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Wohllebens Plan geht schief – Das Medienlog vom Mittwoch, 23. November 2016

 

Am Dienstag ging es im NSU-Prozess erneut um eine Schlägerei vom Sommer 1998 in Jena, bei der nach Aussage des Angeklagten Carsten S. auch der ebenfalls angeklagte Ralf Wohlleben zuschlug. Wohlleben bestreitet eine Beteiligung. Die Befragung eines Zeugen zu der Sache brachte für die Wohlleben-Verteidigung nicht den gewünschten Effekt, schreibt Björn Hengst dazu auf Spiegel Online. Der Mann bestätigte Details aus der Aussage von S.

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Das ist für den Prozess wichtig, weil Wohllebens Verteidiger versuchen, die Angaben von S. grundsätzlich infrage zu stellen. Denn Carsten S. hatte auch ausgesagt, dass Wohlleben ihm den Auftrag zum Transport der NSU-Mordwaffe Ceska 83 erteilt habe. Beide sind wegen der Beihilfe zum Mord angeklagt. Die Schlägerei ist auf den ersten Blick ein Randthema, hat sich in Wahrheit aber „zu einem zentralen Punkt entwickelt“, schreibt Hengst – der Plan, die Glaubwürdigkeit von S. zu erschüttern „ging schief“.

Die Richter verlasen außerdem Dokumente, die Ermittler auf einer Festplatte von Wohlleben sichergestellt hatten. Sie sind Ausweis einer extrem fremdenfeindlichen Ideologie. In den Schriften, vor allem in Liedtexten, wird massiv gegen Ausländer gehetzt. „Die Funde auf der Festplatte stehen im Widerspruch zu Wohllebens Beteuerungen vor Gericht, keineswegs ausländerfeindlich zu sein und Gewalt abzulehnen“, analysiert Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung. Er habe sich im Prozess „als friedliebender, kapitalismuskritischer Nationalist“ dargestellt.

Die Festplattenfunde seien in „gewisser Weise schon belastend für Wohlleben – aber wieder nur Indizien“, merkt Julian von Löwis vom Bayerischen Rundfunk an. Mit den Texten und den Details der Zeugenaussagen vom Dienstag sei kein eindeutiger Beweis erbracht worden.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 24. November 2016.