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Georeferentielle Daten

In der vergangenen Woche habe ich hier über den Fall Patrick N. geschrieben – ein deutscher Islamist, der offenbar bereits im Februar 2012 durch eine US-Drohne in der pakistanischen Unruheprovinz Waziristan getötet wurde, wo er sich der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ (IBU) angeschlossen hatte. Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans Christian Ströbele hat nun eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage erhalten, die er am 16. Januar zu dem Tod des Offenbachers gestellt hatte. Ströbele wollte wissen, ob Patrick N. V-Mann der Sicherheitsbehörden war – ein Gedanke, auf den man kommen konnte, wenn man die „Märtyrer“-Rede der IBU über Patrick N. gehört hatte. Und er fragte, ob die Bundesregierung ausschließen könne, dass deutsche Stellen „zuvor an US-Stellen Handy-Daten bezüglich des Opfers“ übermittelt hatten. Die zweite Frage zielte darauf ab, ob deutsche Behörden möglicherweise geholfen haben, bewusst oder unbewusst, Patrick N. zu orten.

Die Antwort der Bundesregierung ist heute bei Ströbele eingegangen. Patrick N., heißt es darin, „wurde durch die Bundessicherheitsbehörden nicht als Vertrauensperson beziehungsweise V-Mann geführt“. Hier gibt es sechs Buchstaben, auf die es besonders ankommt: BUNDES-Sicherheitsbehörden. Denn so ist technisch gesehen lediglich dementiert, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz oder das Bundeskriminalamt N. als Informanten führen. Es bleiben theoretisch noch die entsprechenden Landesbehörden oder sogar eine untergeordnete Polizeibehörde übrig. Für die, das muss man hinzufügen, kann das Bundesministerium des Innern wiederum nur bedingt sprechen.

Die zweite Auskunft lautet so: „Ein Informationsaustausch mit ausländischen Dienststellen hat im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenwahrnehmung und den hierfür vorgesehenen Übermittlungsbestimmungen stattgefunden. Georeferentielle Daten wurden auch in diesem Sachverhalt nicht übermittelt.“

Ich interpretiere das so, dass die Bundesbehörden durchaus mit US-Beamten, vielleicht auch mit pakistanischen Stellen, über Patrick N. kommuniziert haben. Allerdings „im Rahmen“ der „vorgesehenen Übermittlungsbestimmungen“. Ich bin nicht ganz sicher, was das bedeuten soll, vermute jedoch, dass darunter zum Beispiel „Beipackzettel“ gehören wie jener, den der Bundesnachrichtendienst (BND) anscheinend manchmal an übermittelte Informationen anhängt – und demzufolge die Informationen nicht widerrechtlich verwendet werden dürfen. Damit versucht der BND, sicherzustellen, dass seine Informationen nicht für extralegale Tötungen oder Ähnliches genutzt werden. Unklar bleibt, was es bedeuten soll, dass „georeferentielle Daten“ nicht übermittelt wurden. Klar, Koordinaten wären gewiss „georeferentielle Daten“. Aber was ist mit Handy-Daten? Nach denen hatte Ströbele ja gefragt.

Die Sicherheitsbehörden haben früher schon einmal erklärt, dass Handydaten ihrer Ansicht nach nicht geeignet sind, jemanden ausreichend genau für eine Drohnen-Zielerfassung zu lokalisieren. Das ist für Außenstehende freilich schwer zu überprüfen, vielleicht sogar für den BND selbst. Wer weiß schon, was die NSA alles kann?

Ströbele findet die Antwort, die er heute bekam, jedenfalls unzureichend: „Es bleibt nach dieser Antwort der Verdacht, dass Bundessicherheitsbehörden auch Handy- oder andere persönliche Daten des Getöteten übermittelten, die zur Ermittlung von dessen Aufenthalt entscheidend beitragen konnten. Dadurch müssen deutsche Behörden auch eine Verantwortung für den tödlichen Drohnen-Einsatz übernehmen.“

Wenn Ströbele als Ableitung aus einem Verdacht die Übernahme von Verantwortung fordert, ist das natürlich auch Politik.

Aber geklärt ist der Fall Patrick N. noch nicht. Es bleiben offene Fragen.

