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Die Wahl des Bundespräsidenten

Von Katharina Schuler (ks), Michael Schlieben (ms) und Markus Horeld (mh)

21.39 Uhr: Liebe Leser, damit beenden wir dieses Live-Blog. Das Ergebnis aller drei Wahlgänge finden sie hier. Fassen wir diesen ereignisreichen Tag in einem Satz zusammen: Die schwarz-gelbe Koalition hat sich gerade noch einmal gerettet. Doch eines ist sicher: Spurlos wird das an ihr, wird das an Angela Merkel nicht vorüber gehen. (mh)

21.29 Uhr: Wulff dankt für das „entgegengebrachte Vertrauen“. Die Wahlmänner und -frauen von der Linken lachen höhnisch auf. So viel Vertrauen in der Koalition zum Kandidaten oder untereinander war da heute nun nicht zu spüren. Dann dankt Wulff Gauck für den Wahlkampf. Nun klatschen alle. Gauck ist immer noch gerührt. (ms)

21.28 Uhr: Der gewählte Bundespräsident scherzt in seiner ersten kurzen Ansprache: Um Ministerpräsident in Niedersachsen zu werden, habe er neun Jahre gebraucht. Demgegenüber sei es ja heute richtig schnell gegangen. (mh)

21.27 Uhr: Der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber twittert: „90% der Linken enthalten sich nach Rückzug eigener Kandidatin. Wie blöd kann man eigentlich sein?“ So denken viele Sozialdemokraten und Grüne. (mh)

21.24 Uhr: Wulff nimmt die Wahl zum Bundespräsidenten an. (mh)

21.22 Uhr: Christian Wulff tritt als niedersächsischer Ministerpräsident zurück, das muss er, bevor er die Wahl annehmen kann. Damit ist Jörg Bode für etwas mehr als eine Nacht Ministerpräsident in Hannover, morgen soll David McAllister zum Nachfolger gewählt werden. (mh)

21.19 Uhr: Lang anhaltender Applaus nun für Christian Wulff. Der strahlt übers ganze Gesicht, und die meisten Schwarz-Gelben tun es auch. Eine neun Stunden lange Zitterpartie ist für sie vorüber. Merkel umarmt Wulff als erste, dann gratuliert Seehofer. Westerwelle steht schon an. Dann schütteln sich die beiden Kandidaten die Häende. (mh/ms)

21.17 Uhr: Joachim Gauck kämpft mit den Tränen, die rot-grünen Delegierten haben ihm lange applaudiert, als das Ergebnis bekannt wurde. Erneut hat er deutlich mehr Stimmen geholt als Rot-Grün Wahlleute hat. (mh)

21.14 Uhr: Norbert Lammert verkündet das Wahlergebnis: 121 Enthaltungen, 494 Stimmen für Gauck (4 mehr als im zweiten Wahlgang), 625 für Wulff (plus 10). Der Niedersachse ist damit der neue gewählte Bundespräsident. Sogar mit absoluter Mehrheit, obwohl das in diesem Wahlgang keine Rolle spielt. (mh)

21.04 Uhr: Wulff hat das Rennen wohl gemacht. Das verkünden Nachrichtenagenturen unter Berufung auf „Kreise“ und auch dieser SPDler kann (nur) so verstanden werden (mh)

21 Uhr: Demnächst müsste das Ergebnis verkündet werden. Derweil sehen sich manche der twitternden Wahlleute mit einem neuen Problem konfrontiert: Handy-Akku alle. Drei Wahlgänge fordern ihren Tribut. (mh)

20.26 Uhr: Mittlerweile scheinen alle Wahlmänner und -frauen abgestimmt zu haben. Lammert schließt den Wahlgang. Jetzt wird gezählt. Bis 21 Uhr will man damit fertig sein. (mh)

20 Uhr: Am Büfett fließt das Pils, Weißweingläser stoßen aneinander. Die Zungen der Wahlmänner und -frauen werden lockerer. Ein Christdemokrat sagt, dass das Groß der Abweichler wohl zu Recht bei seiner CDU vermutet wird. Er kennt den Unmut an der Basis und unter den Kollegen, sagt er. Dabei ist die Auszählung noch im vollen Gange. Alle gehen davon aus, dass es Wulff diesmal schaffen wird. (ms)

19.38 Uhr: Bundestagspräsident Lammert hat übrigens das Büfett eröffnet. Mitten im dritten Wahlgang. Das, sagt er, sei ein einmaliger Vorgang und er hoffe nicht, dass die Delegierten darüber ihre Pflicht vernachlässigten. Ihre Stimme abzugeben, nämlich. Die Begeisterung bei den Wahlleuten hält sich in Grenzen, zumindest bei den twitternden: „… das Essen ist freigegeben. Nach 5h des Warmhaltens. Ich denke, ich verzichte„, schreibt der FDPler Björn Sänger. (mh)

19.33 Uhr: Volker Beck von den Grünen ätzt via Twitter weiter: „Wer sich enthaelt, waehlt Wulff, liebe Linke!“ (mh)

19.31 Uhr: Der dritte Wahlgang beginnt. Das gab es in der bundesdeutschen Geschichte erst zwei Mal: 1994 bei der Wahl Roman Herzogs und 1969, als Gustav Heinemann gewählt wurde. Die Wahlmänner und -frauen zücken erleichtert ihre dritte Wahl-Karte. Die ist diesmal grün, wie die Hoffnung. (mh/ms)

19.24 Uhr: Die Stimmung zwischen Rot-Grün und Linken ist denkbar mies. Es gibt Wortgefechte, lautstarke Vorwürfe. SPD und Grüne sind sauer, dass die Linke sich nun nicht klar für Gauck ausspricht. Die Linke ärgert sich, dass sie nun einen Kandidaten unterstützen soll, den sie gar nicht mit ausgesucht hat. Die Gräben zwischen beiden Seiten sind tief. (mh)

19.15 Uhr: Gysi gibt eine Erklärung ab: Luc Jochimsen wird im dritten Wahlgang nicht mehr antreten. Aber er sagt auch: „Keiner der beiden konservativen Kandidaten ist für uns wählbar.“ Deshalb gehe er davon aus, dass sich die meisten linken Wahlleute enthalten werden. Weiter kommt er nicht. Werner Schulz, der grüne Bürgerrechtler, der sich zwischen die Kameraleute gemischt hat, unterbricht ihn. „Gregor“, ruft er, ihr müsst „über euren SED-Schatten springen“. Gysi giftet zurück: SPD und Grüne seien nicht einmal in der Lage gewesen, mit der Linken zu reden. (ms)

19.04 Uhr: Es könnte auf eine kollektive Enthaltung der Linken-Delegierten hinauslaufen, erfährt ZEIT ONLINE aus Fraktionskreisen. Die Sitzung ist nun bis 19.30 Uhr unterbrochen. (ms)

