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Premier Cameron wirbt für offene Daten

 

Es ist beeindruckend, mit welcher Konsequenz die britische Regierung Open Data als Teil ihres Handelns versteht. Nicht weniger als eine „komplette Revolution der Transparenz“ kündigte der britische Premier David Cameron am Donnerstag an. Nachdem in den vergangenen zwölf Monaten vornehmlich Datensätze der Regierung und der Ministerien zugänglich gemacht wurden, konzentriert sich die Politik nun auf den öffentlichen Dienst. Datensätze aus vier Bereichen werden dabei besonders Beachtung erfahren, schrieb Cameron in einem Brief an seine Kabinettskollegen: aus dem Gesundheitssystem, der Bildung, der Strafjustiz sowie aus dem Transportwesen (Straße & Schiene).

Es gehe darum, schreibt Cameron in einem Beitrag für die Tageszeitung The Telegraph, den Bürgern Informationen an die Hand zu geben, damit diese informierte Entscheidungen treffen können: Welche Schule wähle ich für mein Kind, welches Krankenhaus bietet die besten Behandlungsmöglichkeiten? Für die Institutionen selbst werde es nun möglich, detailliert ihre Leistungen zu vergleichen und so ihre Standards zu verbessern. Cameron ist sich sicher, dass offenere Daten für mehr Konkurrenz darum sorgen, „der Beste zu sein“.

Dabei geht es selbstverständlich auch um Geld. Ein Wirtschaftssektor mit bis zu sechs Milliarden Pfund Umsatz könne entstehen, schätzt Cameron. Beispielsweise durch Start-Ups, denn die „Möglichkeiten für Geschäfte seien unendlich“. So seien Bildungs- und Gesundheitsberatungen denkbar. Aber auch etablierte Unternehmen, wie aus der Pharmabranche, würden profitieren: Die Datensätze, die nun veröffentlicht werden sollen, seien äußerst wertvoll, um zu verstehen, wie Medikamente in der Bevölkerung wirken, schreibt der britische Premierminister.

Im Datablog des Guardian kommentieren Redakteure die Ankündigung der Regierung und kommen zu ähnlichen Urteilen: Ja, die Datensätze werden nützlich sein, glauben sie. Doch es das nur ein Anfang. Wirklich umfassend informierte Entscheidungen, etwa im Gesundheitsbereich, würden noch wesentlich mehr Informationen benötigen als die jetzt benannten Pilotprojekte liefern könnten.

Tony Hurst, ein britischer Datenenthusiast und Dozent an einer Fernuni, macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam: „Wenn irgendetwas sinnvolles in den Daten enthalten sein sollte, müsste man wissen, wie sie zu interpretieren oder wie Diagramme zu verstehen sind“, schreibt er. Dazu aber müsste das Bildungssystem aktiv werden, um jeden Einzelnen zu ermächtigen, Open Data zu nutzen. Damit nicht allein Beraterfirmen und Unternehmen Vorteile aus den Transparenzvorhaben der Regierung ziehen.

Angesichts des Tempos, das die Briten vorlegen, stellt sich die Frage, warum es in Deutschland nur langsam mit dem Open Government vorangeht. Im IT-Planungsrat von Bund und Ländern wird das Thema offenbar kontrovers diskutiert. Das Gremium soll im Oktober ein Umsetzungskonzept für die nationale E-Government-Strategie vorlegen. In einem Bericht des Behörden Spiegel heißt es über die letzte Sitzung des Rates Ende Juni: „Sollte Open Government nun also ein Steuerungsvorhaben des IT-Planungsrates werden, befürchten einige Ratsmitglieder, dass dies auf Kosten von Projekten geschieht, die in ihren Augen mehr Effizienzpotenziale für die Verwaltung bergen.“

Vielleicht sollte unter den Ratsmitgliedern die aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey verteilt werden. Sie hat die Möglichkeiten von „big data“, der Analyse großer Datensätze untersucht. Und kommt zu dem Schluss, dass die entwickelten Volkswirtschaften Europas „mehr als 100 Milliarden Euro durch die Steigerung betriebswirtschaftlicher Effizienz“ einsparen könnten, würden solche Datensätze sinnvoll genutzt.

(via open3.at)