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Griechenland nach der Wahl

 

Von Marcus Gatzke (msg), Zacharias Zacharakis (zac), Carsten Luther (lu), Philip Faigle (pfa), Ludwig Greven (lg), Ferry Batzoglou (fb), Michael Thumann (thu), Till Schwarze (tis), Ragnar Vogt (rav)

  • Samaras will auch Technokraten in die Regierung einbinden
  • Euro-Gruppe fordert rasche Regierungsbildung in Athen
  • Bundesregierung uneins über Umgang mit Griechenland
  • Alle Artikel zu Griechenland

12:05 Wir schließen hiermit das News-Blog zur Wahl in Griechenland. Unsere Berichterstattung über die anstehende Regierungsbildung in Athen und die Folgen für die Euro-Krise geht aber natürlich weiter. Eine kleiner Überblick über die Geschichten, an denen gerade gearbeitet wird:

Claas Tatje berichtet aus Brüssel über die Möglichkeiten, das Spardiktat für die Griechen zu lockern. In welchen Punkten ist die EU bereit, den Griechen entgegen zu kommen? Braucht das Land ein drittes Rettungspaket?

Zacharias Zacharakis analysiert die anstehende Regierungsbildung in Griechenland. Werden sich die moderaten Linken von Fotis Kouvelis einer möglichen Koalition aus Pasok und Nea Dimokratia anschließen? Kann die radikale Linke irgendwie eingebunden werden?

Till Schwarze schreibt über den anstehenden G-20-Gipfel in Mexiko. Der Druck der internationalen Gemeinschaft auf Merkel, in der Euro-Krise mehr Verantwortung zu übernehmen, ist groß. Was verlangen die Amerikaner und die Chinesen von Deutschland?

11:31 Samaras trifft in diesen Minuten Staatspräsident Karolos Papoulias, twittert die griechische Journalistin Efthimia Efthimiou. Papoulias wird ihm den Auftrag zur Regierungsbildung geben.

11:29 Gut dass sich alle einig sind: Die Äußerung von Außenminister Westerwelle im Deutschlandfunk, man könne über den Zeitplan für die Reformen in Griechenland reden, ist offenbar kein Konsens in der Bundesregierung. Mehrere Regierungsvertreter betonten ganz im Gegenteil, an dem Zeitplan habe sich nichts geändert und an die Vereinbarungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern blieben die Grundlage neuer Gespräche, berichtet Reuters. (lu)

11:21 Die Erleichterung an den Finanzmärkten über den Wahlsieg der Konservativen in Griechenland währte nur kurz. Der Dax gab seine Gewinne wieder ab und die Risikoaufschläge für Staatsanleihen der meisten Euro-Staaten legten wieder zu. Die Rendite für spanische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stieg am Montag Vormittag sogar über die kritische Marke von sieben Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit Einführung des Euro. (msg)

11:11 Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt Nea Dimokratia auf 29,66 Prozent und belegt 129 Sitze im Parlament. Syriza folgt mit 26,89 Prozent und 71 Sitzen. Pasok erreicht 12,28 Prozent (33 Sitze). Die Unabhängigen Griechen schaffen 7,51 Prozent (20 Sitze), die rechtsradikale Goldene Morgenröte 6,92 Prozent (18 Sitze). Die demokratische Linke kommt auf 6,26 Prozent (17 Sitze), die Kommunistische Partei auf 4,5 Prozent (12 Sitze). (lu)

10:01 Das griechische Innenministerium hat die Wahlergebnisse auch als Karte aufbereitet, die laufend aktualisiert wird. Nach Auszählung von 99,95 Prozent der Stimmen erreicht Nea Dimokratia 29,66 Prozent, Syriza 26,89, Pasok 12,28 Prozent. (lu)

9:18 Wahlsieger Samaras soll am Morgen den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten:

