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Grüne Koalitionsspiele

 

Mögliche Koalitionen nach der Bundestagswahl beschäftigen die Grünen schon seit einiger Zeit. Wir erinnern uns: Vor der Delegiertenkonferenz im Mai scheiterte die Parteiführung mit dem Versuch, eine Aussage zugunsten einer so genannten Ampelkoalition ins Wahlprogramm aufzunehmen, am Widerstand der Parteibasis. Der daraufhin verabschiedete Wahlaufruf enthält denn auch kein Plädoyer für eine Ampelkoalition. Stattdessen wird eine so genannte Jamaikakoalition abgelehnt, und der Aufruf propagiert die Verhinderung einer schwarz-gelben Koalition als zentrales Ziel: „Es braucht starke Grüne, um schwarz-gelb zu verhindern.“ Nun, offenbar auch unter dem Eindruck sozialdemokratischer Wahl- und Umfrageergebnisse, bringt die Führung der Grünen eine schwarz-grüne Koalition ins Spiel – und bietet damit eine neue, für manchen Beobachter konsequente, für andere wohl eher originelle Interpretation ihres koalitionspolitischen Credos.

Doch wie denken darüber Anhänger und (potentielle) Wähler der Grünen? Löst diese Koalition Begeisterung in ihren Reihen aus? Werden sie für eine solche Koalition engagiert Wahlkampf führen? Ergebnisse von Onlineumfragen, die methodenbedingt besonders vorsichtig zu interpretieren sind, zeigen, dass je rund ein Drittel der Anhänger und Wähler der Grünen eine solche Koalition für (eher) wünschenswert hält. Die Hälfte beider Gruppen lehnt ein solches Bündnis hingegen mehr oder minder deutlich ab. Damit schneidet die schwarz-grüne Koalition etwas besser ab als ein Jamaika-Bündnis, doch merklich schlechter als andere. Die Herzen der grünen Anhänger und Wähler schlagen unzweifelhaft für ein rot-grünes Bündnis, was an Zustimmungsraten von rund achtzig Prozent abzulesen ist. Immerhin jeweils rund die Hälfte befürwortet eine Ampelkoalition, die je rund ein Drittel der Anhänger und Wähler ablehnt. Ein Bündnis mit SPD und der Linken stößt bei der Hälfte der Anhänger auf positive Resonanz, bei 40 Prozent auf Widerstand; in der Wählerschaft findet dieses Bündnis jedoch mehr Gegner als Unterstützer – und schneidet damit ähnlich ab wie Schwarz-Grün.

Vor diesem Hintergrund ist nicht ohne weiteres damit zu rechnen, dass grüne Anhänger und Sympathisanten mit Herzblut für ein schwarz-grünes Bündnis werben werden. Auch sprechen diese Ergebnisse nicht unbedingt dafür, dass die Grünen in einem möglichen Koalitionspoker ihren Preis mit der Karte „Schwarz-Grün“ sehr glaubwürdig nach oben treiben können. Aber vielleicht wird es der Grünen-Führung ja noch gelingen, ihrer Basis im Wahlkampf ein Bündnis mit der Union schmackhaft zu machen, und sei es nur als „kleineres Übel“. Womöglich ist der grüne Beitrag zur Koalitionsdiskussion aber auch nur dazu gedacht, CDU und CSU in einen Streit über den Charme eines Bündnisses mit den Grünen zu verwickeln. Dazu bedürfte es nur einiger Unionspolitiker, die Schwarz-Grün propagieren – und außer acht lassen, dass eine solche Koalition in den Reihen der Unionsparteien mindestens so wenig beliebt ist wie in jenen der Grünen.