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Wie unsere Karte zu den Dispo-Zinsen entstand

Am Anfang stand ein Thema und eine Frage: Deutsche Banken verstecken oft, wie hoch ihre Überziehungszinsen sind, selbst Verbraucherschützer wissen nicht genau, wie stark die Zinsen variieren. Warum bitten wir nicht unsere Leser, Licht in den Dispo-Dschungel zu bringen?

Die Autorinnen Marlies Uken und Nadine Oberhuber recherchierten, wie das intransparente Geschäft mit den Überziehungszinsen abläuft und stellten Anfang Juni gemeinsam mit unseren Datenjournalisten den Lesern drei Fragen: Wie hoch ist ihr persönlicher Überziehungszins? Wie lautet Ihre Bankleitzahl? Wie Ihre Postleitzahl? Die Leser konnten diese Informationen in einem Formular auf der Website hinterlassen.

Die Resonanz hat uns überrascht. Mehr als 8.000 Leser sind seither dem Aufruf gefolgt und haben ihren Dispo-Zins der Redaktion gemeldet. Das ist eine der höchsten Beteiligungen bei einem sogenannten Crowdsourcing-Projekt in Deutschland. Auf ZEIT ONLINE diskutierten Hunderte Leser über das intransparente Geschäftsgebaren der Banken. Sie erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen, ärgerten sich über Bankberater und die Politik. Andere verteidigten hingegen die Banken und sahen die Kunden in der Verantwortung.

Anschließend begann eine wochenlange Arbeit: Die Redaktion hat die höchst und niedrigst genannten Werte nachrecherchiert – und die Institute mit den Ergebnissen konfrontiert. In vielen Fällen wurden die Daten der Leser bestätigt, in anderen Fällen mussten wir die Daten korrigieren, in vier Fällen bekamen wir keine Antwort. Offensichtliche Fehleinträge filterten wir heraus. Insgesamt überprüfte das Rechercheteam die Konditionen von rund 300 Banken. Am Ende entstand eine regionale Übersicht der höchsten Dispo-Zinsen in Deutschland – alles auf Basis der Daten unserer Leser.

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Die Karte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber sie gibt erstmals einen guten Überblick darüber, wie die Bankkonditionen in Deutschland variieren. Ein Ergebnis: Einige Institute verlangen drei Mal so viel Dispo-Zinsen wie faire Banken. Ein anderes Ergebnis: Die ganz großen Abkassierer sind ausgerechnet die Kleinsten. Regionale Volksbanken und Sparkassen, die ihre Vormachtaufstellung auf dem Land ausnutzen.

Wollen Sie unsere Datenbank weiter befüllen? Das Formular finden Sie hier. Unsere Redakteure werden in den nächsten Tagen berichten, wie die Banken auf die Ergebnisse unseres Datenprojekts reagieren.

Bleibt die Frage: Welche Datenrecherche können wir mit unseren Lesern als nächstes angehen? Bei welchem Thema würden Sie uns wieder so engagiert unterstützen? Ihre Vorschläge können Sie gerne in den Kommentaren hinterlassen. Oder sie schreiben uns eine Mail: faigle@zeit.de.

 

Der arbeitslose Kontinent

Rund 18 Millionen Menschen waren im August im Euro-Raum arbeitslos – eine gewaltige Zahl. Wie weit Europa in seiner Entwicklung zurückgeworfen wird, zeigt ein Blick in die Geschichte. Wir haben Langzeitdaten für die verschiedenen Wirtschaftsräume besorgt und gegenübergestellt.

Ein Ergebnis: Die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum ist so hoch wie zuletzt Mitte der neunziger Jahre – wenngleich sie noch nicht so hoch liegt wie Anfang des gleichen Jahrzehnts. Damals waren die Arbeitsmärkte in vielen Ländern – darunter Spanien oder Portugal – in schlechter Verfassung. In Spanien betrug die Arbeitslosenrate in einigen Jahren mehr als 20 Prozent. Auch in Deutschland lag die Quote nach der Wiedervereinigung zeitweise bei zehn Prozent und damit deutlich höher als heute. Anschließend reformierten viele Euro-Staaten ihre Arbeitsmärkte – die Arbeitslosigkeit sank.

Interessant auch die Entwicklung der USA: Noch in den neunziger Jahren und im ersten Jahrzehnt des neues Jahrhunderts lagen die Arbeitslosenquoten deutlich niedriger als im heutigen Euro-Raum. Erst mit der großen Krise nach der Lehman-Pleite sprang die Quote auf europäisches Niveau. Mittlerweile liegt sie wieder etwas darunter und beträgt rund acht Prozent.

Die Entwicklung im Euro-Raum ist durchaus unterschiedlich. Während in Deutschland die Arbeitslosigkeit in der Krise sogar gesunken ist und derzeit 5,5 Prozent beträgt, steigt sie in anderen Ländern an. Außergewöhnlich ist dabei die Situation in Spanien, wo mittlerweile fast jeder Vierte ohne Arbeit ist. Das zieht auch den Schnitt im Euro-Raum nach oben.

Datenauswertung und Visualisierung: Martina Schories
Daten als Google Spreadsheet