Lesezeichen
 

IS will den Anschlag von Ansbach als Vergeltungsakt verkaufen

Um 23 Uhr 47 am Montagabend hat Amaq, eine dschihadistische Propagandastelle, die offensichtlich enge Beziehung zur Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) unterhält, ein Video veröffentlicht, das den Attentäter von Ansbach zeigen soll. Die Authentizität kann ich nicht bestätigen. Zum einen, weil der Mann in dem Video vermummt ist. Zum anderen, weil ich keine Vergleichsbilder und auch keine anderen Tonaufnahmen von ihm habe. Ich vermute aber, dass er es ist, denn auch nach dem Anschlag von Würzburg veröffentlichte Amaq ein ähnliches Video des Attentäters, dessen Echtheit von den Ermittlern kurze Zeit später bestätigt wurde.

Das Video ist nicht sehr lang und auch nicht spektakulär; der Attentäter spricht zunächst einen Treueeid auf Abu Bakr al-Baghdadi, den selbsternannten „Kalifen“ des IS. (Wörtlich sagt er: „erneuern“; ob das auf eine schon länger zurückreichende Beziehung zum IS hindeuten, ist jedoch unklar.) Sodann identifiziert er Deutschland als Mitglied der internationalen Anti-IS-Koalition, der er vorwirft, „Männer, Frauen und Kinder“ zu töten. Dann kündigt er an, dass er einen Anschlag begehen wird.

Wenn sich das Video als authentisch herausstellen sollte, lautet die nächste Frage: Wie gelangte es an Amaq? Eine Frage, auf die wir auch im Falle des Würzburger Attentäters noch keine Antwort haben. Diese Frage ist deshalb bedeutsam, weil sie einen Hinweis darauf geben könnte, ob die beiden Attentäter zuvor Kontakt zum IS aufgenommen hatten. Wir kennen andere Fälle, in denen Täter im Namen des IS zur Tat schritten, ohne zuvor eine Beziehung hergestellt zu haben. Der Angriff von Orlando zum Beispiel. Wenn es aber eine Beziehung gab, stellt sich gleich die nächste Frage: War der Anschlag von Ansbach (und der von Würzburg) auch vom IS angeleitet? Oder haben die Täter auf eigene Faust ihren Plan entwickelt und ihre Videos lediglich zum Zwecke der Benennung an die Dschihadisten versendet? Die Antworten auf diese Fragen würden helfen, die Vorgehensweise des IS besser zu verstehen.

Ich erspare mir, weitere Einzelheiten oder Eindrücke aus dem Video wiederzugeben, die keinen nachrichtlichen oder analytischen Wert haben; es handelt sich schließlich um Propaganda des IS.

 

Warum Analyse gegen Angst helfen kann

Im Angesicht der Anschläge und Gewalttaten der vergangenen Tage verspüren viele Menschen in Deutschland ein neues Gefühl von Unsicherheit. Das ist nachvollziehbar. Genauso nachvollziehbar ist, dass dieses Empfinden diffus ist: Die Nachrichten überschlagen sich, was zunächst wie ein Terroranschlag erschien, stellt sich plötzlich als Amoklauf dar und andersherum – wieso soll ich da das eine vom anderen überhaupt noch krampfhaft unterscheiden, für mich, als potenzielles Opfer, ändert das doch nichts?!

Mir hilft es trotzdem, wenigstens etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Deshalb die unten stehende Übersicht (Stand Montagnachmittag). Sie beantwortet keine Fragen, aus ihr kann man keine Politik ableiten, und auch nicht, ob man morgen auf das Dorffest, Musikfestival oder Sportevent gehen soll oder besser nicht. Aber sie zeigt, wie unterschiedlich die Gewaltakte dieser fürchterlichen vergangenen Tage waren. Und dass es zum Beispiel zwischen dem Amoklauf von München und dem Axtangriff von Würzburg erhebliche Unterschiede gibt: Im ersten Fall war der Täter psychisch instabil, er war hier geboren, es gibt keinerlei Hinweis auf irgendeine Beeinflussung durch den „Islamischen Staat“ (IS). Ganz anderes Würzburg: Der Täter war ein jugendlicher Flüchtling aus Afghanistan, er bekannte sich zum IS und der IS sich zu ihm, Hinweise auf eine psychische Erkrankung gibt es hingegen nicht.

