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Gutachterstreit im NSU-Prozess – Das Medienlog vom Mittwoch, 31. Mai 2017

 

Der vom Gericht bestellte Sachverständige Henning Saß hat sein psychiatrisches Gutachten über Beate Zschäpe am Dienstag gegen die Kritik der von Zschäpes Verteidigern bestellten Gutachtern verteidigt. Ausführlich erklärte er, weshalb weder die Methodenkritik des Professors Pedro Faustmann noch das Alternativgutachten seines Berufskollegen Joachim Bauer ihn dazu brachten, seine eigene Analyse zu ändern. Er hält Zschäpe weiter für voll schuldfähig.

„Saß‘ Kritik ist so elegant wie vernichtend formuliert“, meint Gisela Friedrichsen von der Welt. So bezeichnete Saß Bauers Ausführungen als „weitgehend spekulative (…) Vermutungen“.

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Im Prozess sei „ein Gutachterstreit über die Persönlichkeit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe ausgebrochen“, schreiben Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung. Saß‘ Vorteil dabei: Er ist unter allen Experten als einziger vom Gericht beauftragt und „ein Gutachter nach dem Geschmack von Richter Manfred Götzl“. Der Psychiater habe sich „nicht beirren“ lassen.

„Seine Replik ist ruhig im Ton, dafür aber gespickt mit Gegenargumenten“, beobachten wir auf ZEIT ONLINE. Saß, der sonst oft spröde wirkte, zeigte dabei allerdings, dass er auch „vor Abfälligkeit triefende Spitzen“ gegen seine Kollegen austeilen kann. In seiner Gegenrede formulierte er die Ansicht, der offenbar auch das Gericht folgt. Die Richter hatten nie Interesse an einem anderen Gutachter als Saß erkennen lassen.

„Sollte der Senat seiner Einschätzung folgen, droht Zschäpe die Höchststrafe. Entsprechend große Diskussionen löste das Gutachten unter den Prozessbeteiligten aus“, beobachtet Julia Jüttner auf Spiegel Online. Flogerichtig versuchten Zschäpes Altanwälte, die Antwort von Saß zu verhindern, weil dieser seinen Gutachtenauftrag überschritten habe. Entsprechende Anträge lehnten die Richter jedoch ab.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 1. Juni 2017.