08:47 Wie setzt sich das neue Parlament in Griechenland zusammen? Das Wall Street Journal hat eine schöne Grafik erstellt. Die Nea Dimokratia käme demnach zusammen mit der Pasok auf 162 Sitze. Notwendig für eine Mehrheit sind 151. (msg)

08:22 Der Erfolg einer Regierungsbildung hängt nach Meinung vieler Kommentatoren in Griechenland davon ab, welche Personen ND-Chef Antonis Samaras im Kabinett durchsetzen will. Sein Vorschlag, auch Nicht-Politiker aufzunehmen, wird als Kompromissangebot verstanden, um Sozialisten und Linksdemokraten zu integrieren. Allerdings ist der Machtanspruch der alten Kräfte innerhalb der Nea Dimokratia groß. Die politischen Schwergewichte der Konservativen aus früherer Zeit sind jedoch erheblich belastet, denn sie bildeten in den Jahren vor Ausbruch der Krise die Regierung und sind verantwortlich dafür, dass sich die Lage des Landes derart verschlechterte. (zac)

07:38 Wahlsieger Antonis Samaras hat noch am Abend mit den Parteichefs der beiden möglichen Koalitionspartner von Pasok (Evangelos Venizelos) und Demokratischer Linker (Fotis Kouvelis) telefoniert, berichten die griechischen Zeitungen Ta Nea und To Vima. Vereinbart worden ist offenbar, dass man heute Mittag zu Gesprächen zusammenkommt. Samaras soll angedeutet haben, dass die neue Regierung aus Technokraten und Politikern sowohl aus dem rechtskonservativen als auch aus dem linksliberalen Lager bestehen soll. (zac)

07:23 An der Börse in Tokio wurde das Wahlergebnis positiv aufgenommen. Der Nikkei stieg um 1,7 Prozent. Auch der Euro legte zu. Marktbeobachter warnen aber vor zu viel Optimismus: „Wir dürfen uns aber keinen Illusionen hingeben. Der Markt ist weiterhin ein Getriebener von Äußerungen rund um die Schuldenkrise“, sagte Aktienhändler Giuseppe Amato der Nachrichtenagentur Reuters. „Strukturell ist noch nichts gelöst.“ (msg)

06:53 Die Euro-Gruppe hat eine kurzes Statement zur Wahl herausgegeben. Sie fordert die Griechen auf, möglichst schnell eine tragfähige Regierung zu bilden. Sobald die steht, soll die Troika wieder nach Athen reisen. Zitat:

The Eurogroup reiterates its commitment to assist Greece in its adjustment effort in order to address the many challenges the economy is facing. The Eurogroup therefore looks forward to the swift formation of a new Greek government that will take ownership of the adjustment programme to which Greece and the Eurogroup earlier this year committed themselves.

22:30 Wir gehen in die Nacht und schließen das Blog bis morgen früh. Zum Abschluss noch eine ausführliche Analyse von unserem Politikredakteur Ludwig Greven:

Die Griechen haben gewählt, zum zweiten Mal innerhalb von sechs Wochen. Aber wofür haben sie sich eigentlich entschieden bei dieser zur Schicksalswahl stilisierten Abstimmung? Wie es am späten Sonntagabend aussah, ist die konservative Neo Dimokratia (ND) stärkste Partei geworden. Sie hätte nach den letzten Hochrechnungen zusammen mit der sozialistischen – ebenfalls „Euro-freundlichen“ – Pasok eine absolute Mehrheit im Parlament.

Die beiden alten Parteien, die Griechenland in den vergangenen Jahrzehnten abgewirtschaftet und an den Rand des Staatsbankrotts geführt haben, könnten also zusammen in Athen weiter regieren – ohne den eigentlichen Wahlsieger, das Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras.

