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Netzfilm der Woche: „R’ha“

 

Es ist der Traum  jedes Regisseurs. Einen  Film drehen, ihn online veröffentlichen und wenig später klopfen die großen Filmstudios an die Tür. Für den Berliner Studenten Kaleb Lechowski ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Sein 3D-animierter Science-Fiction-Kurzfilm R’ha wurde in einer Woche nicht nur über eine Million Mal abgerufen, sondern weckte auch das Interesse Hollywoods. Schon bald wird Lechowski für Gespräche nach Los Angeles fliegen.

Die Geschichte an sich wäre schon erstaunlich genug. Sie wird noch besser, wenn man sich die Umstände genauer ansieht. Denn Lechowski ist kein etablierter Filmemacher, sondern Student an der Mediadesign Hochschule in Berlin. R’ha ist erst der zweite Kurzfilm des 22-Jährigen. Abgesehen von einigen kleinen Experimenten mit der kostenlosen Software Blender hatte Lechowski kaum Erfahrung mit der Produktion eines computeranimierten Films. Sieben Monate arbeitete er weitestgehend alleine an dem Projekt, lediglich die Soundeffekte und Stimmen kamen  von Profis.

R’ha zeigt in seinen sechs Minuten nur ein Fragment eines größeren Universums. Lechowski selbst nennt The Matrix und Terminator als Einflüsse, aber auch andere klassische Science-Fiction-Zutaten haben offenbar ihren Weg in den Film gefunden: Es geht um einen Kampf zwischen Aliens und Maschinen, um ferne Planeten und eine Zerstörung galaktischen Ausmaßes. R’ha sieht dabei nicht nur gut aus, sondern funktioniert gerade deshalb, weil er nicht zuviel erzählt: Zwischen der kurzen Rückblende und dem geschickt offen gehaltenem Ende fällt es nicht schwer, sich eine komplexe Geschichte vorstellen zu können.

Und vielleicht erfährt Lechowski ja ein ähnliches Schicksal wie Neill Blomkamp: Der Südafrikaner drehte 2005 einen Kurzfilm, auf den Hollywood ebenfalls aufmerksam wurde. Einige Jahre später entstand daraus ein erfolgreicher Spielfilm. Der Titel? District 9.

ZEIT ONLINE: Sie stehen inzwischen mit Vertretern aus Hollywood in Kontakt?

Kaleb Lechowski: Ja, den ersten Kontakt hatte ich mit [dem Filmmanager, Anm.] Scott Glassgold, einen Tag vor der Online-Veröffentlichung. Ich war mehr als überrascht! Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der Film derart erfolgreich sein würde. Inzwischen haben viele ihr Interesse bekundet. Ich bin gespannt, was sich in den kommenden Gesprächen in Los Angeles ergeben wird.

ZEIT ONLINE: Haben Sie denn bereits Ideen für einen möglichen Feature-Film auf Basis von R’ha entworfen?

Lechowski: Definitiv. Ich arbeite schon seit längerem am Konzept dieser Alienrasse, und mit dem Film ergab sich der Startschuss für ein ganz neues Universum.

ZEIT ONLINE: Welche Rolle messen Sie der Veröffentlichung von Filmen auf Vimeo und YouTube zu?

Lechowski: Vimeo ist bloß eine Plattform. Ich verdanke meinen schnellen Erfolg sicherlich vor allem dem Engagement von Scott Glassgold, der für eine breit gefächerte Veröffentlichung gesorgt hat. Festivals sind auch eine gute Methode, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch ich denke nicht, dass der Film so rasch verbreitet worden wäre, wie es jetzt der Fall war.

ZEIT ONLINE: Gehen Sie jetzt als gefeierter Filmemacher überhaupt noch an die Uni zurück?

Lechowski: (lacht) Noch hat sich nichts verändert. Ich denke, ich muss diese Phase einfach genießen.