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Ein Feiertag für Hacker

 

Die US-Regierung hat den 1. Juni zum nationalen Hackertag erklärt. Die Idee ist gut, das Timing nicht.

Am National Day of Civic Hacking sollen Hacker, Entwickler und Unternehmer im ganzen Land dafür sorgen, dass die Open-Data-Schätze der Regierung gehoben werden können. Behörden wie das Arbeitsministerium, das Zensus-Büro und die Nasa wollen sogar eigene Hackerwettbewerbe ausschreiben.

Ziel sei es, „gemeinsam neue Wege zu finden, öffentliche Daten und öffentlichen Code zur Lösung von Problemen in unserer Nachbarschaft, unseren Städten, Staaten und unserem Land zu nutzen.“ Das Motto: „Krempelt die Ärmel hoch, macht mit und arbeitet zusammen daran, unsere Gesellschaft zu verbessern.“

Das klingt löblich, aber der Zeitpunkt der Ankündigung ist unglücklich. Das letzte, was US-Hacker derzeit wollen, ist, für eine Regierung zu arbeiten, die ihrer Ansicht nach mitschuldig ist am Suizid von Aaron Swartz. Der 26-Jährige hatte sich Zutritt zum Intranet des Massachusetts Institute of Technology (MIT) verschafft und aus der Datenbank JSTOR rund vier Millionen Artikel aus wissenschaftlichen Zeitschriften heruntergeladen. Swartz wurde entdeckt und 14 verschiedener Straftaten angeklagt, obwohl er keinen der Artikel veröffentlicht hatte. Der Prozess, in dem er zu 35 Jahren Haft und einer Million Dollar Strafe hätte verurteilt werden können, sollte im April beginnen.

Die Wissenschaftlerin Danah Boyd hat unmittelbar nach dem Tod von Swartz einen wütenden Blogpost veröffentlicht, in dem sie die Stimmung in der Szene auf den Punkt bringt: „Als die Regierung auf Aaron losging, behandelte sie ihn nicht wie jemanden, der möglicherweise etwas Dummes getan hat. Er war ein Exempel. Sie wollten ihm keine Lektion erteilen, sie wollten der gesamten Cambridge-Hackerszene zeigen, dass sie geschlagen („p0wned“) ist. Es war eine Drohung, die nichts mit Gerechtigkeit zu tun hatte, aber umso mehr mit dem großen Kampf um systemische Macht. Immer wieder haben Hacker den Status quo herausgefordert und die Legitimität zahlloser politischer Aktionen infrage gestellt. Ihre Mittel mögen fragwürdig gewesen sein, aber ihre Absichten waren legitim. Der Sinn einer funktionierenden Demokratie ist es, den Gebrauch und Missbrauch von Macht jederzeit zu hinterfragen, um das Entstehen von Tyrannei zu verhindern. In den vergangenen Jahren mussten wir mit ansehen, wie Hacker als Anti-Demokraten dämonisiert wurden, obwohl sich viele von ihnen als zeitgemäße Freiheitskämpfer bezeichnen würden.“

In den User-Kommentaren in Techblogs von The Verge bis TechCrunch spiegelt sich diese Wut wieder. „Ist das der offizielle ‚Vergesst, dass wir Aaron Swartz getötet haben‘-Tag?“, heißt es dort. Oder auch: „Wenn die Exekutive nun die Hacker umarmen will, sollte sie der Judikative zunächst mal sagen, dass sie mit der Verfolgung aufhören sollte.“

Statt zu versuchen, die Hackerszene mit einem Aktionstag einzuspannen, sollte die Regierung zunächst wohl besser für Frieden sorgen. Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) schlägt vor, mit dem umstrittenen Gesetz Computer Fraud and Abuse Act (CFAA) anzufangen und es zu ändern. Das Gesetz kriminalisiere in seiner jetzigen Form den nicht autorisierten Zugriff auf Computersysteme und verlange drakonische Strafen selbst für letztlich gemeinnützige Aktionen ohne irgendwelche Opfer. „Brillante, talentierte, visionäre Menschen sollten ihre Zeit damit verbringen können, unsere Zukunft zu gestalten – nicht mit der Befürchtung, im Gefängnis zu versauern“, schreibt die EFF.

Der Tag, an dem das Gesetz entschärft wird, wäre ein echter Feiertag für die Hacker-Community in den USA.