19.02 Uhr: AFP meldet unter Berufung auf Fraktionskreise: Die Linke zieht Jochimsen zurück. Noch keine Bestätigung. (mh)

18.51 Uhr: Die Union legt die Latte für den dritten Wahlgang jetzt sehr hoch: Es wird die Devise ausgegeben, nun müsse eben im dritten Anlauf die absolute Mehrheit erreicht werden. Dann, so die Hoffnung, könne der bisher entstandene Schaden, wieder gutgemacht werden. Die beste Rede vor den Delegierten soll nach dem verpatzten zweiten Wahlgang  Roland Koch gehalten haben. Er habe die Wahlleute mitgerissen, heißt es. CSU-Mann Thomas Goppel spricht gar von einer „traumhaften Rede“. Man könne nicht einen Kandidaten wählen, der darüber hinwegsehe, dass er nur mit den Stimmen der Linken gewinnen könne, soll Koch gemahnt haben. Wer sich danach noch nicht neu orientiert habe, dem sei nicht mehr beizukommen, pflichtet CSU-Kollege Michelbach bei. Auch Merkel hat noch einmal versucht, die Delegierten hinter dem schwarz-gelben Kandidaten zu versammeln. Sie habe den Teilnehmern das Signal gegeben „wir haben verstanden“. Ein Teilnehmer sagt: Nach dem ersten Wahlgang seien Merkel und Seehofer emotional von der Rolle gewesen. Jetzt hätten sie sich wieder gefangen. Wäre sie gleich so aufgetreten, hätte man möglicherweise keinen dritten Wahlgang gebraucht. (ks)

18.50 Uhr: ZEIT ONLINE erfährt aus Linken-Fraktionskreisen: Eine Empfehlung für Gauck wird es nicht geben. Nach wie diskutiert die Fraktion darüber, ob Jochimsen zurückgezogen werden soll oder nicht. (ms)

18.48 Uhr: Das Strategietreffen des rot-rot-grünen Spitzenpersonals war offenbar wenig erfolgreich. Claudia Roth sagt, man habe lange auf die Linke „eingeredet“. Aus der Linken-Fraktion hört man: „Wir diskutieren noch.“ Das kann erfahrungsgemäß dauern. Der dritte Wahlgang wurde jedenfalls erstmal auf 19 Uhr verschoben. (ms)

18.31 Uhr: Alle warten auf die Linke. Zieht man Jochimsen zurück? Wen wählen sie im dritten Wahlgang. Selbst einzelne Christdemokraten streifen jetzt vor den linken Fraktionsräumen herum (ms).

18.22 Uhr: Eigentlich war eine einstündige Pause angesetzt. Doch wenn die Fraktionen länger brauchen, kann es dauern, bis der dritte Wahlgang beginnt. Während viele Schwarz-Gelben schon lange wieder im Plenum zurück sind, gibt es bei SPD, Grüne und Linken noch Redebedarf. Bärbel Höhn fragt via Twitter: „Mal sehen, ob die Linke springt.“ (mh)

18.05 Uhr: Die Kellner im Reichstag ärgern sich: Das Büfett im Reichstag wird nun zum zweiten Mal abgebaut. Den Gästen knurrt der Magen. Auch die Reporter von ZEIT ONLINE haben seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. (ms)

18.03 Uhr: Interpretationsschlacht bei der FDP. Der Hessen-Rebell Hahn sagt: „Keiner kann zufrieden sein“. Er deutet das Ergebnis als Quittung für die Bundesregierung. „Wir wissen alle wie die Stimmung ist“, sagt er mit drohendem Unterton. Neben ihm steht FDP-Generalsekretär Lindner und versucht fast simultan die Hahn-Argumente zu entkräften: „Die Koalition ist nicht instabil“, sagt er. In einem Jahr werde man auf das heutige Datum schauen, und sich über den jungen Präsidenten Wulff freuen. Den zähen Nachmittag aber vergessen haben. „Gott sei Dank gibt es keinen vierten Wahlgang“, sagt Lindner. (ms)

18.01 Uhr: Hans Michelbach von der CSU sagt: Jetzt sei Führung gefragt. Würde Gauck gewählt, wäre das ein Desaster für die Koalition. (ks)

17.57 Uhr: Ein Unionsmann ist furchtbar empört: Er will gehört haben, dass die Linke Klaus Töpfer als gemeinsamen rot-rot-grünen Kandidaten ins Spiel gebracht hat! Ein Gerücht bloß. Dennoch wird es zornig kommentiert. (ks)

17.55 Uhr: Wenige Meter von der Linken entfernt tagt die SPD. Kurt Beck schimpft über das linke Angebot, Gauck zugunsten eines gemeinsamen Kandidaten zurückzuziehen: Das sei eine „Charakterlosigkeit, so etwas überhaupt vorzuschlagen.“ (ms)

17. 50 Uhr: Nun ist eingetreten, was die Linke gern vermieden hätte: Es gibt einen dritten Wahlgang – und die Partei muss sich entscheiden, was sie macht: An der eigenen Kandidatin festhalten und damit indirekt Wulff ins Amt verhelfen oder Gauck wählen. Gregor Gysi hatte gestern schon mal angekündigt, dass die Beratungen bei den Linken in diesem Fall sich bis in den späten Abend hinziehen könnten. Jetzt jedenfalls will Gysi nichts sagen. Erst nach der Fraktionssitzung. Dietmar Bartsch sagt: Man müsse sich beraten. Es gebe permanent Kontakt zu Rot-Grün. Ein Partei-Stratege weist darauf hin, dass Gauck selbst in der Addition mit den Linken Stimmen keine Mehrheit mehr hätte. Die Frage also reichlich hypothetisch sei, ob die Linke den schwarz-gelben Kandidaten stütze. (ms)

17.41 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen ist gefasster als nach dem ersten Wahlgang. Er erkenne im neuen Wahlergebnis einen „Trend weg von Gauck hin zu Wulff“ sagt er. Und auch Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung sagt: „Es geht aufwärts.“ So kann man es auch sehen. (ks)

17.25 Uhr: Bemerkenswert auch bei diesem Wahlgang: Wulff erhielt wieder deutlich weniger Stimmen als Schwarz-Gelb Delegierte hat, nämlich genau 29. Für Gauck dagegen stimmten 30 Wahlleute mehr als es Stimmen im rot-grünen Lager gibt (zwei SPD-Abgeordnete fehlen) (mh)

17.20 Uhr: Schon ein paar Minuten vor der offiziellen Verkündung hatte sich das Wahlergebnis in Windeseile im Reichstag verbreitet. Die Enttäuschung bei Schwarz-Gelb ist groß, Wulff lächelt tapfer. Er kennt das ja, drei Anläufe zu brauchen. So war das in Niedersachsen auch schon. (ms)

