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Amazon jetzt ohne NPD – aber weiterhin mit antisemitischer Propaganda und Rechtsrock

 

Nach zahlreichen Protesten hat das Online-Versandhaus Amazon.de jetzt die Bücher des NPD-Verlages „Deutsche Stimme“ aus dem Programm genommen. Zudem wurde in die offiziellen Verkaufskriterien der Hinweis aufgenommen, dass „Artikel, die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen“ nicht verkauft werden dürfen. Damit macht Amazon einen ersten Schritt das Sortiment von derart fragwürdigen Artikeln zu befreien. Trotzdem macht der Konzern wenig Hoffnung auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit rechtsextremer Propaganda.

Amazon-Packzentrum in den USA
In welchem Päckchen stecken die Nazi-Bücher? Amazon-Packzentrum

Ein Grund für die Reaktion des Versandhauses könnte eine Strafanzeige des American Jewish Committee (AJC) sein, die vergangene Woche gestellt wurde. Nach eigener Aussage fand das AJC rund 60 rechtsextreme Bücher in denen gegen Juden gehetzt, der Nationalsozialismus verharmlost oder der Holocaust geleugnet wird. Die Bücher würden vor allem von Antiquariaten und Privatpersonen, aber auch von Amazon selbst vertrieben.

Angefangen hatte der Streit um rechte Propaganda bei Amazon damit, dass der Verfassungsschutz Brandenburg vor einigen Wochen eine Pressemitteilung herausgab, in der auf die Zusammenarbeit von Amazon und der NPD im Rahmen eines Partnerprogrammes hingewiesen wurde. Darin heißt es:

„Offenbar ist die NPD Barnim-Uckermark ins ‚Partnerprogramm’ von Amazon eingestiegen und erzielt damit Einnahmen. Amazon nennt das ‚Werbekostenerstattung’. Andere könnten das eine wirtschaftliche Partnerschaft mit verfassungsfeindlichen Extremisten nennen.“

Über das Amazon-Partnerprogramm können Webseitenbetreiber Links und Banner von Amazon-Artikeln in ihren Onlineauftritt einbauen. Kauft ein Besucher über diese Links Artikel wird der Webseitenbesitzer an den Einnahmen prozentual beteiligt.

Als Reaktion drohten Anfang Juni Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei Amazon mit einem Boykott, sollte die Zusammenarbeit mit der NPD nicht beendet werden. Daraufhin kündigte der Konzern das Partnerprogramm mit der rechtsextremen Webseite. Bücher und Schriften aus dem NPD-eigenen „Deutsche Stimme-Verlag“ gab es aber beispielsweise bis vor kurzem weiterhin direkt über Amazon.de zu kaufen. Auf Nachfragen hieß es lapidar „Es gibt eine Nachfrage dafür, die wollen wir befriedigen.”

Zwar kündigte Amazon jetzt an die Liste des AJC zu prüfen, machte aber gleichzeitig deutlich, dass eine Löschung aller beanstandeten Artikel unwahrscheinlich ist. „Amazon ist ein Händler, keine Regulierungsinstitution“, sagte Pressesprecherin Christine Höger dem Störungsmelder. „Deswegen werden Kunden bei uns auch in Zukunft Titel finden, in denen bedenkliche Inhalte bezüglich des Nationalsozialismus geäußert werden.“ So können Neonazis vorerst auch weiterhin ganz offiziell CDs der bekannten Rechtsrockband Skrewdriver oder ein Nachdruck eines NS-Buches von 1945 mit Ausbildungsgrundlagen für die Werwolf-Kommandos der Wehrmacht bei Amazon bestellen. „Die Behauptung, Amazon werbe gezielt für solche Titel“, hält die Pressesprecherin aber für „unzutreffend und für die Mitarbeiter von Amazon verletzend“.