 

Al-Kaida will Ende der Kämpfe zwischen Dschihadisten in Syrien

Zum ersten Mal hat sich heute Al-Kaidas Chef Aiman al-Sawahiri zu den Kämpfen zwischen islamistischen und dschihadistischen Gruppen in Syrien geäußert. Seine kurze Ansprache wurde offenbar via YouTube veröffentlicht, was ungewöhnlich ist; aber die einschlägigen und von Al-Kaida seit Jahren zu diesem Zweck genutzten Internetforen sind derzeit nicht stabil und haben technische Schwierigkeiten. Authentisch ist die Publikation vermutlich trotzdem. Der Inhalt und Sawahiris ziemlich unverkennbare Stimme sprechen dafür, darüber hinaus aber auch der Umstand, dass Dschihadisten die Rede für echt halten.

Sawahiri versucht mit seiner Rede, seinen Anspruch als Spiritus Rector der globalen dschihadistischen Bewegung zu festigen. Er fordert, dass die islamistischen und dschihadistischen Gruppen in Syrien ihren vor einigen Wochen ausgebrochenen Bruderkrieg einstellen. Er mache keinen Unterschied zwischen Gruppierungen, sagt Sawahiri, wichtig seien die Ideologie, das Verhalten jedes Einzelnen und die gemeinsamen Ziele. Die Einheit der Bewegung sei bedeutender als Parteiungen, er betrachte alle „Mudschahidin“, also Gotteskrieger, „als Brüder“; nicht zulässig sei es allerdings, sich gegenseitig zu Ungläubigen zu erklären, was in Syrien auch schon vorgekommen ist.

In Syrien besteht die aus Sawahiris Sicht paradoxe Situation, dass gleich zwei Al-Kaida-verbundene Gruppen existieren, die einander auch noch teilweise bekriegen. Da ist einmal Dschabhat al-Nusra, ein syrisch dominierter Dschihadisten-Verbund, der Sawahiri und der Al-Kaida-Zentrale seiner Loyalität versichert hat; und da ist Isis, der „Islamische Staat in Irak und Großsyrien“, im Grunde eine Ausweitung der Irak-Filiale Al-Kaidas, die deren Anführer Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen hat – und zwar in Abgrenzung zu Sawahiri. Derzeit kämpfen verschiedene weitere islamistische Rebellengruppen gegen Isis, und auch Dschabhat al-Nusra ist in diese Kämpfe schon einbezogen worden. Für Sawahiri ist das alarmierend, er macht sich Sorgen, dass Al-Kaida sich selbst erledigt.

Auch deshalb nun der Ruf zur „Einheit“ und die Betonung der gemeinsamen Ziele und Feinde. Selten zuvor hat Sawahiri in einer Ansprache so viel von der Notwendigkeit gesprochen, eine „islamische Herrschaft“ zu errichten; er vermutet hinter dem Gedanken, die Gotteskrieger könnten in Syrien gebietsweise regieren, offenbar ein vereinigendes Element. Als Gegner benennt er das Regime des syrischen Diktators Baschar al-Assad, die Kreuzfahrer, die Russen (die Assad unterstützen), aber auch China und die Schiiten (auch der Iran unterstützt das syrische Regime).

Ob al-Sawahiris Rede auf fruchtbaren Boden fällt, ist ungewiss. Viel Autorität wird ihm nicht mehr zugetraut, seit Isis Al-Kaida de facto gespalten hat. Isis-Kader werden die Rede zur Kenntnis nehmen, aber nicht für verbindlich erachten.

Ohnehin ist die Lage in Syrien an den vielen Fronten verwirrend – nicht nur für Außenstehende, sondern anscheinend auch für Beteiligte, wovon irritierte und verwirrte Twitter-Nachrichten von einzelnen Gotteskriegern zeugen, die teils offenbar nicht mehr sicher sind, warum sie nun gegen wen genau kämpfen sollen. Bündnisse verschiedener Gruppen werden geschmiedet und zerfallen wieder, lokale Anführer vereinigen Autorität auf sich und werden im nächsten Moment getötet. Sicher scheint, dass Isis in diesen Auseinandersetzungen an Boden verloren hat, aber das muss nicht dauerhaft oder gar endgültig sein.

