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Pörkölt a.k.a. Gulaschkanone 47 for Runaways

 

Ein leicht angestaubtes Party-Essen aus den Siebzigern, das auf den Underground-Speisekarten der Hauptstadt den kommenden kulinarischen Balkan-Hype ankündigt.

Für 8 Russendiskodancer
1,5 kg Rinderschulter, oder -Hals, am besten aber je 750 g von beidem
2 Zwiebeln
2 EL Paprikapulver
4 EL Butterschmalz
0,25 l Brühe (Instant)
0,25 l Weisswein
Salz, Pfeffer
Baguette oder Spätzle

Es ist und bleibt aber weiterhin ein klasse Party-Essen, weil es aus billigen Zutaten besteht, für viele Leute simpel zu kochen ist und nebenbei noch zeitlos gut schmeckt. Man kennt das Pörkölt hierzulande unter dem Namen Gulasch, im Herkunftsland Ungarn bezeichnet Gyulas aber unsere Gulaschsuppe. Einfach gesagt: Wir kochen heute Gulasch, das in echt aber Pörkölt heisst.

Das große Geheimnis dabei ist das Wunder der Fleischtransfomation! Wer beim Metzger sich die oben genannten Fleischstücke kauft, wird ein Stirnrunzeln beim Meister beobachten, wahrscheinlich fragt er sogar was man daraus kochen möchte. Die Rinderschulter oder der Rinderhals sind nämlich total durchwachsene, von Sehnen durchzogene, unansehnliche Stücke Fleisch, die heutzutage keiner mehr haben möchte. Der Metzger verkauft sie nur noch an Hundebesitzer oder macht Wurst draus. Aber beim Schmoren verwandelt sich das sehnige und knorpelige Zeug in Gallertmasse (der Gelantine verwandt,) die den Pörköltsaft so lecker andickt. Die richtig krassen Knorpelstücke fischt man vorm Servieren einfach wieder raus, es muss ja nicht zu eklig werden?

Das Fleisch vom gröbsten Fett und den widerlichsten Knorpeln befreien, in löffelgerechte Stücke (Würfel mit 2 cm Kantenlänge) schneiden.
Die Zwiebel schälen und atomisieren also feinst hacken und in einem großen Topf und 2 EL heissem Schmalz anbraten. Normalerweise soll die Zwiebel wegen den entstehenden Bitterstoffen ja keine Farbe annehmen, heute darf sie mal richtig braungebraten werden. Aber nur goldbraun. Dann das Paprikapulver drüberstreuen und rührend mit anrösten.
Jetzt erst eine Portion Fleisch dazugeben und es bei großer Hitze von allen Seiten braun anbraten. Nur soviel Fleisch in den Topf geben, daß jeder Fleischwürfel den Topfboden berühren kann. Sonst »zieht es Wasser«, das bedeutet es tritt Fleischsaft aus, und es ist kein Braten mehr sondern Schmoren, also Garen mit Flüssigkeit.
Wenn die erste Portion von allen Seiten lecker braun geworden ist, den Topfinhalt in eine Schüssel geben und mit einem EL Schmalz die nächste Portion braten. Analog mit dem ganzen Rind verfahren.
Die letzte Fleischportion mit Wein und Brühe ablöschen, alles Fleisch wieder in den Topf geben, alles gut salzen und den Deckel drauf. Bei niedrigster Hitze so lange schmoren lassen, bis man das Fleisch mit der Gabel schneiden kann.
Das kann je nach dem Alter der Kuh zwischen 1,5 und 2,5 Stunden dauern, einfach ab und zu probieren, umrühren und sich wieder der Partyvorbereitung widmen.

Wie vorher schon erwähnt, verwandelt die Hitze, die Flüssigkeit und die Zeit alles ganz langsam in eine dicke Soße, die Aromen von Fleisch, Zwiebel und Paprika vermischen sich und heraus kommt eine ungeahnt leckeres Essen, das mit Baguette oder Spätzle perfekt harmoniert.

Faulpelze können natürlich auch die vom Supermarkt nehmen, aber nur die aus der gekühlten Frischetheke, NIEMALS getrocknete! Einen großen Topf Salzwasser zum kochen bringen. Pro Person 100 g Mehl in eine Schüssel sieben, pro Person 1 Ei dazu und ordentlich salzen. Alles zu einem glatten Teig verrühren, der Schwabe sagt »bis er Blasen schlägt«.
Die Konsistenz ist dann richtig, wenn er sich zwischen Brei und Flüssigkeit befindet, nach dem Rühren sollte sich die Masse gemächlich vom hochgehobenen Löffel lösen und dann nach und nach von selbst runterplätschern. Also gegebenenfalls tröpfchenweise Wasser dazugeben.
Mit einem geeigneten Gerät (Spätzledrücker, Spätzlehobel, Spätzlebrett) den Teig portionsweise in das kochende Wasser (nicht ganz volle Hitze) bringen, aufkochen lassen, ein halbes Glas kaltes Wasser dazuleeren und nochmals aufkochen lassen. Dann die Spätzle mit einem Schaumlöffel rausnehmen und in einem Abtropfsieb abtropfen lassen. Nicht in kaltes Wasser legen, weil die Stärkecharakteristik des einzelnen Spatzens dann verloren geht. Zugedeckt stehen lassen.
Geübte Spätzlemacher produzieren übrigens schneller 4 Portionen Spätzle als Spaghetti fertig oder Kartoffeln gekocht sind. Also keine Angst und einfach mal den Spätzlehobel vom schwäbischen Mitbewohner krallen?

Variationen
– Gemüsepaprikafans können statt Paprikapulver auch mit kleingeschnittener grüner paprika würzen
– Man könnte auch Schweinefleisch verwenden, das ist den feinen Ungarn aber zu fett
– Aus Pörkölt wird mit saurer Sahne kurz vorm Servieren ein Paprikasch
– Die ganz harten Kochveteranen dürfen auch sämtliche Innereien, Kopf-Fleisch, Euter usw. mitkochen