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Kölner Schredder-Aktion ist verjährt – Das Medienlog vom Freitag, 11. November 2016

 

In der Affäre um geschredderte V-Mann-Dokumente beim Bundesamt für Verfassungsschutz von 2011 ist der Aktendeckel endgültig geschlossen: Die Kölner Generalstaatsanwaltschaft schloss sich der Meinung der Kölner Staatsanwaltschaft an, die entschieden hatte, keine Ermittlungen gegen den verantwortlichen Abteilungsleiter Lothar Lingen einzuleiten. Das berichtet Spiegel Online. Seit Mitternacht ist die Tat nach nun fünf Jahren verjährt. „Ich verstehe, dass das für die Hinterbliebenen frustrierend ist, ein unbefriedigendes Ergebnis“, sagte der zuständige Staatsanwalt Ulf Willuhn gegenüber der Seite.

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Lingen hatte 2014 gegenüber der Bundesanwaltschaft zugegeben, die Akten wegen ihres brisanten Inhalts vernichtet zu haben. Als seine Aussage im September 2016 bekannt wurde, erstatteten Nebenkläger Strafanzeige gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft nahm laut eigenen Angaben keine Ermittlungen auf, weil die Schredder-Aktion vor Zeugen geschah und damit keine Vertuschung vorliege. Dagegen beschwerten sich die Verfasser der Anzeige beim Leitenden Oberstaatsanwalt.

„Ein neuer Skandal im Skandal“ seien die ausgebliebenen Ermittlungen, meint René Heilig vom neuen deutschland. Die Staatsanwaltschaft habe die Verjährungsfrist für die Tat einfach abgewartet. Hätte sie Lingen zu einer Vernehmung geladen, wäre die Verjährung aufgehalten worden. Dass die Behörden nichts unternahmen, „obwohl nun Vorsatz und Falschaussage offenkundig zutage getreten sind“, belege mangelnden Aufklärungswillen.

Einen weiteren Aspekt steuert der Autor Wolf Wetzel auf detektor.fm bei: Da das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Behörde ist, handle es sich bei der Aktenvernichtung um ein Offizialdelikt, das von der Staatsanwaltschaft ohne Anzeige hätte verfolgt werden müssen. Dies sei „ein Affront“ gegenüber den Angehörigen, die deswegen selbst aktiv werden mussten.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 14. November 2016.