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Schacherfolg Made in China

Im Sommer 2014 gewannen die chinesischen Spieler im norwegischen Tromsø zum ersten Mal Gold bei einer Schacholympiade und Ende April 2015 gewannen sie jetzt auch noch die Mannschaftsweltmeisterschaft. Die Zahlen bestätigen den Aufstieg des chinesischen Schachs zur Weltmacht. Immer zu Monatsbeginn veröffentlicht der Weltschachbund Fide seine neue Weltrangliste und Chinas Mai-Bilanz kann sich sehen lassen.

Zwar haben die Chinesen immer noch keinen Spieler unter den Top Ten, aber dafür acht Spieler unter den Top 50. Außerdem stellen sie mit Hou Yifan die Nummer eins bei den Frauen.

Auch beim Nachwuchs glänzt China: Neue Nummer eins bei den Junioren ist ab dem 1. Mai nicht mehr der Ungar Richard Rapport, sondern der Chinese Wei Yi, Jahrgang 1999, und so mit knapp 16 Jahren bereits Nummer 33 der Welt. Bei den Frauen gehen die Plätze zwei und drei an die Chinesinnen Lei Tingjie und Guo Qi. Ihre Kolleginnen Ni Shiqun und Wang Jue folgen auf Rang neun und zehn.

In der Länderrangliste, die sich nach dem Elo-Schnitt der zehn besten Spieler bzw. Spielerinnen eines Landes berechnet, liegt China bei den Frauen auf Platz eins, bei den Herren hinter Russland auf Platz zwei. Da ist noch Raum nach oben.

Hier geht es zur aktuellen Weltrangliste beim Weltschachbund.

 

Lasst die Frauen einfach spielen!

Eigentlich ist Schach das Mobbingopfer unter den Sportarten. Der uncoole Schüler mit unmodischer Hose und Mamas geschmierten Butterbroten, der immer die Hausaufgaben hat, die dann jeder abschreiben will. Sonst will niemand etwas mit Schach zu tun haben. Um seinen Platz in der Lokalzeitung muss Schach betteln, um Sponsoren auch, die Sportförderung beim BMI wurde im vergangenen Jahr nur als ein Akt letzter Gnade weiterhin gewährt. An Schach erinnert man sich nur, wenn es sich wieder zum Gespött der Leute gemacht hat: Großmeister schläft am Brett ein, Großmeister versteckt Schachcomputer auf der Toilette, Großmeister wird wegen verbotener Notizen disqualifiziert. Sonst sitzt der Schachspieler allein in seiner Ecke und schmollt, weil seine intellektuellen Leistungen nicht ausreichend gewürdigt werden.

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Weltmeisterin im Elfmeterschießen

Bislang war die Ukrainerin Marija Musytschuk nur Experten ein Begriff. Das dürfte sich nun ändern. Am Sonntag wurde Marija Musytschuk in Sotschi Schach-Weltmeisterin.

Ein einziges Mal sah ich sie bisher live – im Sommer 2002 in Dresden. Schon damals wunderte ich mich, wie ein so kleines Mädchen, das gerade mal neun Jahre alt war, schon so kraftvoll und abgezockt Schach spielen konnte. Danach hat man in der Schachwelt eher wenig von ihr gehört, obwohl sie bei kaum einer Jugendweltmeisterschaft eine Medaille in ihrer Altersklasse verpasste. Zu sehr stand sie im Schatten ihrer älteren und noch etwas stärkeren Schwester Anna, die auch als eine von zwei Dutzend Frauen weltweit den (männlichen) Großmeistertitel trägt.
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Die vergebliche Suche nach der Perfektion

Achtmal im Jahr verrät die holländische Schachzeitschrift New in Chess, wo das Spitzenschach steht. Sie erscheint auf Englisch, gilt als eins der besten Schachmagazine der Welt und setzt auf Hintergrundberichte, Analysen und Interviews. Die aktuelle Ausgabe widmet sich dem Wimbledon des Schachs, dem großen Traditionsturnier im holländischen Wijk aan Zee, das Anfang des Jahres stattfand. Gewonnen hat der Weltmeister Magnus Carlsen, die Plätze zwei bis fünf teilten sich vier Spieler, die alle als Weltmeisterkandidaten gelten. Einer ist Wesley So, 21 Jahre jung, Nummer acht der Weltrangliste, auf den Philippinen geboren, seit Kurzem US-Amerikaner. Wie stark er ist, zeigte So in Wijk aan Zee gegen den Ukrainer Wassili Iwantschuk, einen der besten Spieler der Welt.
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Die Entzauberung des Schachs

Im Prinzip ist Schach nichts anderes als ein komplexes Tic-Tac-Toe. Während Tic-Tac-Toe aber in wenigen Minuten von jedem Erstklässler gelöst werden kann (zu Beginn ist das Spiel unentschieden, aber der zweite Spieler verliert, wenn er Mitte mit Seitenmitte entgegnet und hält das Gleichgewicht, wenn er stattdessen in eine Ecke setzt), probiert sich die Menschheit schon seit 500 Jahren am Spiel der Könige, ohne auch nur auf ein Millionstel möglicher Stellungen objektiv richtige Antworten zu kennen.
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Das Schach verfällt dem Jugendwahn

Nigel Short // © Alina Lami
Nigel Short // © Alina l’Ami

Nigel Short zählt zu den besten hundert Spielern der Welt und manchem Schachfreund kommt es vor wie gestern, als man Nigel Short ein Wunderkind nannte. Mit zwölf nahm der Engländer als jüngster Teilnehmer aller Zeiten an den Britischen Meisterschaften teil, mit fünfzehn wurde er Vize-Weltmeister der Unter 20-Jährigen. Dreizehn Jahre später, 1993, zog Short auch im Kampf um den Welttitel den Kürzeren. Beide Titel gewann Garri Kasparow.
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Weltmeister ohne Papiere