Für die EU und die deutsche Kanzlerin, die auf die Einhaltung ihrer harten Sparauflagen pochen, ist das auf den ersten Blick die beste aller denkbar schlechten Lösungen. Allerdings wird der ND-Vorsitzende Adonis Samaras als wahrscheinlich künftiger Ministerpräsident auch kein leichter Verhandlungspartner: Er hatte die Vereinbarung mit der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) als Bedingung für die Milliarden-Hilfsprogramme zuerst lange abgelehnt. Dann entschloss er sich doch, in die Übergangsregierung bis zu der Wahl im Mai einzutreten und das Spar- und Kürzungsprogramm mitzutragen – nur um im neuerlichen Wahlkampf dann, wie die anderen Parteien, Nachverhandlungen zu verlangen.

Tsipras und sein Linksbündnis wollen dagegen das Sparprogramm aufkündigen und den Schuldendienst aussetzen. Darauf würden sich EU, EZB und IWF niemals einlassen. Doch Tsipras hat für diese Forderung eine breite Unterstützung vieler Griechen bekommen. Ihre Stimmen jetzt außen vor zu lassen, hieße, den Protest nur wieder auf die Straße zu treiben.

Der Neuaufbau Griechenlands, der so oder so notwendig ist, kann nur gelingen, wenn die Bürger mitziehen und spüren, dass die großen Opfer, die von ihnen verlangt werden, sich eines Tages auch für sie auszahlen werden. Deshalb wäre es klug, den erfolgreichen Sozialpopulisten Tsipras und sein Bündnis in die Regierung einzubinden.

Auch für Merkel und die EU könnte das Vorteile haben. Sie müssten dann nicht befürchten, dass eine Regierung aus ND und Pasok auf kurz oder lang am Widerstand der Griechen scheitert. Und Syriza nach neuerlichen Neuwahlen dann endgültig stärkste Partei wird.

Der neue Premier Griechenlands: Antonis Samaras

22:15 Unser Nahost-Korrespondent Michael Thumann ist am Abend in Athen gelandet. Das schickt er uns gerade:

Die Stimmung in der Stadt ist eigenartig gedämpft. Die Euphorie nach dem Fussball-Sieg über Russland von gestern ist wie verflogen. Samaras wird der neue Premier. Keiner feiert, alles ist leer. Die Straßen sind weitgehend frei, die Tavernen und Plätze leeren sich. Man scheint sich in die Unvermeidlichkeit einer erneuten Nea-Dimokratia-Regierung zu fügen. Und das ist eben kein Volksfest.

22:09 Nun hat auch Alexis Tsipras gesprochen. Er hat klargemacht, dass seine Partei in die Opposition geht. Das Ergebnis der Linken nannt er eine „einmalige Errungenschaft“ in der Geschichte Griechenlands. Zwei Zitate:

„Ich habe Samaras angerufen und ihm gratuliert. Er hat die Möglichkeit, eine Regierung auf der Grundlage seiner Politik zu bilden.“

„Wir werden die Stimmen unserer Wähler nicht verschenken.“

21:50 Erste Marktreaktion: Der Euro gewinnt im frühen Handel in Australien deutlich und steigt auf ein Drei-Wochen-Hoch, meldet Reuters. Dazu ein Tweet des amerikanischen Politikwissenschaftlers Ian Bremmer:

21:37 Unser Autor Ferry Batzoglou in Athen liefert uns das folgende Zitat von Samaras Rede:

„Das griechische Volk hat heute für den Verbleib im Euro gestimmt. Es wird keine neuen Abenteuer geben. Es wird keine Angst herrschen. Die Opfer des griechischen Volkes werden Früchte tragen. Es ist ein Sieg für ganz Europa. Wir fordern diejenigen Parteien, die damit übereinstimmen dazu auf, sich an einer Regierung der nationalen Rettung zu beteiligen.“

21:17 Syriza-Chef Alexis Tsipras hat seine Wahlniederlage zugegeben. Laut einem Parteisprecher hat er am Abend Samaras angerufen und ihm zum Wahlsieg gratuliert, meldet Reuters. Die Agentur zitiert Samaras mit den Worten: „Ich bin erleichtert, ich bin erleichtert für Griechenland und Europa.“ (tis)

21:11 Die Mehrheit für Nea Dimokratia und Pasok wird wahrscheinlicher:

Aber: Pasok-Chef Venizelos wiederholt in Athen seine Forderung nach einem großen Bündnis, inklusive der Radikallinken.

