einen einfliegenden Greifvogel erkennt, wird der Generator sofort gestoppt. Vor mehr als zwei Jahren sah ich darüber eine beeindruckende Sendung bei ARTE. So ausgestattet könnte es also in Deutschland einen Ausgleich zwischen Windstromgewinnung und Greifvogelschutz geben. DIE ZEIT könnte das gut zum Thema machen!
Thomas Schöpel

Nicht zu glauben: „Die ersten Naturschützer denken darüber nach, den Rücktritt von Robert Habeck zu fordern“. Da fällt mir nur die Antwort aus einem bekannten Werbespot ein: Gehts noch?!? Was wär denn die Alternative?? Was würde denn danach kommen?? Wollen wir echt dazu beitragen, die Grünen nachhaltig zu schädigen?? Und was hat unser Klima/unsere Natur davon?? Glaubt denn irgendjemand von uns, dass die Schwarzen es besser machen würden?? Im Leben nicht!! Jetzt ist Loyalität gefragt!! Robert, ich glaube weiterhin an Dich!
Werner Gebauer


 

Leserbriefe zu „Der Wille zählt“ von Martin Machowecz

Eine waghalsige These: Womöglich gibt es sogar in der AfD „letzte Reste“ von Menschen, die keinen Umsturz wollen, so der Kolumnist sinngemäß. Schon bei der Formulierung hat offenbar die Endredaktion versagt. Die Sympathisanten der Rechten sind zu mehr als 50 % Protestwähler, die vor allem ein Ende der Flüchtlingsmisere fordern. Sie quasi zu Parias zu abzustempeln, bewirkt das Gegenteil. Das hat sich inzwischen herumgesprochen. Wie wäre es mit einer Änderung der Politik?
Christoph Schönberger

Sie scheinen mit Ihrem Artikel das Böse bereits festgemacht zu haben. Warum eigentlich? Mit Ihrer Angst schüren Sie weitere Angst. Vielleicht ist die USA bereits mit Biden gekippt und wir bemerken es nicht, weil unsere Urteile, Vorurteile und Glaubenssätze zu sehr festgefahren sind. Eventuell hören wir auf, Angst vor den sogenannten bösen Parteien zu haben. Das wäre ein Beitrag für die Entpolarisierung.
Günter Schmölz

Unsere akkumulierten Kohlenstoffemissionen lösen das nächste Artensterben aus und bedrohen mehrere Hundert Millionen Menschen mit Ökozid. Jede „chemisch-physikalische Transfer-Entscheidung“ zählt in der naturgegebenen Ur-Demokratie. In der politischen Praxis klebt der „politische Westen“ seit der Wende89 am Endsieg von Demokratie & Marktwirtschaft – trotz Klimawandel. Politische Weiterentwicklung; Null, obwohl bekannt ist, dass unsere Währungsdefinition einen Finanzmarkt ohne realen Bezug zum Gütermarkt konstituiert. Wenn Sie einen konstruktiven Veränderungswillen kennen lernen wollen, dann lesen Sie meine eingereichten Unterlagen zur Petition „Anpassung vom Kapitalismus an wissenschaftliche Einsichten, um Ökonomie mit Ökologie zu versöhnen“.
Matthias Losert

Auch als leidenschaftlicher Optimist bin ich zunehmend verzweifelter. Unsere heutige Gesellschaft, insbesondere die jüngere Generation, deren Bildungsnihilismus vom Nutzungsvorrang der sozialen Medien geprägt ist, wird den Willen nicht mehr aufbringen, die adäquaten Wissensvoraussetzungen für die Sicherung unserer Demokratie zu wahren.
Jürgen Dressler

Wenn wir fragen „wie empörungsbereit, wie besonnen wollen wir sein?“, kontrastieren wir beide Begriffe in einem positiv-negativ-Schema und gehen von einem unauflöslichen Gegensatz aus. Dabei ergänzen sich die entsprechenden Energien, wenn wir fragen „wie beherzt und wie besonnen wollen wir sein?“. Wenn wir nur besonnen sind, fehlt das Beherzte. Wenn wir nur beherzt sind, fehlt das Besonnene. Beide Begriffe sind positiv besetz und ergänzen sich zu einer optimistischen Energie, mit der wir die vier Kardinaltugenden aus der Antike integrieren könnten: Tapferkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Klugheit. Wir leben in einer Zeit, in der wir ins Risiko gehen müssen. Eine mutlose Besonnenheit, die in sich den Grund für eine selbstgefällige Zurückhaltung und Untätigkeit findet, sorgt für Empörung. Eine aktionistische Beherztheit, die in übersteigerter Selbstgewissheit gründet, sorgt ebenfalls für Empörung. Wir sollten beherzt und besonnen sein wollen, um die Empörung nicht weiter zu nähren. Dann schaffen wir das, auch wenn die USA mit Trump wegbrechen sollten.
Reinhard Koine

Warum sollten diese Wahlen böse enden? Bei sämtlichen Wahlen treten nur demokratische Parteien an, andere sind erst nicht zugelassen! Ich verstehe das Problem nicht! Parteien, die die in der Vergangenheit (kläglich) versagt haben, könnten bei den kommenden Wahlen ihre Legitimation verlieren, das heißt, das Rudern übernehmen jetzt andere, na und! Ich habe damit kein Problem, ich nenne das Demokratie, und so geht es eben zu, in der Demokratie. Sämtliche gewählte Volksvertreter bekommen ihre Macht nur auf Zeit übertragen der besser geliehen!
Klaus P. Jaworek

Wahlkampf: Die behauptete Bedeutung der Parteien ist im Politikalltag viel zu hoch. Die Aufgabe, die Ihnen im GG gegeben ist, heißt:“ Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“. Punkt. Mich würde sehr freuen, wenn es in diesem Wahlkampf weniger um die goldene Kuh „Partei“, als vielmehr um das Wohl Deutschlands und der EU ginge.
Ursula Augener

Personen, nicht Parteiprogramme entscheiden Wahlen: Winfried Kretschmann, Malu Dreyer, Bodo Ramelow; Negativbeispiel Trump! Man stelle sich nur einmal vor: an der Spitze der AfD stünde nicht Weidel und Chrupalla, sondern eine charismatische Persönlichkeit. Mögliches Wahlergebnis: absolute Mehrheit im Osten! Und dann? Daher, lieber früher als zu spät: weg mit der Ausgrenzung, der Ausschließeritis, nieder mit den Brandmauern! Die totalitäre SED alias PDS ist inzwischen zur gezähmten Linkspartei mutiert; stellt einen honorigen Ministerpräsidenten und eine Bundestagsvizepräsidentin. Deutschland ist nicht aus der NATO ausgetreten und hat Putin nicht um Aufnahme in sein Zarenreich ersucht! Beenden wir doch endlich das Dämonisieren radikaler Parteien, binden wir sie lieber ein in Koalitionen zur Übernahme von Verantwortung für unser Land und Gestaltung praktischer Politik! Neben allen Kompromissen, die die Partner dann miteinander schließen müssen, wird der politische Aktionsradius ohnehin durch Gesetze, Verträge, Bündnisse eingeschränkt, so dass sich allmählich die scharfen Kanten abschleifen! Es wird Zeit, die verstaubten rosaroten Brillen abzunehmen und mit anderen Augen, aus einem anderen Blickwinkel in neuen Koalitionen auf die Wirklichkeit zu schauen! Sie nicht durch Klammern an überholte Gesetze, sondern durch kluges und beherztes Handeln zu ändern. Das heißt nicht, den gordischen Knoten, der jedes Großproblem fesselt, einfach durchzuhauen, sondern rascher und geschickter zu entwirren:
– (Fast) alle Wahlbürger wünschen, dass die Dauerimmigration aus Asien und Afrika endlich gestoppt wird, eine Mehrheit sicherlich auch, dass alle Nicht-Asylberechtigten rasch ausgewiesen werden. Mit ihren halbherzigen Maßnahmen schiebt unsere schwächelnde Regierung das Problem lediglich vor sich her und mutet uns Einheimischen lieber zu, zwischen immer größeren Parallelgesellschaften mit ihren ethnischen und religiösen Konflikten und ihrem Nährboden für Kriminalität zu leben. In Deutschland, das künftig zutreffender „Klein Afrikasien“ heißen sollte!
– Am deutschen grünen Energiegewinnungs- und Wärmepumpenwesen wird das Erdklima nicht genesen! Unser forscher nationaler Alleingang belastet überproportional alle Bürger unseres Landes! Das CO2-Molekül aber ist ein flüchtiger Geselle, das keine nationalen Grenzen kennt, von Europa nach Asien, von Asien nach Amerika und von Amerika wieder nach Europa fliegt. Um nicht neue Gräben in unserer Gesellschaft entstehen zu lassen, muss die Belastung für den einzelnen Bürger zumutbar sein! Im Land der Denker und Tüftler erwartet man allerdings pfiffigere Ideen fürs Energiesparen als Kretschmanns Waschlappen und Thermostat! Jeder Bewohner unserer Erde sollte aus globaler Verantwortung ebenso zumutbar belastet werden und sich einschränken; wenn darüber hinaus im „Süden“ endlich eine wirksame Geburtenkontrolle praktiziert wird – ehrlicher: der Gebärzwang aufhört – und die Zahl der Menschen sinkt, dann dauert der Weg zur Erdabkühlung zwar länger, ist aber für alle begehbar! Oft ist die zweitbeste Therapie die bekömmlichere! Unseren Volksvertretern darf es nicht um ihr persönliches und das Wohlbefinden ihrer Parteien gehen; es geht um das Wohl, nicht das Wehe ihres Wahlvolks!
Ulrich Pietsch

Was ich mir für die Europawahl wünsche: Eine konzertierte Aktion alle ‚großen‘ und auch kleineren demokratischen Parteien in allen Medien. Keine Werbung für eine bestimmte Partei, sondern für demokratische Parteien: – Demokratische Entscheidungen kosten Zeit, denn viele Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden. – Politiker bemühen sich in der Regel, die besten Entscheidungen für dieses Land zu treffen. – Politiker sind Menschen, und Menschen machen Fehler. – Die Demokratie ist das beste System, das wir haben. – Geht zur Wahl und wählt demokratische Parteien. oder so ähnlich … Dass es wirkt, wenn mehr Menschen zur Wahl gehen, erlebten wir zur kurzem als ein zuvor gewählter AfD-Politiker in der Stichwahl keine Mehrheit mehr bekam.
Annette Heinbokel

Ganz bewusst muss ich versuchen, die AfD Wähler nicht von vornherein zu verurteilen. Doch frage ich mich ganz bewusst, ob die Menschheit nie aus alten Fehlern/Verbrechen lernt. Alle AfD Wähler sollten sich die Zeit nehmen und im Wahlprogramm dieser Partei zu lesen.  Was will die AfD wirklich? Mehr Geld für Reiche: Großverdiener und reiche Erben sollen weniger Steuern zahlen (Kapitel 10.1 aus dem Wahlprogramm) Mieterschutz wie die Mietpreisbremse soll abgeschafft werden (Kapitel 14.2), Bildungseliten fördern, weniger Aufstiegschancen für Kinder einfacher Familien (Kapitel 8.1), weniger Grundrechte: Weniger Rente für Menschen ohne Kinder (Kapitel 11.2), Keine Hilfe für Alleinerziehende, wenn sie sich ohne Not vom Partner trennen (Kapitel 7.3), Videoüberwachung und Gesichtserkennungssoftware in der Öffentlichkeit (Kapitel 4.5) Mehr Gewalt: Zugang zu Schusswaffen soll erleichtert werden (Kapitel 4.7), Wehrpflicht einführen und mehr Steuern für Rüstungsaufträge (Kapitel 3.3), Deutsche Gefängnisse im Ausland wie in Guantanamo (Kapitel 4.2) Wollen wir so eine Zukunft? Wollen wir unsere Kinder in so einer Welt groß werden lassen?
Christiane Hellmiss

„Die Wahlen in der EU, in Ostdeutschland und den USA könnten böse enden. Aber nur wenn wir es zulassen.» Aber was kann getan werden, damit es nicht böse endet? Machowecz schlägt vor das Gespräch zu suchen mit Menschen, die wenigstens noch der Meinung sind: «Verändern wollen wir, aber doch keinen Umsturz herbeiführen!“. Es geht also darum, wie wir mit einem Graben umgehen: Den Graben mit Gewalt beseitigen, indem die Mitsprache-Rechte oder ganz allgemein die Rechte der anderen Seite beseitigt werden. Oder aber indem festgestellt wird: Ja, es gibt Zielkonflikte und die müssen fürs Erreichen des folgenden gemeinsamen höheren Ziels gelöst werden: Das lange gute Fortbestehen der Menschheit. Das Mittel dazu ist die Wissenschaft, ist das Gespräch über den Graben hinweg und nicht Gewalt. Ein Zitat des Kabarettisten Helmut Qualtinger lautet: «Wenn keiner weiß, was geschehen soll, sagen alle, es muss etwas geschehen.» Ich lass mir das nicht sagen und wage mich daher auf die Äste hinaus und mach mal einen konkreten Vorschlag. Der wohl gewichtigste Zielkonflikt besteht zwischen Menschenrechten, und zwar zwischen den Rechten auf Lebensgrundlagen und dem Recht auf Eigentum. Zu erstgenannten Menschenrechten gehört das Recht, mehr Kinder in die Welt zu setzten als die eigenen Ressourcen ermöglichen. Das führt wegen hoher Jugendarbeitslosigkeit zur politischen Instabilität, die letztlich dazu führt, dass das Recht auf Asyl in einem Ausmaß genutzt wird, welches die Zielländer überfordert. Zum Recht auf Eigentum gehört das selbst erworbene Recht auf funktionierende Sozialsysteme und intakte Natur. Wenn dieses Recht im unbegrenzt wachsenden Ausmaß durch Migration ignoriert wird, gibt es Probleme nicht nur in Ostdeutschland, sondern im Rest der EU und in den USA.
Wo die Lösung liegen kann und muss, zeigen zwei Beispiele aus dem Tierreich. Die Lösung müsste auf einer Linie liegen, die zwei Endpunkte verbindet. Ein Endpunkt ist definiert durch das Verhalten der Sibirischen Schneeeulen. Der andere Endpunkt durch die Situation der Berberaffen am Affenberg von Salem. Die Sibirischen Schneeeulen haben weniger Küken, wenn es weniger Lemmingen gibt. Sie passen also ihr Reproduktionsverhalten den begrenzten Ressourcen an. Nun zum anderen Endpunkt. Den Berberaffen in Salem geht es beneidenswert gut. Sie leben ihr Sozialverhalten ähnlich aus wie ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Auf dem 20 Hektar großen Affenberg herrscht ewiger Frieden zwischen den drei Affen-Gruppen. Der Grund für den Frieden ist wohl eher menschenunwürdig. Um Inzucht und zu hohe Kopfzahl zu vermeiden, wird die Reproduktion der Affen über Chips mit Hormonen gesteuert. Die genannte Linie steht für den Bereich zwischen den Zielen «Zukunft durch Eigenverantwortung» und «Zukunft durch notwendige Beeinflussung von außen oder eben den Zwang der Realität.» Irgendwo dazwischen müsste eine Lösung machbar sein. Interessant wäre eine Umfrage: Wer würde lieber auf einem Planeten leben, auf dem dank der Salem-Methode (oder einer ähnlichen Methode) ewiger Frieden herrscht? Und wer lieber auf einem Planeten, der wegen ungesteuertem Wachstum vor die Hunde (Klima, Kriege) zu gehen droht?
Gernot Gwehenberger


 

Leserbriefe zu „Diese Frau lässt einen nicht mehr los“ von Sophie Neukam

Wieder so ein Internetphänomen, von dem ich bisher nichts mitbekommen habe. Bei Raab denke ich eher an einen gelernten Metzger (bzw. Schlachter, wie es in unserer Gegend heißt) oder auch an einen britischen Politiker als an eine Veganerin bzw. eine Selbstdarstellerin, die Kritik nur schwer erträgt. Ich habe mich bei einigen der letzten Wahlen über die relativ hohen Prozentanteile der Tierschutzpartei gewundert, aber es scheint da wohl einen gesellschaftlichen Trend zu geben, den ich bislang unterschätzt habe. Essen eignet sich (neben der Sexualität) besonders gut für „Kulturkämpfe“. Über diese Themen lässt sich besonders gut Macht ausüben, das haben die Religionen ja auch erkannt. Ich lasse mir nicht vorschreiben, was und wieviel bzw. wie wenig ich essen soll, weder von einer österreichischen Möchtegerndiktatorin, noch von Religionen, noch von Familienmitgliedern. Letztere sind fast am schlimmsten. Ich hatte mal eine vegetarische Pizza im Ofen, als ich Familienbesuch bekam. Da wurde erstmal neugierig nachgefragt, weil ich eher als Fleischfresser bekannt bin. Wenn ich eine vegetarische Pizza esse, dann nicht aus ideologischen, politischen, moralischen oder religiösen Gründen (gefastet wird bei mir nicht – schon gar nicht wegen der Religion! – obwohl ich kürzlich durch DIE ZEIT erfahren habe, dass ich ein halber Intervallfaster bin, weil ich zumindest morgens versuche, nicht vor 11 Uhr zu frühstücken, auch wenn das Frühstück eigentlich meine liebste Mahlzeit am Tag ist. Abends gelingt mir das nicht ganz so gut. Ich wusste zuvor gar nicht, was man unter Intervallfasten überhaupt versteht). Auch nicht wegen meiner Gesundheit, sondern ganz einfach, weil es mir schmeckt! Österreicher*innen scheinen generell einen gewissen Hang zur Diktatur zu haben. Grobe Mettwurst ist mir jedenfalls lieber als grober Sex, noch lieber ist mir aber HARTE Mettwurst.
Thomas Manthey

Mit Interesse lese ich Ihre Zeitung. Über diesen heuchlerischen, populistischen Artikel von Sophie Neukam, habe ich mich nicht nur gewundert, sondern auch sehr geärgert. Wie unfair da mit der intelligenten und engagierten Raffaela Raab umgegangen wird – muss die Autorin S. Neukam doch ihren eigenen Lebensstil rechtfertigen und dazu missbraucht sie ihren Job als Journalistin. Frau Neukam erklärt ihren Fleischkonsum mit „Kochkultur“ – das muss man nicht mehr kommentieren. Es spricht für sich. Dass Frau Raab mehr Menschen folgen als Markus Söder oder Helene Fischer, sagt etwas über deren Klugheit und Herzensbildung. Beides ist gleichermaßen wichtig. In dem Beitrag wird die Tierrechtsaktivistin in die Nähe der AFD gerückt und versucht sie auch als Antisemitin darzustellen. Dem waren Menschen, die sich für Tiere engagieren, schon immer ausgesetzt. Üble Nachrede hat stets diejenigen getroffen, die sich für Minderheiten eingesetzt haben. Davon abgesehen – als Veganerin, die ganz harmlos und freundlich an Tierrechtsveranstaltungen teilnimmt, wurde ich auch schon von Passanten beschimpft und geschubst (meist von schlichten, älteren Männern). Man muss gar nicht auftreten wie Fr. Raab – wer die Gemütlichkeit, sprich, die sog. Esskultur stört, ist ein Hassobjekt. Und bei den Demos gegen Rassismus treffe ich i.d.R. viele Aktivist:innen aus der Tierrechtsszene. Dennoch wird immer wieder versucht, das Gegenteil abzubilden. Rufmord eben.
Eva Gruber

