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Tschüss SATC, schön war’s mit uns beiden

 

Liebes Sex and the City,

niemand schreibt gern Briefe wie diesen hier. Aber es muss leider sein. Ich habe mir gerade doch noch den Trailer zu deinem neuen Film angesehen.

Wir hatten eine schöne Zeit, aber ich fürchte, die ist vorbei.

Sie war eigentlich schon während der letzten Folgen deiner TV-Serie vorbei. Als Mikhail Baryshnikov auftauchte, um ehrlich zu sein. Der hat sich irgendwie zwischen uns gedrängt. Da war plötzlich kein Funken mehr, keine Chemie.

Und als du dann erstmals ins Kino kamst, habe ich mich gefühlt wie Elin Nordegren sich gefühlt haben muss, als sie von den Seitensprüngen ihres Mannes Tiger Woods erfuhr: Ich war fassungslos, dass du zu etwas derart Niveaulosem, Billigem fähig warst. Jetzt kann ich es dir ja sagen: Sex and the City – Der Film war miserabel. Dass du dich nach so langer Zeit dermaßen irren könntest, worauf ich wirklich stehe und worauf nicht, hat mich erschüttert.

Nur, weil die Frauenmagazine immer auf deine coolen Outfits abgefahren sind, hast du begonnen zu glauben, dass ich das mit uns beiden nur der tollen Mode wegen mache. Aber will ich 1,5 Stunden im Kino sitzen und eine Modeschau nach der anderen sehen, bei der durchgedrehte Weiber hauptsächlich laut kreischen? Oh, richtig, Nebenhandlung gab’s auch noch. Was war das noch schnell?

Ich muss dir jetzt einmal etwas verraten, SATC. Frauenmagazine stehen auf bunte Bilder. Die tun sich nicht die Mühe an, auf die inneren Werte zu blicken oder Nebensätze zu bilden. Deine wahren Qualitäten lagen viel tiefer als Stoffblumen und Louboutin-Schuhe. (Auch wenn die für Mr Bigs Abschied aus New York genial waren, zugegeben.)

Erinnerst du dich noch? Du hattest mal richtig Tiefgang, auch wenn das die meisten Männer, die dich jemals gesehen haben, abstreiten würden. Du hast früher wirklich intelligent über das Verhältnis von Frauen und Männern (und Männern und Männern und Frauen und Frauen) erzählt. Du hast kleine Wahrheiten, die sich jeder dachte, aber nicht laut auszusprechen wagte, weil er (sie) glaubte, der Einzige zu sein, an die Öffentlichkeit gebracht.

Du hast uns Frauen einen Spiegel vorgehalten. Wir haben manchmal eben eigenartige Gewohnheiten. Für uns ist ein kleiner Wind, der uns entfleucht, ein Weltuntergang. (Du sagst: Ist es nicht.) Dafür markieren wir auch gern unser Revier – indem wir ein paar Sachen in der Wohnung des Lovers deponieren. (Du zeigst uns: Ist nicht nötig.) Wir analysieren fast schon zwänglerisch jedes Wort, das während eines ersten Dates gefallen ist, mindestens drei Tage lang.

Was könnte er mit dem Satz „Ich muss mal kurz auf Toilette“ tatsächlich gemeint haben?

So sind wir, und das ist nicht immer gut für uns oder unsere Umgebung.

Dann kamst du und hast uns den erlösenden Satz „Er steht einfach nicht auf dich“ beigebracht.

„Er steht einfach nicht auf dich – weiter geht’s mit deinem Leben!“ Danke dafür!

Du hast uns auch gezeigt, dass wir nicht alle Vorlieben, die ein Mann im Bett so hat, erfüllen müssen. Er will Analverkehr? Nun, dann überlegt man sich, ob man das auch will, holt Informationen ein, bildet sich seine eigene Meinung – und sagt zum Schluss doch Nein. Und geht aus dem ganzen gestärkt hervor.

Ja, du hast schwer zwischen extrem tussig (wer kreischt schon, wenn er ein süßes Eichhörnchen sieht?) und sehr tantig geschwankt. Aber so ist eben auch unser Leben.

Du hast es geschafft, offen und unverkrampft über Sex zu sprechen. Etwas, woran viele deiner Nachahmerfolger grandios gescheitert sind. (Ja, ich blicke zu dir, Alles außer Sex!)

Du hast ein Frauenbild ins Hauptabendprogramm gebracht, das bis heute leider immer noch als „Schlampe“ bezeichnet wird, obwohl diese „Schlampe“ einfach nur das gemacht hat, was für Männer gang und gäbe ist. Leider wird Samanthas Rolle immer noch gern falsch und oberflächlich verstanden. Wo habe ich unlängst wieder gelesen, dass ihre Brustkrebserkrankung als „gerechte Strafe für ihr ausschweifendes Leben“ in die Handlung eingebaut worden sei? Bullshit.

Du siehst, du hättest noch so viel zu tun gehabt.

Stattdessen quetscht du dich aus wie eine Zitrone, die schon längst leer ist. Ein paar Ideentropfen kommen noch, aber aus denen kann man keinen ganzen Spielfilm machen. Es muss dich wirklich genervt haben, das Geldzählen kurz einmal für das Schreiben eines neuen Drehbuches unterbrechen zu müssen.

Erinnerst du dich daran, welche Mühe du dir früher noch mit deinen Besetzungen gemacht hast? Mit den Figuren, die du kreiert hast? Allein dieses ganz bestimmte Grinsen von Mr Big hätte man jedes Mal digital nacharbeiten müssen, gäbe es nicht Chris Noth. John Corbett war (und ist) der perfekte Aidan, sehr solide, sehr verständnisvoll – aber eben auch ein bisschen langweilig.

Du hattest einfach vor allem bei den Männern immer einen guten Griff. Barkley, der junge Künstler aus der zweiten Folge! Von mir aus auch der französische Architekt mit den nebelverhangenen Augen. Jack Berger, oh, und Dr. Robert Leeds, den Miranda dann leider doch für den braven Steve sitzen gelassen hat.

Bei dir haben wir Amy Sedaris kennen- und anbeten gelernt. Heute nimmst du jeden, der einen großen Namen hat.

Ich werde immer mit Zuneigung und Genuss an unsere alten Zeiten zurückdenken (= die alten Folgen ansehen). Aber was du mir jetzt zu bieten hast, brauche ich nicht mehr.

Wenn ich dir einen guten Rat geben darf: Besinne dich auf deine früheren Qualitäten – oder lass es bleiben. Bitte kein Sex and the City 3! Wir möchten nicht eine weitere durchgeknallte Modeschau vor exotischer Kulisse sehen.

© 2010 Warner Bros. Ent.

Apropos: Was raucht Patricia Field eigentlich so den ganzen Tag?

Eine letzte Chance werde ich dir noch geben. Du hast raffinierterweise Liza Minnelli an Bord geholt. Der bin ich – immerhin daran erinnerst du dich noch – seit Arrested Development verfallen.

Oder seit der Snickers-Werbung:

Aber wenn ich draufkomme, dass sie gerade mal für einen Quickie auftaucht, dann ist endgültig Schluss.

Ich hoffe, du verstehst mich. Früher hast du das jedenfalls getan.

Alles Liebe,

S.