Fahim Mohammad, Schachweltmeister der Kinder // © Martin Bureau/AFP/Getty Images
Fahim Mohammad, Schachweltmeister der Kinder // © Martin Bureau/AFP/Getty Images

Der Schachweltmeister Fahim Mohammad wäre schon immer gerne ein ganz normaler Junge gewesen. Während andere jugendliche Talente online Schach spielen, mit dem Computer Eröffnungen studieren und die Eltern Trainer zahlen, hatte Fahim keinen Computer, keinen Internetanschluss, nicht einmal einen festen Wohnsitz und manchmal auch keine Kleidung für den Winter.

Das kürzlich im Heyne-Verlag erschienene Buch Spiel um dein Leben, Fahim! erzählt die wundersame Geschichte dieses Flüchtlingskindes, das 2012 französischer Schachmeister der unter 12-Jährigen wurde. Damals lebten er und sein Vater ohne Papiere illegal in Frankreich. Ein Jahr später wurde Fahim sogar Schülerweltmeister.

Fahim wurde 2000 in Bangladesch geboren, wo sein Vater Nura erst als Feuerwehrmann arbeitete und später eine Autovermietung besaß. Der Vater war leidenschaftlicher Schachspieler und sein Sohn belegte bereits als Siebenjähriger den zweiten Platz bei einem großen Turnier in Kalkutta. Fahim lebte in Bangladesch behütet in einem „großen Haus“ mit seinen Eltern und seinen Geschwistern. „Das Leben war schön“, sagt er in dem Buch.

Das änderte sich 2008. In Bangladesch herrschten politische Unruhen, auf den Straßen kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen und die Regierung verhängte eine Ausgangssperre. „Mehrmals kamen Fremde zu uns“, sagt Fahim. „Sie tauchten einfach auf und wollten meinen Vater sprechen. Sie stellten eine Menge Fragen, die ich nicht verstand. Sie durchsuchten die Wohnung, machten viel Lärm.“

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So wird abgeworben

Spielt nun für die USA: Wesley So - Quelle: http://www.thechessdrum.net
Spielt nun für die USA: Wesley So – Quelle: http://www.thechessdrum.net

Eine Nation, die im Sport erfolgreich sein will, braucht gute Athleten. Auch im Schach. Doch was tun, wenn der eigene Nachwuchs nicht ausreicht, um die gesteckten Ziele zu erreichen? Immer mehr Landesverbände suchen deshalb nach starken Spielern aus dem Ausland, um den eigenen Kader zu verstärken. Geld spielt dabei häufig eine wichtige Rolle. Ist diese Tendenz gefährlich oder im Zeitalter der Globalisierung schlichtweg konsequent?

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Die eifersüchtigen Götter

Kein Geschrei, kein Gebrüll, keine Verletzten. Eigentlich ist Schach ziemlich harmlos. Doch das Spiel gefällt nicht allen. Vor allem nicht den religiösen Oberhäuptern. Jahrhundertelang missfiel Schach den jeweiligen Sachwaltern des Göttlichen auf Erden.

  • Schon 1005 forderten islamische Geistliche in Ägypten, man solle alle Schachfiguren und Spiele verbrennen.
  • Ein halbes Jahrhundert später beklagte sich Petrus Damiani (1007-1072), laut Wikipedia „einer der einflussreichsten Geistlichen des 11. Jahrhunderts“, beim Papst, Priester und Laien würden zu viel Zeit mit dem Schach verbringen und bat um ein Verbot des Spiels. Damiani hatte andere Leidenschaften. Als Buße für tatsächliche oder vermeintliche Sünden oder weil er glaubte, es würde Gott gefallen und ihm Bonuspunkte im Himmel bringen, peitschte er sich gern. Heute gilt er als Patron gegen Kopfschmerz.
  • Auch Rabbi Maimonides (1155-1204), den Wikipedia wiederum als „einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten aller Zeiten“ führt, war kein Freund des Schachs und zählte es zu den verbotenen Spielen.

Eine einheitliche Linie in der Einstellung der verschiedenen Religionen zum Schach lässt sich jedoch nicht erkennen. Vom 12. bis zum 16. Jahrhundert verboten die Päpste das Spiel gerne und häufig, doch Johannes Paul I. und Johannes Paul II. hatten nichts gegen eine kleine Partie. Mittlerweile ist Theresa von Ávila sogar offizielle katholische Schutzheilige des Schachs und im Judentum war Schach – Maimonides hin oder her – ab dem 16. Jahrhundert auch am Sabbat erlaubt.

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Das Wimbledon des Schachs

 

tata kasparow titel
Garry Kasparov ließ es sich 2014 nicht nehmen, dem späteren Turniersieger Levon Aronian zuzuschauen – Quelle: kasparov.com

Wer etwas auf sich hält spielt in Wijk. Kaum ein Turnier kann auf eine derartige Tradition zurückblicken, wie das Turnier in der niederländischen 2.400-Einwohner-Gemeinde Wijk aan Zee. Schaut man sich die Siegerliste an, so finden sich fast alle Weltmeister der vergangenen Jahrzehnte wieder. Am Freitag begann nun das 77. Tata Stell Chess Tournament, in Schachkreisen bekannt als das Wimbledon des Schachs.

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