Vielen Dank für den Artikel über Raffaela Raab. Ich bin nicht auf TikTok unterwegs und kannte sie daher nicht. Ihre Vorgehensweise finde ich jedoch absolut verständlich. Als langjährige Veganerin weiß ich, dass freundlich sein nichts bringt, um andere Menschen zu überzeugen oder nachhaltig zum Nachdenken zu bringen. Immer wieder haben sich Menschen mir gegenüber (ungefragt!) gerechtfertigt wie wenig Fleisch sie essen würden und wenn dann auch nur gutes Fleisch, um sich dann an der Pommesbude ein Brathuhn zu holen oder anderes billig Fleisch. Als nette Veganerin wird man gelobt, wenn man keine Ansprüche stellt und es wird einem erzählt wie anstrengend die Veganer*innen sind die immer missionieren wollen. Ganz ehrlich? Es ist nicht ok Fleisch zu essen. Nur für das eigene Vergnügen (weil es gut schmeckt) wird ein Tier qualvoll schnell fett gezüchtet, brutal transportiert und dann im besten Fall zügig vergast, durchs Elektrobad oder ein Bolzenschussgerät getötet. Zu viele Tiere haben nicht „das Glück“ schnell zu sterben und ihre Qual wird verlängert bis sie irgendwann im Schlachtbetrieb sterben. Es ist nicht ok. Weder für das Tier, noch für die Menschen die zu wenig Essen haben weil Anbauflächen für die Tiermast verschwendet werden, noch für die Umwelt die von zu vielen Tierhinterlassenschaften überflutet und überdüngt werden.
Und es ist auch nicht ok wenn Jäger das Wild extra durch die Winter füttern, um immer schnell zum Schuss zu kommen und durch die zu hohe Wildzahl die Wälder geschädigt werden. Es ist nicht ok. Und ich finde es enttäuschend mit welch abwertenden Worten Frau Raab und ihre Sprechweise beschrieben werden. Hätten Sie auch die Aussage eines Mannes als „patzig“ beschrieben? Oder hätten sie ihm zugestanden ein Thema einfach mit klaren Worten zu beenden? Und ich verstehe auch nicht warum ihre Finanzierung über Nacktfotos und Filmchen ihr Anliegen als Veganerin weniger wert machen sollten. Schließlich gilt Prostitution in Deutschland als Beruf wie jeder andere (auch wenn sich hierüber vortrefflich streiten ließe, wenn man sieht, wie sehr die Lebenszeit von Prosituierten verkürzt wird durch diesen „normalen“ Beruf), da sollte Frau Raabs Beruf doch keine Fragen aufwerfen. Die letzten Absätze von Frau Neukam, dass der Weg von Frau Raab vielleicht doch erfolgreich sein könnte, stehen für mich fast schon im Gegensatz zu dem Text davor, diese Wendung zum Ende hatte ich nicht erwartet. Ich glaube, dass viele Leser und Leserinnen, die dem Veganismus kritisch gegenüber stehen (und machen wir uns nichts vor es sind die meisten) diesen Teil überlesen und sich nur über das „unverfrorene und überhebliche Vorgehen dieser Person“ echauffieren werden.  Auch wenn ich also einige Kritikpunkte habe, möchte ich mich herzlich bei Frau Neukam bedanken, dass sie das Thema in die ZEIT gebracht hat!
Munia Schwandner

Ihr Artikel über Raffaela Raab zeigt exemplarisch das Beispiel einer tumben falschistischen Ökoveganerin mit Pornodarstellerin-Allüren.
Silvian Tiron

Die Ideenwelt der Frau Raab treibt mich um. Nachfolgend meine Gedanken zum genannten Artikel. Vielleicht taugt er, in der Zeit (wenigstens teilweise) gedruckt zu werden. Ich würde mich freuen. Unbestritten ist, dass (viel) mehr Gemüse und (deutlich) weniger Fleisch für unsere wohlstandsverwöhnten Bäuche nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig wäre/ist. Die Art und Weise aber wie Frau Raab die Thematik aufgreift, erinnert arg an Ideologie und Fanatismus und ist letztlich Ausdruck eines Lebens im Luxus. Menschen in Armut und mit leerem Magen können es sich in Europa kaum und in den Armutsregionen der Welt gar nicht leisten, auf Eier und Milch zu verzichten und vielleicht sogar hin und wieder „ein Tier in Stücke zu schneiden“ und (tierische) „Leichenteile von fühlenden Individuen“ zu konsumieren. Es fällt mir schwer, den Rigorismus von Frau Raab und anderen sog. Aktivisten/Aktivistinnen zu akzeptieren. Für ethisch bedenklich und phänomenologisch falsch halte ich auch die Gleichstellung des Wesens von Mensch und Tier, die sich in den Ansichten, den Forderungen und der Sprache von Frau Raab zeigt. So eine Gesellschaft konsequent zu Ende gedacht wäre der blanke Horror. Vieles läuft falsch und ist zu kritisieren an der sog. Nutztierhaltung – deutschland-, europa- und weltweit. Ich persönlich esse am liebsten Wild, das ist bei uns Luxus, den ich sehr genieße – und kein Radikalismus kann mir den madigmachen. Abgesehen davon: Sehr, sehr bedauerlich finde ich, dass die wunderbare Kolumne von Peter Dausend „Dausend Prozent“ abgesetzt worden ist. Ich habe mich jede Woche darauf gefreut…
Marina Freudenstein

Der Artikel geht über eineinhalb dieser bekannt riesengroßen ZEIT-Seiten. Aber es steht nicht drin, was mit den Tieren geschehen soll, die selbst Tiere fressen. Wenn sie Menschen fressen, dann kriegen sie ein Märchen, wo es dem bösen Wolf nachher dreckig geht. Aber, wenn sie ein anderes Tier gewohnheitsmäßig fressen, dann kriegen sie ein solches Futter auch im Zoo ‒ und werden nicht auf vegan umgeschult. Wenigstens angedeutet werden müsste diese Problematik.
Herbert Eberle

Raffaela Raab hat Recht mit Ihrer kompromisslosen und radikalen Haltung gegenüber Nicht-Veganern. Natürlich ist es schon lange nicht mehr okay, nicht vegan zu sein. Auch der Vergleich mit dem Holocaust ist leider zutreffend. Jeder der ein Haustier hat weiß, dass Tiere genauso ein Leidens- und Lebensgefühl haben wie Menschen. Damit ist der Holocaustvergleich gerechtfertigt, der Holocaust wird damit auch in keiner Weise verharmlost. Im Gegenteil, wer genau hinsieht was hinter den hohen Mauern der Nutztierställe und den Schlachthöfen passiert weiß, dass sowohl zum Holocaust als auch zur industrielle Fleischgewinnung unendliches Leid und fürchterliche Qualen gehören. Wenn im Zusammenhang mit dem Horror der Fleischgewinnung dem Holocaustvergleich aber nur mit dem Killerargument der Verharmlosung begegnet wird und keine Sachargumente zur Entkräftung beigebracht werden, muss der Vergleich wohl zutreffend sein. Die schlimmen Zustände sowohl in der kleinbäuerlichen Viehhaltung (u.a. Anbindehaltung, Mütter-Kälber-Trennung), in der Massentierhaltung, auf den Tiertransporten besonders in sog. Drittländer und in den Schlachthäusern dieser Welt sind seit Jahren hinlänglich bekannt. Wer angesichts dieser Faktenlage immer noch für sich entscheidet, weiter tierische Produkte zu konsumieren kann entweder nicht nachdenken oder ist ein grenzenloser und rücksichtsloser Egoist, der damit außerhalb der Gesellschaft steht.
Peter Foß

Wenn ihr unbedingt einer veganen Vollidiotin einen riesigen Text opfern wollt, von mir aus, auch die ZEIT versinkt immer mehr im Mainstream. Immerhin erlaubt sich Autorin Sophie Neukam noch einige Abwehr-Reflexe. Dann aber die unsinnige Volte: Wir brauchen eine Raffaela Raab, die alles „kurz und klein haut, sodass andere mit Maß und Mitte etwas Neues entstehen lassen?“ Was für eine Frage… Warum schreibt Sophie im Banne von Raffaela dann nicht über Menschen mit Maß und Mitte? Am Ende noch über Landwirte (und Landwirtinnnen selbstredend), die ihren Nutz-Tieren ein glückliches Leben garantieren? Die ihre Rinder auf die Weide lassen, damit sie dort im Humus Kohlendioxid binden? Warum hat die Redaktion keinen Platz für einen Kasten von 10 Zeilen zur Logik von Schlag mit der Raab: Sie will keine (Nutz-) Tiere schlachten? Dann muss sie alle, die dummerweise noch am Leben sind, sogleich kastrieren, damit es keinen Nachwuchs gibt. Dann dürfen die Geretteten auf Gnadenhöfen ihre Krankheiten bis ins hohe Alter genießen. Kälber und Ferkel werden nie mehr geboren, damit müssen sie in irdischen Gefilden garantiert keine Qual mehr erleiden! Aber dummerweise auch keine glücklichen Tage. Im Klartext: Die Veganer wollen die (Nutz-) Tiere abschaffen, samt der uralten bäuerlichen Kultur! Es gibt in dieser Utopie kein Tierleid mehr, aber halt auch keine Tiere… Maß und Mitte? Eine Christiane beherrscht diese Disziplin, sie kann sogar kompetent über die bäuerliche Kultur schreiben. Maß und Mitte würde die Kritik an manchen Formen der Tierhaltung nicht vergessen, aber vor allem nicht die Vorteile. Wer glückliche Rinder sehen will, sollte ihnen doch die Gnade der Geburt gewähren… Fußnote: Veganer seien doch, so das Klischee, friedfertige Menschen, dank ihrer Liebe zum Gemüse. Nur der Genuss von Fleisch mache aggressiv. Die Raffaela muss also mindestens ein halbes Schwein verzehrt haben…
Rudi Holzberger

In dem Artikel wird der leidenschaftliche Fleischesser und Bodybuilder Markus Rühl mit der Aussage erwähnt, vegane Ernährung sei „für den Sport tödlich“. Wer dem Wahrheitsgehalt dieser Behauptung auf den Grund gehen will, braucht im Internet nur nach vegan lebenden internationalen Spitzensportlern zu suchen und findet sofort mindestens 15 Spitzensportler, darunter Lewis Hamilton, Venus Williams, Novak Djokovic, Timo Hildebrand, Serena Williams, Arnold Schwarzenegger usw. Auch alle der menschlichen Ernährung dienenden Tiere, Rinder, Schafe, Ziegen, bauen ihre Muskelmassen durch Pflanzenverzehr auf, ebenso wie Rennpferde. Der Verzehr von Tierprodukten lebt von einem Tiereiweiß-Mythos, der in der Konsequenz umweltschädlich ist und vielen 1000 Menschen die Gesundheit kostet. Focus berichtete: „Studien zeigen zum Beispiel, dass Veganer im Vergleich zu Menschen, die sich mit fleischhaltiger Mischkost ernähren, ein etwa 50 Prozent niedrigeres Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 haben, ein 20 bis 50 Prozent geringeres Risiko für Bluthochdruck, eine rund 25 Prozent verringerte Wahrscheinlichkeit für eine ischämische Herzkrankheit (z. B. Herzinfarkt) und ein etwa 15 bis 20 Prozent geringeres Risiko, an Krebs zu erkranken.“ Ich selbst konnte mich durch Umstellung auf vegetarische bis vegane Lebensweise schon 1976 von allen, laut Schulmedizin unheilbaren Krankheiten, wie Arthrose, Gicht, Rheuma, Prostata-Beschwerden usw., befreien und bin noch heute im 88. Lebensjahr davon frei. Dazu verfasste ich einige Bücher zur Selbstheilung.
Ingo F. Rittmeyer

Sich gegen Tierleid zu engagieren ist vollständig in Ordnung und auch bitter notwendig. Wenn Frau Raab allerdings anderen pauschal vorschreiben will, was ihrer Meinung nach okay ist und was nicht, dann ist das nicht okay. Ihr Defizit ist, dass sie zwischen Leben und Tod nicht unterscheiden kann. Genauer gesagt: Den Tod gibt es auch in der materiellen Welt – geschweige denn in der mentalen und geistigen – eigentlich nicht. Am Thema Ernährung kann man das schlüssig darstellen: Schließlich können Teile von – ja – getöteten Tieren die Körper anderer Lebewesen, also auch die von uns Menschen, mit Energien und Substanzen versorgen, die wir zum Leben, sprich unserer Existenz brauchen.
Christoph Müller-Luckwald


 

Leserbriefe zu „Was Juden seit dem 7. Oktober in Deutschland passiert ist“ von Johannes Böhme et al.

Sie sollten diese Doppelseite zum Thema Juden in Deutschland jede Woche für eine andere Randgruppe wiederholen, vielleicht Wohnungslose, Asylanten, Russen oder Syrer. Da lässt sich bestimmt etwas draus machen.
Thomas Groß

Ich bin entsetzt über diesen Antisemitismus, eine Schande für Deutschland. Am 7. Oktober 2023 haben Hamas – Terroristen mehr als 1000 unschuldige Menschen in Israel abgeschlachtet, verschleppt und vergewaltigt, will sie Juden sind (waren). Seitdem tobt im Gazastreifen ein grauenhafter Krieg und wieder sterben und leiden viel zu viele unschuldige Menschen dort. Man kann das Leid des einen nicht mit dem Leid des anderen aufwiegen, dass verbietet sich, denn so wird man am Ende keinem der Opfer gerecht. So taugt auch Benjamin Netanjahus unmenschliche und zweifellos zu kritisierende Kriegsführung gegen die Hamas nicht, um hier tätliche oder verbale Angriffe auf Juden zu rechtfertigen, gar den Tod von Juden zu feiern oder zu fordern. Diese Kriegsführung wird auch zum Vorwand genommen, um einen offenbar sehr alt verankerten Antisemitismus auszuleben und die leidvolle Geschichte jüdischer Menschen fortzuführen, indem man sie wieder zu Sündenböcken macht und auszugrenzen versucht. Ob es sich dabei um importierten oder den latenten „deutschen“ Antisemitismus handelt, macht letztendlich keinen Unterschied. Antisemitismus ist inakzeptabel und darf nicht geduldet werden. Ein Dank an die Redakteure der ZEIT, die sich die Mühe gemacht haben, antisemitische Angriffe zu recherchieren und mit dieser Liste zu dokumentieren.  Sie macht klar, wie schlimm es bereits mit einem alltäglichen Antisemitismus in diesem Land bestellt ist. Er gehört angeklagt und nicht zur „Normalität“ in einer Zivilgesellschaft.
Regina Stock

Es ist schlimm, was es an dummen Sprüchen und Taten in Bezug auf Juden leider immer noch gibt. Antisemitismus existiert seit Jahrhunderten, und die Dummen sterben bekanntlich nicht aus. Das gilt für Deutschland und leider auch für viele andere Länder dieser Welt. Ob die Auflistung antisemitischer Vorfälle in der ZEIT allerdings hilft, die Dummheit zu bekämpfen, wage ich zu bezweifeln. Leider unterstützt die völkerrechtswidrige Politik Israels diese Hohlköpfe, ihren latenten Antisemitismus auszuleben. Um so wichtiger ist es, sehr genau zu differenzieren zwischen völlig berechtigter Kritik an der unmöglichen Politik der rechtsradikalen israelischen Regierung und dummem Antisemitismus. Dies geschieht gerade in Deutschland meines Erachtens leider viel zu wenig. Hier wird gerade von den selbsternannten vermeintlichen „Freunden Israels“ jedwede Verurteilung israelischer Politik sofort als Antisemitismus oder gar Judenhass diskreditiert, womit man den dumpfen latenten wirklichen Antisemitismus nur anfeuert.
Björn Luley

Wenn Staatsgewalten, statt ihrem Anspruch gemäß, die Richtung zum Wohle des Volkes vorzugeben, räsonierend und dilettantisch lenkend eingreifen und wie weiße Ritter parteiisch-polarisierend blankziehen, fühlen sich die Bürger im falschen Film und die schwarzen (Raub)Ritter geben reaktionär Contra. Agiert ideologischer Fundamentalismus symbolträchtig im öffentlichen Raum, treibt das Gesinnungsferne in Opposition und Hardliner, vergleichbar mit Fußballfans anderen Stallgeruchs, zu mitunter aggressiver Reaktion. Solange wir im Alltags-Blaumann alle gleich sind, können wir ohne Ressentiments jedem von Herzen seinen privat-festlichen Reigen gönnen. Hat nicht Rechtgläubigkeit, vorneweg die der Monotheisten, genug böses Blut gekostet? Die Schwerter der jeweiligen Glaubensjünger Familien und Völker auf die Pfade untertäniger Schein-Tugend gebracht? Sind nicht auch die gegenwärtigen Staaten durch Untugenden des Gegen- statt Miteinander entstanden? Da es Zeitgeist-opportun ist, friedenmobbend Feindbilder hochzuziehen, wittern die Antipathie-Narren aller Couleur Morgenluft. Denn ungehörig zersetzend zeigen sich nicht die liberal-gesinnungsneutralen Sympathieträger, sondern alle intoleranten Wichtigtuer, Toleranz einfordernd. Mit der 180 Grad-Wendung allein war noch nicht einmal unsere Nachkriegs-Demokratie zu haben – und droht zum Torso zu werden im Opponieren innerer Zwistigkeiten, versus Demutsgetue untilgbarer Schuld. Denn zuvorderst sind wir Mitbürger – von der Kommune bis zum Weltgeschehen. Darauf folgt unsere Nationalität in einem prosperierenden Land, das uns Heimat ist, das wir mit Sympathie und Fleiß tragen. Jedwede weitere Zugehörigkeitsneigung ist Privatsache und taugt nicht für öffentliche Zurschaustellung. Kein Mitbürger mosaischen-, christlichen-, islamischen- Glaubens oder diverser Neigungen hat, um des Landfriedens willen einen Sonderstatus herauszukehren. Das ist längst überfällige Staatsräson, gestützt auf all jene, die um des Friedens willen kompromissbereit Abstriche machen! Jedwede Eingriffe oder Bevorzugung in diese privatrechtliche Gesinnungsfreiheit sind Vorstufen obrigkeitlicher Ermächtigung aus unseliger Zeit!
Andreas Weng

Es ist erschreckend und widerwärtig. Danke, dass Sie das Thema immer wieder aufgreifen. Bisherige Präventionsprogramme sind offensichtlich wenig wirksam. Antisemitismus ist ein spezielles Problem und muss auch als solches behandelt werden. Angesichts der Situation sollte das Thema Priorität haben und Claudia Roth ist für mich erst dann glaubwürdig, wenn sie ein entsprechendes Konzept vorlegt, wie dem zu begegnen ist. Keine Pauschalisierungen mehr und warme Worte im Interview nützen wenig.
Eva Gruber

In Ihrer o.g. Ausgabe haben Sie vier Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich offensichtlich eingehender mit Angelegenheiten von Juden in Deutschland befassen, die Möglichkeit gegeben, auf zwei Seiten darüber zu berichten, „Was Juden seit dem 7. Oktober in Deutschland passiert ist.“ Ich gehe davon aus, dass Sie anderen vier Mitbürgerinnen und Mitbürgern nun ebenfalls die Möglichkeit geben, in einer der nächsten Ausgaben der ZEIT in gleicher Ausführlichkeit darüber zu berichten, „Was Palästinensern seit dem 7.Oktober im Westjordanland passiert ist“.
Bernhard Langlotz

