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Tonbandkassetten und Wirrwarr im Prozess – das Medienlog vom Montag, 22. Juli 2013

 

Am Wochenende gab es in der deutschen Presselandschaft nur wenige Veröffentlichungen zum NSU-Prozess. Bemerkenswert war darunter zunächst der Artikel von Kai Mudra. Dieser fragt in der Thüringer-Allgemeinen: „Wurden weitere Hinweise auf Zschäpe übersehen?“

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Autor Mudra widmet sich in seinem Text den Tonbandkassetten, die vor sechs Jahren beschlagnahmt wurden und die am vergangenen Donnerstag Thema im NSU-Verfahren waren. BKA-Ermittler hatten die Aufnahmen 2007 bei einer Durchsuchung des Thüringer Anwesens des damaligen NPD-Funktionärs Thorsten Heise entdeckt. Die Kassetten wurden erst 2009 ausgewertet und enthielten offenbar Hinweise auf Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. „Dass die Kassetten erst zwei Jahre nach ihrem Auffinden ausgewertet wurden, spricht nicht für die Arbeit des BKA“, kommentiert Mudra.

Etwas anderes konstatiert Frank Jansen im Tagesspiegel: „Im größten Prozess zu rechtsextremem Terror seit der Wiedervereinigung wächst der Wirrwarr„, schreibt er. Dies liege vor allem daran, dass Zeugen – anders als noch ursprünglich geplant – nicht mehr nach Themenblöcken geladen und befragt werden. Dies wiederum sei eine Folge der Verschiebung des Prozessbeginns. „So war die Hauptverhandlung belastet, bevor sie angefangen hat“, schreibt Jansen und erlaubt sich dabei auch einen Blick auf den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Selbst diesem passiere es nämlich, dass er Fragen an Zeugen, die über mehrere Tage vernommen werden, wiederholt. „Verliert allmählich selbst er den Überblick?“, fragt sich Jansen und mutmaßt, dass es Götzl und einigen Anwälten deshalb nicht ungelegen kommt, wenn der „Tatkomplex Nagelbombenanschlag in Köln“ doch noch vom Hauptverfahren abgetrennt wird.

Was muss der NSU-Prozess leisten? Diese Frage stellt wiederum Özlem Topcu auf ZEIT ONLINE. Für die Journalistin geht es beim NSU-Prozess nicht nur um die individuelle Schuld der Angeklagten. Schuld oder Unschuld festzustellen, sollte zwar im Fokus stehen, schreibt sie. Allerdings sollten ihrer Meinung nach auch „Untersuchungsausschuss-Fragen“ vor Gericht so viel Raum wie möglich bekommen, also die Frage, inwieweit Sicherheitsbehörden schlampig ermittelt und nicht ausreichend zusammengearbeitet haben.

Keine Veröffentlichungen in englisch- und türkischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, den 23. Juli.