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Paradoxe Mathematik des Benzinverbrauchs

 

Stellen Sie sich vor es ist Ferienbeginn und Sie gleiten in Ihrem Wagen urlaubsvorfreudig die Straße entlang. Grüne Landschaft und blauer Himmel fliegen an Ihnen vorbei und dann, früher oder später, meldet sich die Tankanzeige und erinnert Sie daran, dass Autofahren heutzutage ganz schön teuer ist. Interessiert mich nicht, werden Sie vielleicht sagen, mein Auto verbraucht extrem wenig. Aber sind Sie sicher, dass Ihr Fahrzeug so sparsam ist? Wie wir gleich sehen werden, kann die Antwort darauf nämlich ganz unterschiedlich aussehen, je nachdem, mit welchen Einheiten man rechnet. Klingt paradox? Sehen Sie selbst:

Wie wirtschaftlich ein Auto ist, wird in Europa daran gemessen, wie viel Treibstoff man dem Motor für eine festgelegte Strecke von 100 km füttern muss – also in Litern pro 100 Kilometer (L/100km). In den USA pflegt man die umgekehrte Sichtweise und misst die Wirtschaftlichkeit in Meilen pro Gallone (mpg). Es wird also die mit einer festgelegten Menge Treibstoff von 1 Gallone fahrbare Strecke angegeben. Natürlich kann das eine in das andere umgerechnet werden.

1 Gallone = 3,79 Liter (L)
1 Meile = 1,61 Kilometer (km)

Hier eine kleine Knobelaufgabe für zwischendurch: Wie viel mpg entspricht also ein Verbrauch von einem Liter pro 100 Kilometer? Und wie lässt sich ganz allgemein der Verbrauch in mpg aus der Angabe x Liter pro 100 Kilometer errechnen? Die Antwort finden Sie am Ende dieses Blogeintrags.

Ein paradoxes Gedankenexperiment

Nehmen wir nun einmal an, ein deutscher und ein amerikanischer Ingenieur wollen die Wirtschaftlichkeit zweier Fahrzeugtypen Alt und Neu vergleichen. Die beiden Ingenieure testen jeweils ein Fahrzeug vom Typ Alt und eines vom Typ Neu im Stadtverkehr und auf der Autobahn – unter gleichen Bedingungen. Ihren Verbrauch erfassen die Ingenieure in den ihnen vertrauten Einheiten:

TabelleBenzin

Aus Sicht des deutschen Ingenieurs ist ein Fahrzeugtyp umso wirtschaftlicher, je geringer sein Literverbrauch auf 100 Kilometern ist. Das ist bei Fahrzeugtyp Neu der Fall mit einem mittleren Verbrauch von nur 7 L/100 km gegenüber 8 L/100 km bei Fahrzeugtyp Alt.

Für den amerikanischen Ingenieur gilt natürlich ein Fahrzeugtyp als umso effizienter, je länger die Strecke ist, die mit einer Gallone Benzin gefahren werden kann. Seltsamerweise, da im Widerspruch zur Schlussfolgerung des deutschen Ingenieurs stehend, ist das der Fahrzeugtyp Alt. Sein Mittelwert von 39,3 mpg weist auf größere Effizienz als der von Fahrzeugtyp Neu mit 34,3 mpg.

Die beiden Ingenieure kommen also zu völlig konträren Schlussfolgerungen. Und das, obwohl sich beide auf dieselben Tatsachen beziehen, die in Form von Daten lediglich auf verschiedenen Skalen festgehalten werden. Wie kann man diesen offensichtlichen Widerspruch auflösen? Welcher Fahrzeugtyp ist wirtschaftlicher?

Um sich für dieses scheinbare Paradox in Form zu bringen, könnten Sie sich zunächst mit folgender Aufgabe aufwärmen:
Ein Jogger legt eine gewisse Strecke mit 5 km/h Geschwindigkeit zurück. Anschließend ist er aber unzufrieden mit seinem gemächlichen Tempo und möchte durch größere Geschwindigkeit auf dem Rückweg seinen Durchschnitt für beide (gleich langen) Strecken auf 10 km/h erhöhen. Wie schnell muss er zurücklaufen?

 

Und hier noch, wie versprochen, die Lösung für die obige Knobelaufgabe: Der Verbrauch von 1 L/100km entspricht 100 x 3,79/1,61 = 235,4 mpg. Um die Wirtschaftlichkeit eines Autos in mpg zu berechnen, teile man also 235,4 durch die Anzahl der verbrauchten Liter pro 100 Kilometer.