21:00 Gute Visualisierung der Kollegen vom griechischen Fernsehsender Skai. Die Grafik zeigt nicht nur die Anteile der Parteien, sondern auch die absolute Zahl der gezählten Stimmen. (pfa)

20:50 Kurzer Einwurf aus der Politikredaktion:

Wer auch immer in Athen künftig mit welcher Koalition regiert: Er kann sich darauf verlassen, dass Frankreich ein Wachstumsprogramm auch für Griechenland unterstützt. Die französischen Sozialisten haben bei den Stichwahlen heute die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erreicht. Präsident Hollande wird sich nun daran machen, seine Forderung nach einer Ergänzung des bisherigen strikten Sparkurses gegen Merkel in der EU durchzusetzen.

20:40 Die Konservativen rufen sich zum Wahlsieger aus. Etwas zu voreilig? Das Ergebnis für Syriza ist aber mindestens ein „moralischer Sieg“ für den Herausforderer Tsirpas, findet der Brüssel-Korrespondent des Guardian, Ian Traynor:

20:31 Nouriel Roubini, genannt Dr. Doom, sieht derweil mal wieder schwarz:

20:24 Die Prognosen weisen immer stärker in Richtung einer Koalition der Konservativen mit der Pasok. dpa schreibt:

Bei der Parlamentswahl in Griechenland zeichnet sich eine knappe Mehrheit für die Eurobefürworter ab. Nach einer ersten Hochrechnung kann die konservative Partei Nea Dimokratia mit 29,5 Prozent der Stimmen rechnen. Die ebenfalls proeuropäischen Sozialisten erhalten 12,3 Prozent der Stimmen. Das Bündnis der radikalen Linken, das den Spar- und Reformkurs beenden will, kommt auf 27,1 Prozent.

Eine Einschätzung dazu aus der Politikredaktion:

Wenn die Konservativen tatsächlich auf mehr als 30 Prozent kommen und damit deutlich vor dem Linksbündnis lägen, würde es für sie wahrscheinlich aufgrund des Sonderbonus gemeinsam mit der Pasok für eine absolute Mehrheit reichen. Der Vorsitzende der Sozialisten, Evangelos, hat aber angeblich schon angekündigt, dass seine Pasok-Partei darauf besteht, auch die Linken an der neuen Regierung beteiligen zu wollen. Denn sonst könnte diese weiter jede neue Vereinbarung mit der EU im Parlament bekämpfen — mit Unterstützung vieler Griechen. Das Land bliebe zerrissen.

Das vermutliche Kalkül von Pasok: Regiert das Linksbündnis mit, wird es künftig für jeden Kompromiss mit der EU mitverantwortlich gemacht werden. Und dann könnten die Sozialisten womöglich bei der nächsten Wahl Stimmen von den Linken zurückgewinnen. Die griechischen Parteien denken auch in diesen schweren Zeiten weiterhin immer zuerst (auch) an ihr eigenes Wohlergehen.

19:59 Jetzt gibt es erstmals verlässlichere Zahlen, die auf eine Mehrheit für die Konservativen hindeuten. Reuters:

Bei der Parlamentswahl in Griechenland führt die konservative Neue Demokratie nach Auszählung von rund 15 Prozent der Stimmen. Nach Angaben des Innenministeriums entfallen demnach auf die Neue Demokratie 31,1 Prozent der Stimmen. Das radikale Linksbündnis Syriza, das die Bedingungen für internationale Hilfen ablehnt, komme auf 25,4 Prozent.