Es ergibt sich daraus, dass zur Prävention weiterer solcher Taten unterschiedliche Konzepte, unterschiedliche Politiken erforderlich sind. So lässt sich ein wenig Handlungsfähigkeit zurückgewinnen: Denn wir können mehr tun, je genauer wir wissen, womit wir es zu tun haben. Weiter„Warum Analyse gegen Angst helfen kann“

 

Terrorwaffe Auto

Seit es Terrorismus gibt, ist er auf perfide Art und Weise innovativ. Die Idee, dass man Bomben auf Fortbewegungsmittel platzieren könnte, ist keineswegs neu, wird aber von Terroristen stetig weiterentwickelt. Am 24. Dezember 1800 versuchten Royalisten zum Beispiel Napoleon mithilfe eines Sprengsatzes auf einem Pferdewagen zu töten. Und 1905 verübten armenische Separatisten den vermutlich ersten Anschlag mithilfe einer Autobombe, ihr Ziel war der osmanische Sultan Abdulhamid II. Weiter„Terrorwaffe Auto“

 

Was die Ramadan-Terrorkampagne des IS bedeutet

Am Dienstagmorgen veröffentlichte Amarnath Amarasingam von der kanadischen Dalhousie University via Twitter einen aufschlussreichen Ausschnitt aus einem Chat, den er mit einem Anhänger der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) geführt hat. Der Dialog kreist um den Anschlag, der sich am Montagabend in unmittelbarer Nähe der Prophetenmoschee in Medina in Saudi-Arabien ereignet hat und bei dem vier Menschen ums Leben kamen.

Weiter„Was die Ramadan-Terrorkampagne des IS bedeutet“

 

Die Matrix des IS-Terrors

Fast alle Fehleinschätzungen im „Krieg gegen den Terror“, und zwar egal ob gegen Al-Kaida oder den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS), beruhen darauf, dass wir dazu tendieren, dschihadistische Terrororganisationen nach uns vertrauten Maßstäben zu analysieren. Das funktioniert aber nicht. Dschihadistische Terrororganisationen sind ebenso wenig Armeen, wie sie Abbilder der Terrorgruppen sind, die wir aus dem Westen kennen (RAF, Eta, IRA, etc.). Sie stehen in einer eigenen Tradition, die durch eine sehr spezifische Ideologie (mit-)geprägt ist. Deshalb wirken Gruppen wie der IS auf uns mitunter widersprüchlich – auch wenn sie es in ihren eigenen Augen überhaupt nicht sind. Weiter„Die Matrix des IS-Terrors“

 

Sechs Experten, fünf Länder, viele Ideen gegen den IS

Nach den Anschlägen in Paris habe ich eine ganze Reihe Terrorexperten auf Facebook kontaktiert und sie gebeten, mir innerhalb von drei Minuten drei umsetzbare Vorschläge zur Bekämpfung des „Islamischen Staates“ (IS) zu nennen. Einige haben ein bisschen geschummelt und vier Vorschläge gemacht, andere sich etwas mehr Zeit als 180 Sekunden genommen. Aber ich habe die Antworten trotzdem akzeptiert. Weiter„Sechs Experten, fünf Länder, viele Ideen gegen den IS“

 

Deso Dogg, der Untote, Teil 3?

Es ist gerade einmal vier Tage her, da schien Gewissheit zu herrschen: Denis C., ehemals bekannt als Berliner Gangsta-Rapper Deso Dogg, später noch bekannter als IS-Kämpfer Abu Talha in Syrien, ist tot. Sogar die New York Times, das „paper of record„, berichtete über das Ableben des Terror-Propagandisten im Indikativ. Kein Wunder, denn sogar das Pentagon hatte seinen Tod bestätigt. Denis C. starb demnach bei einem Luftschlag der internationalen Anti-IS-Koalition, während er mit einem anderen (möglicherweise wichtigeren) IS-Kader im Auto saß. Weiter„Deso Dogg, der Untote, Teil 3?“

 

Bitte etwas nüchterner, Herr de Maizière!

Zu den Stärken von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gehört gemeinhin, dass er beruhigend nüchtern über bedrohliche Szenarieren referieren kann. Zusammen mit Angela Merkels betont unhysterischer Art ergab das einen Regierungs-Soundtrack, der – auch im Angesicht der Flüchtlingssituation und allen an ihr hängenden Unwägbarkeiten – so etwas wie Zuversicht ausstrahlte.
Weiter„Bitte etwas nüchterner, Herr de Maizière!“

 

Warum IS-Kämpfer desertieren

Wer nach Mallorca auswandert und nach einem Jahr feststellt, dass sein Biergarten gar nichts abwirft oder dass ihm das Wetter doch nicht behagt, dem steht der Weg zurück offen. Für Dschihadisten, die sich dem „Islamischen Staat“ (IS) in Syrien oder dem Irak angeschlossen haben und im „Kalifat“ leben, gilt das nicht. Die IS-Kommandeure betrachten jeden Ausreiseversuch als Verbrechen und Verrat; es gibt glaubwürdige Hinweise, dass Dutzende ausländische IS-Kämpfer vom IS getötet wurden, nur weil sie (tatsächlich oder vermeintlich) desertieren wollten; es sind den deutschen (und gewiss auch anderen) Sicherheitsbehörden mehrere Fälle bekannt, in denen aus Deutschland ins Kalifat Ausgewanderte am liebsten wieder zurückkehren würden. Weiter„Warum IS-Kämpfer desertieren“