17.06 Uhr: Das Ergebnis im einzelnen: 615 Stimmen für Wulff (+15), 490 für Gauck (-9), 123 für Jochimsen (-3). In Klammern die Veränderungen im Vergleich zum ersten Wahlgang. Der von der NPD aufgestellte rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke hat wie im ersten Wahlgang die drei Stimmen der NPD-Delegierten bekommen. (mh)

17.02 Uhr: Der Plenarsaal füllt sich wieder. Auch diesmal wieder: ernste Gesichter bei Merkel, Westerwelle und Seehofer. Das sieht nach einem dritten Wahlgang aus. Gleich gibt’s das Ergebnis. (mh)

16.57 Uhr: Linken-Chef Klaus Ernst antwortet Co-Chefin Lötzsch via ARD-Interview: „Einen dritten Kandidaten – den wird’s von uns nicht geben“, sagt er. Solche Spekulationen seien Unfug. Lötzsch hatte die Möglichkeit eines neuen Kandidaten ins Spiel gebracht, den Linke, SPD und Grüne gemeinsam aufstellen könnten. (mh)

16.55 Uhr: Bald wird das nächste Ergebnis verkündet. Aus der Union hört man, kaum jemand rechne damit, dass es diesmal klappt. Zu ernüchternd war der erste Wahlgang. Sie hoffen, dass sich die 44 schwarz-gelben Wahlmänner diesmal umentschieden haben, aber daran geglaubt wird nicht recht. Spannend wird sein, ob Wulff diesmal wenigstens mehr oder gar noch weniger Stimmen erhalten wird. (ms)

16.52 Uhr: Die Linke will pokern. Ihre Parteichefin bietet Rot-Grün an, gemeinsam einen Präsidenten zu wählen. Wenn sie Gauck zurückziehen. Renate Künast sagt dazu immerhin: „Das müssen wir in Ruhe bereden.“ Cem Özdemir dagegen führt ein aufgeregtes Telefonat nach dem anderen. Hinter vorgehaltener Hand sagen Rote und Grüne, das sei ein „Ablenkungsmanöver“ der Linken. Bei einem möglichen dritten Wahlgang müssten sie sich gleich entscheiden, wen sie wählen. Und diese Entscheidung fürchten sie. Man kann sich sicher sein: SPD und Grüne werden Gauck bestimmt nicht zurückziehen. (ms)

16.47 Uhr: FDP-Fraktionsvize Jürgen Koppelin sagt: Es habe innerhalb der Koalition erhebliche Fehler beim Management gegeben. Deutliche Kritik an den Parteichefs.

16.43 Uhr: Stoiber warnt die Abweichler in den eigenen Reihen: Sollte es im zweiten Wahlgang wieder nicht für Wulff reichen, trage das nicht gerade zum Ansehen der Koalition in der Öffentlichkeit bei. Und weiter: Es stehe mehr auf dem Spiel als nur die Wahl des Bundespräsidenten. (mh)

16.23 Uhr: Jetzt wird wieder gezählt. (mh)

16.13 Uhr: Linken-Chefin Gesine Lötzsch macht auf Phoenix einen überraschenden Vorschlag: Rot-Grün und die Linke könnten doch vor einem möglichen dritten Wahlgang einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen. Ein vergiftetes Angebot. Denn es heißt nichts anderes, als dass Rot-Grün Gauck zurückziehen müsste. Und dann würden natürlich auch alle Gauck-Wähler im schwarz-gelben Lager flugs zu Wulff wechseln. (mh)

16.09 Uhr: Apropos Essen: Alex Bonde von den Grünen, macht sich darüber lustig, dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus „für 15:30h zum Buffet in die BaWü-Landesvertretung eingeladen“ hatte. (mh)

16.03 Uhr: … und hier hat jemand Hunger. (mh)

15.56 Uhr: Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak hat offenbar gerade Besuch von Gauck-Anhängern bekommen. „Wird mehr oder weniger freundlich agitiert…“, twittert sie gerade. (mh)

15.50 Uhr: Während der zweite Wahlgang läuft, ist Zeit, nochmal auf die Zusammensetzung der Bundesversammlung zu schauen. 623 Stimmen braucht ein Kandidat auch im zweiten Wahlgang, um gewählt zu sein. Die SPD verfügt krankheitsbedingt über zwei Stimmen weniger als in der Grafik angegeben:

Die Bundesversammlung

15.42 Uhr: Die Linke ist glücklich. Zwei Stimmen mehr als Wahlleute! Zwei mehr als man gedacht hätte. Zurückziehen will man Luc Jochimsen nicht, vielleicht noch nicht mal in einem möglichen dritten Wahlgang. Jetzt, im zweiten, sucht der Grünen-Chef Cem Özdemir auffallend das Gespräch mit Linken-Chef Ernst. (ms)

15.34 Uhr: Die CSU-Spitzen halten im Verborgenen Kriegsrat. Edmund Stoiber schwingt das große Wort: „Das ist eine Schmach“, hört man. Ein paar Landesminister nicken. Ein wenig scheint es so: Die, die es gut mit der Koalition meinen, bagatellisieren das Ergebnis des ersten Wahlgangs. Andere sagen dazu Schimpf, Schmach und Schande. (ms)

15.26 Uhr: Aus der Union vernimmt man eine gewisse Unruhe. Eine Christdemokratin fürchtet, dass die Stimmung im zweiten Wahlgang nun vollends kippen könnte. Wenn das Tor zu Gauck nun schon mal auf ist… Andere sagen, das Ergebnis würde alle nun hoffentlich disziplinieren. Einige hätten ihr Mütchen gekühlt und kämen nun wieder zur Staatsräson. (ms)

15.17 Uhr: Der zweite Wahlgang hat begonnen. (mh)

15.07 Uhr: Die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner twittert: „Unsere Wahlfrau Hamm-Brücher will mit den Linken reden – beeindruckende Frau mit ihren fast 90 Jahren!“ (mh)

15.10 Uhr: Die FDP-Fraktionssitzung dauert nicht länger als zehn Minuten. Kurze Ansprache von Guido Westerwelle: Habt ihr mir was zu sagen, fragt er, laut Teilnehmern. „Gibt es Aussprachebedarf?“ Drei Liberale hatten angekündigt, Gauck zu wählen. Wenn nun weitere Wulff die Stimmen verweigert haben, wäre das nun der Zeitpunkt es zu sagen. Keiner meldet sich, keine Aussprache. (ms)

15.04 Uhr: In der Fraktionssitzung der Unionsdelegierten warnt Merkel vor Schuldzuweisungen. Sie verspricht: Man werde aufarbeiten, was da schief gelaufen sei. Und sie appelliert an die schwarz-gelben Wahlleute: Es gebe die „Freiheit zur Verantwortung, aber nicht die Freiheit von der Verantwortung“. (ks)