Das Rentenalter anheben zu müssen, ist eine unbequeme Wahrheit. Wir hatten schon einmal ein Renteneintrittsalter von 70 Jahren. Wer weiß das? Bismarck hat unter sozialen Zwängen die Rentenversicherung zunächst nur für Invalide eingeführt. Alsbald erkannte man, dass bei Siebzigjährigen eine ärztliche Beurteilung entbehrlich ist, weil bei den Wenigen, die überhaupt dieses Alter erreichten, Invalidität die Regel war. Auch war bei der damaligen Lebenserwartung die Rentenlaufzeit kurz. Der so entstandene Automatismus einer Alters-Invalidenrente konnte durch das Nachwachsen vieler Beitragszahler immer weiter vorgezogen werden, zuletzt bei Frauen auf die Vollendung des sechzigsten Lebensjahres. Längst nähert sich die Rentenbezugsdauer der Lebensarbeitszeit. Das ist nicht auf Dauer finanzierbar. Was wir brauchen, sind altersgerechte Arbeitsplätze als gleitender Übergang in die Spätverrentung, nicht nur für Dachdecker. Auch ein „Tintenscheißer“, wie Einstein seine ehemalige Arbeit im Patentamt bezeichnete, kann ausbrennen.
Hartmut Rencker

Danke für die Recherche mit mich erschreckendem Ergebnis; und die folgenden Fragen sollen eins bloß nicht: reduzieren oder relativieren. Es geht mir auch hier um journalistische Korrektheit als solche: Können Sie dabei sicher sein, dass dies jeweils so war, wenn eine Person es meldet? Wie? Die Formulierungen stellen es jeweils nämlich als Tatsache dar, auch wenn die Quelle eine Meldung an das Portal war: Ist da nicht ein „laut RIAS“ oder indirekte Rede die sicherere Seite? Wenn es ein Hörfehler war? Wenn jemand etwas „überhört“ (11.10.) sieht ja jeder die schmerzlich missglückte Übersetzung des „overhear“ aus irgendeiner englischsprachigen Zuleitung. Wurde, soweit denn sicher möglich, damals nachgefragt? Ist die Meldung anonym oder namentlich? Auch: wie sicher ist die Wertung, dass der Diebstahl eines Anhängers aus antisemitischen Gründen geschehen ist, 26.10.? Warum ist „Free Palestine End Israeli Occupation“ selbst von den Falschen nicht einfach eine selbstverständliche Forderung, wenn Israel Teile Palästinas gegen das Völkerrecht besetzt hält (der Rest ist natürlich antisem. Müll; 29.10.) und kein Bild dazu etwa das ganze frühere britische Mandatsgebiet beanspruchte)?
„Wo ist er, wenn man ihn braucht“ (19.12.) kenne ich als gotteskritische Bemerkung zu Auschwitz, doch da werden Sie hoffentlich den Kommentierenden und Kontext richtig eingeordnet haben. Ebenso hätte ich (2.2.) nicht ausschließen können, dass ein Postbote persönliche Courage hatte, denn Israel als Zweitnamen jüdischer Männer schrieb man hierzulande nun einmal obligatorisch im Dritten Reich. Derjenige hätte also einen unbelehrbaren Nazi mit Pseudo-Absender vermutet und das so deutlich gemacht. … Mmh, ja, könnte doch eigentlich _auch sein. Sie hatten das geprüft, oder? Was will ich? Wieder mehr Text, weniger Bild- und Lifestyle-Füllsel. Ich lese die ZEIT auch; da ich rasch aufnehme. Mehr Sorgfalt und Recherche statt Social-Media-Level, auch weniger (so einfach geschriebene) Meinung für die wohlige Zustimmung. Meine Zustimmung hat der Kampf gegen Antisemitismus (ja, natürlich, was auch sonst?) wie – schon deutlich weniger – auch die Lifestyle-Abwägung von Benzin gegen Elektro, dabei alles bitte sauber.
Jan Sieckmann

Die Aufzählung der Taten ist entsetzlich, gar keine Frage – vor allem, da offenbar entweder alle Städte und Verkehrsmittel etc. so menschenleer waren, dass niemand Hilfe anbieten konnte … Aber ich hoffe, dass in einer der nächsten Ausgaben auch auf die Behandlung der Palästinenser durch die Siedler im Westjordanland zum Thema gemacht wird. Und auch die Frage, warum es immer noch keine faire 2-Staaten-Lösung gibt. Wem dient der ständige Konflikt?
Afra Margaretha

Es ist verstörend und zutiefst beschämend, dass in einem Land, das für die Ermordung von sechs Millionen Juden verantwortlich ist, diese antisemitischen Verbrechen immer noch möglich sind.
Roderich Buhlheller


 

Leserbriefe zu „Ist diese Geste ein Problem?“ von Evelyn Finger („Nein! Ein Muslim wird zum Sündenbock!“ von Hamed Abdel-Samad) („Ja! Sie ist bei Terroristen populär“ von Abdel Hakim Ourghi)

War Lehrer Lämpel Islamist? Oder bin ich sogar selbst einer, wenn ich meinen Hund zum Sitzen auffordere???
Dietmar Kuhn

Natürlich weiß ich nicht, ob der Nationalspieler Antonio Rüdiger Islamist ist und eigentlich ist mir seine politische und religiöse Einstellung auch egal. Mich stört allerdings in Presseberichten immer wieder die Behauptung, dass jemand ein „frommer oder gläubiger“ Christ bzw. Muslim sein soll. Ich stimme dem Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi zu, wenn er schreibt:  „Der Glaube ist eine Sache zwischen dem Einzelnen und Gott“.  Wie kann ein Journalist beurteilen, ob jemand fromm oder gläubig ist?
Rolf Schikorr

Abdel-Samad und Abdel-Hakim Ourghi schätze ich sehr. Ich habe sie durch ihre Veröffentlichungen kennen gelernt. Sie sind Humanisten, die das Individuum in den Mittelpunkt ihres Denkens stellen. Die Medien vermeiden beharrlich eine öffentliche Debatte über die Religion, Glaubensfreiheit, Respekt, Öffentlichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme in der Gesellschaft. Offen bleibt, ob Antonio Rüdiger frömmiger Muslim, Anhänger der Muslimbrüder oder Bewunderer des „Heiligen Krieges“ der Islamisten ist. Die Feststellung der Sure 4, Vers 142 über Heuchler sollte Rüdiger als frommen Muslim nicht unbekannt sein. Negiert er trotz aller Frömmigkeit diese Sure bewusst? Möglicherweise hat Antonio Rüdiger noch nicht mitbekommen, dass in unserer Gesellschaft die Bürger mehrheitlich die Freiheit genießt, sich anonym und ungestört in der Öffentlichkeit aufhalten zu können. Der gegenseitige Respekt der Menschen gebietet, jede öffentliche Ruhestörung zu unterlassen. Dazu gehören alle Aktionen, die diese Freiheit einschränken.
R. Reiger

Ich bin den Herren Hamed Abdel-Samad und Abdel-Hakim Ourghi sehr dankbar für die Erläuterungen zur Tauhid-Geste. Wissen heißt verstehen, in diesen Zeiten wertvoller denn je. Wenn Antonio Rüdiger als Muslim zu Beginn des Ramadans ein Bild von sich mit erhobenem Zeigefinger postet, ist das okay. Andere posten Bilder von Ihren Kindern bei der Konfirmation et cetera, genauso okay. In Deutschland herrscht Religionsfreiheit; und das ist gut so. Das Problem sind Islamisten, die den Islam und seine Traditionen (und Gesten) missbrauchen, um ihre Morde und Schandtaten zu legitimieren. Es wäre grundfalsch, wenn sich deshalb gläubige Muslime nicht mehr öffentlich trauten, zu ihrer Religion zu stehen und ihre Traditionen zu pflegen. Den Islamisten „gehört“ der Islam nicht, wenn aber der Gebetsruf „Allahu Akbar“ nur noch mit einem islamistischen Schlachtruf assoziiert wird und Ängste bei Nicht-Muslimen erzeugt, wird es zusehends schlechter mit dem friedlichen Zusammenleben in einer wachsenden Gesellschaft von vielerlei Kulturen. Ein Einfallstor für Hass, Ressentiments und Rassismus, welches die Islamisten nur zu gut für sich zu nutzen wissen, um sich dann als Heilsbringer zu inszenieren.
Muslimen in Deutschland „hilft“ es sicherlich auch nicht, wenn sich manch westliche Intellektuelle und übereifrige Politiker daran machen, das Weihnachtsfest zum Winterfest umzubenennen, und das unter Verächtlichmachung der eigenen christlichen Sprache und Traditionen.  Diese Selbstverleugnung erzeugt noch mehr Unverständnis in der Bevölkerung und kommt mir persönlich auch Muslimen gegenüber bevormundend vor. Ich kann mir kaum ein Kind vorstellen, christlich oder muslimisch, welches nicht gerne an beiden Festlichkeiten teilnehmen würden, denen zu Weihnachten und denen zum Zuckerfest. Gegenseitige Toleranz und Wertschätzung darf niemals damit einhergehen, sich selbst zu verleugnen, auch in Glaubensfragen nicht. Was von Julian Reichelts Schmutzkampagne gegen Antonio Rüdiger zu halten ist, beschreibt Hamed Abdel-Samad sehr gut. Julian Reichelt geht es um Schlagzeilen und „Sensationen“. Moral gehört ganz offenbar nicht zu seinen Lebensmaximen. Die Entscheidung, gegen die Diskreditierung von Antonio Rüdiger vorzugehen, ist vernünftig und ein goldrichtiges Zeichen zudem.
Regina Stock

Also lautet der Beschluss, dass der Mensch was lernen muss.
Lange Zeit hab´ ich gedacht, dass Max-Moritz Mist gemacht.
Izo aber lerne ich ganz und gar so ist es nich´.
Denn der Lehrer Lämpel ist ein perfider Islamist.
Und die scheinbar böse Tat das Abendland gerettet hat.
Die Moral von der Geschicht´: Trau´ nie dem ersten Anschein nicht!
Wolfgang Auth

Ich habe diese Geste im Unterricht, in Vorträgen, an Runden Tischen verwendet, wenn ich ironisch bis sarkastisch scholastische Spitzfindigkeiten ins wirkliche Leben zurückholen wollte: Auch der Weisheit Lehren muss man mit Vergnügen hören! So Wilhelm Buschs kategorischen Imperativ im vierten Streich. Armer Lehrer Lämpel, der wohl auch nichts Böses dabei dachte, wenn er den Finger hob. https://www.wilhelm-busch.de/werke/max-und-moritz/alle-streiche/vierter-streich/. Lavori in corso!
Herbert Kolb

Der erhobene Zeigefinger, um den es hier geht, ist eigentlich kein Problem, sondern eine rituelle Geste vereinbarter Zugehörigkeit und damit ein Kontrollmechanismus. Gott / Allah ist nämlich weder oben noch sonst irgendwo – exklusiv schon gar nicht. Der begrifflich erfassbare Gott ist eine Erfindung von Menschen, um das, was uns nicht verfügbar ist bzw. war, in unserem Leben wirksam werden lassen zu können. Natürlich beruht diese geniale Erfindung auf Erfahrungen von (veränderlichen) Grenzen, der Glaube wird dadurch also nicht ad absurdum geführt, sondern konkretisiert. Für mein Empfinden sind beide Diskutanten zu stark mit einer statistischen Interpretation dessen, was Religion denn eigentlich sein oder bedeuten könnte, befasst. Besser wäre es, gründlicher als bisher diese Frage nach Wesen und Botschaft aller Religionen auf die Agenda zu setzen. Wer sich auf Religion beruft, sollte sich vorurteilslos auch der Frage stellen, was Religion nicht sein kann, nämlich alles, was dem menschlichen Wohlergehen auf dem Planeten Erde grundsätzlich widerspricht, also Kriege, Eroberungsphantasien, Absolutheits- und Exklusivitätsansprüche sowie Überheblichkeiten über andere.
Christoph Müller-Luckwald

Antonio Rüdiger Islamismus unterstellen zu wollen, halte ich für absurd (auch wenn er laut Wikipedia schon einmal einen islamistischen, gegen Macron gerichteten Post gelikt hat, wofür er sich aber entschuldigt hat) und ich finde es gut, dass er gegen den Hetzer Reichelt juristisch vorgeht. Problematisch finde ich aber auch, dass jemand beim „Gebet“ für eine Kamera posiert und das Foto dann im Netz postet. Ein echtes Gebet ist die (meist intime) Zwiesprache zwischen einem Menschen, manchmal auch mehreren, und (einer Fantasiegestalt namens) Gott. So ein Foto und Gepose hat mit dieser Intimität nichts mehr zu tun. Mich wundert, dass ich keinen Ehering an Rüdigers Fingern entdecken kann. Laut Wikipedia ist er verheiratet. Tragen Muslime grundsätzlich keine Eheringe oder werden diese beim Gebet bzw. „Gebet“ abgelegt?
Thomas Manthey

In Zeiten schwindender Toleranzbereitschaft wäre der Verzicht auf demonstrative religiöse Gesten, ob missverständlich oder nicht, kein kleiner Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden. Er respektierte zudem das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf die negative Religionsfreiheit.
Christian Bettels


 

Leserbriefe zum Titelthema „Ruhe finden“ „Psst“ Gespräch mit Brigitte Schulte-Fortkamp geführt von Sybille Anderl und Rudy Novotny

Doch! Es gibt sie in der Natur. Wir waren vor einiger Zeit in den USA, da gibt es in einigen Staaten Wüsten. Wir waren in einer. Wir sind ein Stück von der Straße weggefahren. Es war absolute Stille – Nichts – Gar nichts. Ich habe ganz genau hingehört, weil ich das nicht geglaubt habe, aber es war wirklich nichts zu hören, kein Wind, kein Vogel, kein Tier. In dem Artikel geht es im Wesentlichen um „akustische Belästigung“. Und das ist ein weites Feld. Und was den Verkehrslärm angeht, es sieht so aus, als ob die Motorräder (Kolbenantrieb!) wieder in Mode kommen, grauenhaft! Die Botschaft: „Hier bin ich!!! Ich bin der allergrößte, der allerschnellste!!! Hier zeige ich dir meinen akustischen Phallus!“ Dabei sind die Dinger, bezogen auf die Beschleunigung, rein sachlich gesehen, total überflüssig!!! Elektromotoren haben ein ganz anderes Beschleunigungsverhalten. Es ist kein Getriebe nötig, die Beschleunigung ist weitgehend konstant. Und dann die „Belästigungsanrufe“, Anrufe von irgendwelchen Typen, die irgendetwas zu verkaufen suchen, aber auch irgendwelche „Spionage“ (Informationen über Bankkonten, Adressen etc.) treiben. Und das Dauerproblem Reklame. Es gibt bei YouTube „Sequenzen“, die ständig von Reklame unterbrochen werden. Beispiel: Frank Sinatra, Dean Martin, Nat King Cole, Bing Crosby, Louis Armstrong??Oldies But Goodies 50s 60s 70s (Besonders schlimm!) Wenn man sich weiter auf die Suche begibt, wird man wahrscheinlich noch mehr finden.
Hartmut vanBel

Es gibt auch Schall schluckende Farben.
Nobert Wieh

Auf Ihre Frage, ob der Begriff „soundscape“ als „Klanglandschaft“ übersetzt werden könnte, erhielten Sie von Brigitte Schulte-Fortkamp die arrogante Antwort: „Könnte man. Aber das ist nicht zielführend“. Einen Fachausdruck für ca. 100 Millionen Vatersprachlerinnen ins Deutsche zu übersetzen, ist nicht „zielführend“? Was für eine Klatsche. Oder sind unsere Experten nicht mehr in der Lage, auf internationalen Kongressen ins Englische zu wechseln und sich im Interview mit einer deutschsprachigen Zeitung für den Leser verständlich auszudrücken?
Jens König

In dem o.a. Artikel haben Sie viele Wörter nicht voneinander getrennt. Es liest sich fürchterlich. Sicher ein Versehen, aber bitte nicht wiederholen.
Inge Niemann

In ihren Ausführungen – Ruhe finden – tauchten u. a. die Fragen auf: Wann ist Reden Silber? Wann Gold? Und wann redet man Blech? Nicht gefragt wurde nach: Wann ist Reden Schrott? Reden ist Schrott, wenn Trump von alternativen Fakten spricht. Reden ist Blech, wenn SUVs nicht höher besteuert werden. Reden ist Silber, wenn politische Parteien sich streiten, sich bekämpfen, miteinander reden, und einen guten Kompromiss finden. Reden ist Gold, wenn der Mann vom TÜV OK sagt, und eine neue Plakette aufdrückt.
Gerhard Knaak

Was Stille ist, habe ich gelernt bei einem kurzen Weg mit meinem ca. 9 Jahre alten Schützling auf einer normal befahrenen Straße direkt neben der Bahn. Und die Stille fiel mir erst während unseres Dialoges auf: Von ihm: “ HÖRST Du wie still es hier ist“?! Ich:“ Ja „! Er: „Da kann sich das Gehirn endlich mal ausruhen“!!!  Meine Verblüffung über diesen Gedankengang hat sich bis heute gehalten und bleibt unvergessen.  Und eine Nebensache, dieses Kind (heute 16 Jahre alt) galt als untauglich für die Grundschule). Das zum Schulsystem nebenher).
Geelke Braun

Laut Wilhelm Busch wird Musik als störend empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden. Alles, was unsere (Hör)Sinne erreicht, regt an oder törnt ab in positiver bis negativer Resonanz. Liegen die Nerven blank, streikt unser Filtersystem, regieren wir mitunter instinktiv, wie bei Urangst-Alarm-Flucht oder Angriff ist die beste Verteidigung. Wer niemals in den Fettnapf trat… heidekruz und fallada…! Sind wir völlig durch den Wind, stört schon der eigene Herzschlag, als arbeite eine Hammerschmiede in uns, ist Hilfeheischen nur die zweitbeste Lösung: Wie bei Tinnitus- und Migräne-Qual wirkt letzte Energien mobilisierendes, selbsttherapeutisches „den Stier bei den Hörnern packen“ oft unmittelbar!  Statt Gesellschafts-Flucht und Kapitulation trotzig mit einer aktiven Täter/Opfer-Umkehr zu begegnen, geschehen Zeichen und Wunder mittels Körperertüchtigung, kombiniert mit lauthals dagegen ansingender, lachend-schreiender Verzweiflungswut. Die Initiative gegen diesen ohnmächtig-paralytischen Zustand ist zurück! (Ich spreche aus Erfahrung: Hilf dir selbst, indem du anderen hilfst, dann hilft dir Gott!) Das erfolgende Entspannungs-Echo ist Balsam auch für die ohnmächtig Mitleidenden. Ob beredtes Schweigen als Schrei oder als Femegericht genutzt wird, wissen nur die Beteiligten. Der Jahrmillionen-Hörerfahrung stülpte die industrielle Revolution maschinenakustische Reize über, die (wie Headset-Nutzung), raumakustische Grenzen ignorierend, Verstörendes als Dabeisein ist alles-Droge unentbehrlich erscheinen lassen – und als eines der Bubble-Puzzleteile diese Welt ungastlich, geradezu zum Irrenhaus machen. Sich gegen diese physisch-psychische Überforderung in die Tasche zu lügen, Symptom- und System-Flickschusterei zu betreiben, ist ebenso vergebliche Liebesmühe, wie Blinde sehend zu machen.
Andreas Weng

