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„The Long Wait“, eine Op-Doc

 

Jason DaSilva war 25 Jahre alt, als ihn seine Beine während eines Familienurlaubs im Jahr 2006 nicht mehr tragen wollten. Die Diagnose lautete Multiple Sklerosis und seitdem verbringt DaSilva einen Großteil seines Lebens im Rollstuhl. Mit When I Walk arbeitet er zur Zeit an einem autobiografischen Film über seine Krankheit. Eine Episode aus seinem Alltag schildert er in der folgenen Kurzdokumentation The Long Wait.

In einem Selbstexperiment versucht er, mit seinem Rollstuhl von seiner Wohnung in Brooklyn nach Manhattan zu kommen. Was früher ein fünfzehnminütiger Trip über den East River war, ist für DaSilva inzwischen eine halbe Weltreise – 1:43 Stunden benötigt er heute zu seinem früheren Lieblingscafé. DaSilvas Film zeigt: Barrierefreiheit ist zwar ein gern benutztes Schlagwort von Stadt- und Verkehrsplanern, in der Praxis aber noch immer kaum verbreitet. Und ich frage mich, wie so ein Experiment wohl in Berlin aussehen würde. Die S-Bahn-Station in meiner Nähe etwa hat ebenfalls (noch) keinen Fahrstuhl.

Der kurze Film ist eine Ausgabe der Op-Docs der New York Times, einem Format, das ich sehr spannend finde. Op-Docs sind kurze Dokumentarfilme, die eine bestimmte Meinung vertreten und deshalb in der Regel sehr subjektiv sind, jedenfalls stärker als traditionelle Dokus. Das Besondere ist, dass die Filme kaum Einschränkungen haben, was die Umsetzung und Gestaltung angeht. Daraus entstehen Geschichten, die auf einfachste Weise funktionieren. Etwa, wenn ein Fotograf nichts anderes tut, als den Verfall eines heimatlosen Klaviers auf dem Gehweg zu dokumentieren.

Alle Ausgaben der Op-Docs gibt es hier.