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Algorithmen im Alltag: „Looking Into Black Boxes“

 

© LIBB
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Als Frau versuchen, im Internet die eigene Schwangerschaft zu verheimlichen, ist gar nicht so einfach. Denn dort gibt es einen hartnäckigen Gegner: Algorithmen, die unser Internetverhalten analysieren. Sagte man vor einigen Jahren schlicht, dass Computer überall um uns herum sind, ist heutzutage Algorithmus der gängige Begriff für alles, was im Alltag um uns herum Informationen verknüpft und neu ordnet.

Auch die Macher der neuen Webserie Looking Into Black Boxes haben es auf die Algorithmen abgesehen. Die erste Folge gibt es seit vergangener Woche auf YouTube, und sie führt die Zuschauer in die Notaufnahme des Unfallkrankenhauses von Berlin-Marzahn. Dort nämlich kommen wie in allen Krankenhäusern Algorithmen und Computertechnik zum Einsatz, von denen die Patienten nur am Rande mitbekommen.

„Es geht darum, besser zu verstehen, wie Software und Algorithmen die Gesellschaft, in der wir leben, verändern oder schon verändert haben“, sagt der Dokumentarfilmer Dirk Herzog von der Produktionsfirma 6sept13, der das Projekt gemeinsam mit Jan Rödger und Fiona Krakenbürger ins Leben gerufen hat. 3.000 Euro nahm das Trio im Frühjahr per Crowdfunding ein. Drei Episoden von Looking Into Black Boxes sollen daraus nun mindestens entstehen.

Die Rolle der interessierten Besucherin im Krankenhaus nimmt Krakenbürger im Verlauf der 14-minütigen Folge ein, kurze Animationen und Erzähler aus dem Off ergänzen das Format. Sie fragt die Ärzte und den Leiter der IT-Abteilung, was es mit dem Triage-System auf sich hat, wie Computer die Ärzte bei der Einweisung der Patienten unterstützen und wie die Ärzte mit Computern die mobile Visite vornehmen. Bei der Vergabe von Medikamenten etwa geben Computer gleich Tipps zur Dosierung oder warnen auf der digitalen Krankenakte vor Unverträglichkeiten mit anderen Mitteln.

Das klingt in der heutigen Zeit irgendwie logisch, doch es wirft natürlich Fragen auf: Welche Interessen haben die Entwickler und wie viel Macht die Computer und die dahinterstehenden Algorithmen? Und was wäre, wenn die Computer den Ärzten falsche Informationen liefern, die möglicherweise den Patienten schaden? Das komme nicht vor, versichern die Verantwortlichen im Krankenhaus, denn die Computer seien lediglich eine Unterstützung, die den Arzt nicht ersetzen kann. Jedenfalls noch nicht.

Looking Into Black Boxes geht es deshalb vor allem um diesen alltäglichen Blick auf die Thematik und weniger darum, tiefe Einblicke in die jeweilige Fach-IT zu erlangen, oder mit Jargon um sich zu werfen. „Der Versuch, erst mal zu verstehen, was man da gerade beobachtet. Das führt zwangsläufig zu anderen Fragen als denen von Experten“, erklärt Herzog. Das Projekt möchte zeigen, dass Algorithmen auch jenseits von Google längst unseren Alltag bestimmen. „Es ist wichtig, dass wir uns vergegenwärtigen, wie sehr Software in unserem Alltag bereits nicht mehr wegzudenken ist, auch wenn wir sie gar nicht sehen können“, sagt Krakenbürger.

Die Reaktionen auf die erste Folge sind größtenteils positiv, auch wenn einige Zuschauer sich noch etwas mehr Tiefe und Hintergrund gewünscht hätten. Das ist ein Problem, mit dem sich viele andere kurze Webvideo-Formate schwer tun. Das Team von Looking Into Black Boxes nimmt das Feedback mit in die nächsten Dreharbeiten. „Die Unterstützung motiviert uns und sie zeigt auch, dass das Angebot an Formaten, die über Software, Computer und Algorithmen möglichst niedrigschwellig informieren, noch lange nicht gesättigt ist“, sagt Krakenbürger.