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Streit ums Geld – das Medienlog vom Mittwoch, 18. September 2013

 

Bestimmendes Thema in den Medien sind die Befangenheitsanträge der Zschäpe-Verteidiger gegen die Richter. Unter anderem geht es darin um die Bezahlung Wolfgang Stahls. „Streit um Anwaltsbezahlung blockiert den NSU-Prozess“ schreib etwa Spiegel Online.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Autorin Gisela Friedrichsen rechnet vor, wie Verteidiger Stahl auf 77. 000 Euro kommt, die er als Vorschuss beim Senat beantragte. Die 100 Euro Stundensatz, die Stahl veranschlage, dürften an der „unteren Grenze der Vergütung für anwaltliche Arbeitsstunden“ liegen. Laut Stahl werden Prozesstage mit 600 Euro plus Spesen vergütet.

Sind 100 Euro angemessen?: Anderer Meinung als Friedrichsen ist Strafverteidiger Udo Vetter. In seinem law blog schreibt er, dass das Gericht die 700 veranschlagten Arbeitsstunden wohl nicht bestreite, fraglich sei jedoch „ob der von Stahl offenkundig geltend gemachte Stundensatz von etwa 100 Euro angemessen ist“. Den vom Gericht bewilligten Antrag (etwa 5.000 Euro) hält auch Vetter für zu gering. Vermutlich liege die Wahrheit irgendwo in der Mitte.

Im Gespräch mit der Koblenzer Rhein-Zeitung äußerte sich Stahl erneut verärgert über die „6,50 Euro Stundenlohn“ und bezeichnete die Regelung des Senats als „beliebig und willkürlich“. („6,45 Stundenlohn für Zschäpes Koblenzer Verteidiger?“) In dem Streit geht es um die Bezahlung der Vorbereitungszeit.

Schmidt schreibt in seinem Blog: „Man mag über diese Arbeit denken, was man will: Wenn man (allein) davon leben wollte, ist der Betrag ein Witz.“ Allerdings handele es sich auch nur um einen Vorschuss. Pikant werde die Sache dadurch, dass der Kostenrichter Konstatin Kuchenbauer laut Antrag davon gesprochen haben soll, dass „der Tatnachweise schwer zu führen sei“.

Eine Formulierung, die so klinge, als stehe die Schuld von Beate Zschäpe bereits fest. Das sehen auch die Zschäpe-Verteidiger so, die ihren Befangenheitsantrag darauf aufbauten.

In einem Kommentar für den SWR kritisiert Holger Schmidt zudem die Nebenkläger-Anwälte, die die 5.000 Euro Vergütung zwar ebenfalls für zu niedrig halten, dies jedoch nicht öffentlich äußerten. „Auch die Nebenkläger wollen doch ein faires Verfahren. Aber es ist offenbar nicht opportun, für ein höheres Honorar der Zschäpe-Verteidiger zu sein“, schreibt Schmidt.

Dennoch müssten Fehlentwicklungen beim Namen genannt werden, alles andere sei nicht rechtsstaatlich. Die Verlierer seien die Angehörigen, etwa die Frau von Mehmet Kubaşık, die sich seit Wochen gedanklich darauf eingestellt habe auszusagen. „Wann ihre Aussage nachgeholt wird, ist völlig offen. Wie soll man dieser Frau erklären, dass all das der Rechtsstaat ist?“

Ein Porträt über Mustafa Turgut, den Bruder des ermordeten Mehmet Turgut, hat Nuri Almak (dpa) geschrieben: „Gekommen um zu bleiben.“

Durch die Befangenheitsanträge hätten die Verteidiger Zschäpes strategische Vorteile und sie seien erstmals seit Prozessbeginn wieder in die Offensive gekommen, analysiert Tom Sundermann auf ZEIT ONLINE. Die Motive der Verteidiger blieben indes rätselhaft, schreibt er. Natürlich genössen sie das Recht auf Waffengleichheit – bliebe zum Schluss auch nur der geringste Verdacht, die Richter wären voreingenommen gewesen, könnte das Urteil kassiert werden. „Aber: Wieso müssen die Anwälte dafür um so viele Ecken argumentieren?“ Nun seien bis auf Weiteres mehrere Mordfälle ad acta gelegt.

Über den 35. Verhandlungstag berichteten auch die Welt „Zschäpes Anwälte verlangen zu Recht mehr Geld“, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine, Thüringer Allgemeine, WAZ und Tagesspiegel.

Eine kurze Meldung zum 35. Verhandlungstag veröffentlichten die türkische Tageszeitung Hürriyet und das türkischsprachige Portal Turkish NY

Keine Berichte in englischsprachigen Medien.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 19. September 2013