In der vergangenen Woche gab es (unbestätigte, aber nicht unwahrscheinliche) Berichte über einen auf dschihadistischen Websites veröffentlichten Brief, den ein von al-Sawahiri benannter Unterhändler an Isis-Kader gerichtet hatte. Dieses Schreiben hatte demnach eine ähnliche Stoßrichtung und bezeichnete Isis-Praktiken als „inkorrekt“; das dürfte vor allem auf zwei Praktiken gemünzt gewesen sein, die Anfang des Jahres auch zum Ausbruch des Bruderkampfes im Rebellenlager geführt hatten: Isis ging selbst anderen Dschihadisten zu brutal gegen Zivilisten vor; außerdem griffen Isis-Kämpfer häufig Führer anderer Gruppen an, was die Frage aufwarf, ob Isis eigentlich alle anderen Gruppen als feindlich ansieht.

Al-Kaidas Zentrale erlebt in Syrien in gewisser Weise ein Déjà-vu, allerdings um einige Potenzen problematischer. Aber schon 2005/2006 im Irak war die dortige Filiale mit ihren brutalen Angriffen auf Schiiten aus Sicht der Zentrale aus dem Ruder gelaufen. Was Isis heute in Syrien treibt, ist die Fortsetzung dieser Schule. Nur dass Isis diesmal offensichtlich keine Angst hat, es sich mit der zentralen Führung zu verderben. Sie betrachtet das dschihadistische Projekt im Nahen Osten als das derzeit wichtigste und die eigene Rolle dabei als die bedeutendste.

Dass Al-Sawahiri in besonderer Weise auf das Thema islamische Regierung eingeht, hat derweil damit zu tun, dass genau das in Teilen bereits Realität ist: In mehreren Städten und Dörfern herrschen de facto dschihadistische Gruppen. Isis und Dschabhat al-Nusra haben bereits vereinzelt Schulen gegründet und Scharia-Gerichtshöfe eingerichtet. Sogar Nummernschilder stellt Isis aus. Das mag grotesk wirken, hat aber den Hintergrund, dass in der dschihadistischen Ideologie selbst die nominelle Herrschaft eines Ungläubigen nach Möglichkeit vermieden werden muss – und das geht am besten, in dem man eigene Herrschaftsgebilde ausruft.

Mittelfristig könnte der Konflikt innerhalb Al-Kaidas und der dschihadistischen Bewegung tatsächlich dazu führen, dass die Organisation, die Osama Bin Laden einst gründete, ihr Gesicht komplett verändert – die Zentrale am Hindukusch verfügt kaum über eigene Kämpfer und Ressourcen und hat wegen der US-Drohnen fast keine Bewegungsfreiheit. Die Filialen im Irak, in Nordafrika und auf der Arabischen Halbinsel haben daher an Gewicht gewonnen, sind aber miteinander nur lose verbunden und verfolgen eigene Ziele. Hinzugekommen sind zudem eine ganze Reihe wiederum mit den einzelnen Filialen lose verbundenen lokalen Dschihadisten-Gruppen wie Ansar al-Sharia in Libyen oder einzelne Gruppierungen auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel. Das alles dürfte dazu führen, dass es eine einzelne, maßgebliche und kohärente Al-Kaida-Strategie, die in Pakistan definiert wird, immer weniger wahrscheinlich wird. Die neuen Aktionsfelder, die sich Dschihadisten in den Unruhestaaten der arabischen Welt nach den Rebellionen dort geöffnet haben, sind dabei, Al-Kaidas Gesicht zu verändern. Womöglich dauerhaft und irreversibel.

 

War Patrick N. ein Informant?


Patrick N. auf einer islamistischen Webseite

Im Februar 2012 kam in Waziristan ein deutscher Islamist durch eine US-Drohne ums Leben: der damals 27-jährige Patrick N. aus Offenbach. Das geht aus einer am vergangenen Wochenende veröffentlichten Internet-Ansprache der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ (IBU) hervor, der er sich angeschlossen hatte, und es gibt wenig Grund, daran zu zweifeln; die deutschen Sicherheitsbehörden jedenfalls gehen davon aus, dass es stimmt.

Anders verhält es sich mit weiteren angeblichen Fakten, die ebenfalls in der Ansprache behauptet werden. Vorgetragen wird die Todesmeldung von „Abu Adam“, einem Bonner Dschihadisten, der seit etwa 2008 bei der IBU ist und als offizielles deutschsprachiges Sprachrohr fungiert.