15.02 Uhr: In der Union rechnet man nun mit einem dritten Wahlgang. Zur Begründung heißt es: Diejenigen, die im ersten Wahlgang Gauck wählten, würden das im zweiten wohl wieder tun. Alles andere sei doch unlogisch. (ks)

14.59 Uhr: Ein Foto aus der Grünen-Fraktion. Gauck ist gerade da. (mh)

14.52 Uhr: Die Linke kündigt an, im zweiten Wahlgang (der um 15.15 Uhr beginnen soll) nicht auf den rot-grünen Kandidaten umzuschwenken. Parteichefin Gesine Lötzsch sagt: Alle Belehrungen der SPD, die Linke müsse Gauck nun unterstützen, seien „ein bisschen fehlgeleitet“. (mh)

14.48 Uhr: Die Wahlleute der Koalitionsfraktionen sind entweder ehrlich entsetzt oder versuchen, Ruhe zu bewahren. Man habe von Anfang an gesagt, dass man mit einem zweiten Wahlgang rechne, sagt Christian Lindner, der FDP-General. Ihn überrasche das Ergebnis „nicht sehr“. Andere sind offen fassungslos, Christine Lieberknecht etwa, die CDU-Ministerpräsidentin aus Thüringen: „Wir müssen jetzt reden“, sagt sie nur, als sie den Fraktionssaal betritt. Ein christdemokratischer Wahlmann in ihrer Nähe ruft laut: „Jetzt steht alles auf Messers Schneide“. (ms)

14.45 Uhr: Es beginnen die gegenseitigen Schuldzuweisungen und Verdächtigungen. Wolfgang Kubicki von der FDP sagt, er könne mit Sicherheit ausschließen, dass die 44 Abweichler von der FDP kämen. Vier hätten sich angekündigt, viel mehr seien es bestimmt nicht gewesen. Andere Liberale deuten an, dass sie CSU-Abgeordnete im Verdacht haben. Georg Schmid, der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, weist diesen Vorwurf weit von sich. Er sagt zu ZEIT ONLINE: „Ich kann meine Hand für ganz Bayern ins Feuer legen. Wir haben alle Wulff gewählt.“ (ms)

14.42 Uhr: Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) gibt sich zuversichtlich, dass Wulff noch zum Bundespräsidenten gewählt wird. Bei der FDP habe im ersten Wahlgang niemand außer den angekündigten Abweichlern für Gauck, gestimmt, sagt er. Und weiter „Es war eigentlich relativ klar, dass der eine oder andere noch alte Rechnungen begleichen würde.“

Und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagt: „Das ist überhaupt keine Klatsche.

Wolfgang Bosbach von der Union versucht es mit einer vorsichtigen Warnung: Er hoffe, dass jeder bei Union und FDP wisse, „was auf dem Spiel steht“. Die Koalition müsse jetzt zeigen, dass sie zusammenstehe. (mh)

14.40 Uhr: Karl-Josef Laumann, derzeit noch Gesundheitsminister in NRW, macht dagegen nicht viele Worte. „Ich bin geschockt“, sagt der CDU-Politiker. (ks)

14.37 Uhr: Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion versucht dagegen, das Ergebnis schön zu reden: Wulff habe ja immerhin einen Vorsprung von mehr als 100 Stimmen, das mache Mut für den zweiten Wahlgang. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich tut es ihm nach: Ein zweiter Wahlgang sei „überhaupt kein Problem“. (ks)

14.34 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist betroffen: „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass man so unklug wählen kann.“ Gestern Abend und heute früh habe er noch einen anderen Eindruck gehabt. (ks)

14.29 Uhr: Dass Wulff derart abgewatscht wird, hätte wohl niemand gedacht. Auch die twitternden Bundestagsabgeordneten nicht. Dort liest man jetzt: Jubel, Erstaunen, Fassungslosigkeit. (mh)

14.19 Uhr: Für Gauck haben 499 Wahlmänner und -frauen gestimmt, 37 mehr als Rot-Grün Stimmen hat (beziehungsweise sogar 39, denn zwei SPD-Abgeordnete fehlen ja krankheitsbedingt). Für die Kandidatin der Linken, Luc Jochimsen, haben 126 Wahlleute gestimmt. Dabei haben sie nur 124 Delegierte in der Bundesversammlung. Bundestagspräsident Lammert hat die Sitzung unterbrochen. (mh)

14.15 Uhr: Es wird einen zweiten Wahlgang geben, Wulff ist im ersten Wahlgang durchgefallen. Der schwarz-gelbe Kandidat hat nur 600 Stimmen bekommen, das sind 44 weniger als die Koalition Stimmen in der Bundesversammlung hat! 23 unter der absoluten Mehrheit. Das ist heftig. (mh)

14.12 Uhr: Der FDP-Chef ist unruhig. Westerwelle wartet auf zwei Frauen. Die erste ist Birgit Homburger, sie hat einen Zettel in der Hand, auf dem das Ergebnis des ersten Wahlgangs steht. Gleich wird es der Bundestagspräsident allen verkünden. Homburger ist offensichtlich baff und wütend. Westerwelle weiß nicht, was er sagen soll. Dann kommt die zweite Frau. Sie ist die ruhigste in der Runde. Angela Merkel schaut auf den Zetttel in Homburgers Hand. Sie murmelt zwei, drei Sätze, deutet ein Schulterzucken an und verschwindet durch die Hintertür. Westerwelle und Homburger sehen sich an: „Komm wir gehen mal rein“, sagt Westerwelle. (ms)

14.09 Uhr: Langsam füllt sich der Plenarsaal wieder. Bald dürfte das Ergebnis des ersten Wahlganges bekannt gegeben werden. Christian Wulff ist nicht da. Er erwartet das Ergebnis in einem anderen Raum des Bundestages. (ks)

14.04 Uhr: Sommermärchen-Regisseur Sönke Wortmann ist Wahlmann für die Grünen. Braungebrannt und mit halb offenem Hemd erklärt er, was ihm an Gauck gefällt: „Ja, so insgesamt halt…“ Und fügt hinzu: Auch mit einem Bundespräsidenten Wulff könne er leben. (ks)

13.58 Uhr: Swen Schulz von der SPD macht sich wichtig. Auf Twitter schreibt er: „Ich kenne das Ergebnis der Präsdentenwahl – aber ich würde es natürlich nie vorher verraten!