IN STILLER TRAUER, die Stille lärmt, die Stille schreit, die Stille ruft, die Stille stillt, die Stille ruht, die Stille stirbt still trauern wir mit. ©Ulrich Wössner aus: Ulrich Wössner. Womöglich. Gedichte und andere Ungereimtheiten. Karin Fischer Verlag Aachen, 2024, S. 19.
Ulrich Wössner


 

Leserbriefe zu „Lassen wir die Ukraine hängen?“ Streit von Norbert Röttgen und Nils Schmid, moderiert von Jörg Lau und Mark Schieritz

Entlarvend, fast kompromittierend das Gegensatzpaar Schmidt/ Scholz. Schmidt verteidigte den Nato-Doppelbeschluss gegen innere Widerstände und heftigen Gegenwind. Es war Staatsräson ähnlich wie bei Schröders Agenda: etwas Notwendiges, aber Unpopuläres durchzusetzen selbst auf die Gefahr hin, dafür abgestraft zu werden. Ausweis politischer Größe. Scholz dagegen gibt den Friedensapostel und nimmt damit Witterung auf mit Blick 2025. Zulasten der Ukraine, erbärmlich.
Christoph Schönberger

Wir sind gewohnt, die Komplexität der Realität so runterzubrechen, dass wir in unseren Handlungen und Unterlassungen das Gefühl von Richtigkeit bzw. Angemessenheit haben. Kaum anders gehen wir mit der unfassbaren Realität des Krieges in der Ukraine um. Doch wir bewegen uns unsicher zwischen drängender, sich dauernd verändernder Lage und den stets unabsehbaren Konsequenzen unserer Entscheidungen. Und wir erkennen tatsächlich erst nachträglich, was richtig oder falsch ist. Diejenigen, die Entscheidungen treffen, stehen dabei in einer ganz besonderen Verantwortung. Ganz sicher wissen dies Nils Schmid und Norbert Röttgen. Allerdings suggeriert das Streitgespräch zwischen den beiden eine Möglichkeit von Klarheit, die so nicht gegeben ist. Eben weil es nur ein Streitgespräch ist. Es erlaubt selbst bei einem Themenkomplex, in dem es um Leben und Tod geht, Unverbindlichkeit, weil es aus dem Gespräch heraus nichts zu entscheiden gibt. Und es bewegt sich in der Politikvermarktung bemüht rollenkonform zwischen Affirmation und Opposition. Und doch zeichnet sich im sehr fairen Gesprächsstil die Perspektive ab, dass die beiden Gesprächspartner vielleicht bald in einer Regierung gemeinsam Verantwortung tragen könnten. Das ist zu wünschen, denn wir dürfen die Ukraine nicht hängen lassen. Es geht darum, nicht nur über Prioritäten zu reden, sondern mutig die entsprechenden Entscheidungen zu treffen und diese gut zu erklären.
Reinhard Koine

Solange Herr Mützenich und seine – offenbar zahlreichen – Gesinnungsgenoss*innen in der SPD wichtige Ämter innehaben und den Krieg gegen die Ukrainer*innen zulasten der Ukrainer*innen „einfrieren“ möchten, sind Zweifel daran angebracht, dass der SPD die Unterstützung der Ukrainer*innen wichtiger ist als – um es einmal klar zu sagen – der Konsum und das Wohlleben der Bevölkerung Deutschlands – und zwar so lange, bis Herr Putin nach einem Sieg oder Teilerfolg der russischen Truppen in der Ukraine NATO-Staaten angreifen lässt. Aber sind denn die anderen Parteien, speziell die CDU/CSU, wirklich bereit, der Bevölkerung Deutschlands für die Unterstützung der Ukrainer*innen und den „Wiederaufbau“ der Bundeswehr deutlich spürbare finanzielle Opfer und Konsumeinschränkungen abzuverlangen? Zweifellos sind Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und Deutschlands sinnvoll ausgegebenes Geld: Im Falle eines Angriffs Russlands auf NATO-Staaten/Deutschland wären die Wohlstandsverluste für die Bevölkerung Deutschlands sehr viel höher, als es die Kosten für eine Verteidigungsfähigkeit sind, die Russland vor einem solchen Angriff zurückschrecken lässt. Aber es ist wohl wie bei der Klimakrise: Wahrscheinlich wird erst dann massiv investiert werden, wenn die Katastrophe bereits eingetreten oder nicht mehr abzuwenden ist.
Ulrich Willmes

Nils Schmid und Norbert Röttgen irren beide. Es wird im Ukrainekrieg keinen Sieger geben, weder auf der ukrainischen noch auf der russischen Seite. Einen Frieden in Europa wird es allerdings nur mit Russland und nicht gegen Russland geben.
Roderich Buhlheller

Das Gespräch finde ich schlimm und ich stimme mit keinem, weder mit Ihnen Herr Norbert Röttgen noch mit Ihnen Herr Nils Schmid überein. Sie unterhalten sich darüber, ob es richtig ist ein bisschen vorsichtiger zu sein, oder immer und immer mehr Waffen zu liefern, sind aber beide der Meinung: „Sicherheit in Europa gibt es nur gegen Russland, nicht mit Russland.“ Ist das Ihr Ernst Herr Schmid und Herr Röttgen?  Wie bitte soll diese Sicherheit denn aussehen? Was ist Ihre Strategie hinter immer mehr Waffenlieferungen ohne diplomatische internationale Versuche? Allerdings bin ich unserem Bundeskanzler dankbar dafür, dass er Taurus nicht liefern will. Russland hat ca. 144.000.000 Einwohner, der größte Teil lebt im europäischen Teil der alleine 3.952.550 Quadrat-km umfasst. Die Ukraine hat ca. 36.000.000 Einwohner und misst 603.706 Quadrat-km. Glauben Sie im Ernst, dass die Ukraine Russland besiegen kann? Die bisherigen Waffenlieferungen sollten, mit jeder neuen Gattung, jeweils der Gamechanger sein. Und, waren sie es? Nein, die Lage für die Ukraine wird immer schlimmer. Wie viele Menschen sollen noch getötet, schwer verletzt, traumatisiert werden? Soll das ganze Land in Schutt und Asche liegen, bevor es internationale Versuche gibt, den Krieg zu beenden. Was tragen wir, was trägt Deutschland zur Deeskalation bei? Ja, wir lassen die Ukraine hängen, indem wir nämlich genau nichts dazu beitragen, dass das Morden und Sterben beendet werden kann. Ich behaupte ja nicht, dass das einfach ist, aber man muss es wenigstens versuchen. Vorschläge gibt es. z.B. China, Brasilien.  Und aus Deutschland: z.B. Harald Kujat, Horst Teltschik, Peter Brandt, Hajo Funke. Interessant auch, dass der umfangreiche Vorschlag auf einer Schweizer Internetseite erschienen ist. Warum finden hier keine Gespräche statt?
Petra Harink

Der Aussage von Herrn Röttgen, dass die Gewährung von Sicherheit DER Imperativ deutscher und europäischer Politik ist, stimme ich voll und ganz zu. Russland darf deshalb den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnen! Gleichzeitig ist es aber aktuell nicht realistisch, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnt – dies gilt um so mehr, da bei einem Wahlsieg Trumps sich die USA aus der Ukraine Hilfe (finanziell und mit Waffenlieferungen) möglicherweise ganz zurückziehen wird. Europa wird dies kurz- und mittelfristig nicht kompensieren können. Also was tun? Als mögliche Lösung schlage ich daher ein 3 Punkte Programm vor:
1. Sofortige Beendigung der Kampfhandlungen und vollständiger Abzug der Russen aus der gesamten Ukraine
2. Teilung er Ukraine in einen westlichen und einen östlichen Teil. (Als Blaupause könnte die Teilung West- und Ostdeutschlands nach dem 2. Weltkrieg dienen).
3. Die Ostukraine steht dann unter russischem Einfluss – die Westukraine unter westlichem Einfluss, d.h. die West-Ukraine muss dann auch der NATO beitreten (der NATO-Beitritt war ja im Kalten Krieg bei Westdeutschland ebenso möglich)
Essentiell wäre hierbei, den Zeitraum der ukrainischen Teilung sowie die NATO-Mitgliedschaft der Westukraine auf z.B. 7 Jahre zu fixieren. Mit dieser Lösung würde Putin sein Gesicht nicht verlieren und hätte sogar einen gewissen Erfolg für sich verbucht. Was aber viel wichtiger ist: Als Europa würde man Zeit gewinnen, sich militärisch besser aufzustellen mit gleichzeitiger Verringerung der Abhängigkeit von den USA. Und wie die Weltpolitik/-ordnung in sieben Jahren ausschaut, kann aktuell sowieso keiner vorhersagen. Auf jeden Fall wären hierdurch die verschobene Grenze zwischen Russland und der Ukraine defacto nicht auf Dauer anerkannt; Damit würde auch das tausendfache Sterben sowie das Flüchtlingsproblem aufhören. Ich denke, dass müsste es Deutschland, Europa und auch der Ukraine Wert sein! Natürlich bedarf die detaillierte vertragliche Ausgestaltung einschließlich der Verhandlungen mit Russland etwas Zeit, aber da die Zeit drängt, sollte der Prozess bis spätestens Weihnachten 2024 abgeschlossen sein, um schlimmeres zu verhindern.
Claus-Dieter Dölle

Ja, wir lassen die Ukraine hängen und sollten mehr tun. Zugleich habe ich den Eindruck, dass sich Teile der ukrainischen Bevölkerung der Folgen einer Annektierung durch Russland nicht bewusst sind. Die Ukraine befindet sich im Krieg gegen einen übermächtigen Gegner und ist zum Überleben auf massive Hilfe des Auslands angewiesen. So ist z. B. für mich befremdlich, dass in der Bevölkerung über die Herabsetzung der Wehrpflicht von 27 auf 25 Jahre diskutiert wird, obwohl man mit dem Rücken zur Wand steht. Für die nicht wehrwilligen Ukrainer, auch jener unter 27 Jahren, muss es in einem Land, das um seine Existenz ringt, hinreichend Beschäftigung in der Kriegswirtschaft geben, um die die Ukraine nicht herumkommt. Alles andere ist eine Illusion. Die weitere Bereitschaft des die Ukraine massiv unterstützenden Auslands wird letztlich auch davon abhängen, dass in der Ukraine selbst alles getan wird, um sich der Unterwerfung durch Russland zu erwehren. Die Diskussion um eine Reduzierung des Wehrpflichtalters schürt daran Zweifel.
Harald Seidel


 

Leserbriefe zu „Amerikas Geister“ von Thomas Assheuer

Während Europa in historische Bedingtheiten eingebunden ist, die den vernünftigen Gebrauch der Freiheit nahelegen, lebt der American Dream weiter vom Schein der Voraussetzungslosigkeit. Thomas Assheuer zeigt die Ideologiehaftigkeit dieses Bildes, indem er Entwicklungslinien in den amerikanischen Ursprungsmythos zieht, um die aktuellen Erfolge von Trump einzuordnen: Eigentum war in Amerika immer schon die verschwiegene Voraussetzung für ein Freiheitsverständnis, das in einer möglichst bedingungslosen Nutzung von Eigentumsrechten aufgeht. Trump verkörpert einen Präsidententypus, den es offenbar schon öfter in der amerikanischen Geschichte gab. Dabei erlaubt ihm das amerikanische Vorverständnis von Freiheit, sein ganz persönliches pursuit of happyness gewinnbringend mit den Abstiegsängsten vieler Amerikaner zu verknüpfen, indem er einfach die unerschöpflich vorhandene Illusionsressource „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ ausbeutet. Seinen Anhängern reicht es wohl, sich mit Trump zu identifizieren und vom selbsttrügerisch guten Gefühl zu leben, zu seinem Erfolg beizutragen. Ein erschreckendes Beispiel von Identitätspolitik, die das falsche Bewusstsein fördert und die Bereitschaft von Menschen, gegen die eigenen objektiven Interessen zu handeln, um zum eigenen Nachteil die Vorteile eines Einzelnen zu maximieren. Ein seltsames Land, in dem Gemeinwohl und Solidarität offenbar keine tieferen Wurzeln schlagen können.
Reinhard Koine

Der Mensch ist das gefährlichste Lebewesen auf diesem Planeten. Dies ist er auch noch in der Demokratie und einem Rechtsstaat mit vielfältiger Machtteilung. Wenn dieses, auch für die eigene Gattung, höchstgefährliche Lebewesen versucht, eine gerechtere Welt zu schaffen, führt das jedes Mal zu Armut, Terror und in Barbarei. Darum ist die am wenigsten gefährliche Strategie, in einer freien, kapitalistischen Ordnung den Menschen mit der Anhäufung von Reichtum zu beschäftigen. Nach aller Erfahrung hält das den Menschen zwar nicht völlig aber doch am effektivsten davon ab, den anderen umzubringen. Das bleibende Problem ist, dass es viel leichter ist, einem Menschen eine bessere Welt zu versprechen und ihn dann, wenn das nicht klappt, einzusperren und umzubringen, als in einer freien Gesellschaft selber reich zu werden.  Ein Weltverbesserer will meine Seele und am Ende meinen Kopf. Da ziehe ich den reichen Kapitalisten vor. Der will nur mein Geld. Ich hoffe, dass ich Thomas Assheuer mit diesem kleinen Hinweis etwas helfen kann. Es kommt nur auf die richtige Prämisse an (siehe erster Satz).
Fred Klemm

Ein kluger, mutiger, fast ketzerischer Artikel, der mit der Verklärung der US-amerikanischen Demokratie aufräumt – und an eine von „brachialen Kämpfen um Macht und Einfluss geprägte Geschichte“ erinnert.  Ebenso wie in Deutschland, wo das aufstrebende Besitzbürgertum einen Pakt mit  Adel und Krone schloss, um der neuen Klasse der Industriearbeiterschaft politische  Teilhabe zu verwehren, fürchteten die reichen Plantagenbesitzer im Süden und die  Industriebarone im Norden der USA den Einfluss der unteren Schichten, konnten  jedoch darauf vertrauen, dass die eigentlichen Interessengegensätze entlang der  vermeintlich natürlichen „Rassengrenze“ verliefen und so das Wagnis einer  exkludierenden Demokratie eingehen. Der Pioniergeist der weißen Siedler, der Traum vom gesellschaftlichen Aufstieg, ungebremst durch ständische Barrieren wie in Europa, ermöglichte auch eine Identifikation der weniger Erfolgreichen mit den Superreichen und damit den Fortbestand eines Gesellschaftsvertrages, der das Privateigentum, gleich aus welcher Quelle, für sakrosankt erklärte.  Dank demografischem Wandel durch außereuropäische Zuwanderung, der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, Studentenprotesten und der Rückbesinnung von Teilen der weißen politischen Klasse auf das humanistische und universalistische Verfassungsideal, entwickelte sich die Gesellschaft seit den späten Sechzigerjahren hin zu mehr Diversität und Chancengleichheit, wenngleich der strukturelle Rassismus noch immer nicht gänzlich überwunden ist. Und ausgerechnet jetzt, wo die postulierten  Gleichheitsideale der Gründerväter erstmals tendenziell in konkrete gesellschaftliche  Praxis münden, setzt ein Backlash ein, orchestriert von einem kleingeistigen,  rachsüchtigen, narzisstischen Egomanen, der die Abstiegs- und Verdrängungsängste  der weißen unteren Mittelschicht geschickt zu instrumentalisieren weiß, um seine sozialdarwinistischen Vorstellungen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft  durchzusetzen, unterstützt von erzkonservativen Medien, russischen Trollfabriken,  Big Oil, selbstgefälligen libertären Digital-Pionieren und fundamentalistischen  Evangelikalen.  Dass dies allerdings zwangsläufig so kommen musste, wie der ansonsten hervorragende Artikel nahelegt, halte ich allerdings für nicht ausgemacht.
Rüdiger Paul

Assheuers Artikel ist brillant und für mich äußerst aufschlussreich. Er hat mir allerdings für einige Zeit Kreislaufstörungen verursacht …
Ruth Florio

Herzlichen Dank für den nachdenkenswerten Artikel.
Michael Scheppler

Den Artikel von Thomas Assheuer mit dem Bezug von Trumps Präsidentenwahlkampf zu der Geschichte Amerikas und seinen früheren Präsidenten finde ich sehr informativ da sie einiges erklärt, was nicht direkt mit dem zweifelhaften Charakter des Immobilientycoons zu tun hat.  Auch die Anmerkung der Historikerin Jill Lepore zu den Auswirkungen von Revolutionen auf Staatsgründungen (hier USA) oder die Nachfolge der vorher herrschenden Adelshierarchie mit ihren Privilegien in eine neue Hierarchie des Reichtums mit dem Ergebnis, dass diese Nationen nie zur Ruhe kommen, ist sehr interessant. Vielleicht trifft das auch auf Frankreich zu, wo die Revolution 1789, 2 Jahre nach der Verabschiedung der amerikanischen Verfassung, eine gewaltige politische Umwälzung verursachte, die noch heute das politische Bewusstsein und den Umgang der Franzosen mit ihren Regierungen prägen. Französische Politiker fürchten seitdem den revolutionären Elan ihrer Wähler! Es gibt da noch den französischen General Marquis de La Fayette, der in Amerika in den Dienst der Kontinentalarmee trat, George Washington kennenlernte, und ein überzeugter Demokrat und Verfechter der Unabhängigkeit Amerikas war. Als Kriegsheld in Amerika gefeiert ging er zurück nach Frankreich, wo er ebenfalls bejubelt wurde und später eine wichtige Rolle in der französischen Revolution spielte. Damit wurde La Fayette zum wichtigsten Bindeglied zwischen der Amerikanischen- und der Französischen Revolution.
Trump war zwar schon einmal amerikanischer Präsident, ohne dabei jemals das typische Profil eines amerikanischen Spitzenpolitikers zeigen zu können. Im Grunde blieb er ein machthungriger und eitler Geschäftsmann, dem die Grundzüge der US-Weltmachtpolitik entweder gleichgültig blieben oder die er nie begriffen hat. Seine Wiederwahl zum US-Präsidenten in diesem Jahr ist sehr wahrscheinlich und würde den von ihm bewunderten Diktatoren Putin und XI Jinping weitere Freiräume für ihre wahnhaften Expansionspläne für die Ukraine und Taiwan liefern -ohne jede politische Gegenwehr! Hier müssen die Wähler der amerikanischen Republikaner, mit Trump an der Spitze, in das Licht einer näheren Betrachtung gerückt werden, genauso wie in Deutschland die Wähler der rechtspopulistischen AfD. Es wäre nämlich fatal, beide Parteien nur verharmlosend populistisch zu nennen. In Wirklichkeit zeigen Trumps Äußerungen eine gefährliche Vorliebe für diktatorisches Handeln als Präsident.  Bei der AfD ist es noch viel schlimmer. Ihr Thüringer Vorsitzender Björn Höcke ist ein lupenreiner Neonazi, der seinen schwachen Parteivorsitzenden die Weiche in Richtung rechtsradikale Partei verstellen will. Außerdem zeigt die AfD unverhohlen Verständnis für den Kriegsverbrecher Putin. Es ist die immer wieder kritisch durchleuchtete Funktion einer Demokratie mit ihrer Wählerbasis, die auch den politisch Desinteressierten die Möglichkeit gibt, doch einmal an einer Wahl teilzunehmen. Er hat das gleiche Wahlrecht wie der politisch Interessierte, dem es ein echtes Bedürfnis ist, die von ihm favorisierte(n) Partei(en) seine Stimme zu geben, um eine Regierung zu bilden, oder die alte abzulösen.  Wenn Aristoteles, oder auch sein Lehrer Platon, die Demokratie, oder besser, deren Wähler, kritisch sahen heißt das noch lange nicht, dass selbst heute, fast 2400 Jahre später, ein besseres System der Machtverteilung und Kontrolle gefunden wurde.
Den Philosophen der Antike schwebte eher die Regentschaft von Eliten vor -nur wer soll die wählen? Am besten sie selbst -aber das wäre total undemokratisch. Heute wie früher machen Diktatoren gerne davon Gebrauch. Nur treffen die bei ihrer Auswahl natürlich auf opportunistische Eliten, die von dem herrschenden System mit dem Diktator an der Spitze mit der Währung Korruption entlohnt werden. Die Liste derartiger Staatsgebilde mit totalitärem Anstrich oder gar echte Diktaturen wie Russland, China usw. lässt sich beliebig fortsetzen -und sie sterben nicht aus. Dem ist eine leidlich funktionierende Demokratie immer um Lichtjahre voraus, da sie Menschenrechte und die Freiheiten des Individuums per Verfassung schützt. Wenn in Deutschland bald die Europa-Wahlen und später Landtagswahlen stattfinden muss, endlich mit dem politischen und geistigen Angriff gegen die AfD begonnen werden. Die Politiker der etablierten Parteien haben hier aus Gründen der Opportunität gegenüber den wankelmütigen Wählern total versagt. Ihre größte Angst war, dass der Wähler, falls die AfD von seiner bisher bevorzugten Partei kritisiert wird, dieser Partei den Laufpass gibt.
Unterwürfiger und feiger kann man nicht mit dem politischen Gegner umgehen! Also was ist dagegen zu tun? Was den griechischen Philosophen nicht zur Verfügung stand, die heutigen Kommunikationsinstrumente wie Fernsehen, Presse und Internet, ist heute zu einem mächtigen Werkzeug der Information wie auch der Fehlinformation geworden. Unentschlossene oder schlecht informierte Wähler müssen -wenn die Politik das nicht kann oder will, mithilfe unabhängiger Medien soweit aufgeklärt werden, um Parteien oder deren Führungsfiguren wie AfD oder Trump nicht so stark zu machen, dass Demokratien in eine gefährliche Schieflage geraten.  Ein gutes Zeichen waren schon mal die neulich durchgeführten Wählerproteste gegen die AfD -die von den etablierten Parteien (fast wie die berüchtigten Trittbrettfahrer) natürlich gerne angenommen wurden.
Klaus Reisdorf


