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NPD floppt mit Fusions-Feier

 

Blumen gab es für die NPD keine © Getty

600 Demonstranten machten am Samstagnachmittag in Berlin-Lichtenberg Lärm gegen rund 90 NPD-Anhänger. Die Rechtsextremisten feierten in der Max-Taut-Schule ihre Fusion mit der DVU. Auch im Gebäude kam es zu spontanen Protesten.

Von Hannes Heine

Vor der Max-Taut-Schule am Lichtenberger am Nöldnerplatz ist es laut, rund 600 Demonstranten machen Lärm, Schüler und Gewerkschafter, Linkspartei und Grüne, Sozialdemokraten und Piraten. Ihr Zorn gilt den rund 90 NPD-Anhängern, die sich durch Absperrgitter und 300 Polizisten geschützt in der Aula der Schule sammeln.

Drinnen ergreift der Berliner NPD-Landeschef Uwe Meenen das Wort und versucht ebenfalls ein bisschen lauter zu werden: An diesem Sonnabend, dem 15. Januar, jährt sich der Todestag von Rosa Luxemburg zum 92. Mal, und Meenens Stimme bebt, als er von der „bolschewistischen Verbrecherin“ spricht, die „völlig zu Recht“ im Zuchthaus gesessen habe und ohnehin eine „polnische Jüdin“ gewesen sei.

Dann begrüßt NPD-Bundeschef Udo Voigt die angereisten Rechtsextremen in der „Reichshauptstadt“ – es ist Wahlkampfauftakt der NPD für die Abgeordnetenhauswahl im September.

Gleichzeitig soll in der Aula die Fusion mit der DVU gefeiert werden, deren letzter Vorsitzender in der ersten Reihe sitzen darf. Viel Applaus bekommt der frühere SPD-Bürgermeister von Krauschwitz in Sachsen-Anhalt, Hans Püschel, der inzwischen für die NPD antreten will.

Dass sich die Rechtsextremen diese Schule ausgesucht hatten, ist überraschend: Benannt wurde sie nach dem Architekten Max Taut, der im Dritten Reich mit Berufsverbot belegt worden war. Er hatte ausgerechnet das Gewerkschaftshaus der Buchdrucker in der Tempelhofer Dudenstraße entworfen, das die Nazis 1933 besetzten.

Weil die Veranstaltung der NPD formal öffentlich war, nahmen auch erklärte Gegner der Partei an ihr teil. Sie versuchten den Ablauf dadurch zu stören, dass sie an unpassenden Stellen der Redebeiträge bemüht zu klatschen begannen. Bei den Protesten vor der Schule nahm die Polizei zwei junge Linke in Gewahrsam, sie sollen sich vermummt haben. Außerdem gab es eine Rangelei mit Beamten.

Die Senatsbildungsverwaltung hatte das NPD-Treffen an der Schule verhindern wollen, scheiterte jedoch vor Gericht. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der nicht verbotenen NPD mit Blick auf das Parteienprivileg ein Nutzungsrecht des öffentlichen Gebäudes zuerkannt. In der Nacht zu Sonnabend hatten Unbekannte ans Tor der Schule antifaschistische Parolen gesprüht. Schüler hatten Anti-NPD-Plakate in die Fenster gehängt.

Vor wenigen Tagen hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ein neues NPD-Verbotsverfahren gefordert und zu den Protesten in Lichtenberg aufgerufen. Dem folgte auch die Linkspolitikerin und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau. Sie kritisierte die V-Leute-Praxis des Sicherheitsbehörden, an der das erste NPD–Verbotsverfahren gescheitert war. In der Max-Taut-Schule tagt sonst auch die Bezirksverordnetenversammlung von Lichtenberg.