13.55 Uhr: Hildegard Hamm-Brücher gilt als Grand Dame des deutschen Liberalismus. Heute hat sie einen großen Liberalen gewählt, allerdings nicht zusammen mit ihrer Ex-Partei, der FDP, die sie 2002 verließ, sondern als Wahlfrau der Grünen. Als sie in der Lobby an einem jungen FDPler vorbeikommt, den sie kennt und schätzt, sagt die 89-Jährige: „Seht zu, dass ihr euch wieder berappelt“. Der junge Liberale schaut reumütig und sagt artig: „Machen wir, Frau Hamm-Brücher.“ Dass sie heute für die Grünen antritt erklärt sie so:Man habe sie gefragt und dabei ihre Bildungspolitik damals in Hessen gelobt. Da habe sie nicht widerstehen können. In eine Partei wolle sie aber nie wieder eintreten sondern bis zu ihrem Lebensende eine „freischaffende Liberale“ bleiben. (ms/ks)

13.35 Uhr: In der Lobby des Bundestages sagt Renate Künast, Gauck wäre ein guter Kandidat fürs ganze Land. Die Linken „müssen lernen“, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn man sie „nicht vorher anruft“. Damit spielt sie auf die Gauck-Kandidatur an, die Rot-Grün ohne Wissen der Linken eingefädelt hat.

Die Linken Parteichefs Ernst und Lötzsch stehen nur wenige Meter entfernt. Sie sind die einzigen, bei denen man gleich sehen können wird, wie diszipliniert die Fraktion abgestimmt hat. Gysi hat am Vorabend als Ziel ausgegeben, dass man alle 124 Stimmen für Frau Jochimsen aufbringen wird. Heimlich drückt die Linke nebenher die Daumen für Christian Wulff. Wie sie in einem möglichen dritten Wahlgang entscheiden würde, weiß sie selbst noch nciht, Man hofft einfach, dass es so weit nicht kommt. (ms)

13.31 Uhr: 40 Minuten dauere die Auszählung ungefähr, sagt Lammert. Und fügt gewohnt launig hinzu: Das reiche für einen Spaziergang ums Reichstagsgebäude, aber eher nicht für einen Ausflug zum Wannsee. Auch das eine versteckte Kritik an Köhler? Siehe unter „12.28 Uhr“ unten…. (mh)

13.24 Uhr: Alle Wahlleute haben nun gewählt. Jetzt wird ausgezählt. (ks)

13.20 Uhr: Wulff wird seit Minuten von einer wechselnden Schar Abgeordneter umlagert. Jeder will ein Foto vom mutmaßlich neuen Bundespräsidenten schießen. (ks)

13.12 Uhr: Im Reichstag wird auch dieses Mal getwittert: Die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Dorothee Bär, hat ihren Wahlzettel fotografiert – vor dem Ausfüllen… (mh)

13.10 Uhr: In Niedersachsen würde es im Falle eines Wulff-Sieges so weitergehen: Mit dem Rücktritt des Ministerpräsidenten gilt automatisch die gesamte Landesregierung als zurückgetreten. Sie kann jedoch geschäftsführend im Amt bleiben. Der bisherige stellvertretende Ministerpräsident, FDP-Wirtschaftsminister Jörg Bode, würde für einen Tag Ministerpräsident werden. Am 1. Juli soll dann David McAllister zum neuen Regierungschef gewählt werden. (ks)

13.05 Uhr: Sollte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff die Wahl gewinnen, muss er zunächst noch sein Amt als Ministerpräsident niederlegen. Denn ein Bundespräsident darf keine anderen Ämter innehaben. Wulff hatte sich allerdings geweigert, sein Amt bereits vor der Wahl aufzugeben. Deswegen wird er, falls er gewinnt, nach der Wahl dem niedersächsischen Landtagspräsidenten Hermann Dinkla im Reichstag einen Brief überreichen, in dem er seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt. Nur so kann er die Wahl zum Bundespräsidenten annehmen. (ks)

13 Uhr: Seit einer halben Stunde werden die Namen der Wahlleute aufgerufen. Jetzt: Dr. Angela Merkel. Auf der Ehrentribüne ist ihr Vertrauter, der scheidende Regierungssprecher Ulrich Wilhelm im intensiven Plausch mit dem rot-grünen Präsidentschaftskandidaten. Der Chef der Seniorenunion, Otto Wulff hätte wohl lieber Gauck statt seinen Namensvetter gewählt. Er bestätigt das mit einem Seufzer. Sein Begleiter sagt, vor zehn Jahren habe die Union Gauck ja gefragt. Damals wollte der nicht. (ms)

12.55 Uhr: Christian Wulffs Frau Bettina sitzt auf der Ehrentribüne neben Burkhard Hirsch und: Joachim Gauck, mit dem sie sich immer wieder angeregt unterhält. (ks)

12.50 Uhr: Einige der Grünen-Wahlleute gehen zu Merkel rüber und begrüßen die Kanzlerin. Sigmar Gabriel dagegen rührt sich nicht von seinem Platz. Dafür schäkert Steinmeier mit Westerwelle. (ks)

12.45 Uhr: Das dauert jetzt. Eben läuft Buchstabe G. Giegold, Ginger, Glauber… Die Kanzlerin, ganz in schwarz, zeigt sich wie schon am Vorabend im intensiven Gespräch mit Roland Koch. Westerwelle lungert angelehnt an die Regierungsbank. Bis zum „W“ dauert es noch… Seehofer sitzt ruhig in der ersten Reihe und schaut vor sich hin. (ms)

12.30 Uhr: Der erste Wahlgang hat begonnen. Alle Wahlleute werden aufgerufen und gehen dann in die Wahlkabinen um ihre Stimme abzugeben. Deswegen dauert ein Wahlgang etwa 100 Minuten. Die Wahl ist selbstverständlich geheim. (mh)

12.28 Uhr: Lammert mahnt: Die Blumensträuße für den Wahlsieger sollen doch bitte erst dann in den Plenarsaal getragen werden, wenn das Wahlergebnis feststeht. Im vergangenen Jahr war das anders – und jeder wusste, dass Horst Köhler gewonnen hatte (außer Köhler selbst, der war spazieren). (mh)

12.24 Uhr: Die Bundesversammlung hat sich konstituiert. Gleich beginnt der erste Wahlgang (mh)

12.20 Uhr: Die NPD beanstandet die Rechtsgültigkeit der Wahl. Der Antrag der Rechtsextremen wird nicht zugelassen. Gut so! Alle anderen 1241 Wahlleute klatschen. (ms)

12.16 Uhr: „FEZ_DE“ twittert : „Geil! Eine Live-Übertragung OHNE Vuvuzelas… ist man schon garnicht mehr gewohnt„. (mh)

12.09 Uhr: Die Wahl heute sei eine Ausnahme, sagt Lammert. Aber das Land könne mit Ausnahmen umgehen. Der Rücktritt Köhlers habe manche Enttäuschung und Turbulenz ausgelöst. Eine Staatskrise habe es aber nicht gegeben. Der Bundestagspräsident übt indirekt Kritik an Köhler: „Niemand von uns steht unter Denkmalschutz. Weder die Parlamente noch die Regierungen, nicht einmal das Staatsoberhaupt. Kritik muss sein.“ (ms)

