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YouTube-Kommentare: Jetzt mit mehr Google+

 

Seltener Anblick: Ein witziger YouTube-Kommentar.
Seltener Anblick: Ein witziger YouTube-Kommentar.

Vor einigen Wochen kam die Ankündigung, nun wurde das neue Kommentarsystem auf YouTube weltweit eingeführt. Damit kommen einige Änderungen auf die Nutzer zu, vor allem die starke Integration von Google+.

Bislang tauchten unter Videos die Kommentare immer chronologisch auf. Dazu gab es die Top-Kommentare, eben jene, die am häufigsten positiv bewertet wurden. Spam oder feindselige Kommentare dagegen konnten mit genügen Bewertungen als eben solche gekennzeichnet und in der Diskussion ausgeblendet werden.

All das half nicht viel. Die YouTube-Kommentarspalten gelten bis heute als legendär – legendär schlecht. Angetrieben von der Anonymität, die YouTube gewährt, sind YouTube-Kommentare nicht selten eine Mischung aus sexistischen, rassistischen und pöbelnden Bemerkungen. Das ist kein schöner Anblick für die Zuschauer und schon gar nicht für die Macher. Einige große YouTuber kommentieren deshalb lieber auf Facebook oder Twitter als unter den tatsächlichen Videos. Das ist natürlich nicht in YouTubes Sinn, möchte das Unternehmen doch möglichst viele Interaktionen auf der eigenen Plattform erreichen.

Mit dem neuen System hofft YouTube, nun etwas mehr Engagement und Zivilisation in die Kommentarspalten zu bekommen. Dazu gibt es die folgenden neuen Funktionen:

  • Top-Kommentare: Kommentare aus der „Filterbubble“ stehen immer zuerst: Das betrifft Kommentare der Macher, von bekannten Persönlichkeiten (also bekannte YouTuber), besonders gut bewertete Diskussionen und Kommentare von Nutzern, die in den persönlichen Google+-Kreisen sind. Das bedeutet auch, dass nicht jeder Nutzer zwangsweise die gleichen Kommentare als erstes angezeigt bekommt. Sie sind, wie auch Google-Suchen, personalisiert.

  • Integration von Google+: Sie ermöglicht, dass unter den Videos wahlweise private oder öffentliche Gespräche stattfinden können: Aus dem Kommentarfeld heraus lassen sich Freunde auf Google+ in das Gespräch „einladen“. Die Kommentare erscheinen dann entweder für alle sichtbar oder nur für die entsprechenden Freunde. Auch andersrum ist es möglich: Wird ein Video auf Google+ kommentiert, kann dieser Kommentar nach Wunsch auch auf der YouTube-Seite erscheinen.

  • Formatierung: Kommentare können nun Fettgedrucktes, Kursiva, Links und #Hashtags enthalten. Dadurch können neue Verknüpfungen zwischen Kommentaren und anderen Videos entstehen.

  • Moderation und Community: YouTube bietet ab sofort weitere Optionen zum Editieren der Kommentare für Kanalbetreiber, unter anderem das Definieren von „verbotenen“ Wörtern oder das automatische Freischalten der Kommentare bestimmter und befreundeter Nutzer. Desweiteren können sich Kanalbetreiber mit über 5.000 Abonennten ihre aktivsten Fans anzeigen lassen – und sie sogleich auf Google+ hinzufügen. Das soll den Austausch zwischen YouTubern und ihren Fans fördern.

 

Neue Kommentarspalte mit Google+-Integration.
Neue Kommentarspalte mit Google+-Integration.

Vor allem die stärkere Bindung von Google+ ist der entscheidende Punkt. Kommentieren kann auf YouTube künftig nur noch, wer auch ein Google+-Profil besitzt. Nicht ganz zu Unrecht fühlen sich einige Nutzer, die bis dato kein Google+ benutzen, dadurch gegängelt und mehr oder weniger gezwungen, ein Social-Media-Profil aufzusetzen.

Für YouTube hat die Entscheidung zwei Vorteile. Zum einen, weil der Mutterkonzern Google damit sein im Vergleich zu Facebook noch immer zweitrangiges Netzwerk weiter pusht. Das Cross-Posting zwischen Google+ und YouTube soll die persönliche Konversation zwischen den Nutzern ankurbeln. Damit verknüpft Google seine Dienste noch etwas stärker, was natürlich vor allem eine einfachere Verarbeitung der dabei gesammelten Daten bedeutet.

Pseudonyme weiter möglich

Zum anderen erhofft sich Google, dass künftig mehr Nutzer mit dem Klarnamen ihres Google+-Profils kommentieren – und dadurch eine bessere Kommentarkultur entsteht. Denn wer pöbelt schon gerne mit seinem echten Namen.

Weicht YouTube also von der Anonymität ab, wie es Sascha Pallenberg von Mobilegeeks erhofft?

Nicht ganz. Es ist trotz allem auch weiterhin möglich, mit einem Pseudonym zu kommentieren. YouTube ermöglicht, neben dem persönlichen Google+-Profil noch eine zweite Google+-Page zu erstellen. Die muss keine persönlichen Daten enthalten und ist somit auch kein vollständiges Google+-Profil. Damit bleibt der Kommentator zwar weitestgehend anonym – aber eben nur vor anderen Nutzern. Google weiß natürlich, welches Google+-Profil mit welchem Pseudonym verknüpft ist. Um wirklich anonym zu sein, hilft es deshalb nur, einen kompletten, neuen Fake-Account auf Google zu erstellen. Und das ist zumindest mühsam.

Die nächsten Wochen werden zeigen, wie die YouTube-Community das neue System annimmt und ob es tatsächlich für ein besseres Klima sorgt. Für die Kanalbetreiber jedenfalls könnte sich der Schritt lohnen und für mehr Interaktion zwischen Machern, Fans, und Freunden sorgen. Die größtenteils negativen Bewertungen unter dem Einführungsvideo lassen allerdings schon den Unmut der Nutzer erahnen, der natürlich mit jeder Veränderung einhergeht. Es ist gut vorstellbar, dass die Kommentare unter Videos zahlenmäßig zurückgehen. Ob sie auch besser werden, liegt an den Nutzern.