Anhänger der Syriza-Partei in Athen

19:47 Unser Autor in Athen, Ferry Batzoglou, schreibt über die Stimmung im Land:

Ganz Griechenland sieht fern – und die Wahlforscher sind ratlos. In den Polit-Talkshows legt sich kein Politiker darauf fest, wie es weitergeht. Die Stimmung in Athen und in ganz Griechenland ist ruhig. Beinahe sicher ist: In Griechenland wird es heute abend keine Wahlfeiern geben. Denn der Wahlsieger wird erst im Morgengrauen feststehen, wenn die amtlichen Endergebnisse vorliegen.

19:38 Es gibt neue Zahlen.

Und erste Tweets über die Hochrechnung nach der Auszählung von 16 Prozent aller Wahllokale:

Das heißt: Aktuell hätten Nea Dimokratia und Pasok zusammen eine absolute Mehrheit – und könnten ohne das Linksbündnis regieren. Zumindest ist das Stand halb acht.

19:16 Angela Merkel, Mario Monti und François Hollande verschieben ihre Abreise nach Mexiko, wo morgen der G-20-Gipfel beginnt, melden die Agenturen. Kurze Analyse von Ludwig Greven aus der Politikredaktion:

Merkel verschiebt ihren Abflug zum G-20-Gipfel, weil der Ausgang der Wahl in Griechenland noch offen ist, vielleicht aber auch, weil sie das EM-Spiel Deutschland-Dänemark verfolgen will. Das dürfte ihr in jedem Fall mehr Freude bereiten als das knappe Votum der Griechen.

Mit wem hat sie es schließlich in Athen zu tun? Der Konservative Samaras, der die Vereinbarung mit der Euro-Zone lange ablehnte – trotz aller Mahnungen und Appelle von Merkel und anderer konservativer EU-Regierungschefs. Der dann umschwenkte und mit seiner ND doch in die Übergangsregierung eintrat; und der nun in einem neuerlichen Schwenk wie die anderen griechischen Parteien verlangt, dass Spar- und Sanierungsprogramm für sein Land zumindest zeitlich zu strecken. Für Merkel und die EU-Kommission würde also auch er kein leichter Gesprächspartner werden.

Noch schwieriger würde es jedoch mit dem Linken Tsipras. Er hat angekündigt, die Vereinbarung mit der EU auszusetzen und den Schuldendienst umgehend einzustellen. Ist das nur eine Drohung? Oder würde er als neuer Premier den (Wahlkampf)worten Taten folgen lassen? Und wie wird es sein, wenn ND und Linke zusammen regieren sollten? Auf Deutschland gewendet wäre das so, als ob die Linkspartei mit der CDU koalierte.

19:14 Der Präsident des Europäischen Parlaments ruft zur Gelassenheit auf: „Wer immer am Ende die neue Regierung führen wird – wir sollten nicht in Panik verfallen, Ratschläge erteilen oder mürrisch schmollen“, sagt Martin Schulz. „Wir müssen den Griechen mit einem Pakt für Beschäftigung und Wachstum sowie etwas mehr Zeit helfen, wieder auf die Füße zu kommen.“ (tis)

19:05 Der Filmemacher Yannis Koutsomitis weist auf Twitter darauf hin, dass die Rechtsextremen bei den jungen Wählern drittstärkste Kraft sind:

Gleich gibt es offenbar bessere Zahlen – die Begründung liefert BBC-Korrespondent Matthew Price:

18:50 Megan Greene aus dem Ökonomenteam von Nouriel Roubini äußert sich auf Twitter dazu, wie die Märkte das Ergebnis aufnehmen könnten:

Eine Einschätzung, die auch mein Kollege Marcus Gatzke aus der Wirtschaftsredaktion teilt:

Egal welche Partei endlich die Regierung anführen wird: Europa muss mit Griechenland über das Spar- und Reformprogramm neu verhandeln, wenn das Land den Euro behalten soll.

