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Braune Geschichtsverdrehung in Dortmund

 

Bis zu 1000 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet und dem umliegenden Ausland wollen zum sechsten Mal in Folge zum so genannten „nationalen Antikriegstag“ am 4. September in Dortmund aufmarschieren. Dortmund gilt seit langem als Hochburg besonders gewaltbereiter, erlebnisorientierte Nachwuchsnazis. Antifagruppen und Bürgerinitiativen haben angekündigt den Aufmarsch zu verhindern.

Von Jan Walther

Ullrich Sierau, Dortmunds Oberbürgermeister, findet es unerträglich, wenn er daran denkt, dass auch dieses Jahr wieder hunderte Neonazis durch seine Stadt ziehen wollen. In Dortmund sei kein Platz für Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, lässt er verlauten.

Eigentlich ist der Antikriegstag in der Friedensbewegung entstanden und diente als mahnende Erinnerung an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 und den damit beginnenden zweiten Weltkrieg. Die Rechtsextremisten missbrauchen diesen Tag jedoch seit einigen Jahren in Dortmund für ihre Zwecke und versuchen, wie auch in Dresden, die Geschichte zu verdrehen.

Das Bündnis „Dortmund stellt sich quer“ ruft daher wieder zu einer großen Gegendemonstration in ihrer Stadt auf. Sie wollen den Neonazis am 4. September nicht die Stadt überlassen und hoffen den Aufmarsch verhindern zu können. Dabei verweist das Bündnis darauf, dass sich Dortmund „in den vergangenen Jahren zu einer Hochburg militanter Neonazis entwickelt“ habe. Es gibt unter anderem Politik und Polizei eine Mitschuld für das Erstarken der rechten Szene Dortmund. Die Polizei habe die Taten der Neonazis stets verharmlost, obwohl seit dem Jahr 2000 vier Menschen von Neonazis in Dortmund ermordet worden seien. Auch bei rechtsextremen Konzerten und Veranstaltungen schritt die Polizei nicht ein. Inzwischen gab es aus der militanten Naziszene wiederholt Bedrohungen und Einschüchterungsversuche gegen Anwohner, die Proteste gegen Rechts organisieren.

Wie bereits in Dresden, Berlin und Duisburg setzen die Veranstalter der Gegendemonstration dieses Jahr das erste Mal auch in Dortmund auf das zuvor mehrfach erprobte Konzept des gemeinsamen Blockierens. Ihnen ist klar, dass dieses Mittel des Protests bei der Polizei auf starke Gegenwehr stoßen wird. Allerdings verweisen sie zugleich darauf, „dass wir momentan kein anderes Mittel sehen, um den Naziaufmarsch in Dortmund mit obligatorischen Mitteln zu verhindern.“ Und weiter heißt es auf der Internetseite des Bündnisses, Blockaden würden dabei ein Mittel darstellen, „an dem sich jeder beteiligen kann“. Obgleich es auch andere Wege gäbe, sich an diesem Tag gegen die Rechtsextremisten zu Wort zu melden. Es sind mehrere Aktivitäten und Veranstaltungen im Rahmen der Proteste geplant.

Bei dem Naziaufmarsch sind als Redner unter anderem der österreichische Neonazi Gottfried Küssel und Nazi-Kader Christian Worch, angekündigt. Mit Worch wird eine der radikalsten Führungskräfte aus der Szene bei der Demo anwesend sein. Er war unter anderem an der Planung des heute unter Rechtsextremisten weit verbreiteten Konzepts der „Freien Kameradschaften“ beteiligt.

Das Bündnis „Dortmund stellt sich quer“ besteht seit 2009 und hat bereits beim Aufmarsch im letzten Jahr viele Menschen für die Gegendemonstration mobilisiert und über die Versuche der Neonazis, die Geschichte zu verfälschen informiert.

Busse mit Nazigegnern aus München, Nürnberg, Stuttgart, Freiburg, Berlin und Hamburg werden am 4. September in Dortmund erwartet. Auch Dortmunds Oberbürgermeister ruft offiziell alle Bürger auf am 4. September deutlich zu zeigen, dass ihre Stadt für „Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ steht. Bei einer „großen, bunten Demonstration für den Frieden“ will er sich mit den Menschen geschlossen gegen die Neonazis stellen.

Weitere aktuelle Informationen rund um die Demonstration und das Dortmunder Bündnis finden sich hier und auf der Webseite des Antifa-Bündnis S4.