Da war er nun, der ganze Ochse: Von der Weide geholt, geschlachtet, in seine Teile zerlegt und für einige Zeit am Knochen gereift. So, wie es die Statuten der Züchtervereinigung Limpurger Ochse vorschreiben. Die Stücke zum Schmoren habe ich zum vermeintlich besten Reifezeitpunkt vakuumiert und eingefroren, die Rückenteile so behandelt, wie mein Lehrmeister Paul Mertschuweit mir das beigebracht hat. Und das war damals schon altmodisch:
Das Fett der Nierenstöcke wurde unmittelbar nach der Schlachtung geschrotet und ausgelassen. Dieser Talg wurde erwärmt und die vorgekühlten Fleischstücke wachsartig damit versiegelt. So entsteht kein völliger Luftabschluss, das Fleisch ist dennoch geschützt. Der Reifevorgang findet dann in einem etwas weniger sauren Milieu statt als dies im Vakuumbeutel geschieht. Es ist bei dieser traditionellen Methode unbedingt notwendig, bei Schlachtung, Zerlegung und Lagerung penibel sauber zu arbeiten. Die für eine gute Reifung optimale Temperatur befindet sich in einem Bereich, den Mikroorganismen lieben und die Vermehrung pathogener Keime ist doch zu vermeiden. Es ist ein Irrglaube, dass alleine die Dauer des Abhängens für die Zartheit ausschlaggebend sei. Notwendig ist neben der Zeit auch eine nicht allzu niedrige Temperatur. Hier kann es, soviel sei zugegeben, zu Konflikten mit Hygiene-Vorschriften kommen. Denn damit das Fleisch mürbe wird, müssen fleischeigene Enzyme tätig sein. Diese für die erwünschte Textur verantwortlichen Kollagenasen arbeiten aber leider nicht, wenn es ihnen zu kalt ist. Ihre Aktivität steigt nach der van-t´hoff´schen Regel exponential. Fleisch von sehr jung geschlachteten Tieren benötigt bei weitem keine so lange Reifezeit, denn der Anteil an Bindegewebe ist hier wesentlich geringer. Und wo wenig Bindegewebe vorhanden ist, muss auch wenig gereift werden. Auch dies ist einer der Gründe, weswegen viele Tiere so jung geschlachtet werden. Mit 38 Monaten wurde „Wolfi“ allerdings mehr als doppelt so alt wie konventionell gezüchtete Rindviecher und somit kommt der richtigen Reifung größte Bedeutung zu.
Roastbeef und Filet wurden beim Tauberhasen Hofschoppenfest und in meinen Restaurants serviert, Geschmack und Zartheit der rosa gebratenen Edelteile waren umwerfend gut. Es hat sich gezeigt, dass die Kombination aus Fleisch von adulten Tieren und gutem Metzgerhandwerk zu sehr guten Ergebnissen führen kann. Ein weiterer wichtiger Baustein zu excellenter Fleischqualität ist die richtige Fütterung. Der Zuchtleiter der Limpurger Ochsen, Dieter Kraft, kümmert sich mit Bienenfleiß um Interaktion zwischen Metzgern, Erzeugern, Verbrauchern, Köchen und externen Fachleuten. So bin ich sicher, dass nach und nach der Limpurger Ochse mit seinem enormen Potential die kulinarische Landschaft immer weiter bereichern wird. Ein erstrebenswertes Ziel ist es, die Vorteile mittlerweile ausgestorbener Strukturen in der Fleischerzeugung wiederzubeleben. Vielleicht ist das ein bisserl sehr idealistisch gedacht, aber den Versuch ist es allemal wert.