12.08 Uhr: Lauter Applaus bei den Grünen. Eben hat Lammert folgenden Satz gesagt: „In einigen westlichen Demokratien ist die staatliche Spitze durch eine erbliche Monarchie besetzt – mit dem durchaus beachtlichen Argument mancher Staatsrechtler, es sei klug, auch und gerade in einer Demokratie das Amt des Staatsoberhauptes dem Ehrgeiz der Parteien und gesellschaftlichen Gruppen zu entziehen und nicht der sonst unverzichtbaren Mehrheitsregel zu unterwerfen.“ Das nutzen die Grünen, um ihren Unmut über die ihrer Ansicht nach parteipolitisch motivierte Nominierung Wulffs kundzutun. Lammert kontert troclen: „Ich bin nicht sicher, ob die Stenographen alle Anhänger einer Erbmonarchie erfasst haben.“

12.06 Uhr: Während Lammert spricht, läuft eine Äußerung des ehemaligen brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) über den Ticker: SPD und Grüne hätten Gauck „benutzt, um Unruhe in das Regierungsbündnis hinein zu tragen“, sagt er dem Fernsehsender Phoenix. Schönbohm ist auch Wahlmann. (mh)

12 Uhr: Bundestagspräsident Norbert Lammert eröffnet die Bundesversammlung. Er begrüßt zwei Ehrengäste: Alt-Bundespräsident Roman Herzog und die ehemalige Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth. (mh)

11.59 Uhr: Julia Klöckner ist auch da, anders als vor einem Jahr ist sie inzwischen Staatssekretärin. Fragen zu Twitter kann sie nicht mehr hören. Beim letzten Mal hatte sie Köhlers Wahlsieg über den Microblogging-Dienst vermeldet, als er noch gar nicht offiziell war. (ms)

11.58 Uhr: Der Ex-Parteichef der Linken, Oskar Lafontaine, glaubt, dass es schnell geht: „Erster Wahlgang, Aus, Ende“, ruft er im Vorbeigehen. (ms)

11.56 Uhr: Bei der SPD fehlen zwei Wahlleute: eine Abgeordnete ist krank, eine andere hoch schwanger. Damit verfügen die Sozialdemokraten nur über 331 statt 333 Delegierte. Die Grünen und die Linken sind dagegen vollzählig. (mh)

11.52 Uhr: Der künftige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sagt: „Wulff wird im ersten Wahlgang gewählt“. Für ihn ist es bereits seine fünfte Wahl eines Bundespräsidenten. Deswegen weiß er aber auch, dass man vor Überraschungen nie gefeit ist. „Kein Präsident hat je alle Stimmen aus seinem Lager bekommen“. In der Hessen-CDU wünscht man sich vor allem eines: Die Veranstaltung möge so pünktlich vorbei sein, dass das Sommerfest in der Landesvertretung pünktlich beginnen kann, nämlich um 18 Uhr. Doch das dürfte wohl auch mit einem dritten Wahlgang gerade noch zu schaffen sein. (ks)

11.50 Uhr: Eine Liste aller Wahlleute (außer den Bundestagsabgeordneten) gibt es hier. Auch der bisherige niedersächsische Fraktionschef der Union, David McAlister, ist Wahlmann. Für ihn hängt vom Wahlergebnis ebenfalls viel ab. Je schneller Wulff gewählt wird, desto früher darf er sich als neuer Ministerpräsident von Niedersachsen fühlen. Seinen Terminplan hat er darauf schon mal eingestellt. „Am Sonntag breche ich zu einer großen China-Reise auf“, sagt er. Die wollte ursprünglich Wulff machen. (ks)

11.47 Uhr: Unter den CDU-Wahlleuten herrscht Zuversicht, wenn auch keine Euphorie. Natürlich hoffen sie alle, dass ihr Kandidat Christian Wulff es im ersten Anlauf schafft. „Das wird ein schöner Tag, ein kurzer Tag und ein gutes Ergebnis für Deutschland“, sagt der  CDU-Wahlmann Herbert Reul aus Nordrhein-Westfalen.

Allerdings gibt er zu, dass es auch unter den schwarz-gelben Wahlleuten viele mit einer „offenen Rechnung“ gebe. Wichtig ist ihm allerdings der Hinweis: Auf den Kandidaten beziehe sich diese nicht. Die Adressatin dieses Unmuts sei, wenn er sich denn entladen solle, die Bundesvorsitzende. (ks)

11.41 Uhr: Bei der Union musste keiner aus dem Bett geklingelt werden, alle Wahlleute sind anwesend, auch Christian Wulff. Der Kandidat ist nämlich selbst Wahlmann. Wen er wohl wählen wird? Auch bei den Liberalen sind alle Wahlleute da. (ks)

11:25 Uhr: Der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer twittert: „Und wer fehlt, beim Gruenen Zaehlappell? Stroebele. Fahrrad streikte wohl.“ (mh)

11.24 Uhr: Die (mittlerweile nur noch) drei FDP-Abweichler wollen stark bleiben und in allen Wahlgängen für Gauck stimmen. Einer der drei, Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow, sagt: „Unsere Wahl ist keine taktische Überlegung. Ich will, dass Gauck Bundespräsident wird.“ (mh)

11.20 Uhr: Die Fraktionssitzungen sind vorbei. Die Wahlleute strömen in den Reichstag. Juergen Trittin ist schon ganz wehmütig: Das mit Gauck sei „eine schöne Politisierung“ gewesen. Dieses „Momentum“ müsse man sich irgendwie bewahren. (ms)

11.03 Uhr: Die Fraktionssitzungen von Union, SPD, FDP und Grünen haben begonnen. Die Linke traf sich schon eine halbe Stunde früher. Bei den Grünen streiten man offenbar vor allem darüber, ob man heute Krawatte trägt oder nicht. (mh)

11.05 Uhr: An der Frankfurter Börse erklärt man sich die Zurückhaltung der Händler heute (auch) mit der Bundespräsidentenwahl. Die dpa zitiert einen Börsianer: „Solange der Ausgang der Wahl und damit die Zukunft der schwarz-gelben Koalition in Berlin nicht klar ist, dürften sich die Anleger eher zurückhalten.“ (mh)

11.01 Uhr: Hier nochmal schnell eine grafische Übersicht über die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung heute:

Die Bundesversammlung
Die Bundesversammlung

10.58 Uhr: Frank-Walter Steinmeier leitet die Fraktionssitzung. Vorher gibt er das x-te Pro-Gauck-Interview. Er sei froh über den „frischen Wind“, den „neuen Schwung“, den Gauck herein gebracht habe, sagt er ganz beschwingt. (ms)

10.57 Uhr: Der Chef der CSU-Landesgruppe Hans-Peter Friedrich glaubt, dass Wulff schon im ersten Wahlgang durchkommt. Das könnte durchaus sein, Schwarz-Gelb verfügt in der Bundesversammlung über eine satte Mehrheit (644 von 1244 Stimmen, 623 sind zur absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang nötig), dennoch hängt er die Latte höher als er müsste. Sollte Wulff doch mehrere Wahlgänge benötigen, wird es unangenehme Fragen nach den Motiven der Abweichler geben. (mh)