18:34 Gibt es nun eine Chance auf stabile politische Verhältnisse in Griechenland? Eine weitere Einschätzung aus unserer Politikredaktion:

Die ersten Prognosen unterscheiden sich leicht, manche sehen ND knapp vorn. Aber im Grundsatz ändert das nichts: Der Abstand ist so knapp, dass die Konservativen selbst mit dem Extrabonus von 50 Sitzen die absolute Mehrheit von 151 Sitzen verpassen dürften. Dann wären sie auf einen Koalitionspartner angewiesen und hätten die Wahl: entweder wieder Pasok, also ein Bündnis der beiden alten Parteien, die das Land an den Abgrund gebracht haben. Oder eine Koalition mit dem Linksbündnis, dem eigentlichen Sieger dieser Wahl wie schon der im Mai.

Um richtig zu verstehen, was das Ergebnis der zweiten Neuwahl in Griechenland innerhalb von sechs Wochen bedeutet, muss man sich noch einmal das Resultat der letzten regulären Wahl 2009 vor Augen führen. Damals gewann Pasok mit 43,9 Prozent die absolute Mehrheit – jetzt liegen die Sozialisten bei elf Prozent! Nea Dimokratia bekam damals 33,5 Prozent, im Mai 18,9 Prozent, jetzt etwa 30 Prozent. Die Konservativen haben also fast wieder ihre alte Stärke erreicht. Das Linksbündnis dagegen hat sein Ergebnis seit 2009 mehr als versechstfacht: von 4,6 Prozent auf jetzt etwa 28 Prozent.

18:27 Der Standard hat in seinem Newsblog berechnet, dass es nach den Prognosen für eine Koalition aus Nea Dimokratia und Pasok reichen würde. Voraussetzung sei, dass ND stärkste Kraft werde und damit den 50-Sitze-Bonus erhalte. (rav)

18:23 Der BBC-Korrespondent Matthew Price sendet diesen Tweet aus Athen:

18:12 Erste Einschätzung von Ludwig Greven aus der Politikredaktion:

Nach dieser knappen Prognose bleibt es hochspannend. Entscheidend wird sein, wer am Ende die stärkste Kraft wird. Die stärkste Partei bekommt nach dem griechische Wahlrecht nicht nur einen Bonus von 50 zusätzlichen Sitzen im Parlament, sondern wird auch mit der Regierungsbildung beauftragt.

Derzeit sieht es so aus, als ob wohl keiner von beiden ohne den anderen eine Regierung bilden können. Die sozialistische Pasok, die 2009 noch die Wahl gewonnen hatte und mit der ND bis zum Wahl im Mai die Übergangsregierung unter Loukas Papademos anführte, spielt fast keine Rolle mehr. Nach der Mai-Wahl hatte es Tsipras noch abgelehnt, sich an einer Koalition mit ND und Pasok zu beteiligen. Nun wird ihm kaum etwas anderes übrig bleiben. Denn auch er dürfte ahnen: Eine weitere Wahl ist den Griechen nicht zuzumuten. Dann könnte selbst sein Stern als neuer „linker Held“ rasch verblassen. Aber natürlich möchte er gerne die Regierung als Ministerpräsident anführen.

Eine Einigung könnte diesmal auch deshalb leichter werden, weil inzwischen ND und Pasok ebenfalls Nachverhandlungen mit der EU verlangen und weil Tsipras im Wahlkampf betont hat, dass auch seine Partei im Prinzip am Euro festhalten will.

18:07 Jetzt auch über Reuters: Syriza bei 27 bis 30 Prozent. Nea Dimokratia bei 27,5 bis 30,5 Prozent der Stimmen. Keine klare Mehrheit für eines der Lager.

