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Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und ein brutaler Mord – das Medienlog vom Mittwoch, 24. Juli 2013

 

Am 26.Verhandlungstag des NSU-Prozess wurden Sachverständige zum Mord an Enver Şimşek gehört. Die Aussage eines Rechtsmediziners stand dabei im Mittelpunkt des Verfahrens – und der Berichterstattung. Dies gilt etwa für die WAZ und Thüringer Allgemeine sowie für die Süddeutschen Zeitung. Letztere befasste sich in ihrem Artikel („Streit über Aussagen des NSU-Kronzeugen“) aber auch mit der Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten und wichtigen Zeugen Holger G.

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

„Aussage nicht glaubhaft.“: Mit diesem Zitat der Verteidigung von Beate Zschäpe eröffnet Karin Truscheit ihren Artikel in der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Darin berichtet die Autorin über all die Punkte, die für das Anwälte-Trio gegen die Glaubwürdigkeit von Holger G. und seine Eignung als Zeuge der Anklage sprechen. So habe dieser unter anderem widersprüchliche Angabe zur Hierarchie der Gruppe gemacht, und seine Aussage sei mangelhaft dokumentiert worden. Als bemerkenswert notierte Truscheit: „Die Glaubhaftigkeit von Holger G.s Aussagen stellt die Verteidigung indes nicht in Frage, als es um ein Detail geht, das für ihre Mandantin positiv gedeutet werden könnte.“

Seltene Einigkeit zwischen Verteidiger und Nebenkläger konstatiert Stefan Geiger in der Frankfurter Rundschau. und der Berliner Zeitung: Beide Seiten stimmten überein, dass auch im Fall von Holger G. nachlässig und unprofessionell ermittelt wurde. Die Polizeibeamten, die den Mann vernommen hatten, hätten sich zu schnell mit dessen Aussagen zufrieden gegeben und nicht nachgefragt.

Brutaler Mord: Gisela Friedrichsen wiederum konzentriert sich in ihrem Bericht für Spiegel Online auf die Aussage des Rechtsmediziners zum Mord an Enver Şimşek: „Es ist das eine zu erfahren, jemand sei erschossen worden. Doch wie der Nürnberger Blumenhändler 2000 zu Tode kam – das lässt das Blut in den Adern gefrieren. Erfährt man die Einzelheiten, dann zeigt die Tat plötzlich ihre schrecklichste Fratze.“ Offenbar sollten Menschen nicht nur getötet, sondern in Fleischfetzen und Knochentrümmer zerlegt werden, schreibt die Autorin.

Auch die Autoren der taz gehen auf die Aussage des Rechtsmediziners ein: „Die Schilderungen der beiden Sachverständigen dokumentieren mit schauriger Akribie, wie brutal der oder die Täter offenbar vorgegangen waren.“

Grundsätzlicher werden Frank Jansen und Özlem Topcu. Ersterer geht in seinem Artikel für den Tagesspiegel („LKA-Experte gibt langsame Ermittlungen zu.“) auf die Aussage eines weiteren Sachverständigen ein, wonach das Gutachten über die Mordwaffe erst nach zwei Jahren erstellt wurde – ein weiterer Beleg für die oft als schlampig kritisierten Ermittlungen. Topcu wiederum kritisiert auf ZEIT ONLINE die Verfahrensweise des Gerichts, wo die Tatvorwürfe nicht chronologisch verhandelt werden.

Eine kurze Meldung zum vergangenen Verhandlungstag gab es auf dem türkischsprachigen Online-Portal Dünya Bülenti. Keinerlei NSU-Berichterstattung gab es nach wie vor in den englischsprachigen Onlinemedien.

 

 

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, den 25. Juli.