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Macht das Gericht es rechten Zeugen leicht? – Das Medienlog vom Freitag, 10. Januar 2014

 

Er erinnere sich nur noch bruchstückhaft, an einem entscheidenden Punkt will er nicht nachgefragt haben – so äußerte sich der Zeuge Alexander S. am Mittwoch im NSU-Prozess. Vor Gericht gab sich S., der nach eigenen Angaben vor einem Jahrzehnt aus der rechten Szene ausgestiegen sein will, ahnungslos – tatsächlich habe er Richter Manfred Götzl angelogen und seine politische Einstellung relativiert, kommentiert die Rechtsextremismus-Journalistin Andrea Röpke auf der Aktionsseite Blick nach rechts.

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S.‘ Frau Silvia hatte dem Angeklagten Holger G. ihre Krankenkassenkarte überlassen, dieser gab sie später an Beate Zschäpe weiter. Wofür die Karte gebraucht werde, fragte S. nach eigenen Angaben jedoch nicht. Er gab an, früher gemeinsam mit G. in rechtsextremen Kreisen verkehrt zu haben. An diesem Punkt habe Richter Götzl nicht intensiv genug nachgefragt, schreibt Röpke: „Götzl kennt die Neonazi-Szene nicht, sie interessiert ihn im Allgemeinen auch nicht besonders. Sonst könnte er wissen, dass politische Geheimnisse in engen Kameradenkreisen geteilt werden.“ Alexander S. hätte demnach vermuten können, dass mit der Karte Straftäter unterstützt werden. Im Prozess werde allerdings „gegen auffällige Erinnerungslücken und offenkundige Lügen von Neonazi-Zeugen wenig Druck gemacht“.

Ab Donnerstag der kommenden Woche will sich das Gericht dem Heilbronner Mord von 2007 widmen, bei dem die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen wurde. Für den 21. Januar ist Kiesewetters Mutter Annette geladen – womöglich fällt ihre Vernehmung jedoch aus gesundheitlichen Gründen aus, wie ihre Anwältin Birgit Wolf der Ostthüringer Zeitung sagte. Der Prozess nehme die Nebenklägerin sehr mit, zuletzt habe sie die ganze Zeit am Telefon geweint. Verschwörungstheorien zu dem Fall haben sich nach Ansicht der Anwältin nicht bestätigt, da viele Zeugenaussagen widersprüchlich seien.

Das Bundesverfassungsgericht wird nicht per Urteil entscheiden, ob die Presseplätze im Verfahren rechtmäßig vergeben wurden. Die türkische Zeitung Sabah zog ihre Verfassungsbeschwerde gegen die ursprüngliche Vergabe vom April 2013 zurück, wie der Münchner Merkur berichtet. Weil die Plätze aufgrund einer einstweiligen Anordnung aus Karlsruhe neu vergeben worden waren, sieht der Anwalt des Blatts die Beschwerde nach eigenen Angaben als erledigt an. Bereits die Anordnung habe einen Präzedenzfall geschaffen.

Keine Berichte in englischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 13. Januar 2014.