10.55 Uhr: Müde Gesichter bei der FDP. Die Party gestern im Schloss Charlottenburg ging angeblich lang. Ein wenig gestört hat nur, dass um halb eins die Getränke aus waren, berichten verkaterte Teilnehmer. Christian Wulff war auch da, hat sich länger mit wackeligen Wahlleuten aus Sachsen oder Hessen unterhalten. „Die Spitze steht unter großer Anspannung“, sagt ein Landtagsabgeordneter, als Westerwelle eilig vorbeiläuft.
Der hat in seiner Ansprache an die Wahlleute am Abend gesagt, dass er großen Wert darauf lege, dass die Wahl „frei“ sei. Und nicht wie die Opposition in jedes Mikrofon sagt, eine Machtabsicherungs-Veranstaltung der Regierung. Er habe den Sachsen, die Gauck wählen wollen, sogar seinen öffentlichen Respekt ausgesprochen. Allerdings erwartet Westerwelle „im Umkehrschluss“, dass es keine Heckenschützen gibt, die heimlich Gauck wählen, ohne die Fraktion zu informieren, heißt es. (ms)

10.53 Uhr: Gleich beginnen die Fraktionssitzungen, letztmals werden die Wahlleute darauf eingeschworen, den jeweils richtigen Kandidat zu wählen. (ms)

10.50 Uhr: Bundestagspräsident Norbert Lammert, selbst kurze Zeit als Kandidat im Gespräch, ist heute für den korrekten Ablauf der Wahl verantwortlich. Um eine „Twitter-Panne“ wie beim letzten Mal zu verhindern, will er heute noch mal mit den Schriftführern reden. Ein Handy-Verbot gibt es nicht, bloß die Mitglieder der Zählkommission müssen ihre Mobiltelefone abgeben. (mh)

10.30 Uhr: Der erste offizielle Programmpunkt des Tages ist zu Ende: Der ökumenische Gottesdienst vor der Wahl. Die Andacht fand in der katholischen St.-Hedwigs- Kathedrale in Berlin statt. Christian Wulff, Joachim Gauck und Luc Jochimsen waren da. (mh)

Mittwoch, 9.30 Uhr: Heute wird er also gewählt, der neue Bundespräsident. Kaum zu glauben, dass der Rücktritt von Horst Köhler gerade mal ein Monat zurückliegt. So viel ist seither passiert: Schwarz-Gelb, ohnehin angeschlagen, musste den Schock nach dem Rücktritt verarbeiten und recht mühsam einen neuen Kandidaten suchen. Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble, Norbert Lammert waren die Favoriten. Und dann wurde es Christian Wulff. In den Medien wurde diese Entscheidung heftig kritisiert, als „kleine“, rein parteipolitische Lösung angeprangert. Ursula von der Leyen, so hört man, war danach tagelang ziemlich geknickt. Heute also muss es – aus Sicht der schwarz-gelben Koalition – Wulff werden. Sonst wäre die Regierung wohl am Ende. Aller Wahrscheinlichkeit nach bekommt Merkel ihren Kandidaten durch, die Abweichler sind weniger geworden. Sie wissen, was auf dem Spiel steht. Dennoch: Es ist ein Schicksalstag für die Kanzlerin, wie die SZ ganz richtig titelt. (mh)

Dienstagabend: Zwischen Reichstag und WM-Fanmeile liegt an der Spree das Haus der Kulturen der Welt. Hier findet das Sommerfest der SPD statt. Die Wahlleute kommen nach der Fraktionssitzung hierher gebummelt. Es ist brütend heiß. Der Grill brutzelt. Eine Live-Band spielt Soul. Die Musiker tragen, wie fast alle Genossen auch, schicke weiße Hemden.

Auf der Dachterrasse sitzt Kurt Beck, zurückgezogen, aber vergnügt. Von hier oben lassen sich die innersozialdemokratischen Machtverhältnisse gut beobachten. Direkt vorm Grill hat Sigmar Gabriel Platz genommen, eifrig kauend und gestikulierend. Am Nebentisch: Olaf Scholz. Vorm Eingang steht Frank-Walter Steinmeier, er empfängt, schäkert, beißt zwischendurch ins Würstchen. Der Fraktionschef gibt den Gastgeber. Ein paar  SPD-Linke haben sich an ein paar Tische im Abseits verkrümelt.

Das Zauberwort des Abends heißt „bürgerlich“. So wie Gauck, auf den hier alle sehr stolz sind. Dass er keine Chancen hat, räumen die Genossen gönnerhaft ein. Das macht doch nichts! Die diebische Freude über den Coup, den man mit seiner Nominierung gelandet hat, überwiegt. Gauck hat die schwarz-gelbe Regierung gespalten, die Linke isoliert und das Feuilleton entzückt. „Was will man mehr?“, schwärmen die Roten. (ms)

Dienstag, ab 18.30, Maritim-Hotel, Berlin: Im Kronleuchter behangenen Saal des Maritim-Hotels bringen sich die Delegierten der Union in Stimmung für den kommenden Tag. Eine Frauen-Bläser-Combo spielt auf.

„Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass wir uns so bald wiedersehen“, begrüßt Unionsfraktionschef Volker Kauder die Delegierten. Naja, das sei ja auch schön.

Angela Merkel darf anschließend ausnahmsweise mal auch im Namen von Horst Seehofer sprechen. Sie bedankt sich bei Wulff und seiner Gattin dafür, dass sie bereit gewesen seien, in einem Lebensalter, in dem man normalerweise „noch nicht den letzten Schritt geht, diesen Dienst zu leisten“. Im Übrigen freut sie sich darauf, dass bald „Kinderlachen durchs Schloss Bellevue hallen könnte.“  „Die Fröhlichkeit einer jungen Familie, wird diesem Amt gut tun.“

Der mit 51 Jahren nicht mehr ganz so junge Familienvater steht samt seiner 36-jährigen Frau Bettina lächelnd an Merkels Seite. Er darf ausnahmsweise mal schweigen.

An der langen Ehrentafel sitzt Wulff dann neben der Kanzlerin. Auf deren anderer Seite einer seiner Wegbegleiter, der auch bald nicht mehr Ministerpräsident sein wird: der Hesse Roland Koch. Die beiden plauschen angeregt. Seht her, wir verstehen uns, soll das wohl heißen. Nicht als ausgeschlossen gilt schließlich, dass der eine oder andere Delegierte aus Hessen Merkel bei der Bundespräsidentenwahl einen Denkzettel verpassen könnte, aus Ärger über Kochs Ausstieg aus der Politik.

