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Irritation über die Rolle des V-Manns – das Medienlog vom Freitag den 19. Juli 2013

 

Die Berichte über den 25. Verhandlungstag drehten sich unter anderem um den Brand in der Zwickauer Wohnung, der verhandelt wurde. Man könne den Verhandlungstag als unspektakulär abhaken, kommentiert der Autor des Bayerischen Rundfunks, doch am Ende sei noch eine spektakuläre Frage gestellt worden: Ob ein V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes zur Radikalisierung des NSU beigetragen habe.

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Konkret geht es um Tino Brandt, der lange Jahre V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes war, so der Autor des BR. Brandt soll dabei gewesen sein, als Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt und Holger G. in den neunziger Jahren darüber diskutierten, ob man Gewalt anwenden solle. Brandt habe laut BKA-Beamten die Gewalt befürwortet. Der BR-Autor schreibt: „Eine Aussage, die manche Medien weitreichende Schlussfolgerungen (wenn auch mit Fragezeichen versehen) aufstellen ließ: Hat ein V-Mann den NSU radikalisiert?

Damit bezieht sich der Autor auf den Bericht der Süddeutschen Zeitung von Annette Rammelsberger. Der Verteidigung Wohllebens sei daran gelegen, den Einfluss des Staates auf die Szene deutlich zu machen. Dabei spiele Tino Brandt eine wichtige Rolle, der hätte quasi im Auftrag des Staates den Thüringer Heimatschutz, ein rechtsradikales Sammelbecken gegründet. „Wenn er nun auch noch zur Radikalisierung der mutmaßlichen NSU-Mitglieder beigetragen hat, könnte sich das auf die Bewertung der Schuld der Angeklagten und auf das Strafmaß auswirken“, schreibt die Autorin.

Auf den Bericht der Süddeutschen Zeitung bezieht sich die Junge Welt: „Anstiftung durch V-Mann?“. Den Einfluss Brandts thematisieren auch Kai Mudra in der Thüringer Allgemeinen und Frank Jansen im Tagesspiegel („V-Mann soll Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos zur Gewalt ermutigt haben.“). Für den Autor ist Brandts „Doppelspiel als Szene-Anführer und V-Mann“ bis heute undurchsichtig.

Auf die Aussage des Brandermittlers Frank L. konzentrieren sich dagegen die Berichte von Lisa Caspari auf ZEIT ONLINE („Zschäpes trautes Heim“) und Julia Jüttner auf Spiegel Online („Zschäpes Reise in die Vergangenheit“). Beide Autorinnen beschreiben die Erkenntnisse des Beamten genau und gehen auch auf das Verhalten Zschäpes ein. In der Pforzheimer Zeitung konzentriert sich Autorin Wiebke Ramm ebenfalls auf den Brand in der Zwickauer Wohnung.

Per Hinrichs von der Welt beschäftigt sich unter anderem mit dem Verhalten des Richters Manfred Götzl: „Zschäpes Richter ‚götzlt‘ die Bundesanwaltschaft ab“. Götzl würde immer mal wieder einem Anwalt das Wort abschneiden, wofür sich die Begriffe „weggegötzelt“ oder „abgötzeln“ etabliert hätten. Wer genau diese Begriffe verwendet, lässt der Autor offen und geht anschließend sowohl auf die Aussage des Brandermittlers, als auch auf die des BKA-Beamten ein.

„Das Ringen um den Kronzeugen“: Auf stern.de steht Holger G. im Mittelpunkt. In den drei Prozesstagen an denen der BKA-Beamte vernommen wurde, sei es auch um die Frage gegangen, wie glaubwürdig G. sei, schreibt Autorin Lena Kampf. Sie beschreibt die Aussagen des BKA-Beamten, sowie das Verhör des Zschäpe-Verteidigers Wolfgang Heer. Dieser habe herausgearbeitet, dass die erschwerten Bedingungen der zweiten Vernehmung G.’s (hinter einer Trennscheibe, ohne Anwalt) wohl nicht zufällig waren. „Der Druck wurde scheinbar erhöht, doch das geht aus einem schnöden Vernehmungsprotokoll genauso wenig hervor, wie der genaue Wortlaut der Fragen, die G. von den Ermittlern gestellt wurden“, schreibt die Autorin.

Einen kurzen Bericht zum Prozess gibt es auf den türkischsprachigen Online-Portalen haberler.com und haber vitrini. Dabei handelt es sich um denselben Text der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, den 22. Juli.