 

Leserbriefe zu „Uns wird signalisiert: Ihr tut da etwas, was nicht gewollt ist“. Gespräch mit Alicia Baier geführt von Hanna Grabbe

Es ist höchst fragwürdig, in einem Land, wo die Streichung des §218, vom Bundesverfassungsgericht abgesehen, kaum auf Widerstand stößt, die Opferrolle so frech zu beanspruchen, wie in diesem Gespräch. Die wenigen radikalen Abtreibungsgegner sollen die eigene Position moralisch und rechtlich legitimieren. Man verweigert sich damit einer wirklich schweren Abwägung zwischen dem Schutz ungeborenen Lebens und der Selbstbestimmung der Frau, so wie es die bisherigen Urteile nahelegen. Die Frauen und die Ärzte sollen es noch leichter haben als bisher, in einer Sache, wo es sich niemand leicht haben sollte. Der jungen Ärztin Alicia Baier ist es vielleicht schon einmal aufgefallen. Das Leben ist sehr selten leicht. Warum sollte es ausgerechnet seine vorgeburtliche Beendigung sein? Aber wenn man das einem Menschen erst erklären muss, ist es ohnehin vergeblich!
Fred Klemm

Ich bin über die jetzt aufkommende Abtreibungsdebatte überrascht. Insbesondere erscheint mir die Debatte sehr flach zu sein. Und leider ist dies auch ihr Artikel. Die Grundfrage, die hinter der aĺlem steht, ist ja weiterhin ungelöst. Inwieweit ist das menschliche Leben unbedingt schützenswert und hat auch einen eigenständigen Grundwert versus dem Recht der Mutter, über den eigenen Körper völlig frei selbst zu bestimmen. In ihrem Artikel wird einseitig nur die Perspektive der zur Abreibung entschlossenen Frau und der vollziehenden Ärztin eingenommen. Mehr noch: es wird beklagt, dass es zu wenige Ärzte gibt, die Abbrüche vornehmen. Dabei haben Ärzte zweifelsohne das Recht, keine Abbrüche vorzunehmen. Diese Grundwertedebatte so zu führen wird dem Thema in keinster Weise gerecht.
Andrea Schwarz

Gaslighting oder Täter-Opfer-Umkehr, das ist es, was Alicia Bayer in dem Artikel betreibt. Vermutlich ist ihr Gewissen doch noch nicht ganz abgestorben und möchte sie auch noch die wenigen verbleibenden mahnenden Stimmen, wonach das menschliche Leben unverfügbar ist, zum Schweigen bringen. Die Bilder aus Paris von vor einige Wochen haben mich zum Weinen gebracht: Ungeborenes Leben zu töten gilt dort nun als Freiheitsrecht und hat Verfassungsrang. Nur 500 Leute fanden sich in dieser Metropole, um ihren Widerspruch zu bekunden. In Deutschland steht uns Ähnliches bevor, die Abschaffung von §219 war nur der Auftakt. In Deutschland gilt es als ein Frevel, unerwünschte (männliche) Küken zu schreddern, und als ein Menschenrecht, das Gleiche aus denselben Gründen mit Kindern im Mutterleib zu tun. Das ist absurd, pervers und obszön. Ronald Reagan brachte es seinerzeit auf den Punkt: „Ich habe bemerkt, dass jeder, der für Abtreibung ist bereits geboren worden.“ Herr, erbarme dich des gottvergessenen Westens, wo man das universellste aller Gebote mit Füßen tritt und sich dafür auch noch feiert! Komm herein, Namenlos. / Musst nichts sagen, kenn dein Los. / Sei willkommen, Chancenlos, / Wie du bist, entstellt und bloß. Kleines Wunder, ungeseh’n. / Ein Geschenk, doch abgelehnt. / Warst gewollt und kein Versehn. / Komm herein, kann‘s nicht versteh‘n. Viel zu früh, doch trete ein. / Niemand hörte je dein Schrein. / Deine Schönheit wird allein / Vor deines Schlöpfers Auge sein. Kann kaum denken, was geschah, / Als man deinen Körper brach. / Schrei zum Himmel, ich bin da, / Litt den Schmerz auf Golgatha. Komm herein, trag meinen Nam‘. / Nimm Gestalt, die man dir nahm. / Du bist mein Kind, ich nehm dich an. / Niemand hindert meinen Plan. Netzfund
Marcel Haldenwang

Es wäre ja noch nachvollziehbar, wenn die interviewte Ärztin Abtreibungen als notwendiges Übel ansieht und deswegen durchführt. Sie aber ohne jedes Bedauern als völlig normale medizinische Dienstleistung vorzustellen und ensprechende Gesetzesänderungen zu befürworten, lässt doch die Frage aufkommen, wie es um die ethische Selbstverpflichtung dieser Ärztin steht. In der Berufsordnung für Ärzte, der man duch ein Gelöbnis zustimmen muss, heißt es doch unmissverständlich: „Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.“ Respekt aber ist unteilbar, die Menschenwürde gilt von Anfang an.
Rüdiger Hagens

Das Thema Abtreibung ist eines der heikelsten, ethisch seit jeher kontroversesten Themen, die es überhaupt gibt. Es handelt sich so gut wie immer um einen Fall mit Opfern im Gefolge, mit viel Leid verbunden- und der mühsam errungene Kompromiss des § 218 hierzulande versuchte ja das Unmögliche zu schaffen, nämlich eine Regelung, die irgendwie allen beteiligten Seiten und ihrem Anspruch, ihrem Leid Rechnung zu tragen… Was aber die interviewte Ärztin Frau Baier, die selber erklärtermaßen regelmäßig Abtreibungen durchführt, hier von sich gibt, das ist so erschreckend, dass es einen gruselt! Für sie ergibt sich offenbar überhaupt kein ethisches Dilemma, sie plädiert für ein uneingeschränktes Recht auf Abtreibung; die Tatsache, dass sie durch ihr Handeln (ungeborenes) Leben vernichtet, ist offenbar überhaupt nicht in ihrem Kopf- in den Händen solcher „Ärztinnen“ Menschen in einer Notlage zu wissen, bei einem solchen „Berufsethos“ – das ist wahrlich schockierend. Ihr unglaublicher Satz, die Abtreibung sei ein Eingriff „genau wie eine Gebärmutterspiegelung oder Zystenentfernung“- da hat sich jemand radikal und absolut von einem jahrhundertealten Ärzte-Ethos, von einem „hippokratischen Eid“ verabschiedet- und beleidigt die eigene Zunft, ist eigentlich eine Peinlichkeit, eine Schande für sie.
Karl-Heinz Grau

Ich möchte Frau Grabbe und Frau Baier sehr für das Interview zum Thema Schwangerschaftsabbruch danken. Es ist schön so klare und sachliche Worte zu dem Thema zu lesen. Vielen Dank an Frau Baier, dass Sie sich für die Gesundheit und Wahlfreiheit der Frauen so aktiv einsetzt und auch Anfeindungen aushält. Vielen Dank für Ihren Mut und Ihr Durchhaltevermögen.
Munia Schwandner


 

Leserbriefe zu „Oliver Polak trifft Woody Allen“. Gespräch geführt im ZEIT Magazin

Ein riesiges Lob und Dankeschön für das ganz hervorragende, bewegende und oft so witzige Gespräch zwischen Oliver Polak und Woody Allen. Und überhaupt für das ganze heutige Heft.
Marianne Koch

Leider komplett misslungen, das Interview mit Woody Allen und das lag nicht am Interviewten! Der Comedian Oliver Polak scheint sich für sich selbst mehr zu interessieren als für sein Gegenüber, versucht gewollt-witzig zu sein und will Allen immer wieder auf das „Jüdischsein“ reduzieren, auch dann noch, als dieser ihm zu verstehen gibt, dass er nur jüdisch sei, weil er jüdisch geboren wurde, das sei alles. Mit 88 Jahren ist Allen noch immer unnachahmlich schlagfertig, pointiert und voller Witz, – eigentlich besser beschrieben mit dem englischen Begriff „wit“ (Esprit, Geist, Humor), – während Polak einfach nur Comedian-like plump-witzig rüberkommt.
Anna-Maria Meffert-Hooß

Das Gespräch zwischen Oliver Polak und Woddy Allen, das hat mir sehr viel Freude bereitet. Da haben beide Herren genau meine „Geschmacksnerven“ für ein wirklich gutes Interview, voll zum Vibrieren gebracht. „Ich denke viel an die Zukunft, weil das der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens verbringen werde.“ (Zitat von Woody Allen, *1935, US-amerik. Regisseur, Schauspieler, Gagschreiber, Schriftsteller & Klarinettist)
Klaus P. Jaworek

Ich kann nur empfehlen, das Interview von Ken Kelly mit Woody Allen in der pardon Nr 1 von 1977 nachzureichen!
Carlheinz Swaczyna

Der kluge Woody Allen hat anhand der Fragen, die Herr Polak ihm gestellt hat, sehr schnell erkannt, was diesen offenbar manisch umtreibt: „Sie sind sehr auf das Jüdischsein fokussiert. Vieles dreht sich bei Ihnen um das jüdische Ding, die Spannung, die Problematik. Ich denke da nie drüber nach. Ich bin nur jüdisch, weil ich jüdisch geboren wurde, das ist alles“ Das ZEIT-Magazin (und besonders sein Chefredakteur!) sollte aufpassen, dass es seinen Lesern mit seiner Fokussierung auf das Jüdischsein in fast jeder Ausgabe nicht auch langsam nervt, wie es Polak offensichtlich Woody Allen tat.
Björn Luley

Geniales Interview, vielen Dank. Bessere Tipps kann man nicht bekommen, wie man in dieser wahnsinnigen verrückten Welt überlegen kann.
Martin Sauter


 

Leserbriefe zu „Über ein Satzzeichen, das mehr Aufmerksamkeit verdient“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

ich lese mit viel Freude und mit einem Schmunzeln fast wöchentlich Ihre Kolumne im ZEITmagazin. Fast schon ritualisiert schlage ich zuerst das Magazin auf und suche „den Martenstein“ und freue mich immer auch über die gelungenen Illustrationen.   Nunmehr möchte ich Sie jedoch darauf hinweisen, dass auch das!, das Sie viel zu schnell aus politischen Gründen ablehnen, eine famose und rebellische Geschichte hat. Die Literaturwissenschaftlerin Dr. Florence Hazrat hat unlängst eine äußerst spannende Abhandlung zum bestaunenswerten Satzzeichen verfasst. Anbei ein Link, der Ihre Meinung zum Ausrufezeichen vielleicht ändert und überdacht werden muss. https://www.swr.de/swr2/literatur/florence-hazrat-das-ausrufezeichen-eine-rebellische-geschichte-100.html
Désirée Lehmann

Semikolon oder Strichpunkt: Das Jein der Zeichensetzung oder Wenn der Punkt zu stark und das Komma zu schwach ist. Der Beitrag „Über ein Satzzeichen, das mehr Aufmerksamkeit verdient“, der kommt für mich gerade zur rechten Zeit! Am 16. Mai 2024 eröffnen wir im Rathaus Rednitzhembach (Mittelfranken) unsere Ausstellung „Bilder, Blech & Buchstaben“. Für die Abteilung Buchstaben bin ich „kapejott“ zuständig. Das Semikolon oder der Strichpunkt (;) bekommt bei mir in der Ausstellung ein extra Plätzchen!!! Für die Abteilung Bilder ist der Künstler Ralf Schnackig zuständig, das Blech bearbeitet der fränkische Popart Metallkünstler Norbert Köster! Vielen Dank an Herrn Martenstein für seinen Beitrag über das (;); wir kennen uns von der „LesArt“ in Schwabach 2023.
Klaus P. Jaworek

Ihren Beitrag im ZEITmagazin lese ich immer als ersten. Und meistens bin ich auch Ihrer Meinung. Diesmal hat mich verwundert, dass Sie in dem Roman „Weiße Flecken“ die Strichpunkte gezählt haben. Oder meinten Sie etwa doch die vielen Sternchen, die die Autorin in die Mitte der Wörter gesetzt hat?
Ulrich Bertz

Herr Martenstein, ich liebe Ihren Text und ich liebe Semikolons. Ich komme mir beim Verwenden auch immer ziemlich schlau vor; ich glaube dass die Empfänger (E-Mails sind das Medium der Wahl) beeindruckt sind und staunen, dass es noch solch gebildete Menschen gibt und sie fortan vielleicht auch öfter dieses Satzzeichen verwenden mögen. Danke für das Lächeln, dass Ihr Text mir beim Lesen geschenkt hat; vielleicht kann auch ich Ihnen eines schenken.
Ramona Grohs

Ihre kleinen Essays lese ich erwartungsvoll meistens als erstes der Beiträge im ZEITmagazin, zuletzt über das Semikolon (köstlich!). Vielleicht könnten sie mir einmal erklären, warum auch ihre Beiträge mit einem hochgesetzten ersten Wort beginnen? Jedes Mal muss ich innerlich einen sprachlichen Hopser von einem Podest machen! Was ist der Sinn / Zweck dieser neuen Idee des Texaufbaus? Schreiben Sie doch auch einmal über diese neue Textauflockerung(?) eine Kolumne.
R. Schuh


 

Leserbriefe zu „Theoretisch finden die Deutschen es gut, wenn die Regierung spart. Praktisch nicht unbedingt“ von Mark Schieritz

Der Überfall der Ukraine ist kein Bündnisfall! Offensichtlich soll es das werden. 100 Mrd. Euro, z.B. für das Bildungssystem werden hingegen nicht gefordert. Leid, Tod und Zerstörung in der Ukraine bleiben und hier sitzen Leute am Schreibtisch oder am Mikro und rufen nach mehr Waffen. Nun sind wir auch noch schuld für das Scheitern der Ukraine? Man kann sich nur noch an den Kopf fassen. Der Ukraine-Krieg ist ein ideales Ablenkmanöver (mit viel Kaffeesatzleserei) und viele Medien machen da mit. Die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes sollen/müssen für den Waffen-Einsatz und die Schäden in der Ukraine bezahlen. Damit fehlt das Geld an anderen Stellen. Das Ausblenden dieser Fakten wird den Zusammenhalt der Demokratie vermutlich weiter schwächen.
Rolf Dombrowsky

Also gut. Ich gebe meine altertümliche Vorstellung auf, dass Politik die Probleme mit Intelligenz, Mut und Kreativität löst. Zum Teufel mit der Steigerung der Wirtschaftskraft des Landes durch kluge, freiheitliche Rahmensetzung. Schnee von gestern. Wir nehmen einfach mehr Schulden auf und stopfen damit allen Problemen aber so das Maul! Ha!  Nur eine Frage bleibt da noch. Warum braucht es dazu eine hochgezahlte und nur selten gutaussehende Politikerkaste?? Eine Hand voll drittklassige Staatsbeamte schaffen das auch.  Aber was versteht so einer wie ich davon. Als Kind musste ich am Monatsende für den Kauf eines Brotes beim Bäcker (bei der Loni) anschreiben lassen. Bis heute ertrage ich keine Schulden. Eigentlich sollte ich mich freuen, dass Geld in jeglicher Größenordnung keine Rolle mehr spielt. Gott helfe mir, aber ich trau den Schuldenmachern und ihren Ökonomen nicht über den Weg.
Fred Klemm

Alle, wie auch dieser auf Umfragen basierende Artikel wecken bei mir zunehmend üble Assoziationen, weil sie eher eine Gesinnung der Bürger als eine Meinung auszukundschaften. Weil in unserer soziologisch amorphen Gesellschaft Entrüstung verstetigt ist, wird jedes Argumentieren verdächtig. Umfragen verstärken diesen Verdacht, weil sie regelmäßig jenseits von Ausdifferenzierungen, von Tatbeständen und Perspektiven liegen und ihre Verwendung eigentlich nur Unfähigkeiten kaschieren.
Jürgen Dressler

Ich sehe drei sitzende männliche Personen, die evt. drüber nachdenken könnten, warum, weshalb und wieso sie gerade hier sitzen, wo sie gerade so sitzen? Ich hab´s, die drei Herren spielen gerade: „Wer kann sich am Längsten auf seinem Stuhl halten, auch wenn der Drang Müssen zu müssen, noch so groß werden könnte!“ Warten die Herren etwa auf Godot!?
Ihr Klaus P. Jaworek


 

Leserbriefe zu „Kolumne: Über den Linden“ „Brillantes Geplauder“ von Maxim Biller

Das Massaker vom 7. Oktober ist genau heute, am 7. April, nicht März, ein halbes Jahr her. Sie haben sich in Ihrem letzten Satz verrechnet.
Thomas Manthey