Irgendwo im Trubel steht der nordrhein-westfälische Noch-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und erklärt jedem, der es wissen will, dass er keine, wirklich gar keine politischen Ämter mehr anstrebe. (ks)

Dienstag, 18.20 Uhr: Die Delegierten der FDP tagen am längsten von allen Fraktionen. Daran, dass es noch Diskussionsbedarf gegeben habe, habe das nicht gelegen, heißt es hinterher. Offiziell gibt es in der FDP nur noch drei Abweichler, die nicht für den schwarz-gelben Kandidaten stimmen wollen. Es sind die drei Delegierten aus Sachsen. „In dieser Frage kann ich nicht aus meiner Haut“, sagt der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow während der Sitzung. Ein weiterer Delegierter, der nicht namentlich genannt wird, soll Westerwelle angedeutet haben, dass er möglicherweise für Gauck stimmen werde. Der thüringische Parteichef Barth, der ebenfalls zu den Gauck-Sympathisanten gehörte, erklärt dagegen, nun doch Wulff wählen zu wollen. (ks)

Früher Dienstagabend: Anders als nach seinem Auftritt bei der Linken tritt Gauck nach dem Treffen mit der SPD-Fraktion im Bundestag gemeinsam mit der SPD-Spitze vor die Kameras. Sigmar Gabriel (ohne Krawatte) schwärmt von dem tollen Kandidaten. Frank-Walter Steinmeier (mit) schwärmt ebenfalls. Chancen für morgen rechnen sie sich allerdings nicht aus. Seit Tagen versuchen die Genossen schon die Hoffnungen auf einen Außenseitersieg zu dämpfen. Schon ein zweiter Wahlgang wäre ein Erfolg und ein Desaster für die Regierung, streuen die sozialdemokratischen Strategen.

Gauck beugt ebenfalls vor. Er strahlt und sagt: „Egal wie die Wahl ausgeht, ich werde morgen ein fröhlicher Bürger dieses Landes sein.“ Zum Glück, sagt Gauck, gehe es bei dieser Wahl nicht „um gut und böse“. Es träten „zwei geeignete Kandidaten gegeneinander an“.  Und deswegen wird das „morgen ein schöner Tag für die Demokratie“.  Sigmar Gabriel deutet ein skeptisches Kopfwiegen an, will sich dabei nicht von Gauck erwischen lassen. (ms)

Dienstag, 18 Uhr: Vor dem Fraktionssaal der Union im Reichstag berichtet  der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Volker Kauder: Es habe „tosendem Applaus“ für den niedersächsischen Ministerpräsidenten in der Fraktionssitzung gegeben. Union und FDP würden Christian Wulff mit „überzeugendem Ergebnis“ wählen, verspricht er.

Auffallend an diesem Abend: Dass Wulff es im ersten Wahlgang schafft, darauf will sich lieber keiner der Unions-Spitzenleute festlegen. Die Erwartungen nicht zu hoch schrauben, heißt die Devise. Dann ist der Schaden bei einem eventuellen Scheitern kleiner. (ks)

Dienstag, 17 bis 18 Uhr: Im Reichstag hat sich die Unionsfraktion der Bundesversammlung versammelt. Zu dieser gehören sämtliche Wahlmänner und Wahlfrauen der CDU/CSU. Als Fraktionsvorsitzende fungieren die Parteivorsitzenden Angela Merkel und Horst Seehofer.

Ehrengast an diesem Abend selbstverständlich der Kandidat von Schwarz-Gelb, Christian Wulff. Zwei Wortmeldungen gibt es. Einer der Redner ist der ehemalige thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel. Er sei von niemandem angehalten worden, Wulff zu wählen, sondern tue dies aus freien Stücken und tiefer Überzeugung, sagt er.

In den vergangenen Tagen hatten gleich mehrere Altvordere der Union, darunter Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker, dazu aufgerufen, die Wahl des Bundespräsidenten freizugeben. „Ist sie doch“ – lautet seither die Botschaft sowohl von Wulff als auch anderen CDU-Spitzenpolitikern. Dabei weiß jeder: Das ist sie nicht. Natürlich erwarten die Parteivorsitzenden von den Delegierten Gefolgschaft, denn ein schlechtes Ergebnis oder gar ein Scheitern des Regierungskandidaten hätte selbstverständlich Folgen für die Schwarz-Gelbe Koalition.

Der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Altmaier hat andere Sorgen. Er fleht die Delegierten an, doch bitte schön morgen früh ihre Handys nicht auszustellen. Sollte einer nach der üppigen Feier, die die Fraktion zur Einstimmung in die Wahl gibt, verschlafen, will Altmaier die Chance haben, ihn wach zu klingeln. Sein Job ist es, für vollständiges Erscheinen der Wahlleute zu sorgen. (kh)

Dienstagnachmittag: Im Reichstag wird aufgestuhlt. Statt den üblichen 622 müssen hier am Mittwochmittag 1244 Menschen Platz finden. Die Wahlmänner und -frauen trudeln im Laufe des Nachmittags ein. Sie versammeln sich zwei Etagen höher unter der Glaskuppel, um ihre Unterlagen im Empfang zu nehmen und die jeweilige Fraktionssitzung zu besuchen.

Die Parlamentsflure gleichen an diesem Vortag der Wahl einem Schulhof zur Großen Pause. Es ist laut und unübersichtlich. Überall wird gelacht, gefeixt, gepost oder demonstrativ mit dem neuen Handy gespielt. Manche Landtagsstars laufen fast unbemerkt umher, und ärgern sich, dass sie keiner beachtet. Nicht jeder ist ein willkommener Gast. Markus Söder zum Beispiel, der Umweltminister aus Bayern, der die CSU-Bundestagsgruppe regelmäßig zum Rasen bringt, weicht am Anfang kaum von Horst Seehofers Seite. Auch Wolfgang Gerhardt schaut grimmig. Der Ex-FDP-Chef und Westerwelle-Nörgler hat bisher offen gelassen, wen er morgen wählen will. Er wolle, dass nun der Fraktion mitteilen, sagt er beim Reingehen. Hinterher hört man, dass er sich doch noch für Wulff entschieden habe.

Der größte Andrang herrscht ausnahmsweise bei den Linken. Joachim Gauck stellt sich vor. Es ist das erste Treffen, weniger als 24 Stunden vor dem ersten Wahlgang. Vorher herrschte eine Stimmung wie im Kalten Krieg. Man hetzte gegeneinander und mied den Austausch. Hinterher gibt’s ein wenig Tauwetter. Gauck sei ein Intellektueller, der schön reden könne, sagt ein linker Wahlmann, durchaus verzückt. Dennoch werde er ihn nicht wählen. „Ist halt ein Bürgerlicher“. Die Linke hofft, dass es zu einem dritten Wahlgang nicht kommt und sie nicht Farbe bekennen muss. (ms)