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Vertrauenskrise ohne Folgen? – Das Medienlog vom Dienstag, 22. Juli 2014

 

Das Münchner Oberlandesgericht hat Beate Zschäpes Antrag gegen ihre eigenen Verteidiger abgelehnt. Trotz angeblichen Misstrauens bleiben Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl damit weiter die Anwälte der Hauptangeklagten, wie der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Justizkreise berichten. Vom Tisch sei damit auch die Möglichkeit eines vierten Pflichtverteidigers. Mittlerweile deutet sich zudem an, warum Zschäpe sich zum Schritt gegen ihre eigenen Beistände entschieden hat.

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Der genaue Inhalt der Erklärung ist bislang nicht öffentlich bekannt – doch schon am Wochenende hieß es, Zschäpes Argumente würden nicht für eine Entpflichtung der Anwälte reichen. Das Misstrauen entzündete sich an der Vernehmung des Zeugen Tino Brandt, wie Per Hinrichs von der Welt berichtet. Die Angeklagte stelle in dem Schriftsatz keine Forderungen und begründe den Vertrauensverlust auch nicht näher. Sie erkläre, dass sie nicht mit der Art der Befragung von Brandt durch ihre Anwälte einverstanden sei. Für die Verteidiger wird ihre Arbeit laut Hinrichs nun schwerer: „Jeder neue Sitzungstag birgt das Risiko, dass Zschäpe erneut der Kragen platzt“, heißt es.

Die Hauptangeklagte habe bemängelt, „dass ihre Anwälte nicht all die Fragen an die Zeugen stellten, die ihr selbst vorschwebten“, berichtet Annette Ramelsberger in der Süddeutschen Zeitung. Mit einer eindeutigen Folge: „Der NSU-Prozess wird weitergehen, ohne dass es auch nur eine kleine Erschütterung geben wird.“ Sturm, Stahl und Heer hätten sich demnach nicht zu der Misstrauensbekundung äußern wollen, um ihre Verschwiegenheit über das Mandatsverhältnis nicht zu brechen.

Einzige sichtbare Auswirkung des Antrags: Zwei Zeugen, die für den heutigen Dienstagvormittag geladen waren, wurden ausgeladen. Sie sollten zum Wohnungsbrand in der Frühlingsstraße in Zwickau aussagen – ein Thema, das Zschäpe unmittelbar betrifft. „Dass ausgerechnet die Angeklagte (…) nach der öffentlich gewordenen Vertrauenskrise im Fokus der Beweisaufnahme stehen sollte, hielt offenbar auch Richter Manfred Götzl nicht für optimal“, analysiert Wiebke Ramm für die Yahoo-Nachrichten.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 23. Juli 2014.