18:03 Kathimerini twittert die ersten Prognosen:

17:57 Noch wenige Minuten bis zu den ersten Prognosen. Die Journalistin Amalia Negreponti twittert vom Strand in Athen:

17:47 Griechenlands ehemaliger Regierungschef George Papandreou hat einen Austritt aus der Euro-Zone als „große Katastrophe“ bezeichnet. Das würde einen Ansturm auf die Banken, hohe Inflation, Lohnkürzungen und Wachstumsabfall zur Folge haben. „Der Euro hält uns stabil“, sagte Papandreou der BBC. (tis)

17:39 Auch die Kollegen von den englischsprachigen Athen News bloggen und zitieren die heutigen Statements der beiden Kandidaten.

Samaras: The Greek people get a chance to speak today. Tomorrow, a new day dawns for Greece.

Tsipras: Today we open up a new avenue for hope, for a better tomorrow, with our people united, dignified and proud, in a country that is socially just and capable, an equal partner in a changing continent. We are optimistic. The future belongs to those that bring hope with them. We shall win.

Wer das Rennen macht? Der Blog Blicklog hat die Wetten im Netz analysiert und kommt zu dem Schluss: Samaras wird’s.

Der Mann, vor dem sich Europa fürchtet: Alexis Tsipras

17:31 Die Guardian-Korrespondentin Helena Smith zitiert aus einer inoffiziellen Umfrage der griechischen Sozialisten Pasok. Demnach erhielten Nea Dimokratia 29 Prozent, Syriza 27 Prozent und Pasok zwölf Prozent. (rav)

17:30 Die spannendste Frage heute: Liegt am Ende die konservative Partei Neo Dimokratia von Samaras vorne oder das linksradikale Parteienbündnis Syriza von Alexis Tsipras, die sich im Wahlkampf ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten. Denn die stärkste Partei bekommt nach dem griechischen Wahlrecht nicht nur einen Bonus von 50 zusätzlichen Sitzen im 300 Abgeordneten umfassenden Parlament. Der Wahlsieger erhält nach der Verfassung auch vom Staatspräsidenten als erstes den Auftrag, eine Regierung zu bilden. Erst wenn er scheitert, geht der Auftrag an den Vorsitzenden der zweitstärksten Partei, und so weiter. (lu)

17:19 Ferry Batzoglou, unser Autor in Athen, berichtet von einem Zwischenfall bei den Wahlen:

In dem rund um die Uhr bewachten Hof des privaten Athener Fernsehsenders Skai sind zwei Handgranaten gefunden worden. Skai TV gilt in Griechenland als Sprachrohr der Sparprogramm-Befürworter.

Die griechische Zeitung Ekathimerini berichtet in ihrer englischsprachigen Ausgabe von dem Vorfall und zeigt auch ein Bild. Batzoglou schreibt weiter aus Athen:

Ein 22-Jähriger gibt am Morgen vor dem Wahlzentrum in Lagana auf der westgriechischen Insel Zakynthos mit einem Jagdgewehr zwei Schüsse in die Luft ab und flüchtet. Die Wahl wird kurz danach fortgesetzt.

17:10 Wird Griechenland nach diesem Wahlabend aus dem Euro austreten? Während wir auf die ersten Prognosen warten, schreibt Ludwig Greven aus unserer Politikredaktion:

Griechenland hätte niemals den Euro bekommen dürfen, sagen heute viele. Das stimmt. Denn als das Land im Jahr 2000 in die Eurozone aufgenommen wurde, erfüllte es die Bedingungen nicht. Die Verschuldung lag weit über der zulässigen Grenze, die von Athen gemeldeten Zahlen waren schlicht falsch. Doch die Staats- und Regierungschefs der EU, darunter Kanzler Gerhard Schröder, wollten die Wiege der Demokratie unbedingt dabei haben, um das Land wirtschaftlich und politisch zu stabileren.