In obiger Kolumne steht folgender Satz: ‚Jassy war eine Stadt in Moldawien, wo im Jahr 1941 die Rumänen innerhalb von ein paar Tagen aus ihren Juden Gulasch gemacht hatten, am Ende gab es dreizehntausend Tote.‘ Mir fehlen die Worte für das, was ich bei dieser Formulierung empfinde. Ich denke noch darüber nach, welche Konsequenzen ich daraus ziehen werde…
Beate Noll-Jordan

Brillantes Geplauder? „Jassy war eine Stadt in Moldawien, wo 1941 die Rumänen innerhalb von ein paar Tagen aus ihren Juden Gulasch gemacht hatten, am Ende gab es dreizehntausend Tote…“ – so beschreibt diesen Pogrom der Schriftsteller Maxim Biller in seiner Kolumne „Über den Linden“ in DIE ZEIT zum Feuilleton vom 4. April 2024. Um aber zu wissen, dass doch wohl nur ein jüdischer Schriftsteller so schreiben „darf“: „dass die Rumänen innerhalb von wenigen Tagen aus ihren Juden Gulasch gemacht haben“ zu diesem Abschlachten – muss aber erst vom Lesenden erkannt werden können: dass Maxim Biller ein Jude sei… Andernfalls (und woher soll man als „zufälliger Leser“ dieser Kolumne, erkennen können, dass Biller jüdischer „Abstammung“ ist – oder wie man jene religiöse jüdische Zugehörigkeit dann als „Abstammung“ zu einem Volk vereint, benennen kann und müßte…) wird einem dieser Pogrom: als „Gulasch“ derartig so beschrieben, sicherlich zum erschreckendsten Antisemitismus schlimmster Ausprägung erkennbar sein müssen. Doch dem ist „ex cathedra Maxim Biller“ nun dann selbsterkennbar nicht so! Im Gegenteil dieser unausweichlichen Drastik: eine der furchtbarsten Anklagen über diese dortige bestialische Menschenverachtung. Der Todeszug von Iasi am 29. Juni 1941 (zu den folgenden Tagen und Nächten) wurde von rumänischen Regierungstruppen grauenvoll durchgeführt – sind in den Straßen und in den Häusern tausende von Juden erschlagen und ermordet worden! Aus Angst vor dem bestialischen rumänischen Mob wurden an den „christlichen“ Häusern Vermerke angebracht: „Hier leben Christen, keine Juden.“ Weitere tausende von Juden – brutal mit Bajonetten in die zwei Züge mit anhängenden Güterwagen hineingetrieben – durch die Landschaft gefahren, und in Verschließung der Luftzufuhren: starben bei dieser Fahrt über 2600 jüdische Menschen. Insgesamt wurden in der Stadt Iasi und in den Deportationszügen über 14.000 Menschen ermordet bzw starben an den Folgen dieses Pogroms! Und erst durch die persönliche Intervention des rumänischen Diktators (Conducator al Statului), Ministerpräsident und Marschall Ion Antonescu: wurde diese mörderische Gewalt dann auch in anderen Städten übergreifend, verhindert – doch der hauptsächliche Vermeidungsgrund aber war: die Verhinderung einer dann nicht geordneten rumänischen Aufmarschierung der Rumänen-Soldaten als Verbündete gen Russland: für den von Hitler zuvor befohlenen Angriff auf die Sowjetunion…
„Jassy (Iasi) war eine Stadt in Moldawien, wo 1941 die Rumänen innerhalb von wenigen Tagen aus ihren Juden Gulasch gemacht hatten…“ – der RvM-Leserbriefschreiber muss dies noch einmal (für sich selbst) verinnerlicht wiederholen: zu furchtbar liest sich diese Beschreibung, selbst wenn sie in ihrer Tragik tiefgründig unfassbar so verstanden werden kann, solch ein Pogrom der dortigen Abschlachtungen – letztlich in der jüdischen Verantwortung des Beschreibens des Schriftstellers und Kolumnisten Biller: nur noch „als Gulasch“: diese wahnsinnige Menschenbrutalität dort ins Heute widergespiegelt wird. Ich habe auch aufgrund all dieser menschenbestialischen Wahnsinnstaten in der Geschichte der Menschheit: jeden noch so kleinen Funken zum Glauben an „Gott oder Götter“ für mich ausgelöscht – und damit als Atheist bzw. Realist keinerlei Hoffnungen auf eine höhere göttliche Macht erkennen müssen. Nunmehr war dann da auch die Verwunderung, dass obwohl zu all den Pogromen, Verfolgungen, Vernichtungen, des Nazi-Holocaust an den jüdischen Menschen – diese jüdische Religionsgemeinschaft weltweit immer noch an „ihren Gott“ glauben kann… Denn so viel grauenvolle „Verlassenheit“ kann doch eine wahrhafte Zuversicht an eine göttliche Anwesenheit (ohne deren Hilfe) nicht wirklich zur kollektiven Anbetung verhelfen, ganz im Gegenteil: damit wäre doch die Loslösung von diesem Glauben die logische Folgerung all dieser Verfolgungen des Volkes Israel. Woher aber kam, kommt dieser doch weltweite Antisemitismus? – ist es vielleicht die Erkenntnis der Protagonisten-Religionen von Christentum und Islam: dass jene jüdische Urreligion des Monotheismus die einzig wahre sein muss: und jene zwei weiteren nachfolgenden (späteren) Weltreligionen in den erkennbaren Plagiatierungen: von den Juden als die nicht wahren Religionen „verachtet“ werden und die Juden stets in dieser Verachtung dann in den „Gastländern“ dadurch ebenfalls letztlich „verachtet“ wurden (und werden)… Dort wo eine Religion (Christentum/Islam) in der Mehrheit stark vertreten ist – wird eine in sich religiös geschlossene/verschlossene Minderheit stets auch mindestens skeptisch angesehen: und leider auch in der Moderne in Gefahren geraten… Für die Juden ist Jesus nicht Gottes Sohn, er war und bleibt ein jüdischer Zimmermanns-Sohn – der dann von den Anhängern im Irrglauben zu einem Sohn Gottes erhöht wurde. Ebenso ist es mit Mohammed, der sich zwar als Prophet sah, jedoch von beiden Religionen (Judentum und Christentum) Anteile der Schriften und Überlieferungen übernommen hat…
Ich weiß: als Atheist bleibt einem für das sogenannte Nachleben dadurch keine Hoffnung. Alles existiert und verliert sich in Anwesenheit und Abwesenheit, wird zum letztlich tragischen Bewusstsein: der (philosophischen) Sinnlosigkeit… Dennoch: sich selbst etwas Überhöhendes vorzulügen (und das ist die Erkenntnis eines Atheisten), sich zudem als göttliches Wesen zu erkennen – führt doch dazu: dass die jeweilige andere („unwahre“) Religion der Gläubigen immer auf der Wahrhaftigkeit des „einen wahren Gottes“ der eigenen Religion sich berufen muss… Andererseits – sind doch viele andere Universen „erkannt“ worden… – könnte es denn nicht möglich sein für die Glaubwürdigkeit der insgesamten Religionen: dass die jeweilige Glaubensanhänglichkeit sich in ein jeweiliges Universum (nach dem Tode) sich dorthin dann versammeln könnte: es also das Leben nach dem Tode in den vorhandenen Universen sich verteilt… Das wäre doch eine zwar nicht vernünftige, aber doch in der Eigenart des jeweiligen Glaubens eine Möglichkeit – sich friedvoll auf Erden danach so in den göttlichen Universen verteilen zu wollen… Dies nur als Angebot eines (zu) phantasievollen Atheisten – und damit wären auch alle Streitigkeiten, aller religiöse Unfrieden auf Erden zwischen den Menschen allmählich abtrainiert… Dann würde auch ein Maxim Biller nicht mehr religiös (antichristlich)-unsensibel und zynisch aufschreiben: „Plötzlich wurde es auf dem Friedhof ganz still. Keine Motorsäge mehr, kein einziges Auto auf der Chausseestraße, und auch die Glocken irgendeiner Kirche ganz in der Nähe hatten endlich aufgehört zu schlagen. „Wir könnten uns später hier begraben lassen“, sagte ich (zu Dana von Suffrin), „zwischen Brecht und Heiner Müller, so wie der arme Jeck Hans Mayer, der immer so gern ein Deutscher gewesen wäre.“ „Niemals“, sagte sie und fügte sofort hinzu: „Aber ich würde mich wie die Christen verbrennen lassen.“ – „Wie bitte?“ – „Oder soll ich mich etwa, wenn der Messias kommt, aus meinem Grab erhaben und zu Fuß nach Jerusalem wandern? Wie anstrengend.“ Wir lachten ein letztes Mal an diesem warmen Märztag, genau ein halbes Jahr nach dem großen Massaker vom 7. Oktober, und dann ging jeder von uns wieder zurück an den Schreibtisch.“
Ja doch – es gab immer schon SchreibtischtäterInnen: und sie sind oft der Beginn von tragischen Fortsetzungen bis zur Furchtbarkeit der Menschenverachtungen… Siehe ein Martin Luther: der durch seine (ungewollte?) Revolution nichts anderes bewirkte, als dass dadurch die verschiedenen „christlichen“ Religionsauffassungen in ein furchtbares Meer des mörderischen Wahnsinns über die Jahrhunderte verfallen sind – zuvor schon dieser religiöse Wahnsinn diese manipulierte Christenheit befallen hatte und dadurch die Menschenwelt anteilig in ein Chaos gestürzt wurde… Der Islam will ebenso (wie das Christentum) die Menschenwelt beherrschen – die Christen und Juden sind hierbei die Ungläubigen: und so lässt sich das endlos fortsetzen bis in den jetztigen wahnsinnigen Moment des diesbezüglichen Daseins. Das Judentum aber hat keine expansiven religiösen Ambitionen, will unter sich bleiben dort in Israel und in der sogenannten „Diaspora“. Und selbstverständlich im Sinne dieser religiösen Verrücktheit: kann man von keiner Religion erwarten, dass sie eine andere Gott-Religion als göttlich „gleichberechtigt“ anerkennen sollte – denn damit wäre ja die Exklusivität ad absurdum gestellt. Und damit jede Art von diesbezüglicher Offenbarung der eigenen Authentizität zur eigenen Religion und dem dadurch/damit beglaubigten einzigartigen Gott. Der 75-jährige RvM-Leserbriefschreiber lebt als Atheist und Vegetarier im Unglauben seit über 60 Jahren in diesem inneren Verständnis und hofft: dass er nicht noch zum Schluss (wie Voltaire) nach einem Gott schreit, der aus der Misere des „ins Nichts entrümpelt“ ihn retten möge…
Eine nurmehr noch menschlich-literarische irdische Frage aber bleibt wohl zu beantworten: Warum schreibt Maxim Biller vom „…armen Jeck Hans Mayer, der immer so gern ein Deutscher gewesen wäre…“. Dieser Hans Mayer (1907 in Köln – 2001 in Tübingen) war Musik-und-Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Kritiker, Professor mit internationaler Anerkennung – aus großbürgerlicher jüdischer Familie stammend – seine Eltern wurden im KZ-Auschwitz ermordet. Hans Mayer laudatierte in der DDR im Jahre 1949 die Festansprache im „Deutschen Nationaltheater zu Weimar“ anlässlich Goethes 200. Geburtstag. Im Jahr 1963 ging er nicht mehr in die DDR zurück, wendete sich von dieser Art DDR-Sozialismus ab… Mayer war homosexuell – protegierte lange Zeit (auch als Doktor-Vater) jenen (ebenso schwulen) Fritz. J. Raddatz, den er als Professor für neuere und neueste Literatur an die „Technische Hochschule Hannover“ empfahl, doch das Kultusministerium gab diesem dringlichen Mayer-Wunsch nicht nach. Wie schon beschrieben, hatte auf dem „Dorotheenstädtischen Friedhof“ in Berlin-Mitte der Maxim Biller den ausgesprochenen Gedanken: „…dass der arme Jeck Hans Mayer immer so gern ein Deutscher gewesen wäre.“ Da fragt sich dann doch der dies Lesende zu der Kolumne „Brillantes Geplauder“ – warum eigentlich ein Mensch mit jüdischer Religion kein Deutscher sein sollte, oder meint der Maxim Biller: dass es zu einem Juden mit israelischer Staatsbürgerschaft zusätzlich nur einen Juden mit deutschem Pass geben könne… Das würde doch zu einer zusätzlichen inneren Diaspora verfügen – siehe in Deutschland geboren wie Hans Mayer „…und der doch immer so gern ein Deutscher gewesen wäre…“ Was soll also diese antideutsche Bestandsaufnahme als Gegenentwurf zu einem „Land der Mörder“ – in dem man als Jude eigentlich nicht leben kann…
Fritz J. Raddatz schreibt am 14. Juni 2006 in DIE ZEIT u.a. (wohl undankbar?) über Hans Mayer unter dem Obertitel: „Ich bin ein Mythos“: „Wir hören das ohrenbetäubende Rattern einer Einmannbuchstabenfabrik, begleitet von tönendem Selbstlob. Kaum ein Aufsatz, Artikel, Nachwort, das nicht im Begleitbrief mit einem „Ich glaube, das ist ein sehr guter Text, das ist mir sehr gelungen“ versehen und ausgesandt wird…“ „Dies ist die Geschäftskorrespondenz (in Briefen) aus einem versierten Handelskontor. Ein Schriftsteller spricht hier nicht.“ Die persönliche Eitelkeit und Arroganz manch eines Schriftstellers, einer Schriftstellerin hat oft eine selbstverbindliche Eigenliebe ohne Distanz zur persönlichen Übersichtlichkeit und Selbstreflektion – und auch bei Maxim Biller ist diese offensichtliche Strukturierung bestens erkennbar. Warum auch nicht! Anders im Empfindungsbewusstsein diese durchdringende Erkennbarkeit bei dem jüdischen Autor Edgar Hilsenrath (1926-2018), dessen Werke „Nacht“, „Der Nazi & der Friseur“ und „Das Märchen vom letzten Gedanken“ – jene intensiv verbleibende Literatur in dem Bewusstsein der diese Bücher Lesenden: zur lebenslangen Eindringlichkeit wurde…: Verdeutlicht wird aber auch: dass trotz der hohen Auflagen von über 2 Millionen Exemplaren in den Übersetzungen von 16 Sprachen in 22 Ländern – damals noch von über 60 Verlagen das Originalbuch: „The Nazi & the Barber, a Tale of Vengeance“ für den deutschen Buchmarkt abgelehnt wurde… Maxim Biller schreibt: „Dana von Suffrins Vater ging in den sechziger Jahren nach Israel und dann nach München… Dass ihr Vater nie einen deutschen Zug bestieg und die Dachauer Straße mied, aber trotzdem mit seiner Familie
genau dort haltgemacht hatte, war eine Geschichte wie hunderttausend andere nach dem Holocaust.“Welche Anziehungskraft aber hatte dann späterhin (nach 1945) das Land der Mörder und Mörderinnen, um dort sich wieder einzufinden mit dieser fremden Religion in einem fremden Land der fremden Religion der Christen… Dieses Verständnis kann der Leserbriefschreiber (nicht nur als Atheist) nicht aufbringen – es sei denn: dass die finanziellen Bedingungen hier in Deutschland zu der so genannten „Wiedergutmachung“ diese Aufenthalte quasi (überlebensnotwendig?) dann einforderten… Denn nichts ist in dieser Welt (der Menschen) belebbar ohne die Beteiligung des Geldes. Ich selbst aber würde von Massen-Mördern kein Geld annehmen. Es sei denn zur und mit der Überwindung zu dem Spruch eines römischen Kaisers hierbei abfällig entlehnend: „Pecunia non olet.“ Sicherlich versteht Maxim Biller (entre nous Écrivain) die RvM-Leserbriefantwort auf sein „Brillantes Geplauder“ in der Kolumne „Über den Linden“. Und im Nachtrag zum Übertrag der vorhandenen Unerträglichkeit: Als Atheist würde ich niemals „Gott oder Götter“ oder Götzen anbeten, niemals Menschen zu „Gulasch“ machen, wie auch als Vegetarier niemals Gulasch essen… – dennoch mit Geld „ohne mörderischen Hintergrund“ mich (ohne persönliche Anstrengungen) überhäufen lassen…
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Von wegen „Brillantes Geplauder“! Billers penetrantes Abarbeiten seines „Jüdisch-Sein-Knacks“ geht mir mittlerweile derartig auf den Senkel, dass ich wirklich an dessen geistiger Gesundheit zweifle. Der Mann hat wirklich eine Hacke und sollte mal dringendst einen guten Psychiater aufsuchen. Natürlich einen jüdischen. Was für einen denn sonst?!
Björn Luley


 

Leserbriefe zum Titelthema „Ruhe finden: 1,5 Sekunden, dann wird’s peinlich“ von Henning Sußebach

Ein sprachlich und inhaltlich herausragender Beitrag über ein gefühlt vernachlässigtes Nicht-Kommunikationsthema: die peinliche Gesprächspause! Während der Lektüre habe ich still in mich hineingeschmunzelt! Da ich zuvor das Interview mit der Psychoakustikerin gelesen hatte, kam mir folgende Idee zur Beendigung der Sprachlosigkeit: man lasse nach 1,5 sec. vom Handy, das inzwischen jeder mit sich führt, Möwengekreische erschallen – ein Geräusch, das Frau Professor Schulte-Fortkamp verabscheut. Sofort wird das Sprechzentrum wachgerüttelt; jeder fragt: wo ist der Vogel und wie kommt er hierher? Man flucht, lacht, tippt mit dem Finger an die Stirn – man kommuniziert! Bei kommenden Gesprächsrunden könnte man, ähnlich einer Hyposensibilisierung, die Gesprächspausen bis zum Schrei der Möve immer weiter verlängern, bis man die finnische Schweigezeit erreicht, die vermutlich jenseits 1 min. liegt. Erholsam und erfrischend wie eine Sauna! Von den Finnen lernen heißt schweigen lernen! Sind sie nicht das glücklichste Volk auf unserer Erde?
Ulrich Pietsch

Mit „Lasset uns beten!“ verfügen Kleriker über ein probates Mittel gegen eigene Sprachlosigkeit.  Schwarze Erziehung bedient sich der Pressur des Rohrstocks und diejenigen, die sich auf die Zunge beißen, retten sich gerne, der Leere im Hirn peinlich bewusst, in verschlimmbessernde Tat- oder Untat-Rituale. Obwohl Mimik, Körpersprache und Stallgeruch oft mehr als tausend Worte sagen (diesem fast göttlichen Geschenk eines in sich ruhenden, nonverbalen Verstehens), reden sich insbesondere Verunsicherte nicht selten um Kopf und Kragen. Gegen solch insistierende Übermacht retten mitunter herzerweichende Tränenströme. Vor der Gegenrede eine Nacht darüber schlafen – noch besser: In monastischer Abgeschiedenheit kontemplativ Besinnen (vieles erledigt sich wunderbarerweise von selbst), brächte oft mehr Erhellendes als eine ausgefeilt rhetorische Ja-aber-Antwort, die der Sympathie eine vors Schienbein knallt. Ansonsten, Herr Sußebach, ist es mir überhaupt nicht peinlich, meinen Senf zu ihrem famosen Artikel dazugegeben zu haben…!
Andreas Weng