Abu Adam suggeriert in der Ansprache, das Bundeskriminalamt oder der Verfassungsschutz, ganz eindeutig ist das nicht, habe versucht, N. als Informanten zu werben. Außerdem habe ein Polizist diesem noch am Tag seiner Ausreise nach Pakistan Anfang Oktober 2011 mitgeteilt, eigentlich habe der Verfassungsschutz seine Ausreise unterbinden wollen. Aber er, der Polizist, habe das verhindert. Er wisse nämlich, dass N. gar nicht zum Kämpfen nach Pakistan reisen wolle.

Die Geschichte scheint so nicht ganz zu stimmen. Nach mehreren Gesprächen, die ich seit Anfang der Woche geführt habe, ergibt sich ein etwas anderes Bild. Unbestritten ist zunächst einmal, dass N. tatsächlich Kontakt mit der Polizei hatte. Er war nämlich zwischenzeitlich (wenn auch wohl irrtümlich) verdächtig, einen Anschlag zum Jahrestag der Deutschen Einheit 2011 vorbereiten zu wollen; es kam zu einer kurzzeitigen Festnahme. Richtig ist wohl auch, dass der Verfassungsschutz und die hessische Polizei gemeinsam erörterten, ob man seine geplante Pakistanreise, von der sie wussten, unterbinden solle. Aber N. hatte ein neugeborenes Kind, und er hatte erklärt, er wolle es der Verwandtschaft seiner Frau, einer Afghanin, vorstellen – das schienen plausible Gründe zu sein, jedenfalls wohl zu wenig Verdachtsmomente, um ihn aufzuhalten. So kam es, dass N. ungestört ausreisen konnte, samt Ehefrau und zwei Kindern. Deren Verbleib ist übrigens anscheinend unklar.

Wurde N. nun angeworben, als V-Mann des Verfassungsschutzes oder als Kontaktperson oder Informant des BKA, wie Abu Adam insinuiert? In Sicherheitskreisen wird das dementiert. Laut Abu Adam habe der Polizist, der N. am Abreisetag besuchte, ihn gebeten, sich regelmäßig aus Pakistan zu melden. Vielleicht stimmt das, vielleicht nicht. Aber es dürfte sich nach meinen vorläufigen Erkenntnissen dabei nicht um einen Beamten des BKA oder des hessischen Landeskriminalamtes gehandelt haben. Damit bleibt nach meiner Einschätzung nur eine untergeordnete Polizeibehörde übrig.

Ich betone: Das sind vorläufige Erkenntnisse. Wer weiß, was da noch auftaucht.

Mindestens genau so interessant wäre es allerdings zu wissen, wer das eigentliche Ziel bei dem Drohnenanschlag in Waziristan war – und ob die USA wussten, dass ein deutscher Staatsbürger sich an dem Ort aufhielt.

Insgesamt ist N. der bisher fünfte bekannt gewordene Fall eines durch eine US-Drohne getöteten Islamisten aus Deutschland.

 

Post von Breivik

Anders Bering Breivik hat aus dem Gefängnis heraus internationale Medien angeschrieben, darunter DIE ZEIT. Er beklagt sich über angebliche Folter und berichtet, dass er sich eine Playstation erstritten hat.  

Bei Veröffentlichungen von Terroristen und Extremisten muss man immer abwägen, ob man, wenn man darüber berichtet, seinen Lesern oder den Verfassern den größeren Dienst erweist. Das insgesamt 35 Seiten lange Schreiben, das Anders Bering Breivik an mehrere nicht-norwegische Medien versandt hat, und das heute auch bei der ZEIT ankam, besteht vor allem aus Propaganda. Auf diese werde ich hier nicht näher eingehen; Breiviks Ideologie ist ausgiebig genug beschrieben worden, unter anderem in diesem Blog und in diesem Dossier aus der ZEIT. Vielleicht so viel: Reue zeigt er nicht; das wäre in der Tat berichtenswert gewesen.