Und das aus gutem Grund. Schließlich endete erst 1974, also vor knapp 40 Jahren, die Militärdiktatur in Athen. Erst 1821 entstand überhaupt das neuzeitliche Griechenland, nach einem Aufstand gegen die jahrhundertlange Herrschaft des Osmanischen Reiches. Danach wurde es lange von einem von Deutschland und den übrigen Westmächten zwangsweise eingesetzten bayerischen König regiert und im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen brutal besetzt. Das ist in Griechenland bis heute nicht vergessen und spiegelt sich etwa in Zeitungskarikaturen wieder, in denen Merkel als europäische Diktatorin im Nazi-Gewand dargestellt wird.

17:02 „Did you know?“ EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso erinnert die Griechen via Twitter noch einmal daran, wie sehr sie auf Hilfe aus Europa angewiesen sind:

In einer Stunde schließen die Wahlllokale.

16:57 Auch die Kollegen vom Guardian und vom Standard bloggen zur Wahl. (pfa)

16:44 Wer die Ergebnisse später im Original nachlesen will – die griechischen Behörden streamen die Resultate live hier. (pfa)

16:40 Ein paar Basisfakten: 21 Parteien stehen zur Wahl, 300 Abgeordnete werden gewählt. Auf Wikipedia gibt es eine übersichtliche Liste der Parteien. Übrigens treten auch in Griechenland die Piraten an, sie heißen dort Komma Piraton Elladas. Der amerikanische Finanzblog Zero Edge hat einen Zeitplan veröffentlicht, wann in Brüssel, London und New York mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist. Die ersten Prognosen erwarten wir gegen 18 Uhr, die ersten Hochrechnungen um 19.30 Uhr. Relativ verlässlich werden die Daten ab 20.30 Uhr. (pfa)

Szene in einem Wahllokal in Athen

16:35 Eine kompakte, gute Anleitung zur Griechenland-Wahl hat die Kollegin Matina Stevis vom Wall Street Journal geschrieben. Sie twittert auch aus Athen.

16:30 Stratos Safioleas ‏twittert aus Athen Nützliches über den Ablauf des Abends:

16:25 Noch dramatischer wäre ein politischer Patt. Sollte es heute wieder kein klares Wahlergebnis geben, könnte Griechenland ein „failing state“ werden. Ein Land, in dem nichts mehr funktioniert, in dem Wirtschaft und Staat zumindest fürs Erste praktisch nicht mehr existieren. In den letzten Tagen gab es hierfür Anzeichen: Die Griechen hoben in großer Zahl ihr Geld von den Banken ab und schafften es ins Ausland. Die Verantwortlichen in Brüssel und beim Internationalen Währungsfonds (IWF) fürchten einen Sturm auf die Banken am Montagmorgen – womöglich auch in anderen Euro-Krisenländern wie Portugal und Spanien. Die Institute wären auf einen Schlag zahlungsunfähig; die Geldversorgung der Bürger, der Geschäfte, für Löhne, Gehälter, Renten, Sozialleistungen käme zum Erliegen. (lg)

16:20 Rund zehn Millionen Griechen sind heute zur Wahl aufgerufen – nur zwei Prozent der gesamten EU-Bevölkerung. Und doch hat die Abstimmung erhebliche Auswirkungen auf ganz Europa. Die letzten Umfragen sehen die konservative Nea Dimokratia und linksradikale Syriza nahezu gleichauf. Gewinnen die Konservativen, will Parteichef Antonis Samaras zwar an den Sparvereinbarungen mit Europa festhalten. Er fordert aber eine Lockerung der Auflagen und mehr Zeit für die Haushaltssanierung. Gewinnt der Radikallinke Alexis Tsipras, stehen Europa schwierige Monate bevor: Tsipras will den Sparpakt einseitig aufkündigen, den Schuldendienst einstellen und die meisten Strukturreformen zurückdrehen. Das würde eine heftige Debatte in Europa (vor allem mit Deutschland) auslösen: Darüber, ob das Land im Euro verbleibt und wenn ja: unter welchen Konditionen. (pfa)