Grad habe ich Ihren Text „1,5 Sekunden – dann wird’s peinlich“ gleich zweimal gelesen. Nicht nur, weil Sie darin mein eigenes Verhalten so herrlich unterhaltsam beschreiben, sondern auch für das gelegentliche Schweigen anderer Menschen eine überzeugende Erklärung liefern. Ich werde mit meinem eigenen Rede-(und Schweige)-Verhalten, wie mit dem meines Umfeldes in Zukunft noch bewusster verfahren; Sie haben mir mit Ihrem Beitrag einen prima Dienst erwiesen; dafür herzlichen Dank von
Herma Brandenburger


 

Leserbriefe zu „Verfassungsgegner in roten Roben“ von Heinrich Wefing

Jede neue Zeit hat irgendwann auch ihre Verfassungsrichter. Ob es dazu kommt und auch die Rolle der Verfassungsgegner neu besetzt wird, muss man abwarten. Doch wenn es dazu gar nicht kommt, dann bedeutet ein größerer „Schutz“ des Verfassungsgerichtes nur eine stärkere parteipolitische Ausrichtung und Aushöhlung der Unabhängigkeit des obersten Gerichtes. Am Ende wird man nicht sagen können, woran der Rechtsstaat gescheitert ist, an seinen Gegnern oder an seinen Verteidigern. Die ganze Sache ist für den politischen Intellekt eine Beleidigung. Insoweit also nichts Neues.
Fred Klemm

Am Ende des Essays das “ Was wäre, wenn Orakel“… wenn es die AfD auf Destruktion abgesehen hätte und das Gericht etwa von innen heraus diskreditiert. Dieses Szenario ist das Menetekel eines ungläubigen Saulus, der dann zum Paulus wird. Die AfD muss man entzaubern und entdämonisieren, indem ihr das Wasser abgegraben wird. ZB mit einer bürgernahen Politik, die nicht wie das Heizungsdiktat im Elfenbeinturm ersonnen wurde und die Bürger überfordert. Oder die Flüchtlingskrise löst. Dann wäre der Spuk bald vorbei.
Christoph Schönberger

Ich möchte nur auf Folgendes aufmerksam machen: In dem ansonsten infirmativen Artikel wird das BSW als extreme Partei genannt, mit dem Willen zur Destruktion. Für mich ist das BSW eine neue, aber normale Partei, die Probleme gut benennen kann und, ganz anders als die AfD, konstruktive Lösungen beschreibt, die mir persönlich in keinster Weise populistisch erscheinen. Ich würde mich freuen, wenn in der ZEIT inhaltlich das BSW analysiert werden würde, denn bisher kann ich den Vorwurf des inhaltsleeren Populismus nicht nachvollziehen, der dieser Partei gemacht wird. Wenn ich Sarah Wagenknecht zuhöre, höre ich Inhalte und Lösungswege, die sie beschreibt, z. B. die Migrationspolitik wie in Dänemark, die Senkung der Energiepreise, um aus der wirtschaftlichen Rezession rauszukommen (innenpolitisch ein wichtiges und legitimes Ziel), der Schwerpunkt auf Innovation, die Bekämpfung der Arm-Reich-Schere usw. Für mich hört sich das solide und überzeugend an. Auch die Tatsache, dass das BSW nur langsam neue Mitglieder aufnimmt, ist für mich ein Zeichen von Seriosität: eine populistische Partei würde sich m.E. freuen, ganz schnell viele Mitglieder zu gewinnen und würde die Quantität vor der Qualität stellen. Für die Europawahl hat das BSW in Fabio de Masi m. E. einen integren und hochkarätigen Kandidaten aufgestellt, und auch Fr. Pürner ist als persönlich Betroffener aufrichtig an einer Aufarbeitung der europäischen Corona-Politik interessiert, was mir auch ein wichtiges Anliegen erscheint.  Daher, wenn ich immer wieder lese, dass das BSW populistisch sein soll und keine Inhalte und Lösungen bietet, frage ich mich, wieso ich das nicht sehe.  Langer Rede, kurzer Sinn: mich würde interessieren, wie die Redaktion der ZEIT die INHALTE des BSW bewertet.
C. Hegger


 

Leserbriefe zu „Notruf aus der Notaufnahme“ von Celine Schäfer

Ja länger je mehr werden wir Zeit-Leser mit einer Sprache behelligt, die Fragen über die sprachliche Qualifikation der Autoren aufkommen lässt. Frau Schäfer etwa schreibt, «Das Personal lernt … aggressive Personen down-zu-talken», um im Nachsatz den weniger gebildeten Lesern zu erklären, dass damit «besänftigen» gemeint ist. Absolut lächerlich. Wer sich elegant ausdrücken möchte, streut für gewöhnlich französische Wörter in einen Text (Ein Bürokratiekritiker avant la lettre, Zeit N° 23 / 2023, Seite 21), wer sich gewählt ausdrücken möchte, verwendet Latinismen (Deakzession, Zeit N° 23 / 2023, Seite 18) . Wer weder das eine noch das andere kann, aber trotzdem gebildet rüberkommen möchte, erfindet irgendwelche Anglizismen. Der information flow muss improved werden, damit dem Framing, Homeschooling, Moralbashing und Meinungscancelling durch woke digital natives endlich ein finish gesetzt wird (ebenfalls teilweise Begriffe aus den letzten Ausgaben der Zeit). Bitte ersparen Sie uns solche Wort-Konstruktionen, davon bekommt man Augenkrebs.
Andi Pfaff

Bei uns sind Sie in guten Händen, wir kümmern uns um Ihr Anliegen. So wird seit Jahren im Verkauf geworben. Sie haben ein Rechtsanspruch Auf eine gute Gesundheitsversorgung und andere Dinge wie Kita usw. So machen alle Regierungen für sich Werbung. An dieses Anspruchsdenken haben sich im Laufe der Jahre über 60% der Bürger gewöhnt, wenn nicht noch mehr. Problem ist, dass diese Ansprüche leere Versprechungen sind. Das erzeugt Wut und Enttäuschung. Klar, dass sich das dann alles bei denen ablädt, die gerade da stehen und helfen wollen. Die da oben kann man ja nie erreichen, dann trifft es die Die in der ersten Reihe stehen. Wenn Sie 1 Stunde beim Anrufen in der Warteschleife hängen, dann trifft Ihr die Wut eben den vom Callcenter Als erstes, denn wie gesagt, die da oben sind nie erreichbar. Das sind Zwar leider Reaktionen, die die Falschen treffen, die aber nur aus der Welt geschaffen werden, wenn man von denen da oben nicht immer hört, was Für Ansprüche man hat. Daran wird sich wohl leider nichts ändern. Da helfen auch keine psychologischen Ratschläge
Manfred Mengewein

Mit großem Interesse habe ich den Artikel von Celine Schäfer gelesen und denke, dass das egoistische und gewalttätige Verhalten meiner Mitbürger nicht nur eine Überforderung des klinischen Personals bedeutet, sondern daraus folgend zum Nachteil der Menschen, die wirklich Hilfe brauchen, führt.  Ich möchte Ihnen ein Beispiel dazu geben: Mein Mann erkrankte im Februar dieses Jahres an einer Lungenentzündung und da eine Behandlung mit einem Antibiotikum der Hausärzte Wörrstadt keine Besserung brachte, wurde er Ende Februar in die Notaufnahme der Uniklinik Mainz eingewiesen. Er wurde in der Notaufnahme in einen Dreibettenraum mit seiner Straßenbekleidung in ein Bett gelegt und man begann mit den Behandlungen, während ich in einem Wartezimmer warten sollte. In der Hoffnung, dass es vielleicht ein Bett für ihn auf einer Station in der Klinik geben würde, wartete ich vom Morgen bis zum späten Nachmittag und bin dann ohne irgendeine Auskunft zu bekommen von Mainz nach Wörstadt zurückgefahren. Mein Mann war unterdessen an eine Infusion angeschlossen worden. Ich muss erwähnen, dass mein Mann eine Alzheimer Erkrankung hat. Er ist still und in sich gekehrt und äußert sich nicht zu seinem Befinden.  Am nächsten Morgen erfuhr ich am Telefon, dass mein Mann immer noch in der Notaufnahme liegt. Es gelang mir, einen Arzt zu sprechen, der mir auch sagte, welche Antibiotikumbehandlung für ihn notwendig sei. Ich schlug vor, ob ich meinen Man nicht nach Hause nehmen könnte, um selber die Behandlung mit Tabletten weiterzuführen, da ich ja auch sonst auch die Pflege für ihn habe.
Ich muss noch sagen, dass mein Mann 83 Jahre ist und ich selbst 89 Jahr bin.  Am Abend desselben Tages wurde mein Mann endlich mit einem Krankenwagen zurückgebracht- Er saß barfuß in einem Rollstuhl, es fehlten seine Schuhe, seine Strümpfe. Für seine fehlende Hose hatte sich der Fahrer bei einem Pfleger eine Schutzkleidungshose ausgeliehen. Er saß auf einer Gummiunterlage, weil seine Unterhose völlig nass war. Vermutlich hatte er in der Notaufnahme nicht gesagt, dass er urinieren musste. Das warme Shirt, mit dem er wohl dort die ganze Zeit im Bett gelegen hatte, war mit Blut und Infusionslösung durchtränkt.  Mir hat sein Anblick die Sprache verschlagen, der Fahrer, der sah wie entsetzt ich war, pflichtete mir bei, er hätte in diesem Zustand auch noch keine Patienten gefahren.  Ich habe, um meiner Empörung ein bisschen Luft zu machen, auch an den leitenden Arzt der Notaufnahme geschrieben und weil ich keine Antwort bekam, an das Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz.  Der Arzt hat mich vor einiger Zeit angerufen und gesagt, dass er den Vorfall bedaure, dass sie aber, wie bekannt, völlig überlastet seien und dass er sich um die fehlenden Sachen meines Mannes kümmern wolle.  Was ich mit meinem vielleicht ausschweifenden Bericht sagen möchte, ist, dass die Leisen, die, sich nicht äußern können und die wirklich Hilfe brauchen, kein Gehör und Hilfe finden nicht nur durch egoistisches Verhalten der lauten Menschen, auch durch eine Fehlorganisation im Gesundheitswesen.
Marianne Försch


 

Leserbriefe zu „Der Feind seines Staates“ von Ingo Malcher und Stefan Willeke

Wir sind sicher – noch – weit davon entfernt, unseren Staat in seinem Zustand mit Argentinien zu vergleichen. Summiert man aber die in den letzten Jahrzehnten institutionalisierten politischen Sachverhalte und ihre wissenschaftlichen Begleiterscheinungen als daueralimentierte öffentliche Einrichtungen, erkennt man auch hier eine überbordende Selbstbedienung der Parteien. Mit der Erklärung, komplexe Zusammenhänge für politische Entscheidungen einordnen zu können, wird die Beliebigkeit dieser Einrichtungen unerschöpflich. Bei der gleichzeitig wachsenden intellektuellen Bescheidenheit der politischen Gremien mag das ein nicht zu leugnender Sachverhalt sein, aber die parteipolitischen Beweggründe sind vornehmlich von einem Versorgungsanspruch von scheinambitionierten, vielfach politikwissenschaftlich tätigen oder nahestehenden Parteimitgliedern geprägt. Auch wie die im Artikel genannten sättigenden Teigklößchen gibt es im deutschen Beamtentum Nockerl zuhauf.
Jürgen Dressler

Als jemand der lange in Argentinien gelebt und jährlich besucht hat, muss ich feststellen, dass die Autoren indirekt die Vergangenheit anscheinend fortführen oder Verbesserungen ohne drastische Einschnitte wollen. Was haben denn Politik, Verwaltung, Subventionen und Sozialleistungen Argentinien in den letzten 70 Jahren gebracht? Neben einer “Währung”, die durch Inflation 15 Nullen eingebüßt hat, haben die Regierungen Millionen Einwohnern durch Populismus und Korruption die Arbeit abgewöhnt, um Wählerstimmen zu gewinnen. Z.B. bis in die 60er Jahre konnte man sich mit 45 völlig legal pensionieren lassen, und zwar möglich durch die immensen Gold- und Devisenreserven nach dem 2. Weltkrieg usw. usw. Wie kann man nach nur drei Monaten Regierungszeit aber 70 Jahren der Misswirtschaft auch nur beginnen Ergebnisse zu erwarten? Es ist daher nötig und natürlich, dass Milei riesige Eingriffe plant, aber die Autoren verschweigen, dass er keine Mehrheit im Parlament hat und daher alle Pläne logischerweise verwässert werden, aber dafür dann eventuell einige dringend nötige verwirklicht werden können…so ist es nun einmal – zum Glück – in einer Demokratie.
H. Peter Krebs


 

Leserbriefe zu „Das ist pure Qual“ von Harro Albrecht

Andreas Stallmachs Kommentar „Wir sind eine zahlenorientierte Gesellschaft“ wird als Kritik an denjenigen verstanden, die messbare Befunde für die Diagnose einer Post-COVID-Erkrankung fordern. Eine wissenschaftsbasierte Medizin tut allerdings sehr gut daran, solche Beweise zu fordern – ansonsten würden wir bald wieder bei Aderlässen zur Behandlung von Krankheiten aller Art landen.
Stefan Meyer

Ist Post-Covid nun doch eine Impfkrankheit, die nur, also ausschließlich, nur von der Covid-Impfung kommt? Uns wurde ständig erklärt, dass die Impfung völlig ohne Nebenwirkungen sei, aber was nun? Haben Patienten drei Monate nach ihrer Erkrankung immer noch Beschwerden, so spricht man von einem Post-Covid-Syndrom, so habe ich das verstanden, vorher spricht man von Long-Covid! Ich bedauere alle Patienten, die an einem Post-Covid-Syndrom leiden!
Riggi Schwarz


 

Leserbriefe zu Nachruf „Klüger irren“ von Stefanie Kara

Danke für den Nachruf auf Daniel Kahnemann! Sein Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ fand ich damals sehr erhellend. Ich denke, vieles ist immer noch wahr – trotz der teilweise unbefriedigenden Studienlage. Mein langsames Denken hat einen Fehler im Artikel gefunden. Sie schreiben in der Darstellung des zweiten Experiments zum Framing „Bei einer Maßnahme würden 400 Menschen definitiv sterben, bei der anderen mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel kein einziger.“ Die Wahrscheinlichkeit ist falsch. Es muss „zwei Dritteln“ heißen. Ein Drittel ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine bis 600 sterben.
Robert Klemme

Zum Thema „Klüger irren“: Der Begriff »Framing« wurde vielleicht durch Kahnemann bekannter gemacht – geprägt und ausführlich dargestellt hat ihn aber Gregory Bateson schon 1954 in einem Vortrag (A Theory of Play and Fantasy), veröffentlicht 1955 (Deutsch: Eine Theorie des Spiels und der Phantasie, in ders.: Ökologie des Geistes, 241–261).
Winfried Glatz


 

Leserbriefe zu „Es scheint, als hätten sie sein Gesicht gehäutet, noch bevor das Video beginnt“ von Clemens J. Setz

Bei allem Respekt vor Clemens J. Setz und seiner Begeisterung für die Wiederentdeckung der Nacherzählung.  Es geht hier nicht um Fiktionen wie in Splatterfilmen oder Horrorschinken, es werden Videos rezitiert, bei denen reale Menschen vor laufender Kamera grauenhaft gefoltert werden und zu Tode kommen. So barbarisch, dass sich anscheinend selbst hartgesottene Videoschauer das nicht mehr direkt antun mögen, sich eines Erzählers bedienen müssen. Selbst gesehen oder nacherzählt bekommen, ich finde es irrwitzig und bedaure sehr, dass solche Videos aus dem Netz nicht ausnahmslos gelöscht werden können. Das sprengt den Rahmen der sogenannten Faszination des Bösen total und ist auch damit nicht zu „begründen“. Das Leiden der Opfer darf man nicht ausblenden, ansonsten wäre es so, als hätte es sie als Menschen nie gegeben, sie werden zu Figuren. Selbst wenn die Nacherzählung dieser Videos perfekt und mit neu erfundenen Details und Handlungen angereichert worden ist, ist sie in meinen Augen keiner Lobeshymne wert.
Regina Stock

Herr Setz schreibt über Videos, die extrem gewalttätige Szenen nacherzählen. Er betrachtet diese Videos als ein „künstlerisches“ Genre und vergleicht sie mit literarischen oder filmischen Werken. Der Schwerpunkt seines Artikels liegt auf seinen Beobachtungen über diese Form der Darstellung. Dabei lässt er den eigentlichen Kernpunkt beinahe unkommentiert: Es handelt sich um echte Menschen, die in den Aufnahmen gehäutet und gequält werden! Diese Videos sind keine Kunst. Sie sind Beweismaterial für grausame Verbrechen. Man sollte sich aus Respekt für die Opfer und aus reiner Menschlichkeit genau überlegen, ob und warum man sie anschaut und kommentiert. Das Verlangen, Angst zu empfinden, ist kein moralisch zulässiges Motiv dafür! Wovor ich am meisten Angst empfinde, ist die mangelnde Empathie, Intellektualisierung und Kälte, die aus diesem Artikel spricht.
Luna Grosselli


 

Leserbriefe zu „Cluburlaub, meine Liebe“ von Ronja von Rönne und Florian Eckert

schön, dass Sie die Freuden des Cluburlaubs in einem tausende Kilometer entfernten Resort kennengelernt haben und dass Ihnen die Zeit den Raum gibt, ausführlich über Thomase zu schreiben. Muss ja auch mal sein, gerade in Zeiten des Klimawandels, der gerade die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen zerstört, ist es ja nie verkehrt, sich einfach mal nur um sich selbst zu kümmern. Urlaub gut, alles gut.
Matthias Dübon

Nobel geht die Welt zugrunde. Unmöglich, dass der wohlgezimmerte Text zweier so reflektierten – „Auf dem Gelände blüht es üppig, draußen dörrt es gewaltig.“ – Vertreter der „Generation FFF“ auf der bloßen Unterhaltungsschiene hängenbleibt und nicht in einer Silbe in den Abgrund geschaut wird, den diese Art ausgelebtes Privileg für Mensch und Natur bedeuten. An eurem „Schlumpfdorf für erwachsene Menschenkinder“ kleben nicht nur „meterlange Eisbomben“ und sooo viel, hüstel, selbstlose Freundschaft, sondern vor allem: literweise Schweiß (Ausbeutung) und Blut (Weltuntergang). Und alles, was ihr an Rechtfertigung vorweist sind Tradition und ein Klacks Selbstironie mit Besengarnierung?! Ihr befeuert mein neues Hobby: Täglich ein, zwei Oberschlümpfe zum Frühstück… Jan Krohn, 47, aus dem Familienurlaub in Tschechien – natürlich mit der Bahn (hach wie unannehmlich)
Jan Krohn


 

Leserbriefe zu „Analyse: 0,1 Prozent“ von Kolja Rudzio

Wann wurden denn die Schulen saniert, als das Wachstum z.B. bei 1,3% lag? Die letzten Jahrzehnte wurden Schulen nicht saniert, auch als sich Deutschland vom kranken Mann zur Wachstumsmaschine änderte. Die Schulen (und vieles andere) werden nicht saniert, weil es nicht auf Prioritätenliste steht. Es ist ok, wenn Kinder es sich verkneifen, solange die Unternehmen wenig besteuert werden oder ähnliches.
Wolfgang Michel

Mir ist klar, dass viele Bereiche in Deutschland auf permanentes Wachstum ausgelegt sind. Allerdings fällt mir kein natürliches System dieser Welt ein, das unendlich wachsen kann. Was mich interessieren würde: Warum glauben Sie, dass ein Wirtschaftssystem unbegrenzt wachsen kann – v.a. wenn es schon so weit entwickelt ist, wie unseres? Und: Wie kann unbegrenztes Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen funktionieren?
Thomas Schwerdtner