Trotzdem ist Breiviks Brief nicht vollkommen uninteressant. So scheint Breivik sich vorgenommen zu haben, alles, was ihn an Rechten und Freiheiten zustehen könnte, zu erstreiten. Und zwar im Großen, wie im Kleinen. So hat er versucht, eine Partei registrieren zu lassen, allerdings erfolglos. Und er hat sich offenbar als Student an der Universität von Oslo im Fach Politikwissenschaften eingeschrieben, musste aber bereits Prüfungen absagen, wie er schreibt, wohl weil er wegen seiner Auflagen die Studiengebühren nicht zahlen kann. Auch einen Zugang zu einem Studienraum im Gefängnis hat er sich erkämpft, wie er berichtet; außerdem einen Fernseher, eine Playstation und einen Plastikbecher für seine Zahnbürste.

Seit 27 Monaten lebt Breivik hinter Gittern, in Einzelhaft. Er sieht sich als Folteropfer, das ungeschützt der Willkür der Justiz ausgeliefert ist, beklagt sich etwa über die Vielzahl an Sicherheitskontrollen, denen er unterliegt, und darüber, dass er nicht frei und ungehindert mit Sympathisanten korrespondieren dürfe.

Was die Sicherheitskontrollen angeht, führt Breivik eine besonders merkwürdige Argumentation. Diese seien nämlich deshalb sinnlos und unnötig, weil es für ihn gar kein Problem wäre, zu fliehen: „Ich habe die Möglichkeit, zwischen 10 und 15 tödliche Waffen zu bauen, wenn ich das wollte. Ich habe Zugang zu zwei Kugelschreibern, über 40 Schrauben, einem langen Lineal, bis zu 10 bis 15 Plastikmessern, -gabeln und -löffeln, … zahllosen potenziellen Stich- und Hiebwaffen aus den Bauteilen des Fernsehers, eine Schreibmaschine, eine große Thermoskanne, etc. Das ist mehr als als genug…. Ich bräuchte nicht einmal Objekte, um das Team der drei Beamten zu neutralisieren, die mich derzeit außerhalb der Zelle begleiten, und zwar wegen meiner Martial-Arts-Erfahrungen…. Die Handschellen verhindern gar nichts, solange die Arme nicht im Gürtel fixiert sind. Mit einem schnellen, gut gezielten Schlag auf den Kehlkopf hätte ich ganz einfach den stärksten Beamten ausschalten können, ihn entwaffnen können, und hätte es dann mit großer Wahrscheinlichkeit hinbekommen, auch die anderen beiden zu neutralisieren und ihre Schlüssel wegzunhemen. Wenn ich den Wunsch hätte, das zu tun.“

Überhaupt werde nur deshalb ständig durchsucht, weil er in seinem nach den Anschlägen veröffentlichten Manifest stehe, Gefangene müssten versuchen zu fliehen. Die Justizbeamten seien aber wohl die einzigen, die sein „Copy-und-Paste-Werk“ noch ernstnehmen. Er habe schließlich fast alles abgeschrieben.

Ob diese beiden Argumente die beste Strategie ergeben, sich über Handschellen und Körperdurchsuchungen zu beschweren, sei einmal dahingestellt.

Ansonsten erwähnenenswert ist noch, dass Breivik behauptet, mit einer Deutschen befreundet zu sein, mit der er aber seit Frühjahr 2013 nicht mehr telefonieren dürfe. Wer sich dahinter verbirgt, ist ungewiss. Bekannt ist nur, dass während seines Prozesses eine Deutsche aus Stuttgart angereist war, die behauptet hatte, ihm damals schon geschrieben zu haben, und die von den norwegischen Behörden ausgewiesen worden war. Vielleicht geht es um diese Frau. Einen Namen nennt Breivik nicht.

Für sich selbst stellt sich Breivik derweil eine Existenz als Autor vor. Er habe schon zwei Bücher verfasst, seit er einsitze (eines heißt angeblich: „The Breivik Diaries“), aber man lasse ihn sie nicht publizieren. Sein Plan sehe dennoch vor, dass er, nach Erreichen seines Universitätsabschlusses, „zehn bis zwanzig Jahre“ als Autor leben werde.

Der Rest ist, wie gesagt, vor allem rechtsextreme Propaganda, sich selbst bezeichnet er als Faschisten. Es ist nicht das erste Mal, dass Breivik sich aus dem Gefängnis heraus meldet. Und gewiss wird er es wieder tun. Ob es sich lohnt, darüber zu berichten, muss man im Einzelfall enstscheiden. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, weil man sich so ein Bild über seine Verfassung machen kann.