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Nazi-Gewalt: Tatort Autobahnraststätte

 

Das, was in vielen Orten Deutschlands leider viel zu häufig passiert, wird momentan in den Medien breit diskutiert: Brutale Nazi-Gewalt gegen Andersdenkende und Minderheiten.

Nachdem die Nazis sich während ihres Aufmarsches in Dresden noch zurückgehalten hatten, waren sie auf der Abreise wieder ganz in ihrem Element. Sie prügelten völlig enthemmt bei einer Autobahnraststätte bei Jena auf Gewerkschafter ein, die gegen den Naziaufmarsch protestiert hatten. Neben weiteren Verletzten liegt ein hessischer Gewerkschafter mit einem Schädelbruch im Krankenhaus.

Angriffe gegen Gewerkschafter

Nach Presseberichten wurden bereits bei der Anreise sieben Antifaschisten aus Weimar auf einem Autobahnrastplatz in der Nähe von Chemnitz von 15 Nazis angegriffen. Redok schreibt hierzu:

„Laut der Polizei wurden wurden die Nazigegner mit Flaschen attackiert, zu Boden geschlagen und getreten, zudem wurde das Auto demoliert. Vier der Überfallenen erlitten Prellungen, Platz-, Schnitt- und Schürfwunden. Die Neonazis wurden bis zum Ende der Demonstration in Gewahrsam genommen.

Ähnliche Szenen spielten sich nach den Demonstrationen auf der thüringischen Raststätte Teufelstal bei Jena ab. Offenbar fuhr gegen 19.25 Uhr ein mit Neonazis besetzter Bus auf den Rastplatz, wo bereits die Passagiere mehrerer Busse eine Pause machten, die zuvor gegen die Nazi-Veranstaltung protestiert hatten. Die Neonazis beschimpften zunächst die Mitfahrer der vom DGB organsierten Busse und griffen sie dann an. Dabei hätten sie Flaschen und mehrere Kliogramm schwere Eisbrocken benutzt, berichtete ein Gewerkschafter aus Nordhessen. Ein Kollege habe sich bei dem Angriff der 15 bis 20 Rechtsextremen nicht mehr in den Bus retten können. Dieser sei dann so lange gegen Kopf und Oberkörper getreten worden, bis er sich nicht mehr rührte.

Zwei schwer Verletzte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Einer von ihnen erlitt (…) einen Schädelbruch (…), einem weiteren Opfer wurde eine Kniescheibe zertrümmert. Die Schläger konnten zunächst die Raststätte mit ihrem Bus verlassen, die alarmierte Polizei stoppte sie jedoch wenig später und stellte die Personalien von 41 Neonazis fest. Gegen sie wird nun wegen Landfriedensbruch ermittelt; unter ihnen befanden sich einschlägig vorbestrafte Männer. Laut dem sollen die mutmaßlichen Angreifer aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Schweden kommen; der Bus ist in Homburg (Saarland) zugelassen.“

Kritik am Polizeieinsatz

Mittlerweile wird massiv der Polizeieinsatz kritisiert, der die Gefahr offensichtlich völlig unterschätzt hat, die von tausenden von gewalttätigen Nazis auch auf der An- und Abreise ausgeht. Die taz schreibt hierzu:

„Es sei unerklärlich, wie angesichts des massiven Aufmarschs von Rechtsextremen in Dresden dem Thüringer Innenministerium „eine so krasse Fehleinschätzung der tatsächlichen Gefahren und Gefährdungslage“ unterlief, erklärte der Bezirksvorsitzende Stefan Körzell, Vorsitzender des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen. Jedes Fußballspiel werde besser geschützt. Dass die zuständigen Polizisten erst 20 Minuten später eintrafen, sei ein schweres Versäumnis, heißt es auch aus Berliner Polizeikreisen. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, forderte umfassende Aufklärung des „unerträglichen“ Angriffs.“

Die Straße wurde den Nazis freigehalten

In diesem Zusammenhang ist der Polizeieinsatz auch in Dresden und die Politik der Stadt gegenüber den Nazis, die ihnen ungehindert einen Aufmarsch mitten durch die Innenstadt genehmigt hatten, scharf zu kritisieren. So wurde laut Grüner Jugend Dresden gegenüber der antifaschistischen Demonstration eine Eskalationstrategie umgesetzt und die Demo zudem im Wanderkessel begleitet, während die Nazis über weite Strecken ohne jegliche Polizeibegleitung marschierte und ein Protest, ohne sich selbst vor den Schlägerbanden zu gefährden, somit unmöglich war. Ulla Jelpke schreibt hierzu:

“ `Es war erschreckend´, erklärte eine Dresdnerin, die in einer Nebenstraße der Naziaufmarschroute wohnt. Sie wollte mit ihrer Familie gegen den rechten Aufzug protestieren. Die Kinder hatten ein kleines Antinazi-Transparent gemalt. Als die Neofaschisten kamen, traute die Familie ihren Augen nicht: Der Zug von 6000 Rechten wurde vorn von rund 200 Polizisten begleitet. Dahinter waren praktisch keine Beamten mehr zu sehen. `Die Nazis zogen 15 bis 20 Minuten lang unmittelbar an uns vorbei. Hätten sie jemanden angreifen wollen, so hätte absolut niemand sie daran hindern können.´ Teilnehmer kompletter Marschblöcke seien unbeanstandet bis auf die Augen vermummt gewesen. Man habe es nicht wagen können, den Nazis die Meinung zu sagen. `Zivilcourage wäre in diesem Fall wohl Selbstmord´ gewesen, so das bittere Fazit.

Solche Befürchtungen sind berechtigt. Auf Radio 1/RBB berichtete eine Journalistin, daß die Rechten den Pressetroß angegriffen hätten, ohne daß die Polizei eingegriffen habe.“

Was tun?

Was bleibt zu tun angesichts der Brutalität der Nazis, dem kontinuierlich hohen Mobilierungszahlen für Aufmärsche, dem oft zu passiven Verhalten der Polizei etc.?

Ich habe hier eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie man aktiv werden kann. Klar muss in Schulen, Unis, in Betrieben, in der gesamten Gesellschaft eine antifaschistische humanistische Kultur weiter verbreitet und diskutiert werden, die Mängel hierin sind offensichtlich.

Dennoch denke ich, dass es ohne staatliche Repressionsmaßnahmen gegenüber den Nazis nicht geht. Offensichtlich fühlen sie sich in ihren Gewaltexzessen von staatlicher Seite absolut ungehindert und selbstsicher. Die Gesetze gegen Volksverhetzung, Rassenhass etc. müssen wesentlich konsequenter angewandt werden. Ebenso ist ein NPD-Verbot (das bisher nur daran scheiterte, dass die Innenministerien ihre sinnlosen Spitzel nicht abziehen wollten) unumgänglich. Diese Partei, die sich in vielen völkischen Positionen mit denen der NSDAP rein gar nichts gibt, darf nicht weiter den Hauch des demokratischen Mäntelchens haben. Ein Verbot würde die Organisierung der Nazis um einige Jahre zurückwerfen, sie für die Bevölkerung stärker stigmatisieren, ihnen den legalen Rahmen für ihre Aufmärsche nehmen und sie finanziell schädigen.

Eine breite gesellschaftliche Debatte ersetzen würde das selbstverständlich nicht, es könnte diese Debatte jedoch hilfreich flankieren, da die die Botschaft deutlich wäre: NS-Fans, Nazischläger und Geschichtsfälscher haben in dieser Gesellschaft keinen legalen Status.