 

Leserbriefe zu „Fast zu gut, um wahr zu sein“ von Götz Hamann

Die in dem Artikel über Vinted am Ende zitierte Studie von Greenpeace befragt die Menschen zu ihrem Kleiderschrank, aber anders als das letzte Wort impliziert, werden Socken und Unterwäsche NICHT abgefragt. Die Studie wird somit falsch zitiert. Ansonsten ist es ein wirklich interessanter Artikel zur Entstehung eines Start-ups.
Helena Sievers

Ich habe viele Jahre lang lieber hochwertige Gebrauchtkleidung gekauft als neue und schlecht verarbeitete, denn ich muss auch sehr rechnen, lege aber trotzdem Wert auf gute Qualität und Stil. Dass man damit auch das Klima entlastet, gibt einem natürlich auch ein zusätzliches positives Gefühl. Da jedoch in vielen Städten die kleinen Second Hand-Läden die hohen Ladenmieten nicht mehr tragen können und schließen müssen, bedeutet dies auch eine zunehmende Marktmacht von Online-Verkaufsplattformen wie Vinted und Kleinanzeigen. Leider aber gibt es häufig große technische Probleme mit einem sehr schlechten Support. Wer nicht so internetversiert ist und nicht weiß, wie er eventuelle Fehlfunktionen seines Accounts selber beheben kann und die Fachausdrücke nicht alle kennt, wird sehr schnell ausgebremst – das ist bei Vinted und Kleinanzeigen leider ein Dilemma, mit dem sich sehr viele Nutzer herumschlagen müssen. Hier muss noch ganz viel nachgebessert werden! Ein super Konzept, das aber oft hakt.
Hildegard Jansen


 

Leserbriefe zur Infografik „Wer schlägt den König?“ von Anne Gerdes (Infografik) und Ulrich Stock (Recherche)

Ich habe das Gefühl schon länger, aber die Infografik in dieser Woche hat es mal wieder deutlich gemacht – es sieht so aus, als ob Ihnen komplett die Ideen ausgegangen sind, worüber man eine Infografik machen sollte. Das grafische Element sind die Umrisse der Länder, aus denen die Kandidaten kommen – wo bitte steckt da auch nur ein Hauch Info? Nachdem es aus meiner Sicht ein Trend der letzten Wochen und Monate ist, dass die Infografiken immer seltener den Namen verdienen und das Niveau vergangener Jahre haben sollten sie m.E. entweder neue Leute an das Thema setzen oder die Rubrik einfach auslaufen lassen.
C. Schuster

Toll! Eine Infografik zum Thema Schach! Ich hätte mir allerdings Fotos zu den vorgestellten Spielern gewünscht, aber die sind wohl auf der Grafikseite verboten?
Thomas Manthey


 

Leserbrief zu „Visionen in der Hölle“ von Carlos Minuano

Es geht um Rauschgift. Wie fast überall in der Welt ist auch in Peru der Besitz, Handel, Erwerb und die Züchtung von Rauschgift verboten. Handelt es sich um geringe Mengen drohen saftige Geldstrafen, die zudem auch noch den Impuesto Interno auf den Plan rufen, der wissen will woher das Geld kommt. Bei größeren Mengen geht man in den Knast. Sehr unangenehm, denn Südamerikanische Gefängnisse stehen nicht auf der Liste „Die besten Hotels der Welt“. Nun ist in Peru ein Schamane tätig, der mit Rauschgift und dazugehörigen Ritualen arbeitet. Solange er das mit seinen Stammesgenossen treibt, drückt die Regierung in Lima beide Augen zu. Es kommen aber nun Esoteriker alles Länder und wollen mitmachen. Das fördert den Tourismus, was man in Lima nicht ungern sieht. Hotel und Restaurantpreise steigen. Ergo lässt man den Schamanen unbehelligt, es wird ja niemand gezwungen mit ihm Höllenvisionen zu erleben. Wer nicht mitmacht und doch wissen will, wie es in der Hölle zugeht, der liest einfach Dante.
Hans-Emil Schuster


 

Leserbrief zu „Die Coachin: Soll ich meine Promotion durchziehen?“ von Hanna Timmann

Frau W. hat große Pläne. Promovieren, Habilitieren und dann Professorin für Umweltrecht. Nun plötzlich wird sie unsicher. Der Volksmund nennt sowas Muffensausen. Warum wird sie unsicher. Sie hat doch nicht ein Plagiat hergestellt etwa? Da ist ein gnadenloser Plagiatsjäger am Werk der sowas nicht duldet; und aus der Traum. Ihr Professor und Doktorvater rät ihr weitermachen. Er will doch so eine Hilfskraft nicht verlieren. Also Frau W. da kann ihnen keiner helfen, das müssen sie selber entscheiden. Ich würde sagen, Augen zu und durch. Über 30 können Sie nicht mehr beamtet werden. Also los, aber mit summa cum laude.
Hans-Emil Schuster


 

Leserbrief zu „Kabel und Liebe“ von Martin Machowecz

Fühlt sich eine Vespa, die mit Strom fährt, noch italienisch an? Diese Frage zog mich sofort in ihren Bann und ich schlug bei der letzten ZEIT-Ausgabe sofort den Artikel von Martin Machowecz auf. Er beschreibt sehr eindrücklich das neue Fahrgefühl mit der Vespa Elettrica, der modernisierten Variante eines Fahrzeug-Klassikers. Doch ob dieses surrende Zweirad noch das Gefühl von „Dolce Vita“ vermittelt – da hat der Autor seine Zweifel. Aber liegt das wirklich an der E-Vespa oder liegt das vielleicht an unserem Bild von Italien? Denn ich gebe zu, dass auch mich das schon seit Goethe romantisierte Bild von „Bella Italia“ fasziniert. Und dieses Bild bestätigte sich durch viele Urlaube im Gargano, der sehr ländlichen apulischen Halbinsel, auf der man bei Surf-Ersatzteil-Mangel zum Schmied um die Ecke hinter der Kirche gehen muss. (Die gewünschte Schraube kürzt dann sein Vater mit einer Handsäge auf Maß.) Am Strand zelebrieren die klassischen 3-Generationen-Familien Ferragosto, die schon seit 30 Jahren an den Gargano reisen. Ja, sicherlich würde ich mir die Augen reiben, wenn „Fabro“, der hilfsbereite Schmied, auf der E-Vespa davonzischte. Aber diese sommerlichen Impressionen vermitteln ein verkürztes Bild von Italien. Wenn man die italienische Presse verfolgt (z.B. mit Nachrichtenpodcasts), stellt man schnell fest, dass die diskutierten Themen sich gar nicht groß von hiesigen Debatten unterscheiden. Sei es Veganismus, LGBTQIA+, Nachhaltigkeit – alles was unsere Gemüter erhitzt, beschäftigt auch die italienische Gesellschaft. Und die Vespa Elettrica fügt sich da sehr gut ein.
Für viele deutsche Touris ist sicherlich unvorstellbar, dass umweltbewusste italienische Millennials mit E-Motor zu ihrem Job als App-Developer anrollen. Denn unsere Vorstellung von „Bella Italia“ – so positiv sie auch gemeint ist – nährt das Überlegenheitsgefühl der Deutschen, das sich gerne in der Automobilindustrie kristallisiert. Martin Machowecz sieht die technische Rückschrittlichkeit („das sägende Motorengeräusch“, „verlässliche Unzuverlässigkeit“) als typisch italienisch an. Wie passt dieses Bild dazu, dass Bologna die Höchstgeschwindigkeit in der ganzen Stadt auf 30 km/h gesenkt hat? Eine Maßnahme gegen den Klimawandel – in Deutschland undenkbar. Daher appelliere ich an alle Italien-Fans: Jede romantisierte Idealisierung einer anderen Kultur hat ihre blinden Flecken. Wir werden den Einwohner*innen unseres liebsten Sehnsuchtslands nicht gerecht, wenn wir ihnen unsere stereotypen Vorstellungen überstülpen. Lasst uns stattdessen lieber zuhören und auf Augenhöhe miteinander reden.
Judith Praßer


 

Leserbrief zu „Volles Rohr“ von Ricarda Richter

Sehr verständlich schildern Sie die Wärmeversorgung in Flensburg. Ergänzend möchte ich Ihnen noch folgendes schildern:
1) Durch die Absenkung der Netztemperaturen verringert sich auch die übertragbare Wärme bei den Hausstationen. Wie Sie richtig schildern, will man das in Flensburg durch einen größeren Wasserstrom im Fernwärmenetz kompensieren. Das geht aber nur in begrenztem Umfang.
2) Die Fernwärme ist ein Co-Produkt und stammt aus der sogenannten Kraft-Wärmekopplung. Es gibt jedoch darüber hinaus auch sogenannte Heizwerke, diese erzeugen nur Warmwasser und keinen Strom. In den großen Städten wie Berlin, München, Hamburg etc. finden Sie umfangreiche Fernwärmenetze seit Jahrzehnten.
3) Bisher wird bei der Fernwärmeversorgung die Verbrennungswärme von fossilen Brennstoffen genutzt. Nun will Deutschland den Einsatz dieser ja reduzieren – am liebsten auf Null. Dazu bieten sich aktuell an: – Solarthermie, – Geothermie, – Wärmepumpen. Wärmepumpen benötigen elektrischen Strom. Sie brauchen etwa 1 KW Strom um 4 KW Wärme mit dem brauchbaren Temperaturniveau bereitzustellen. Der Wirkungsgrad der Wärmepumpen sinkt mit geringerer Außentemperatur, also im Winter wenn es kalt ist.
5) Der Einsatz von Wärmepumpen verschiebt das Thema in den Strombereich. Gelingt uns eine gesicherte Versorgung mit Öko-Strom (CO2-frei) funktioniert das System. Das wird jedoch leider noch etwas dauern. Danke für die gute Darstellung
Timon Gruber


 

Leserbrief zu „Der Herr der Zecken“ von Fritz Habekuß

Mit großem Interesse habe ich über den Kampf gegen die von Zecken übertragenen Krankheiten gelesen. Wenn es an Geld fehlt, das Wissen von Naftaly Githaka weiterzugeben, warum fragt die ZEIT nicht ihre Leser, die Arbeit mit Spenden zu unterstützen?
Wolfgang Konrad


 

Leserbrief zu „Schwer zu vermitteln“ von Carla Neuhaus

Würdelos! Dass jemand für 1,2€/Std arbeitet und dann sagt, es steigere das Selbstwertgefühl ist traurig. Klingt eher nach Selbsttäuschung. Der Mindestlohn beträgt 12,41€ und man kann darüber streiten, ob das die Würde angemessen abbildet. Aber alles darunter ist traurig. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Für einige ist sie unantastbarer. Es ist ein Armutszeugnis dieser Gesellschaft, dass angesichts drohenden Fachkräftemangels und der Überalterung keine Wege gefunden werden (wollen), Menschen nach dem Bedarf des Arbeitsmarkts weiterzubilden und zu integrieren. Wichtiger ist es, qua Verächtlichmachung des Bürgergelds diese Menschen zu diskriminieren und den Sozialneid in den unteren Schichten zu fördern. Armut ist gewollt, denn so findet sich immer jemand, der für weniger Geld und weniger Rechte die gleiche Arbeit macht.
Wolfgang Michel


 

Leserbrief zu „Auch im Ramadan fallen die Bomben“ von Anna-Theresa Bachmann und Laila Sieber

Es ist völlig klar, dass die Leiden der Menschen in Gaza himmelschreiend sind und zu einem Ende kommen müssen. Was jedoch bei den Klagen der betroffenen Palästinenser völlig fehlt, ist eine Reflektion der eigenen verbrecherischen Hamas-Führung (während gleichzeitig Israel Massenproteste gegen die eigene Regierung erlebt), auch Erkenntnis darüber, dass es die eigenen Brüder und Söhne sind, die die sadistischen Mörder vom Supernova Musikfestival in Israel waren, ebenso keine Idee davon, dass mit der Freilassung der Geiseln die Bomben ein Ende haben könnten, geschweige denn überhaupt Gedanken an das Schicksal der Geiseln. Solches „Leiden ohne Zusammenhang“ mag auch vielen Menschen in Deutschland unter den Bomben der Alliierten im 2. Weltkrieg eigen gewesen sein, die keinen Bezug zu den Gräueltaten der Nazis gesehen haben. Auch die Forderung nach einem eigenen Staat Palästina, so sehr er zu wünschen ist, bleibt unvollständig und lässt offen, was für ein Staat das denn sein soll, etwa wieder ein Hamas-Staat, der weiterhin seine Gegner von Hochhäusern wirft? Oder ein Korruptionsgebilde a la Abbas und seiner Autonomiebehörde?
Joachim Schüürmann


 

Leserbrief zu „Putin rechnet ab“ von Alice Bota und Michael Thumann

Im Kopf der 5 Spalten von „Putin rechnet ab“ wird ein Foto von Regime-KritikerInnen gezeigt, und jede Spalte ist eingerahmt von einem fetten senkrechten Strich. Ich schließe daraus, dass jede Spalte der im Kopf gezeigten Person gewidmet ist. Weit gefehlt: Tatsächlich geht es in allen Spalten ausschließlich um Kara-Mursa. Würden Sie mir bitte verklickern, was das soll? Hat da das Layout zu kräftig zugelangt?
Peter Hoppe


 

Leserbrief zu „Zu viel Zeug“ von Jonas Waack

Die Frachtflugzeuge zahlen keinen einzigen Cent CO2- oder Energiesteuer. Während also für die innereuropäische Fracht per LKW oder Bahn diese Steuern fällig werden, fliegen Temu und Shein steuerfrei!  Ich bin selbst Flugkapitän und profitiere von davon, aber selbst ich finde dies unmoralisch und höchst unzeitgemäß! Denn der Ausstoß in der großen Höhe der Flugzeuge ist dreimal schädlicher als der am Boden. Flugzeuge müssen also schnellstens dreimal höher besteuert werden als LKW und Bahn! Alles andere führt uns nur noch schneller in die Klimakatastrophe.
Klaus Siersch


 

Leserbrief zu „Bier trinken? Schick mir gerne einen Termin“ von Moritz Hackl

Herzlichen Dank, Herr Hackl, für diesen amüsanten und wahren Artikel. Es macht nämlich für das Wohlbefinden (und für die Gesundheit!) einen immensen Unterschied, ob ich Sport treibe, weil mir nach Bewegung der Sinn steht oder weil es im Terminkalender zur Selbstoptimierung steht. Und um wahrnehmen zu können, ob mir nach „Sport“ ist, muss ich möglichst oft auf der Küchenbank liegen und Nichts tun. (Zugrunde liegen dezente Regungen, ausgelöst vom Nervensystem, die Signale senden. Diese Signale zeigen uns an, was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt brauchen bzw. nicht brauchen. Also Hunger, Sättigung, Durst, Toilettengang, Bewegung, Gesellschaft, Rückzug, Wärme, Kälte etc. Da diese Signale dezent sind, können wir sie nur wahrnehmen, wenn wir halbwegs entspannt durch die Welt gehen und eine halbwegs gute Verbindung zum Körper haben. Also unseren Körper auf selbstverständliche Weise spüren. Dem ist es ziemlich egal, ob wir Yoga machen oder Staub saugen – Hauptsache Bewegung.) Wenn jemand diese selbstverständliche Verbindung zum Körper nicht hat – was für immer mehr Menschen zutrifft, aus den in Ihrem Artikel genannten Gründen (das System und so), kann es allerdings tatsächlich hilfreich sein, Übungen zur Achtsamkeit zu machen. Aber das ist dann gewissermaßen Medizin für einen kranken Menschen. Viel Freude auf der Küchenbank wünscht
Sibylle Riffel


 

Leserbrief zu „Endung gut“ von Thomas Fischermann

Anguilla ist nicht der einzige Staat, der mit seiner Internetadresse (Top-Level-Domain) gut verdient:  Tuvalu vermarktet die Endung .TV sehr gewinnbringend, und Niue die Endung .NU (klingt wie Englisch „New“).
Peter Pielmeier


 

Leserbrief zu „Yasemine M’Barek entdeckt: Brieffeindschaft“

Der Artikel hat mich tief getroffen und geärgert. Sollte es mit unserer Kultur wirklich so weit gekommen sein? Ein Brief, das intimste, beglückendste, nun auch als Hassgegenstand? Vermutlich hat die Autorin dieses Glück nie erlebt. Wenn sie abschließend feststellt, dass “die Welt in Wahrheit sich gar nicht mehr soo für sie interessiert. “ So ist das doch klar. Warum sollte “sie” auch Interesse haben, wenn sie vermutlich gar keine Beziehung mit “ihr” aufgenommen hat. Und was kann der Briefkasten dafür? Ein ernsthaft geäußertes Interesse an einem Menschen, einem Objekt, oder einer Sache ist doch die Voraussetzung dafür, dass auch wieder ein Echo erfolgt. Wie arm wäre ich, wenn es die Liebesbriefe (auf Papier geschrieben) mit meiner verstorbenen Frau nicht mehr gäbe, oder die Feldpostbriefe meines Bruders, oder z.B. die Korrespondenz mit Aktionen in Afrika, wo Helfer-Gruppen mit Einheimischen die Infrastruktur in einem Dorf aufbauen und sich über Erfolge und Misserfolge austauschen. Oder wenn mir meine Enkel auch mal einen Brief mit gepressten Blumen aus dem Urlaub schicken. Aber auch die Briefe, die um Spenden bitten, damit dringend Notwendiges realisiert werden kann. Die Autorin sollte auch mal differenzieren zwischen Post von Dienstleistern und Post mit Werbung. Den Dienstleistern sollte sie doch eher dankbar sein, dass sie so vieles erledigen, was wir selbst gar nicht können. Also genauer hinsehen, das wäre doch was. Darf ich darauf hoffen, dass auch mal ein Artikel über “Brieffreundschaften” kommt. Oder eine Erinnerung an Zeiten, da Briefeschreiben noch ein Ausdruck der Kultur war und der Briefträger sehnlichst erwartet wurde.
Friedrich Goes


 

Leserbrief zum Wochenmarkt „Ein Topf für alle“ von Margit Stoffels im ZEIT Magazin

Mit Befremden musste ich auch diese Woche wieder feststellen, dass in der Kolumne „Wochenmarkt – Ein Topf für alle“ ein Rezept: „Lammgulasch mit Pilzen“ vorgeschlagen wird. Ich finde die Anzahl der vorgeschlagenen Fleischgerichte absolut in der Mehrzahl Ihrer Rezeptvorschläge. Ich finde es immer wieder erschreckend, wie leichtfertig dabei mit dem Leben bzw. Tod von Mitlebewesen umgegangen wird. Man erfährt nichts über die (kurze) Lebensbedingung der Lämmer und anderer Mitlebewesen. Nichts über deren Ermordung…. Mein Mann und ich wünschten uns wirklich mehr Respekt vor dem Leben auch unserer Mitgeschöpfe und entschieden mehr Rezeptvorschläge im veganen und vegetarischen Bereich.
Gabriele und Rolf Steinbach


 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ „Die musst du alle bestimmen“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Die Bärenspinner – der braune und der schwarze Bär – schlüpfen aus blauen haarigen Raupen.  Die könnte es sein, muss aber nicht.
Klaus Friedrich