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Breivik prahlte, Zschäpe schweigt – das Medienlog vom Dienstag, 23. Juli 2013

 

Anlässlich des Jahrestags des Amoklaufs von Utøya vor zwei Jahren drehte sich die NSU-Berichterstattung diesmal auch um die Parallelen zwischen dem Verfahren in München und dem bereits abgeschlossenen Prozess gegen den norwegischen Rechtsextremisten Anders Behring Breivik. Dieser verübte am 22. Juli 2011 Anschläge in Norwegen und tötete 77 Menschen. Er wurde zur Höchststrafe verurteilt: 21 Jahre Haft und anschließende Sicherheitsverwahrung.

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Die Journalisten interessiert dabei im Besonderen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Hauptangeklagten. Per Hinrichs schreibt in der Welt, das Verhalten Breiviks vor Gericht scheine zunächst anders als das von Zschäpe: Breivik habe geprahlt, Zschäpe schweige. Dennoch habe Zschäpes Auftreten „frappierende Ähnlichkeiten“ zum Norweger. Sie wirke unbeteiligt, wenn es um die Opfer der NSU gehe, interessiere sich aber, wenn sich die Aussagen um sie oder ihr Umfeld drehen. Hinrichs resümiert: „Sie entschieden sich zu töten, sie gefielen sich in der Rolle des politischen Mörders – und so verhalten sie sich vor Gericht. Der eine, Breivik, spricht darüber. Zschäpe tut es nicht. Ihre Empathie haben beide vor langer Zeit aufgegeben.“

„Breiviks deutsche Schwester“: Gerald Traufetter, der den Prozess um Breivik einst als Spiegel-Korrespondent in Norwegen begleitet hatte, sieht ebenfalls Parallelen zwischen den Gerichtsverfahren. „Wenn ich Zschäpe sehe, denke ich an Breivik. Das lässt sich in meinem Innern nicht trennen“, schreibt Traufetter auf Spiegel Online. „Wie wird man zu einem Menschen, der Ausländer vertreiben, der sie auslöschen will? Auf diese Frage gibt es keine befriedigende Antwort, mit der man leben könnte.“ Das Urteil in Norwegen trage dem Vergeltungswunsch der Geschädigten Rechnung, es wahre aber auch die Würde des Rechtsstaats. Deutschland habe es noch vor sich, das Vertrauen in seine Institutionen wieder herzustellen. In den Augen der türkischstämmigen Opfer müsse sich das Land erst wieder rehabilitieren.

Dazu passt das Interview von Alexander Sorkin in der Stimme Russlands mit dem Nebenkläger-Anwalt Mehmet Daimagüler. Der Jurist sagt, er wolle auch über Beamte debattieren, die ein gewisses Bild von sich selbst, den Deutschen und den Ausländern hätten. „Ich möchte nicht nur über Technik sprechen, sondern auch über Haltung“, sagt Daimagüler im Interview.

Keine Berichte in englisch- und türkischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, den 24. Juli.