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Deutscher Strahlungsatlas machte Pause

 

Gamme Strahlung Messung
1800 Stationen messen in Deutschland die Strahlung

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betreibt seit dem Reaktorunglück in Tschernobyl vor fast genau 25 Jahren ein „Integriertes Mess- und Informationssystem für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt“ (IMIS). Es besteht aus 1800 Messstationen, die über die Republik verteilt sind. Die Daten, die sie liefern, werden eigentlich alle zwölf Stunden veröffentlicht. Eigentlich. Seit Samstagnacht jedoch wurden die Informationen nicht mehr aktualisiert. Erst am Montagmittag kamen die nächsten Messwerte.

Ein schlechter Zeitpunkt für eine Pause angesichts der Ereignisse in Japan und des daraus resultierenden Interesses für Strahlung. Dabei heißt es auf der Homepage der Behörde extra anlässlich Japans: „Die Bürgerinnen und Bürger können online die Messwerte der Messsonden abrufen.“

Warum ausgerechnet am Sonntag keine neuen Daten veröffentlichen wurden, war beim BfS nicht in Erfahrung zu bringen. Auf Nachfrage hieß es, die Daten würden jeden Tag „plausibilisiert“. Also auf eventuelle Messfehler oder Störungen der Sonden hin untersucht. Mehr wisse man über die Verzögerung auch nicht. Mittags waren die Daten dann nachgetragen.

Update: Eine Sprecherin des Bundesamtes erklärte nach Veröffentlichung des Textes, es habe keine Pause gegeben. Alle zwölf Stunden würden die Messdaten gemittelt und am Folgetag automatisch veröffentlicht. Die Beobachtung, dass am Sonntag keine Veröffentlichung erfolgte, konnte sie nicht bestätigen. Zitat: „Es gab keine Verzögerung.“

Wahrscheinlich war die Datenpause nur ein dummer Zufall. Unklar, ob es eine Datenpanne gab oder nicht. Übrig bleibt der Gedanke, dass offene Datenschnittstellen Vorteile bieten. Derzeit werden die Messwerte in eine nicht sehr nutzerfreundliche Karte eingetragen, die nicht einmal die Suche nach einem konkreten Ort erlaubt.

Besser wäre es, wenn das BfS eine Schnittstelle (API) anböte und über diese die Daten in Echtzeit zur Verfügung stellte. Dadurch ließen sich Anwendungen bauen, die dem Einzelnen mehr nutzen könnten. Etwa eine „Geigerzähler-App“ für Smartphones, die dem Nutzer die Messwerte für seinen Standort liefert. Immerhin decken die Sonden ein Gebiet von jeweils 15 mal 15 Kilometern ab.

Auch technisch dürfte das kein großes Problem sein. Die „Gamma-Ortsdosisleistung“ (ODL) wird von den Sonden per Telefonleitung einige Male in der Stunde an die Zentrale übertragen.

Das Gegenargument für solche Ideen lautet im Zweifel, dass die Daten nicht sauber genug seien, dass sie Messfehler enthalten könnten und die Nutzer sie im Zweifel falsch interpretierten. Aber auf dieses Risiko würde sich die Mehrheit der Bevölkerung sicher gerne einlassen. Abgesehen davon, dass die Software programmiert werden könnte, Ausreißer in den Daten als solche zu erkennen.

Update: Ähnlich argumentierte nun auch die Sprecherin des BfS: Es sei nicht hilfreich, die Daten unkommentiert zur Verfügung zu stellen, sagte sie.

Dass der Bedarf vorhanden ist, war am Wochenende zu beobachten. Wie so oft bei Naturereignissen spielen Messungen eine große Rolle. In den sozialen Netzwerken machte etwa die Echtzeit-Erdbebenkarte eines US-Forschungsnetzwerks die Runde.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe dürfte auch einige Zugriffen mehr auf ihrer Seite gesehen haben. Denn dort findet sich eine Karte mit den seismischen Ereignissen der letzten 12 Monate in Deutschland.

Und jemand machte sich die Mühe, AKW-Standorte und Erdbebenzonen in Deutschland auf einer Karte darzustellen. Eine gute Idee, die noch um die Livedaten des BfS ergänzt werden könnte, wenn es sie gäbe.