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Informationen zu Dioxin sind gut versteckt

 

Wie so oft entpuppt sich ein vermeintlich kleiner Vorfall nur als Spitze eines Eisbergs: Was mit einigen Bauernhöfen begann, ist inzwischen ein landesweiter Dioxin-Skandal . Trotzdem ist der Versuch, offene Daten zu diesem Themenkomplex zu finden, nahezu vergeblich.

Dabei wäre es im Fall des mit Dioxin verseuchten Futters von großem Interesse, eine Liste aller betroffenen Betriebe zu bekommen. Für Journalisten, NGO, Vereine oder Verbraucher könnten solche automatisch zu verarbeitenen Informationen hilfreich sein. Etwa um Karten zu erstellen und Zusammenhänge zu verstehen.

Die Frage nach so einer Liste der über 4000 Betriebe wurde offensichtlich auch oft an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gestellt. Von dort wird auf die Zuständigkeit der Länder verwiesen. Auf den jeweiligen Websites der Landesministerien könnte ggf. so eine Liste zu finden sein, heißt es.

Um es kurz zu machen: so eine Liste existiert nicht. Beim Bundeslandwirtschaftsministerium gibt es zumindest aber eine Übersicht mit Links auf aktuelle Informationen der jeweiligen Ministerien (nicht mit den Informationen selbst).

Und wer etwas sucht, findet wenigstens eine Liste der betroffenen Eier-Chargen. Wenn auch nicht direkt beim Bundesministerium. Dessen Website verweist nur auf die Seite des Landwirtschaftsministeriums in NRW, beziehungsweise auf das von Niedersachsen.

Wer etwas über Eier aus anderen Bundesländern erfahren will, der wird an die Verbraucherzentrale Hamburg verwiesen. Deren Liste kann mit etwas Wohlwollen sogar als OpenData verstanden werden. Aber auch nur, weil die Liste per Copy und Paste in ein Tabellenprogramm übernommen werden könnte.

statistisches bundesamt website
Ausschnitt von der DESTASIS Website: Mehr als ein Bild von Eiern findet sich nicht zum Thema.

Auch das statistische Bundesamt hat zu der Thematik nicht viel zu bieten. Ein Foto von Eiern auf der Unterseite „Sonstige Themen“ scheint die einzige redaktionelle Reaktion auf das aktuell brisante Thema zu sein. Kein Verweis auf Statistiken zu Futtermitteln oder Dioxin-Verseuchungen. Auch das EU Statistikportal, das viele Daten zu Landwirtschaft enthält, weiß nichts über Tierfutter.

Wer staatliche Informationen sucht, findet lediglich einen Text der Landesregierung Niedersachsen. In dem Bundesland sind die meisten Betriebe betroffen. Die dort zuständige Behörde gibt in einem langen Text Auskunft über den Sachstand. Dort finden sich dann so exakte Angaben, dass „schätzungsweise zwischen 25.000 bis 125.000 Tonnen“ verunreinigtes Futter in die Tröge gelangt sein dürften.

Bleibt also noch ein Fundstück. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bietet ein 90-Seiten PDF, Titel: Jahresstatistik 2009 über die amtliche Futtermittelüberwachung in Deutschland (Langfassung).

In diesem findet sich immerhin in 13 Tabellen das Wort Dioxin, meist in Listen über die Zahl „unerwünschter Stoffe im Futtermitteln“, die bei Kontrollen gefunden wurden. Wer sich dafür näher interessiert, der findet hier eine per Schrifterkennung in maschinenlesbare Tabellenform gebrachte Version der Jahresstatistik – die Lesefehler enthalten kann.

Fazit: Es ist überraschend, wie wenig bei einem solchen Problem, das viele Menschen betrifft, die Chancen des Netzes genutzt werden. Es sollte einem Bundeslandwirtschaftsministerium doch möglich sein, eine zentrale Website zu solch brisanten Themen zusammenzustellen. Samt Datensätzen. Das würde nicht nur verunsicherten Verbrauchern Arbeit ersparen. Sondern auch alle möglichen Pressestellen auf Bundes- und Landesebene entlasten.

Aber darauf muss wohl mindestens bis 2013 gewartet werden, falls die Open-Government-Strategie des Bundes je umgesetzt werden sollte.

Das Schaubild oben steht unter einer Creative Commons Lizenz (sa) – Quelle.